Lange war die Simpsons-Folge mit geschlechtergetrenntem Mathe-Unterricht, bei dem die Mädchen mehr über ihre Gefühle, denn über Arithmetik lernten, nur Fiktion. Jetzt ist es endlich soweit: Kleine Jungen und Mädchen in Deutschland können endlich „geschlechtergerechte“ Diktate schreiben. Wie taz.de berichtet gibt es die neuen Lernbücher des Pons-Verlags in zwei Auflagen.
„Weil Mädchen anders lernen“, prangt es in rosa auf dem neuen Lernhilfebuch. […] Auf dem Cover sieht man zwei feenhafte Mädchen mit Engelskostüm und goldener Krone, die sich kichernd umarmen. Für Jungs gibt es eine separate Edition: in blau, auf der ein Foto von sechs kleinen Kerlen zu sehen ist, mit schmutzigen Knien und Fußball in der Hand.
Und weil rosa noch nicht genug ist, drehen sich die „Mädchen-Aufgaben“ um Meerjungfrauen und Prinzessinnen. Motivation und Konzentration von Mädchen werden gefördert durch Aufgaben wie „Wörter zaubern“ und „Regenbogenwörter schreiben“. Ob es sich bei letzterem um Haupt-, Tu- oder Phantasiewörter handelt bleibt unklar. Dass Jungs in den Mädchenbüchern kaum vorkommen, ist da die kleinste Überraschung. Wenn doch, wird es richtig übel:
Im rosa Mädchenbuch für Diktate will ein Mädchen nicht mehr mit „Puppen spielen“. Sie nimmt sich einen Fußball und schießt ein Tor. Doch: „Dann kommt Bianca mit einem Malbuch. Schnell wird Anna wieder zum Mädchen.“
Will man damit der steigenden Beliebtheit von Mädchenfußball Rechnung tragen? Einige Geschichten kommen immerhin in beiden Ausgaben vor. Nicht ohne sich ein weiteres Mal zu blamieren…
„Nina zieht in der Halloweennacht mit seinen (sic) drei Freunden von Haus zu Haus.“
Klingt grauenhaft.
Sollte ich mal eine Tochter haben (was ich sehr hoffe), verprügel ich jeden Lehrer der ihr sowas vorsetzt
@ Pons: BUUUUHH!!
Das wirklich schlimme daran ist, das es wohl tatsächlich einen Markt für so etwas gibt. Die nächste Generation „Jungs/mädchen sind halt so *albern kicher*“ wird herangezogen..
Ich glaub mir wird schlecht. An all dem ist nur Prinzessin Lilifee Schuld!!
Hab mir gerade mal die Vorschauseiten auf Amazon angesehen. Besonders gefallen mir die Rechenaufgaben in dem 2.-4.-Klasse-Buch:
„Lackierte Fingernägel“
„Perlenkette“
„Schmuck basteln“
„Naomis Zöpfe“
„Freundschaftsbänder knüpfen“
„Puppenkleidung“…
Da lernen die jungen Damen gleich, dass es im Leben eigentlich nicht aufs Rechnen ankommt, sondern natürlich: Auf Schmuck, Fingernägel, Haare, Klamotten… Praktisch gedacht!
wahnsinn – warum bringt den pädagogen niemand richtig bei was gender mainstreaming bedeutet… peinlich solche auswüchse geschlechtergerechter schulbücher…
.. und für Jungs gibt es anstatt Mode .. äh.. ich meinte „Kreatives“ natürlich eine Sektion Technik…
Hallo, mein Sohn ist noch nicht in der Schule.
Aber spätestens ab 3 Jahren kann man einen Unterschied zwischen Junge/Mädchen feststellen – der nicht anerzogen ist.
Das kann man beobachten. Wir sind in einem alternativen, freien Kiga – und wenn man sich einfach in Ruhe hinsetzt und die Kinder beobachtet, die ungestört spielen, dann sieht man Unterschiede zwischen Jungs und Mädchen.
Die Kinder betonen das auch selber, diese Unterschiede.
@Bettina: Würdest du dann deinem Sohn eines der oben genannten Bücher kaufen? Bzw. würdest du, wenn du eine Tochter hättest ihr eines der oben genannten Bücher kaufen?
oh, mir wird übel. wenn ich bedenke, dass ich in der grundschule kurze haare hatte und mit vorliebe mit den jungs im dreck gespielt habe – was wäre mir wohl mit diesen lehrbüchern passiert?
frühkindlich die unterschiede maximieren, mit dem größten greifbaren vorschlaghammer vorurteile in die köpfe zimmern. „schnell wird anna wieder zum mädchen.“ aha. und was ist das, so ein mädchen? man ist also nur eines mit lackierten fingernägeln und puppen und malbüchern, ein prosit auf die prinzesschen. meine kinder werden eines tages aus solchen büchern nicht lernen.
@ Bettina: Na klar gibt es Unterschiede. Die gibt es zwischen allen Kindern. Aber wieso sollten plötzlich alle Mädchen (also alle 50% der Kinder) auf Rosa stehen und sich für Perlenketten und Fingernägel lackieren interessieren?
@Bettina: Die Frage, ob unterschiedliches Verhalten wirklich biologisch bedingt ist, könnte man nur klären, wenn Kinder aufwüchsen, ohne Stereotype zu sehen. Aber ab der Geburt gehen wir mit kleinen Jungen und Mädchen anders um, auch wenn wir denken, beide Geschlechter gerecht zu behandeln. Schon bei Säuglingen ist der Umgang mit (vermeintlichen, es kommt nur auf den Namen an) Jungen rauher. Von all der Werbung, „Jungen weinen nicht“, gegenderter Kleidung, Büchern etc. mal ganz abgesehen.
@ Susanne: Dann geh doch mal in einen Kiga.
Das hat nichts mit „sollen“ zu tun, sondern mit „wollen“ (von den Kindern).
@ Steve
Ich denke nicht, dass ich so ein Buch kaufen würde.
Aber: Mein Sohn steht derzeit auf „Wilde Kerle“. Die findet er cool. Er würde, wäre er jetzt schon in der Schule, garantiert mehr auf so ein „Wilde-Kerne-Diktatheft“ abfahren als auf ein normales.
Total daneben..vor allem der Satz “Dann kommt Bianca mit einem Malbuch. Schnell wird Anna wieder zum Mädchen.” Als ob Anna durch das Tor schiessen zu einem Jungen geworden wäre.
@Helga: Also dass Jungen rauher behandelt werden wüsste ich nicht. Habe vielmehr oft gelesen dass Jungen oft mehr Aufmerksamkeit bekommen, zb. länger gestillt werden und mehr in den Armen gehalten werden weil sie in diesem Alter gebrechlicher sind als die weiblichen Säuglinge. Aber die Ungleichbehandlung fängt tatsächlich schon in diesem Alter an, vor allem wenn die Mädchen pink und die Jungen blau bekommen..
