Im Wagen vor mir …

Vor ein paar Wochen waren mein Auto und ich zur jährlichen Inspektion. Mein kleiner Flitzer ist mir inzwischen seit knapp 10 Jahren treu und ich möchte gerne, dass er sich noch eine Weile tapfer hält.

Ich mag mein Autohaus. Nicht nur, weil ich dort Kaffee bekomme, solange ich auf mein Auto warte. Sondern vor allem deswegen, weil man dort, von der Tresenkraft bis zum Werkstattmeister, anständig mit mir umgeht. Und das, obwohl ich eine Frau bin und eine junge noch dazu.

Ich glaube, als ich begann Auto zu fahren, habe ich das erste Mal erlebt, dass ich wirklich offensichtlich wegen meines Geschlechts benachteiligt, konkret gesagt, für dumm gehalten und verkauft wurde. Es waren kleine und große Situationen, am Anfang begriff ich oft gar nicht, was da passierte.

Da war z.B. der Werkstattmeister in meinem ersten Autohaus, der mich regelmäßig konsequent ignorierte. Anfänglich dachte ich, das sei eine Charaktersache. Bis ich ihn im Umgang mit männlichen Kunden erlebte. Und spätestens nachdem die Autoinspektion eines männlichen Verwandten nicht – wie es bei mir regelmäßig geschah – ohne Entschuldigung über eine Stunde länger dauerte als angekündigt, war mir klar, dass da etwas nicht stimmte und ich wechselte zu einem anderen Fachhändler.

(C) Eva Hillreiner, www.evahillreiner.de

Oder dieser Unfall – ich war knapp über 18 – als mir ein Mann ins Auto fuhr und versuchte, mich sehr von oben herab über den Tisch zu ziehen und zur Anerkennung einer Teilschuld zu bewegen. Ich bestand darauf, die Polizei dazuzurufen, woraufhin er versuchte, mich vor dieser als ein dummes, kleines Mädchen dastehen zu lassen („Tut mir leid, dass sie da nun Arbeit haben, ich wollte das ja unter uns regeln, aber die junge Dame bestand darauf, sie zu holen.“). Am Ende half das alles nichts und er musste unter großem Gemurre meinen Schaden komplett übernehmen.

Natürlich kann man nun einwerfen, dass das auch jedem jungen Mann so gegangen wäre. Kann natürlich sein. Andererseits kennen wahrscheinlich die meisten der Leserinnen diese ganz bestimmten Situationen mit diesen ganz bestimmten Männern, in denen man auf einmal merkt: „Okay, hier geht es wohl gerade wirklich darum, dass ich eine Frau bin“.
Neben Autohäusern trifft man diese Sorte Mann zum Beispiel gerne im Baumarkt an. Oder sie kommen zu uns nach Hause, wenn unsere Heizung, die Waschmaschine oder der Herd nicht funktionieren, scheinen aber die exakt gleiche Informationen zu den Fehlern des Gerätes aus dem Mund unseres Freundes irgendwie besser zu hören, als wenn wir ihnen sagen, was nicht stimmt.

Was mein Auto angeht, ärgere ich mich vor allem deswegen über solche Männer, weil ich weiß, dass gut Auto fahre. Ich kann auch einparken, das sogar besonders gut. Und ja, ich könnte meinen Platten selber wechseln und ja, ich weiß auch, wo und wie ich den Ölstand prüfe.

Auto fahren mit allem was dazu gehört ist ein typischer Bereich des Lebens, in denen viele Frauen sich selber entmündigen („das kann ich sowieso nicht“ – ähnlich wie beim Heimwerken übrigens) oder auch aus Bequemlichkeit darauf verzichten, den ganzen Idioten da draußen zu zeigen, dass sie es eben doch können.

Allerdings habe ich mich auch selber neulich dabei ertappt, dass ich zum Gespräch mit dem Heizungsinstallateur meinen Freund vorgeschickt habe („der Idiot hört mir eh nicht zu“), anstatt beharrlich selbst die Aufmerksamkeit des Fachmanns einzufordern. Manchmal geht der Wunsch nach einer schnellen Lösung des Problems eben doch vor.
Aber dafür habe ich inzwischen einen tollen Werkstattmeister!

11 Kommentare zu „Im Wagen vor mir …

  1. Oh ja, das kenne ich doch alles wirklich sehr gut. Ich habe meinen Führerschein geacht (bestnden *jubel*) und meinen Fahrlehrer nach einem alten Klischee gefragt; Konnten weniger Fahrschülerinnen flüssig einparken als Fahrschüler?
    Er gab zu, dass er das anfangs auch geglaubt hat, sagte abr deutlich „Nein“. Irgendwie habe ich mich da besser gefühlt (ich parke übrigens seeeehr gut ein, gelle?).
    Darüber habe ich in der Familie gesprochen und meine Mutter hat zugegeben, dass sie nicht gut einparkt, mein Vater hingegen sich gerühmt und da ist mir was aufgefallen – Einparken scheint nur deswegen das große Klischee zu bedienen weil 1. Man/n es erwarten, dass eine Frau kläglich versagt, und somit verstärkt darauf geachtet wird und 2. Frauen offener mit eventuellen Defiziten umgehen, und es auch mal eingestehen.

