Das Internetprojekt www.ess-stoerungen.net bietet jungen Menschen mit Essstörungen schnelle und unbürokratische Hilfe. Doch nun sind die Gelder für die Arbeit der sechs Psychologinnen, Erziehungswissenschaftlerinnen und Pädagoginnen ausgelaufen und der Fortbestand des Angebots unsicher. Deswegen haben die Initiatorinnen die Aktion 50 mal 500 ins Leben gerufen: Sie wollen 50 Städte dazu bringen, sie mit jährlich 500 Euro zu unterstützen. Geschäftsführerin Katrin Raabe sprach mit der Mädchenmannschaft:
Ihre Aktion 50 mal 500 ist aus der Not heraus geboren. Wie kam es zu dieser finanziellen Not?
Katrin Raabe: Ein Internetprojekt ist natürlich ein bundesweites Angebot, im Grunde kann man sogar von einem „weltweiten“ Angebot sprechen. Wir beraten Menschen aus dem ganz deutschsprachigen Raum: Aus der Bundesrepublik, aus Österreich und der Schweiz, zum Teil beraten wir aber auch deutschsprachige Mädchen und Frauen im Ausland. Für ein solches Projekt ist natürlich keine einzelne Stadt und auch kein einzelnes Bundesland zuständig. Nach unserem Ermessen müsste es für solche Angebote Bundesgelder geben. Bundesgelder werden aber nur für „innovative“, das heißt neue Projekte vergeben. Und dieses Kriterium erfüllen wir nicht, da es unser Projekt seit 2001 gibt. Wir scheitern hier also ganz einfach an den Hürden der Bürokratie. In den letzten drei Jahren haben wir uns über Stiftungsgelder der Stiftung „Herzenssache“ und der ARD-Fernsehlotterie „Ein Platz an der Sonne“ finanziert, die nun leider ausgelaufen sind.
Ist Deutschland (bzw. die Bundesregierung) noch gar nicht auf das Internet als „Ort“ sozialer Initiativen eingestellt?
Das würde ich so nicht sagen. Natürlich wird die Notwendigkeit solcher Projekte überall gesehen. Das Problem ist viel mehr, dass es für die nötige Arbeit keine Gelder gibt. Die Bundesregierung hat zum Beispiel die Kampagne „Leben hat Gewicht“ ins Leben gerufen. Mit dieser Kampagne soll die Öffentlichkeit für das Thema Essstörungen sensibilisiert werden. Leider hat aber auch „Leben hat Gewicht“ keine Gelder zu vergeben. Das finde ich sehr schade!
Wie sieht Ihre Arbeit denn genau aus?
Wir haben zwei verschiedene Angebote: Die E-Mail-Beratung und das betreute Diskussionsforum. Außerdem bietet unsere Internetseite www.ess-stoerungen.net eine Vielzahl von leicht verständlichen Informationen. Die Internetseite wurde im letzten Jahr von ca. 86.000 Menschen besucht, also mehr als 7000 Menschen im Monat. Im Augenblick haben wir mehr als doppelt so viele Besucher/innen. Die E-Mail-Beratung wird von essgestörten Menschen – vorwiegend Mädchen und junge Frauen – aber auch von Eltern und Fachleuten genutzt. Im letzten Jahr haben wir über tausend E-Mails beantwortet. Also zirka drei bis vier Mails pro Arbeitstag. Ich denke, dass die Nachfrage durch den hohen Bekanntheitsgrad, den wir zurzeit haben, noch steigen wird.
Sie nennen Ende November als Frist, bis wann entweder das Geld kommt oder das Projekt eingestellt werden muss. Wie stehen die Chancen momentan?
Tja, schwer zu sagen! Wir haben in letzter Zeit sehr großzügige Spenden bekommen – so zum Beispiel von der Kinder- und Jugendbuchautorin Cornelia Funke. Diese Spenden sind für uns ganz, ganz toll und wichtig, denn sie verschaffen uns mehrere Monate Zeit, die wir natürlich nutzen werden. Ob sich irgendeine langfristige Förderung findet, steht noch in den Sternen.
Ihre Aktion spricht die Städte an, aus denen Ihre Klientinnen und Klienten kommen. Kann man Sie auch als Privatperson unterstützen?
Ja, auf jeden Fall! Es gibt viele Möglichkeiten uns zu unterstützen! Zum Beispiel
- durch Unterschriften: Wir haben auf unserer Seite www.ess-stoerungen.net eine Unterschriftenliste eingerichtet und freuen uns über Unterschriften.
- Gerade die Fachwelt kann uns auch durch Statements zum Thema unterstützen: Diese Statements werden auf unserer Internetseite veröffentlicht.
- Durch Spenden! Wir freuen uns auch über kleine Spenden! Wenn uns 5.000 Leute pro Jahr fünf Euro spenden, wäre unser Projekt auch gerettet. Und sicher gibt es auch genug Menschen, die zehn, 50 oder 100 Euro spenden können. Wir werden versuchen, auf unserer Internetseite einen „Onlinespendebutton“ über Paypal einzurichten – allerdings zahlt man dort auch Gebühren. Darum freuen wir uns auch über ganz „normale“ Spenden auf unser Konto: Mädchenhaus Heidelberg e.V., Kontonummer 2303523, Sparkasse Heidelberg, BLZ 67250020.
- Durch Öffentlichkeitsarbeit! Wir haben viel davon, wenn unser Projekt bekannt gemacht wird – so finden sich vielleicht Sponsoren und/oder Menschen, die kleine Beiträge spenden. Wir freuen uns also, wenn diese Informationen per E-Mail und über das Netz verbreitet werden.
- Durch politische Arbeit: 500 Euro sind ein Betrag, den jede noch so kleine Kommune aufbringen kann. Wir freuen uns daher über Menschen, die unsere Kampage „50 mal 500“ unterstützen. Das geht zum Beispiel über Leserbriefe an die Regionale Presse oder E-Mails an Stadträt/innen oder Politiker/innen.