Wie gestaltet sich sowas denn in der Praxis? Eine gemischte Klasse mit zwei unterschiedlichen Lehrbüchern…?
Bei den Matheaufgaben kann das ganze bei der gleichen Nummer ja noch mit den gleichen Zahlen umgesetzt werden, aber beim Diktat? Soll der Lehrer abwechselnd aus dem einen und dann aus dem anderen diktieren? Hab ich nen Denkfehler oder führt das nicht tatsächlich zu nem getrennten Schulunterricht?
Jau, wie fortschrittlich… *augen roll*
Und zu dem „die Kinder wollen das“. Klar, zur Zeit gibts nen eindeutigen Trend zu Prinzession Lilifee und Co. auf der einen und den wilden Kerlen auf der anderen Seite. Das heißt aber doch noch lange nicht, dass das wirklich alle betrifft! N Junge der nicht gerne Fußball spielt oder ein Mädchen, dass nunmal gerne rauft statt Schmuck zu basteln wird sich mit seinem geschlechtlichen Schulbuch noch unwohler fühlen (als mit Schulbüchern ohnehin).
Für die – von den Büchern ausgehenden – stereotypen Kindern mag sich der Spaß vielleicht erhöhen, für andere wird genau die falsche Richtung eingeschlagen. Das führt direkt zu nem Gefühl der Ausgegrenztheit – ganz und garnicht gesund für die Psyche von Sechsjährigen!
@ Bettina: Aha, ALLE Kinder wollen das also…
Ich stimme Tina zu:
„Also dass Jungen rauher behandelt werden wüsste ich nicht. Habe vielmehr oft gelesen dass Jungen oft mehr Aufmerksamkeit bekommen, zb. länger gestillt werden und mehr in den Armen gehalten werden weil sie in diesem Alter gebrechlicher sind als die weiblichen Säuglinge.“
das ist kein widerspruch. es gibt zahlreiche untersuchungen, dass jungen schon als baby mehr zu aktivität angeregt werden und für vermeintlich männliches verhalten positive bestärkung erfahren. wenn sie laut und fordernd sind: toll, was für ein kleiner racker! mädchen erfahren für vermeintlich weibliches verhalten positive bestärkung: wenn sie hübsch brav und bescheiden sind. diese klischees werden schon in der schwangerschaft tradiert: der stampelt schon wie ein kleiner fußballer. schon 3 tage über den termin? typisch mädchen, muss sich noch schönmachen.
fazit: die eltern (verwandte und umfeld incl.) WOLLEN da so. sie selbst sind es, die rosa und hellblaue kleidung kaufen und rollentypisches spielzeug. der verlag geht hier nur auf diese wünsche ein.
@Sina: Finde gerade die Studie nicht, aber obwohl männliche Säuglinge tendenziell „gebrechlicher“ sind, werden sie eben männlich ruppig behandelt. Ein interessantes Interview zum Thema:
http://www.tagesspiegel.de/magazin/wissen/Entwicklung;art304,2463048
ich habe es wirklich vermieden, geschlechtsspezifisch zu erziehen.
unter 3 war das kein problem: ich habe meinem Sohn die Fingernägel lackiert, weil er das auch mal wollte. Würde er heute nie mehr wollen.
Ich habe in de H&M -Mädchenabteilung eingekauft, wenn mir Sachen gut gefallen hat. Würde er heute nie mehr anziehen.
Berufespielen – Drauf geachtet, dass es eben keine typischen Männerberufe sind, sondern „Papa spielen“, „KIndergärtner spielen“ (wir hatten sogar einen männlichen Erzieher)…
und trotzdem – er definiert sich heute als Junge – und das als Abgrenzung gegenüber Mädchen.
@ Bettina: Das mag ja alles so sein und das mag auch sehr verbreitet sein, meinetwegen sogar bei den meisten Jungen. Aber das erklärt ja noch lange nicht, WARUM er das tut. Er wird wohl gelernt haben, dass man „als Junge gewisse Dinge nicht tut“ und das Mädchen uncool sind. Ich jedenfalls habe das so gelernt als Kind und war auch immer schrecklich stolz drauf, ein Jungsmädchen zu sein. Heute schüttel ich den Kopf, wie dumm es ist, sein eigenes Geschlecht doofer zu finden. Aber ich schweife vom Thema ab.
Die Frage ist: Warum reproduzieren Kinder tradierte Rollenbilder? Und warum unterstützen Produktanbieter wie Pons das auch noch?
Und: Will man diejenigen Kinder wirklich ausgrenzen, die nicht so ticken, wie sie als Junge / als Mädchen ticken „sollten“? Ich denke: Unbedingt NEIN.
Ziemlicher Schund dieses Buch, aber setzt eigentlich auch nur das stärker um, was ohnehin schon in vielen Kinderbüchern an Geschlechterstereotypen gefestigt wird.
Da lob ich mir doch noch die alten Socken mit denen ich das Schreiben gelernt habe: Fara ruft Fu. Fu ruft Fara :)
ich fände es ja ansich nicht mal so dragisch, wenn pons oder sonstwer geschlechtergetrennte Lernbücher macht. Eigentlich würde das ganze sogar ziemliches Potential bieten Rollenbilder der Kinder aufzubrechen.
Ich zumindest hätte es als Kind durchaus cool gefunden, wenn in dem Mädchenbuch Laura und Antonia gegen Max und Kevin Fußballspielen und dabei gewinnen. Genauso wie es voll in Ordnung wäre, wenn im Jungsbuch Andreas, Michael und Stefan Familie spielen – egal ob jetz Andreas und Michael beide als Väter (und somit schwules Pärchen) auftreten oder einer der beiden eben dann die Mutter spielt. Währenddessen Stefan hald Kind spielt. Oder wenn sie eben auf die Mädchen zugehen und fragen, ob sie mit Fussball spielen wollen – und im Gegenzug natürlich die Mädchen die Jungs fragen, ob sie gegeneinander spielen wollen: nicht dass hier ein Herrschaftsverhältnis aufgebaut wird: Mädchen dürfen nur spielen, wenn sie gefragt werden.
Es ist zwar eigentlich schon schade, aber wenn die Aufmachung dann hald entsprechend Unterschiedlich ist, würd ich das wohl oder übel akzeptieren.
http://pons.de/home/kontakt.do
wer mag kann ja Pons auch ein paar Zeilen über die persönliche Empörung dieser Schnapsidee schreiben :)
„Jungen sind anders – Mädchen auch“ von Melitta Walter. Ein sehr gutes Buch zu genau diesem thema. Wissenschaftlich fundiert und gut verständlich geschrieben, für alle, die aus welchen Gründen auch immer mit: Kindern beider Geschlechter zu tun haben oder sich rein theoretisch für Geschlechtersozialisation interessieren.