    Und ja, dass „das Rohr macht irgendwelche Geräusche“ klingt schon vieeel professioneller aus dem Mund meines männlichen Mitbewohners. Auch ein Mann von Fach, man versteht sich untereinander.

  2. Sehr gut in Erinnerung ist mir noch, als unser 80-jährige Vermieter das kaputte 3-Wege-Ventil der Gastherme inspizierte und dabei ganz offensichtlich keine Ahnung von der Funktionsweise eines solchen Ventils hatte. Unsere WG bestand aus 4 Ingenieursstudentinnen und als wir ihm dann versuchten zu erklären, was genau an dem Ventil kaputt sei, hat er doch tatsächlich gefragt: „Hat Ihnen das Ihr Freund erzählt?“ Ich wäre fast geplatzt!

    Diese überhebliche Spezies Mann, die Anna beschreibt findet sich übrigens nicht nur in Autowerkstätten und Baumärkten, sondern auch in Flugzeugen. Ich bin recht viel auf Innereuropäischen Strecken unterwegs und es ist unglaublich, wie sich diese Möchtegern-Manager (bei airberlin gibt es keine Bussinessclass, die zur Manifestierung ihres Möchtegern-Status dienen könnte…) teilweise aufführen. Wie oft ich schon Ellbogen im Gesicht hatte, weil das Rausholen des Koffers scheinbar eine höhere Priorität als die Rücksicht auf weibliche (die sind meist kleiner als Männer, und deshalb wahrscheinlich besonders gefährdet) Mitreisende hatte, kann ich schon nicht mehr zählen. Und gestern hatte ich auch mal wieder ein denkwürdiges Erlebnis in dieser kleinen Bahn, die man auf dem hiesigen Flughafen vom Gate zum Ausgang benutzen muss. Ein immer wieder beliebtes Spiel ist es, am nächsten zur Tür einen Stehplatz ergattert zu können, um so schnell wie möglich aus der Bahn aussteigen zu können, um als erster an der Passkontrolle zu sein. Schon mehr als einmal ist ein Mann einfach vor mir stehen geblieben, so dass ich um ihn herum gehen musste, um in die Bahn zu gelangen. Da ich es gestern morgen sehr eilig hatte, habe ich diese Strategie auch mal angewendet mit der Konsequenz, dass der Typ hinter mir (der ebenso wie ich versucht hat, als letzter einzusteigen) in diesem väterlich-belehrenden Ton zu mir sagte: „Sie müssen schon weiter gehen!“ Nein, muss ich nicht, er kann auch einfach an mir vorbei gehen, ich lass mich nich mehr durch Körpergröße und -statur einschüchtern. Schließlich passiert mir das ständig, dass irgendso ein Typ mir den Weg versperrt. Ich hab einfach nur blöd gegrinst und bin stehen geblieben. Mir ist schon vollkommen klar, dass mein Verhalten unhöflich war, aber das war es mir wert, mit Höflichkeit hätte ich meine S-Bahn nämlich verpasst…

  3. „Neben Autohäusern trifft man diese Sorte Mann zum Beispiel gerne im Baumarkt an.“

    Oder in Tonträgerfachgeschäften (wohlgemerkt: nicht Plattenläden!) und Hifi-Fachgeschäften. Da sind männliche Dienstleister auch gerne gönnerhaft und dann um so überraschter, wenn man „ausgefallene“ Wünsche hat und auch noch entsprechende Hintergrundinformationen liefert…

  4. ich hatte mal nach einer woche urlaub eine total – total – leere autobatterie. der automechaniker meines vertauens kam mit starthilfekabel, bekam das auto aber nicht an. er schleppte es ab und rief später an, die batterie sei auf NULL gewesen, komisch, keine ahnung warum, rätsel … ich holte das auto am nächsten motgen ab und sagte ihm, daß der komplette energieverlust wahrscheinlich an der seit vorigem freitag defekten hupe lag, da wirds wohl einen kurzschluss gegebn haben, der die stromversorgung geerdet hat. stimmt! daran liegts! ich bestelle ihnen gleich eine neue hupe. gute werkstatt …

    was will ich damit sagen: sicher und kompetent auftreten, nicht labern, nicht wimperklimpern, vor allem nicht einschüchtern lassen. dann klappts auch mit dem handwerker. meistens.

    A.

  5. Ich muss mal eine Lanze brechen für meinen ausgesprochen hilfsbereiten und freundlichen Heizungsmonteur, für den netten Typen aus der Fahrradselbsthilfewerkstatt, für die Herren im Baumarkt und im Elektrogeschäft. Ich habe mit denen gute Erfahrungen gemacht. Klar kenne ich auch das, was Anna beschreibt, aber eigentlich nur von KFZ-Machos.

    Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass man sein Licht nicht unter den Scheffel stellt, sich selbst etwas zutraut und dementsprechend selbstbewusst auftritt. Aber es ist wichtig, dass man weiß, was man will und das sachlich schildert. Auf die Weise kann man als Frau unbehelligt sein Fahrrad selbst reparieren, Spühle und Waschmaschine anschließen, ein Regal konstruieren und sogar ein Radio für den Liebsten zu Weihnachten bauen.

