Dieses Jahr habe ich das erste Mal seit vielen, vielen Jahren _nicht_ die Oscarverleihung angeschaut. Dabei habe ich heute sogar frei, aber ich war tatsächlich zu müde und die Enttäuschung, trotz immer geringer Erwartung, vom letzten Jahr saß auch noch tief. Doch die GIF-Erstellungs-, Videoclip-Hochlad- und Zusammenfassungs-Schreib-Industrie funktioniert so ausgezeichnet, dass ich jetzt ausgeschlafen und wach mir meine eigene Award-Show nachbauen kann.
Das Ergebnis lässt sich wohl in etwas als „Meh.“ zusammenfassen. Es gab einige Gewinne, die mich gefreut haben und mindestens genau so viele, wo ich die Hand vor die Stirn schlug – und bei den Nomierten geht es ja auch oftmals eh nur um das geringere Übel.
Der New Yorker ließ bereits im Vorfeld Leser_innen raten, ob der aktuell für den besten Film nominierte Streifen oder ein älterer Film den Bechdel-Test besteht. Der Test lohnt sich immer noch, da bei der Auflösung jeweils Scriptszenen gezeigt werden, welche den Bechdel-Test bestehen lassen – und auch das ist oftmals eher traurig. Interessant aber zum Beispiel, dass bei Alien im Script stand: „The crew is unisex and all parts are interchangeable for men or women.“ – Also es für die Rollen egal ist von welchem Geschlecht sie gespielt werden. Ebenfalls traurig die nächste Information: Hauptdarstellerinnen haben in ihren Filmen wesentlich weniger Auftrittszeit als Hauptdarsteller. Bechdel-Test und Filmminuten sagen nichts über das wie der Darstellung, aber doch schon sehr viel darüber, ob Frauen überhaupt signifikant vorkommen.
Nun aber zur letzten Nacht. Erfreuliches zu erst: Lupita Nyong’o konnte für ihre Performance in 12 Years a Slave den Oscar als beste Nebendarstellerin mit nach Hause nehmen. Dabei ist sie 75 Jahre nachdem die erste Schwarze Schauspielerin in dieser Kategorie gewann (Hattie McDaniel) gerade einmal die sechste Schwarze Gewinnerin (die anderen waren: Whoopie Goldberg, Jennifer Hudson, Mo’Nique, Octavia Spencer). Halle Berry ist bis heute die einzige Schwarze Darstellerin, die den Preis als beste Hauptdarstellerin gewann. Zwölf Jahre (!) nach diesem Sieg waren dieses Jahr wieder einmal nur weiße Frauen nominiert.
12 Years a Slave gewann auch als bester Film – und damit erstmals in der 86-jährigen Geschichte der Oscarverleihung ein Film von einem Schwarzen Regisseur. Angetreten war der Film unter anderem gegen Gravity, der fast alle Technikawards abräumte, Her, The Wolf of Wallstreet (bitte folgenden Artikel zu Frauen in diesem Film lesen) und Dallas Buyers Club.
Letzterer Film brachte Hauptdarsteller Matthew McConaughey und Nebendarsteller Jared Leto die jeweiligen Oscars ein. Der Film handelt von der „AIDS-Krise“ der 1980er Jahre. Im Mittelpunkt steht ein weißer hetero Mann, gespielt von McConaughey, der zu Beginn des Films damit konfrontiert wird, dass er HIV positiv ist. Er beginnt nicht-genehmigte Medikamente von Mexiko in die USA zu transportieren und anderen zugänglich zu machen. Der „Dallas Buyers Club“. Jared Leto spielt in dem Film eine trans* Frau. Eine sehr gute Analyse, was alles an diesem Film problematisch ist, wurde bereits im November bei Autostraddle veröffentlicht. Im Januar, anlässlich des Golden Globe-Gewinns von Leto, schrieb Jos Truitt bei Feministing:
Rewarding a man for his brave portrayal of an “impossible” trans woman perpetuates stereotypes about us being men in drag, which also supports a culture of dehumanization and violence.
Weiterer Wermutstropfen der Verleihung: Cate Blanchett gewinnt für Blue Jasmine, und damit hat wieder ein Woody Allen Film einen Preis abgeräumt.
Alle Nominierungen und Gewinner_innen dieses Jahres findet ihr hier. Haben eure Lieblingsfilme etwas gewonnen? Welche Filme hätten überhaupt nominiert werden sollen?
Der Text erschien zu erst auf Femgeeks.