Ein Link von dem ich immer weider gerne erzählen, wenn mir Leute erzählen wollen, dass es quasi genetisch bedingt ist, dass kleine Mädchen rosa toll finden
http://www.farbimpulse.de/artikel/liste.html?artikelid=23&artikelrubrik=farbwirkung
Ich würde wahrscheinlich ähnlich wie access denied handeln. Aber auch die Jungenedition hätte bei mir schon als Schulkind Würgereize ausgelöst. Ich hätte das Buch, beim Anblick der Fußballer darauf in Verbindung mit „Diktate für Jungen“, meiner damaligen Lehrerin wahrscheinlich vor die Füße geworfen und sie angeschrien mit „Ich werde nie wieder ein Diktat schreiben“. Dabei fand ich Diktate ganz in Ordnung, aber Fußballer und Menschen die mich in die Rolle eines solchen stecken wollten waren meine absoluten Feindbilder.
„diese klischees werden schon in der schwangerschaft tradiert…“
@Susimaus: So wahr! Sehr gut dargestellt…
Was mich an diesen Tendenzen (Lillifee und Co) immer so frustriert, ist die Tatsache, dass gerade die Kinderliteratur in diesen Fragen schon mal viel weiter war. Im Zuge der 70er Jahre gab es hier eine starke Reformbewegung (nicht nur bei den Autoren, auch im kinderliteraturwissenschaftlichen Bereich), die bis heute nachwirkt und viele gute Kinder- und Jugendbücher hervorgebracht hat, in denen die tradierten Geschlechter- und Familienstereotype aufgebrochen wurden.
Natürlich gibt es auch heute noch viele Kinderbuchautoren mit emanzipatorischem Anspruch (z. B. Kirsten Boie), aber parallel dazu scheint sich eine gewisse Rückschrittkeit breit zu machen…
RückschrittIGkeit… Sorry.
Als Lehrerin habe ich Pons noch in dieser Woche für eine LernhörCD sehr gelobt. Und nun so’n Quatsch. Aber liebe Eltern: seid unbesorgt – viele junge Lehrer und Lehrerinnen strengen lieber ihren eigenen Kopf an, um sich ein schickes (gegendertes) Diktat auszudenken, als dass sie Mädchen zu den Puppen und Jungen zum Fußball schicken. Wäre ja auch doof, wenn die nur den halben Wortschatz lernen ;o)
(Probleme habe ich tatsächlich nur mit den Eltern – z.B.: die Mutter eines Jungen aus der 6. Klasse, die mir erklärte, ihr Sohn könne das von mir vorgeschlagene Buch („Hexen hexen“ von Roald Dahl) nicht lesen, weil es sich ganz sicher um ein Mädchenbuch handele.Tss.)
Als transsexuelle Polizistin bin ich ziemlich verunsichert. Ich dachte, gerade diese Form der Geschlechterklisches solle gesellschaftlich allmählich aufgeweicht werden, um die Gendergrenzen weniger stark abzugrenzen?
Ich würde mir so ein Schulbuch gerne selbst einmal ansehen und die Meinung verschiedener Pädagogen dazu hören.
Oha, hier prallen ja die Weltanschauungen herrlich aufeinander – PONS und Bettina auf der einen, der Gender-Mainstream auf der anderen Seite.
Ein geschlechterneutraler Schulunterricht ist ja heute durchaus nicht an der Tagesordnung, trotz oder gerade wegen der Gender-Mainstreaming-Bestrebungen. Der Spiegel hat das hier schön aufgezeigt: „Das Schulsystem produziert haufenweise Verlierer – die Mehrheit ist männlich. Schon im Kindergarten werden Mädchen deutlich bevorzugt, auch in der Schule müssen Jungs um Aufmerksamkeit und gute Noten kämpfen. Ursache des Problems: Kitas und Grundschulen sind fest in weiblicher Hand.“ http://tinyurl.com/d2oeef
Lesenswert auch der Blogpost von Ferdinand Knauß: „Gender Studies mischen sich in Lebenswissenschaften ein“ http://tinyurl.com/ya46zer
Lesenswert auch in diesem Zusammenhang:
Lise Eliot, Pink brain, blue brain – s. http://www.newsweek.com/id/214834
Das erklärt vielleicht, warum im Kindergarten die meisten Jungs mit Autos spielen und viele Mädchen mit Puppen.
http://newyorkkids.timeout.com/articles/features/76730/interview-with-lise-eliot-for-pink-brain-blue-brain
Für ein Interview mit Lise Eliot…
Gleichberechtigung und Gleichschaltung sind zwei verschiedene Dinge.
Es ist Schwachsinn zu behaupten, dass Erziehung etwas böses ist, und eigentlich ohne Einfluss Mädchen und Buben sich gleich verhalten würden. Vor allem hat es keine Auswirkung auf das reale Leben. Biologisch gesehen hat der Mann 30% mehr Muskelmasse. Frauen haben natürliche Rundungen durch weibliche Fetteinlagerung. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber das sind Ausnahmen. Und es das ist gut so.
Warum diese Bücher eine Frechheit sind, ist nicht, weil sie Unterschiede betonen, sondern weil sie *nur* Unterschiede hervorheben. Gleichberechtigung sollte bedeuten, jedem das Recht zu geben, eigene Interessen und Vorlieben selbst zu entdecken.
Dass dabei aber niemals das Ziel war, dass überall eine 50/50 Verteilung sein *muss* sollte einem klar sein. Männer sind Männer und Frauen sind Frauen, und jeder der eine Ahnung von Beziehung hat, weiss, dass die Unterschiede dort selbst bei liberalen Paaren bald eine konservativere Entwicklung einschlagen.
Ich sage das als ein Mann, der von einer Mutter erzogen worden ist und sehr viele Interessen die als typisch weiblich gelten, ausloten konnte. Dennoch präferierte ich auch Krieg zu spielen, der Prinz zu sein und die Farbe blau.
Man kann beim Reiten in zwei Richtungen aus dem Sattel fallen, nach links und nach rechts. Und beides tut genauso weh.
Mal abgesehen davon, wenn wir liberal denken wollen, müssen wir auch jene akzeptieren lernen, die womöglich sich in einer konservativen Umgebung mehr daheim fühlen.
Wenn ein Mädchen gerne „mädchenhaft“ ist, verstehe ich nicht, warum man sich darüber aufregen muss, und Dinge postulieren wie „sie wurde von der Gesellschaft gezwungen“.
In einer Gesellschaft wo es keine Geschlechterspezifikationen mehr gibt, werden schließlich alle dazu gezwungen sich gleich zu fühlen. Auch dort geht genauso was verloren. Weiters, wäre das wahr, dass alles an der Erziehung hängt, würde es wenige Ausreißer und Revolutionäre geben, die kommen oft genug aus derselben Erziehung.