    Die einzigen komischen Kommentare, die ich für dieses gesunde Selbstvertrauen in Sachen Reparieren und Bauen ernte, kommen (tragikomischerweise) mal wieder von Frauen (sogar solchen, die ich anderen Dinge sehr schätze). Dann höre ich z.B. „Also wenn Du das mit dem Radio schaffst, dann kriegst Du ’nen Preis.“ oder „Wie? Du hast Deine Waschmaschine selbst angeschlossen? Sollte das nicht jemand machen, der das kann?“ Aber irgendwie spricht daraus ja auch Achtung. Vielleicht nehmen sie sich ja irgendwann endlich ein Beispiel an mir!!

    p.s. Möglicherweise liegen meine guten Erfahrungen ja auch gar nicht bei mir selbst, sondern an den zuvorkommenden, immer freundlichen Leipzigern unter denen ich seit ein paar Jahren wohne. Gentlemen im besten Sinne! Chapeau et merci!!

  6. „Klar kenne ich auch das, was Anna beschreibt, aber eigentlich nur von KFZ-Machos.“

    Deshalb finde ich es auch immer wieder toll, dass eine Bekannte von mir – sie ist bei der gleichen Gesangslehrerin wie ich, blond, langhaarig und schön – eine Ausbildung zur KfZ-Mechanikerin macht. Die sollte den Laden gut aufmischen! :o))

  7. oh ja, das kenne ich! und ich hasse es wahnsinnig. es ist einfach bescheuert, sich ständig erstmal durchsetzen zu müssen! und nein, ich will nicht in einer welt leben, in der ich ständig erstmal wie ein hirsch röhren muss, um ernst genommen zu werden!

  8. übrigens habe ich in der nähe einen netten fahrradladen, wo ich viel rabatt bekomme, wenn ich freundlich schaue. schwer, das nicht auszunutzen, zumal die monteure da wirklich sehr freundlich sind, aber ich versuche, fair zu bleiben. ich finde, das ist die kehrseite der gleichberechtigung und gehört auf jeden fall dazu!

  9. aber warum ist das heute noch so?

    ich denke, weil der teil der bevölkerung, der nicht studiert hat, obwohl es natürlich auch unter den studierten diskriminierungen von frauen und verharren in alten rollenmustern gibt, ist das verharren in den alten rollenklischees bei den menschen, die eine berufliche ausbildung unterhalb der hochschulbildung absolviert haben ausgeprägter ist.
    und hier finde ich nun meine bestätigung, der von mir gelesen literatur, dass personen mit einer beruflichen ausbildung unterhalb der hochschulebene in diesen schemata denken, denn alle situationen, die ihr beschrieben habt, sind berufe für die kein studium, sondern eine ausbildung notwenig ist.

  10. anika, ich denke, das ist eine ziemlich platte Argumentation. Ich glaube eher, dass Akademiker etwas geschickter darin sind, diskriminierendes Verhalten zu tarnen.
    Diese Typen im Flugzeug, die sich mir gegenüber durchaus respektlos verhalten, sind höchstwahrscheinlich Akademiker und wenn man sie direkt darauf ansprechen würde, würden sie es weit von sich weisen, dass sie Frauen anders (respektloser) behandeln, aber auf subtile Weise tun sie es eben doch (und merken es vielleicht noch nicht einmal).

  11. Ich kann was Autowerkstätten angeht nicht mitreden, da ich mich nur auf umweltfreundliche Art und Weise fortzubewegen pflege :-)

    Idioten gibt es aber nun mal überall, und man soll vorsichtig sein, unfreundliches Verhalten auf das eigene Geschlecht zu beziehen. Hatte in meinem Stamm-Baumarkt auch mal das Gefühl, als Frau nicht ernst genommen zu werden, bis ich meinen damaligen Schatz vorgeschickt habe, und staunte wie plump der abgefertigt wurde, ging so um Halogen-Glühbirnen. Der Verkäufer guckte ihn an wie einen Deppen, er solle doch den Unterschied zwischen G9 und G-irgendwas ja kennen, dreht sich um und den Rest der Zeit kommunizierte er nur mit mir und wir diskutierten über die Dicke der Winden in den Lampen.

    Oder der Heizungsableser, der mein männlichen Part wie Luft behandelt hat und nur mit mir sich unterhalten hat, welche Ventile welche Vorteile haben, wie hoch der Druck sein soll und ähnliches.

    Das wirklich Schlimme war aber einmal in einem Tattoo Studio. Mein Freund ist mitgekommen, weil er ungemeind neugierig war (wollte sich so was auch stechen lassen, kaum aus Neugier also mit). Der Tättowierer wechselte mit mir kaum ein Wort, sprach die ganze Zeit nur mit meinem Freund, als es fertig war sagte er zu mir nur: Jetzt hast es durch, drehte mich meinem Freund um und frage ihn (!) ob es ihm gefällt. In dem Stil, als wäre ich sein Auto, das grad einen neuen Lack verpasst bekommt.

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