@g4b: „Dennoch präferierte ich …und die Farbe blau.“
Die Marienfarbe blau?
http://www.farbimpulse.de/artikel/liste.html?artikelid=23&artikelrubrik=farbwirkung
Ich bin Lehrkraft und finde diesen Doppelschlag skandalös – vorurteils- und rollenperpetuierende Unterrichtsmaterialien, so dachte ich bis eben, hätten wir weitestgehend überwunden. Nun ist Pons ja kein etablierter Schulbuchverlag (Fremdsprachenwörterbücher außen vor), was die Umnachtung des dortigen Lektorats aber auch nicht wirklich entschuldigt… Die völlig berechtigten Anliegen von Gender Mainstreaming scheinen an den Schulen früher anzukommen als in den Verlagshäusern…
Als Mutter von Söhnen finde ich ja öfters, dass Jungen viel stärker eingeschränkt sind. Mädchen können alle Klamotten tragen – an einem Tag rosa Kleid und am nächsten blaue Matschkombi. Bei Jungs ist das mit dem rosa Kleid nicht gut möglich. Mädchen könne Fussball spielen, Judo machen oder Ballet.
Mädchen können Abenteuerbücher lesen oder Pferdebücher.
Bei Jungen stößt man eher an Grenzen. Querflöte spielen? Ballet tanzen? – s. Billy Elliot… Blümchenpulli?
Warum ziehen sich also so viele Mädchen freiwillig in die Prinzessin Lillyfee-Ecke zurück?
Meine These ist, dass die Welt sehr komplex ist und es erstmal erleichtert, wenn man (mädchen) seine Ecke gefunden hat, die geschützt und warm und rosa ist und wo einem nichts unerwartetes passiert. Deshalb bestätigen sich alle gegenseitig in ihrer Prinzessinnen-Kuschelecke und lassen die große Welt draußen, wo es zieht. Dazu passen dann solche Bücher – selbst beim Diktateüben bleibt die böse Welt draußen.
„In einer Gesellschaft wo es keine Geschlechterspezifikationen mehr gibt, werden schließlich alle dazu gezwungen sich gleich zu fühlen.
Es geht doch wohl darum, eine Gesellschaft anzustreben, in der niemand „gezwungen“ wird, sich irgendwie zu fühlen. Und nein, wenn es keine Geschlechtsstereotype mehr gäbe, müssten sich nicht alle gleich fühlen. Jetzt aber wird Mädchen und Jungen suggeriert, sie hätten sich jeweils als Mädchen und Jungen alle gleich zu fühlen!
Nebenbei soll es ja schon vorgekommen sein, dass sich auch Frauen verschieden von anderen Frauen gefühlt haben. Männer von anderen Männern auch. Diese Denke „Männer sind Männer und Frauen sind Frauen“ postuliert hingegen, Frauen und Männer seien jeweils homogene Gruppen, denn nur unter dieser Voraussetzung könnte man überhaupt gruppentypische Unterschiede feststellen. Das ist der Wissenschaft bis heute bekanntlich nur im Marginalen gelungen, wenn wir mal von durchschnittlichen körperl. Attributen wie Größe und Muskelmasse sowie der Rolle im Fortpflanzungegeschehen absehen.
„Ich kenne nichts, was die Kreativität der Menschen so sehr hemmt wie die Konstruktion der beiden Geschlechter.“ (*)
… schreibt der Entwicklungsforscher Wassilios Fthenakis im oben schon mal verlinkten Interview mit dem Tagesspiegel:
http://www.tagesspiegel.de/magazin/wissen/Entwicklung;art304,2463048
Genau darum geht es!
Er meint natürlich die beiden sozialen Geschlechter.
(*) ich auch nicht.
@Frodo: Anders als bei Spiegel Online behauptet ist die hohe Anzahl an Erzieherinnen und Lehrerinnen im Elementarbereich nicht für die Benachteiligung von Jungen verantwortlich – ganz im Gegenteil haben es Jungs bei männlichen Lehrern noch schwerer.
@Adrian: Das wird dann wohl an der emanzipatorisch bedingten Desorientierung bzw. misslungenen Sozialisation der männlichen Lehrer liegen, die nun versuchen, ihre Kolleginnen zu übertreffen und damit zu beeindrucken ;-)
Ich finde die Aufregung um die Trennung der Schulbücher ziemlich künstlich. Aus Untersuchungen ist doch bekannt, daß in bestimmten Fächern getrennter Unterricht besser ist, z.B. damit Mädchen dem Jungen nicht automatisch bei Mathe das Feld überlassen. Wer möchte den wirklich den „gleichen Einheitsmenschen“?
Das die aktuelle Ausgabe der Bücher im Detail noch deutliche Qualitätsmängel ausweist, scheinen die oben ziterierten Stellen ja zu belegen.
Trotdem wird hier in der Diskussionen „Gleichheit“ oder „Gleich sein“ fälschlicherweise mit Gleichberechtigung gleichgesetzt. Kennt irgend jemand hier eine einzige Kultur auf der Welt, die keine Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Rollenverständnis gibt?
Der Unterschied der Geschlechter ist etwas normales und natürliches. Der Weg zur optimalen Förderung kann immer nur über die Anerkennung von Unterschieden geschehen. Das gilt nicht nur für die geschlechtsspezifische Betrachtung sondern auch für individuelle Begabungen.
Ich frage mich, warum oft so getan wird, als ob eine der zentralen biologischen Tatsache „Ich kann neues Leben gebären“ (oder als Mann eben nicht), heute eine so untergeordnete Rolle bei der Definition des Individuums spielen soll. Warum diese gravierende biologische Tatsache bei der Entwicklung von Identität keine große Rollen mehr spielen soll?
“Ich kenne nichts, was die Kreativität der Menschen so sehr hemmt wie das Ausblenden von Reallitäten.”
@ Klaus:
“Ich kenne nichts, was die Kreativität der Menschen so sehr hemmt wie das sich Einreden von Realitäten.”
@Frodo: Bitte wirf einen Blick in die Netiquette, hier werden keine Berufsgruppen schlecht gemacht, ironische Aussagen sind im Internet immer schlecht einzuschätzen und Smilies sorgen nicht dafür, dass wieder alle glücklich sind.
@Klaus: Unterricht nach Geschlechtern getrennt funktioniert dann, wenn eine Gruppe sich nicht traut, am Unterricht teilzunehmen. Die Lernbücher (im Übrigen keine Schulbücher, die Lehrpläne sehen auch keine getrennten Aufgaben vor) gehen auch nicht von individuellen Begabungen aus, sondern bedienen sich einfach alter Stereotype (Mädchen mögen Pferde, Jungen Fußball), die nicht allen gerecht werden. Das haben hier schon einige Kommentatorinnen und Kommentatoren bestätigt.
Es gab und gibt Mädchen, die gerne Fußball spielen. Denen wird suggeriert, mit ihnen stimme was nicht und dass sie lieber malen sollten, weil Fußball nichts für Mädchen ist. Sinnvolle Pädagogik sieht anders aus.
„Ich frage mich, warum oft so getan wird, als ob eine der zentralen biologischen Tatsache “Ich kann neues Leben gebären” (oder als Mann eben nicht), heute eine so untergeordnete Rolle bei der Definition des Individuums spielen soll. Warum diese gravierende biologische Tatsache bei der Entwicklung von Identität keine große Rollen mehr spielen soll?“
Das hab ich weiter oben schon erklärt. Aber gern noch mal:
Die Denke “Männer sind Männer und Frauen sind Frauen” postuliert, Frauen und Männer seien jeweils homogene Gruppen, denn nur unter dieser Voraussetzung könnte man überhaupt gruppentypische Unterschiede feststellen. Das ist der Wissenschaft bis heute bekanntlich nur im Marginalen gelungen, wenn wir mal von durchschnittlichen körperl. Attributen wie Größe und Muskelmasse sowie der Rolle im Fortpflanzungegeschehen absehen.
Natürlich spielt der Körper und seine Biologie KEINE untergeordnete Rolle. Im Gegenteil. Aber was Biologisten daraus ableiten, ist eben nicht zwingend Realität, sondern ein soziales Kontrukt: nämlich das soziale Geschlecht. Welches für Mädchen rosa vorschreibt und für Jungs Fußball usw. Es engt die Menschen in ihrer Entwicklung ein, es zwingt ihnen Interessen auf, die sie möglicherweise gar nicht haben, es unterdrückt Talente und wird den wenigsten tatsächlich gerecht.
“Ich kann neues Leben gebären” Und schauen wir uns deine Argumentationsgrundlage mal genauer an, wirds dünne. Längst nicht jeder Mensch weiblichen Geschlechts kann oder will neues Leben gebären. Es handelt sich heutzutage nicht mehr um ein zentrales Wesensmerkmal einer weiblichen Biografie. Außerdem umfasst die Phase, in der tatsächlich neues Leben geboren werden kann, nur ca. 30 Jahre. Also nicht mal die Hälfte des Lebens. Es gibt keinen logischen Grund, ab dem Säuglingsalter die Weichen in Richtung „kann (oder kann nicht) neues Leben gebären“ zu stellen und die ganze Persönlichkeit auf dieses eine Kriterium zu fokussieren. Hinzukommt, dass eine Frau auch neues Leben gebären kann, wenn sie z.B. Physikerin ist, oder Automechanikerin, Fußball spielt, eine Glatze hat und bei den Hells Angles Harley fährt. Das „neue Leben gebären“ hat mit dem sozialen Geschlecht – den Rollenstereotypen – rein gar nicht zu tun. Null.
Nicht zu vergessen, dass es mit dem alleinigen Gebären noch nicht getan ist. Das neue Leben hat bekanntlich immer 2 Eltern.
Zitat Klaus
„Ich frage mich, warum oft so getan wird, als ob eine der zentralen biologischen Tatsache “Ich kann neues Leben gebären” (oder als Mann eben nicht), heute eine so untergeordnete Rolle bei der Definition des Individuums spielen soll. Warum diese gravierende biologische Tatsache bei der Entwicklung von Identität keine große Rollen mehr spielen soll?“
Ich verstehe jetzt den Zusammenhang nicht genau. Bist Du für diese geschlechterspezifischen Lehrbücher, weil mich z. B. Malen besser auf meine mögliche Mutterrolle vorbereitet hätte als Fußballspielen?
Tut es nicht, eine Mutter muss beides können. Fußballspielen (und außerdem sehr schnell sprinten. Jedenfalls schneller als ihre Kleinkinder) genau wie malen (mal mir mal nen Elefanten! und jetzt eine Giraffe!)
@ susimausi: Ich bin kein Biologist, der daraus automatisch ein zu erfüllendes soziales Geschlecht ableitet und ich bin weit davon entfernt zu behaupten Männer und Frauen seien jeweils homogene Gruppen.
Aber mir als Mann stehen wegen meine Geschlechtes eben nicht die identischen sozialen Geschlechterrollen wie eine Frau zur Auswahl. Ich kann mich maximal bestimmten Rollen nähern. ich kann niemals „Mutter“ sein, ich kann nur eine dem sich grob nähernde soziale Rolle einnehmen.
Ich denke, das alleine die Möglichkeit als Frau ein Kind bekommen zu können einen großen Unterschied in der Geschlechtssidentität ausmacht. Auch wenn nicht jede Frau Mutter wird oder nicht daß ganze Leben Kinder bekommen kann. Ich halte es für einen nicht wegzudiskutierenden Unterschied.
Natürlich wird meine Argumentation dann dünn, weil Sachen hineingelesen werden, die ich gar nicht impliziere (z.B. Frauen können keine Physikerinnen werden).
Interessant das Du schreibst, „Es gibt keinen logischen Grund, ab dem Säuglingsalter die Weichen in Richtung “kann (oder kann nicht) neues Leben gebären” zu stellen und die ganze Persönlichkeit auf dieses eine Kriterium zu fokussieren.“
Da stimme ich Dir voll und ganz zu, daß habe ich auch nicht gefordert und daraus abgeleitet. Die Fragestellung müsste lauten „Was ergibt sich daraus für das Lernen? Wo gibt es (biologisch begründete) Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen, die einen geschlechtsspezifischen Ansatz erfordern, um die individuelle Förderung zu unterstützen.
Übrigens gibt es schon Untersuchungen über Unterschiede, zum Beispiel in der Art der räumlichen Wahrnehmung.
@rabenmutter: „weil mich z. B. Malen besser auf meine mögliche Mutterrolle vorbereitet hätte als Fußballspielen?“ Nein, ganz und gar nicht, im Gegenteil.
Mir kommt es darauf an, Unterschiede zu wahrzunehmen, um dann ein optimale differenzierte Förderung zu ermöglichen. Vielleicht mal ein anderes Bsp: Erst wenn Linkshänder und Rechtshänder als zwei unterschiedliche Gruppen wahrgenommen werden, können unterschiedliche Schreibgeräte und mehr entwickelt werden, die beide Gruppen gerecht werden.
Irgendwo habe ich hier gelesen, daß „nur“ körperlichen Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen wissenschaftlich nachgewiesen sind. Dann lass uns doch damit anfangen und überlegen welchen Einfluß diese Tatsache eigentlich auf eine optimale Förderung des Lernens von Jungen und Mädchen haben müsste.
@mensch im mohn: Klar ich bilde mir nur ein, das ich keine Kinder gebären kann und Männer und Frauen sind vollkommen identisch und die Erde eine Scheibe.
@Klaus: Nein, die räumliche Wahrnehmung funktioniert gleich. Teilweise gibt es Unterschiede bei den Strategien, die Männer und Frauen verwenden, um räumliche Fragestellungen zu lösen. Aber erstens ist keine besser und zweitens verwenden auch Männer „Frauentaktiken“ und umgekehrt. Vermeintliches Unvermögen von Frauen basiert oft darauf, dass kleine Mädchen weniger Möglichkeiten haben, alleine ein Gebiet zu erkunden und damit ihre Fähigkeiten nicht verbessern können.
Was sich mir gar nicht erschließt ist, warum die Tatsache, dass die meisten Frauen fertil sind, einen Einfluß auf das Lernen haben soll. Dass unsere Gebärmutter (Hysteria) einflußreicher als das Gehirn sei, ist eine überholte Theorie.
Individuelle Förderung ist am besten immer noch individuell, da braucht man keinen Geschlechteransatz. Wenn ich eine Klasse mit 10 Mädchen und 10 Jungen habe, macht es keinen Sinn, die Mädchen Schwimmen gehen zu lassen während die Jungen Fußball spielen, wenn 3 Mädchen keinen Bock auf Schwimmen haben und 3 Jungen Fußball furchtbar finden und die lieber tauschen würden.
Aber die Sache ist doch: Biologisch betrachtet haben die meisten Frauen die Voraussetzung, Kinder zu gebären. Aber: wäre Ihnen aufgrund dieser und anderer biologischer Merkmale auch die gleiche Förderung von Nutzen? Würden die angehenden Physikerinnen, Ballettänzerinnen, Bankerinnen und Floristinnen nicht sinnvoller gemeinsam mit den zukünftigen Physikern, Ballettänzern, Bankern und Floristen gefördert? Will sagen: Warum keine Förderung, die bei persönlichen Interessen und Talenten ansetzt, und nicht beim Geschlecht. Das dies sich in dieser Weise leider noch nicht immer umsetzen lässt, liegt aber kaum daran, wie Jungen und Mädchen angeblich SIND, sondern wie sie von Pädagogen behandelt werden bzw. wurden, und wie sie zu sein MEINEN (z. B. „Mädchen können kein Mathe“).
Mal davon abgesehen, dass es zu weit führen würde zu diskutieren, wie sich der Mutterbegriff definiert und wie wenig er mit biologischen Voraussetzungen zusammenhängen muss, kann ich zur Eingeschränktheit männlicher Rollenbilder nur sagen: Auf gehts! zur Grenzensprengung und Rolleneroberung.
@Lucie: „Warum keine Förderung, die bei persönlichen Interessen und Talenten ansetzt, und nicht beim Geschlecht. “ – Ja, wenn wir jedes Kind optimal individuell fördern könnten bräuchten wird keine Einteilung nach Alter in Klassen oder in verschiedene Schulformen und müssten auch nicht über geschlechtsspezifische Förderung nachdenken.
Ansonsten finde ich es interessant was in meine Aussagen so reingelesen werden. Offensichtlich ist es mir nicht vollständig gelungen meinen Kerngedanken zum Grenzensprengen und Rollenerobern zu vermitteln.
„… und müssten auch nicht über geschlechtsspezifische Förderung nachdenken.“
Da können wir gern drüber nachdenken: Aber bitte nicht in der Form, wie man Mädchen und Jungs am besten in Stereotype presst, sondern wie man ihnen die Möglichkeiten jenseits der Stereotype erschließt.
„Offensichtlich ist es mir nicht vollständig gelungen meinen Kerngedanken zum Grenzensprengen und Rollenerobern zu vermitteln.“
Meinst du, Schulbücher in rosa und hellblau mit entspr. Inhalten würden zum Grenzensprengen und Rollenerobern beitragen? (Kerngedanke der Diskussion)
„Auf gehts! zur Grenzensprengung und Rolleneroberung.“
Dazu kann ich nur sagen: Kinder sind nicht dafür geeignet, eigene Experimente testen zu wollen. Habe ich in unserem alternativen, freien Kiga gesehen, wohin das führt, wenn ständig die neuesten, modernsten „Konzepte“ durchgepeitscht werden -aber die Kinder dabei vergessen werden.
Es geht nicht nur um Theorie. Manchmal muss man praktisch denken – an den Bedürfnissen der Kinder orientiert.
Beispiel:
Was glaubt ihr, was es zZ für einen Terror um Farben gibt. Wenn Besuch da ist, mache ich kleine Schnittchen mit Spießen. Mein Sohn will selbst diese Spieße nicht in rosa haben. Ob ein Strohhalm rot oder blau ist wird zum Problem.
Dieses „Grenzen-Sprengen“ hieße, ich würde ihm den rosa Strohhalm aufzwängen. Meine Lösung: Ich gebe allen Kindern einen Strohhalm in der gleichen Farbe. Egal ob orange, rosa etc.
Ich find das ja selbst nicht so toll, und würde am liebsten gar nicht darauf achten, welches Kind welchen IKEA-Becher (rosa, orange, blau etc) kriegt. Aber das wird zum Diskussionspunkt. Und dann muss man sich was einfallen lassen.
„Ich frage mich, warum oft so getan wird, als ob eine der zentralen biologischen Tatsache “Ich kann neues Leben gebären” (oder als Mann eben nicht), heute eine so untergeordnete Rolle bei der Definition des Individuums spielen soll. Warum diese gravierende biologische Tatsache bei der Entwicklung von Identität keine große Rollen mehr spielen soll?“
Sehr viele Frauen (schätzungsweise fast ne Milliarde) kann keine Kinder gebären sei es weil zu jung, zu alt, wegen Krankheit oder anderen Gründen. Dazu kommen Millionen Frauen, die keine Lust haben, „neues Leben zu Gebären“ und der Rest, der sich keineswegs durch so was definiert. Sind das nun alles Männer?
P.S.: Woran erkennst Du eigentlich, ob Du gerade einer Frau oder einem Mann gegenübertrittst? An der Gebährfähigkeit? Ist irgendwie schwer auf einen Blick zu diagnostizieren.
@Bettina: Da würde ich dir auf jeden Fall recht geben, was Kinder angeht muss man da sicher sehr behutsam vorgehen. Ich wollte mich mit dem „Appell“ damit eher an Klaus bzw. Erwachsene richten.
Aber gerade deine Erfahrungen sind doch frappierend: Es scheint unter Kindern eine große Angst zu herrschen, etwas „falsch“ zu machen, als un-jungshaft oder un-mädchenhaft zu gelten und ausgegrenzt zu werden. Das Definieren-Wollen der eigenen (Geschlechts-)Identität ist normal, denke ich – das Problem dabei ist, dass die Vorstellung davon, was als mädchenhaft oder jungenhaft gelten darf, durch Produkte, Eltern (manche) und vieles mehr, oft viel zu stark eingeschränkt wird (siehe PONS…). Und da denke ich schon, dass man von Elternseite ein stückweit „gegenarbeiten“ kann/sollte.
Dass sich das in der Realität natürlich schwieriger gestaltet als in der Theorie eines Blog-Kommentars ist dann noch mal ein anderes Thema… da will ich auch nicht behaupten, viele Erfahrungswerte mitzubringen. Es scheint mir nur, dass diese Rosa-Blau-Eingeschränktheit mit dem ganzen Rattenschwanz an Stereotypen, der da dranhängt, in den letzten Jahren wieder populärer geworden ist, und das macht mir Sorge – und Diskussionsbedarf!
@Lucie: „Will sagen: Warum keine Förderung, die bei persönlichen Interessen und Talenten ansetzt, und nicht beim Geschlecht. Das dies sich in dieser Weise leider noch nicht immer umsetzen lässt, liegt aber kaum daran, wie Jungen und Mädchen angeblich SIND, sondern wie sie von Pädagogen behandelt werden bzw. wurden, und wie sie zu sein MEINEN (z. B. “Mädchen können kein Mathe”).“
Finde ich einen super Ansatz.
Ich habe immer zu den Mädels gehört, die sehr gut in Mathe und Physik waren. Leider hat daraus kein Lehrer irgendeine Begabung für die Fächer erkannt, sondern ich bekam den Stempel der Fleißigen aufgedrückt.
Zum thema „Mädchen und Pferde“: IM obigen Buch wimmelt es ja von Pferden, Ponys und Reiterhöfen. Schließlich wollen Jungs ja nur Fußballspielen und interessieren sich so gaaar nciht fürs Reiten.
Mittlerweile bieten einige Reiterhöfe speziell MÄnnerreitkurse an, für die Männer, die schon immer reiten wollten, aber in der Jugend einfach nicht der einzige Junge unter Mädchen sein wollten.
http://www.freizeitreiterhof.com/index.php?menuid=65
Zitat Klaus „Mir kommt es darauf an, Unterschiede zu wahrzunehmen, um dann ein optimale differenzierte Förderung zu ermöglichen. Vielleicht mal ein anderes Bsp: Erst wenn Linkshänder und Rechtshänder als zwei unterschiedliche Gruppen wahrgenommen werden, können unterschiedliche Schreibgeräte und mehr entwickelt werden, die beide Gruppen gerecht werden.
Irgendwo habe ich hier gelesen, daß “nur” körperlichen Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen wissenschaftlich nachgewiesen sind. Dann lass uns doch damit anfangen und überlegen welchen Einfluß diese Tatsache eigentlich auf eine optimale Förderung des Lernens von Jungen und Mädchen haben müsste.“
Es tut mir leid, aber ich kann mir wirklich nicht vorstellen, welchen Einfluss das Vorhandensein einer Gebärmutter auf das Lernen haben sollte und wie man diese Tatsache in eine optimale Förderung umsetzen müsste. Andere biologische Unterschiede werden erst ab der Pubertät spannend – und dann auch eher im Sportuntericht.
Meine Gedanken gehen eher in Lucies Richtung – ich mache mir auch Sorgen, dass die Geschlechterstereotypen sich verstärken und dass dadurch die Welt der Kinder kleiner wird, für jedes Geschlecht nur die Hälfte, nicht das Ganze.
@Bettina – das Problem mit den Farben kenne ich auch. Aber es gibt auch Kinder, denen das total egal ist, die trinken als Junge auch aus dem pinkfarbenen Becher. Es gibt auch Kinder, die essen alle Gemüse und andere, die schreien beim Anblick von Broccoli. Aber deshalb muss dann doch nicht die ganze Familie auf Broccoli verzichten.
„Erst wenn Linkshänder und Rechtshänder als zwei unterschiedliche Gruppen wahrgenommen werden, können unterschiedliche Schreibgeräte und mehr entwickelt werden, die beide Gruppen gerecht werden.“
Gutes Beispiel!
Links- und Rechtshänder sind nämlich neben ihrem Links und Rechtshänder-Dasein noch alles mögliche andere: groß, klein, begabt oder unbegabt, interessieren sich für Mathe oder Malen, Chemie oder Reiten, sind geschickt im Basteln oder schreiben gern Geschichten … sprich: sie sind keineswegs zwei homogene Gruppen, die man jeweils anders aber dann gruppenintern gleich behandeln muss. Und ebenso ist es mit Jungen und Mädchen. Dass jeder natürlich _auch_ sein Geschlecht hat, ist logisch aber kein Grund für spezielle Resevate.
Individuelle Förderung heißt nicht, Kinder zu schubladisieren, sondern auf jedes individuelle Talent einzugehen, egal, ob das Kind ein Mädchen ist oder Linkshänder oder … oder …
„Mein Sohn will selbst diese Spieße nicht in rosa haben. Ob ein Strohhalm rot oder blau ist wird zum Problem.“
Fakt ist: Genetisch ist seine Farbpräferenz nicht begründet. Er muss das irgendwo erlernt bzw. beigebracht bekommen haben. Also kann er auch was anderes lernen. Ich würde da einfach mit gutem Beispiel voran gehen und als Mutter oder Erzieherin auch blaue Kleidung tragen und blaue Gegenstände benutzen. Außerdem wirds da noch andere Möglichkeiten der Einflussnahme auf einen Kind geben, schließlich sollten die Erwachsenen die Kinder erziehen und nicht umgekehrt.
OK, scheinbar löst der Hinweis auf Unterschiede – wie an meinen versuchten Beispiel mit Links-Rechtshändern – sehr stark eine zusätzliche Befürchtung auf eine ausschließliche Konzentration und Einschränkung auf den jeweilige Unterschiede aus.
Ich frage mich, wo die Annahme herkommt, daß man Menschen dann ausschließlich als Linkshänder oder Rechtshänder wahrnimmt?
Ich habe mit dem Beispiel ja nur zeigen wollen, daß man Unterschiede wahrnehmen sollte, um Menschen zu fördern und Chancen zu bieten. Schließlich hatten wir in der Vergangenheit das Drama, der versuchten „Umerziehung von Linkshändern“, weil die Differenzen nicht „sein durften“.
Richtig spannend finde ich die Diskussion um die Farbe. So weit ich weiß sind die Farben Blau und Rosa relativ neu in der jetzigen“geschlechtsspezifischen“ Bedeutung. Das Blau der Männer kommt vom Matrosenanzug und vom „Blaumann“ Anfang des letzten Jahrhunderts, vorne waren es andere Farben.
Es doch eigentlich egal welche Farbe „männlich“ oder „weiblich“ repräsentiert oder würde, oder nicht? Wenn nein, warum nicht?
Die eigene Zuordnung zu einer sozialen Gruppe über das Tragen deren Farben und Symbole ist uralt, jede kulturelle Gruppe kennt so etwas (Religionen, Ländern, Sport, Firmen, Vereine…). Was ist denn so problementisch an der Aussage „Die Farbe Blau symbolisiert das Männliche und die Farbe Rosa das Weibliche“? Und wenn Kinder und Erwachsene sich dann dieser Symbolik bedienen, um einen Teil ihrer Identität zu dokumentieren, was ist daran falsch?
Wenn ein Junge heute mit einem blauen Strohhalm die Tatsache, daß er ein Junge ist, ausdrücken möchte und in einem Monat dann vielleicht nicht mehr, sondern den schönen leuchtenden Grünen haben will. Was ist daran so schlimm?
Offensichtlich ist es doch für Menschen wichtig, sich sozialen Gruppen zugehörig zu fühlen und dies nach außen zu dokumentieren. Warum soll es gut sein, dieses scheinbar generelle Bedürfnis weg zu erziehen oder aktiv gegen diese symbolische Farbzuordnung zu arbeiten?
BTW: Nach dem hier genannten Beispielen aus den Büchern teile ich die Auffassung, daß diese wohl eher schlecht gemacht sind und einschränkend statt fördernd wirken. Die Idee unterschiedlicher Bücher für Jungen und Mädchen für bestimmte Fächer finde ich nach wie vor gut.
On topic: http://www.thelocal.se/22504/20091006/
(Erschreckende Kommentare dort.)
„Es doch eigentlich egal welche Farbe “männlich” oder “weiblich” repräsentiert oder würde, oder nicht? Wenn nein, warum nicht?“
Dass Männlich und Weiblich überhaupt mit Farben (oder anderen Attributen) einer _generellen_ Unterscheidung bedürfen, die einschneidende und in beide Richtungen benachteiligende Konsequenzen nach sich zieht, bezweifle ich.
„Die eigene Zuordnung zu einer sozialen Gruppe über das Tragen deren Farben und Symbole ist uralt, …“
Und oftmals ist es auch unproblematisch: Wenn z.B. die Bayern Fans andere Schals dabei haben, als die Schalker. Wenn die Bayern dann aber den Schalkern auf die Fresse hauen, dann werden auch die Schals zum Problem. (Achtung: Methapher!)
Immer dann, wenn Symbole Besitzstände, Benachteiligungen oder Diskriminierungen markieren und zementieren, dann hab ich damit ein Problem.
„Offensichtlich ist es doch für Menschen wichtig, sich sozialen Gruppen zugehörig zu fühlen …“
Richtig. Und hier sind wir wieder oben: eine soziale Gruppe ist kleiner, als alle Männer oder alle Frauen. Ich fühle mich keineswegs allen Frauen zugehörig. Meine soziale Gruppe benötigt keine Farbe, kein Symbol und keine besonderen Attribute. Uns verbindet Anderes. Und das – das Verbindende – sollte auch zwischen den Geschlechtern wesentlich sein und hervorgehoben werden.
„… und dies nach außen zu dokumentieren.“
In gewissem Maße korrekt. Aber uniformieren lassen sich wenigsten gern.
Antwort von PONS:
„…
vielen Dank für Ihre E-Mail.
Die Reihe „Diktate und Textaufgaben für Mädchen und Jungs“ ist kein unterrichtsrelevantes Schulbuch sondern eine Lernhilfe. Es ist den Eltern also freigestellt, ob sie dieses Zusatzangebot in Anspruch nehmen möchten. Mit der Reihe richten wir uns an Eltern, die davon ausgehen, dass die in diesen Titeln angebotenen Themenwelten dem Interesse ihrer Kinder entsprechen und sie sie damit besonders gut motivieren können.
Das Konzept von „Diktate und Textaufgaben für Mädchen und Jungs“ hat einen speziellen Ansatz und setzt dabei auf allgemeingültige Grundsätze der Pädagogik: Je höher die Motivation des Lerners, desto höher der Lernerfolg. Besonders hohe Motivation stellt sich erwiesenermaßen dann ein, wenn das Thema das Interesse des Kindes wecken kann. Dass sich die Interessen von Jungen und Mädchen in diesem Alter sehr oft stark unterscheiden ist nicht von der Hand zu weisen. Dass hierbei der Großteil der Mädchen und Jungen auch heutzutage ein starkes Interesse an vermeintlich stereotypen Themenwelten zeigt, vermag so manchen zu erstaunen, ist aber eine Tatsache. Dabei genügt schon ein Blick in das unabhängige Leseportal http://www.antolin.de, was deutlich zeigt welche Bücher von Jungen und welche von Mädchen bevorzugt werden. Hier rangieren zum Beispiel Titel wie „Hexe Lilli zaubert Hausaufgaben“ auf Platz 5 bei den Mädchen wohingegen der Titel bei Jungen erst auf Platz 59 anzutreffen ist. Im Gegensatz dazu findet sich der Titel „Im Tal der Dinosaurier“ aus der Reihe „Das magische Baumhaus“ auf Platz 3 bei den Jungen und bei den Mädchen lediglich auf Platz 63.
In vielen Bereichen wie zum Beispiel Kleidung und Spielwaren und nicht zuletzt im Kinderbuchbereich, wird seit Jahrzehnten auf geschlechtsspezifische Interessensgebiete und Vorlieben eingegangen. Nicht umsonst sind Reihen wie „die Wilden Kerle“, „Prinzessin Lillifee“ und „Freche Mädchen“, die unterschiedliche Lebenswelten widerspiegeln bei den Kindern so beliebt und erfolgreich.
Mit freundlichen Grüßen
PONS GmbH
Kundenservice“
Gutes Beispiel für erfolgreiches Marketing: Wenn das Bedürfnis nach geschlechtsspezifischen Produkten erst mal geweckt ist, lässt die Kuh sich melken bis zum Überdruss.
Klaus, was die Farbe angeht ist es weniger die Farbe an sich, sondern wofür sie steht – eben der Rattenschwanz, der dranhängt und der damit in den Köpfen vieler verknüpft ist. Also sowas wie „Jungs-blau-kalte Farbe-aktiv-viel draußen-Fußball-wild…“ und „Mädchen-rosa-‚weiche‘, warme Farbe-emotional-Prinzessin-drinnen-schmücken-Schön sein…“ Das sind jetzt nur mal wahllose Begriffe und natürlich plakativ, aber ich denke es wird klar worauf ich hinaus will… Das repräsentiert eingeschränkte Rollenbilder, nach denen Kinder aber streben, weil sie meinen, alles außerhalb dieses Spektrums wäre nicht jungs- oder mädchenhaft – und alle, die nicht dem Spektrum entsprechende Interessen und Wünsche haben, bekommen vermittelt: Das ist nicht wie richtige Jungs/Mädchen sind. Und es hindert, über den Tellerrand zu blicken – welche Farben es noch so gibt…
Und naja – wenn du das Geschlecht mit Religionen, Ländern, Sport, Firmen und Vereinen vergleichst, markierst du es ja als soziale, und nicht als biologische Kategorie. Und die (die sozialen) sind eben – veränderbar.
@susimaus:
Ich glaube sehr wohl, daß es ein Bedürfnis gibt sich und seine Gruppenzugehörigkeit nach Außen zu dokumentieren. Natürlich hat Identität auch etwas mit Abgrenzung zu tun und damit sind potenzielle Konfliktmöglichkeiten gegeben, wenn die Abgrenzung auch eine unterschiedliche Wertigkeit beinhaltet.
Und – das ist der Unterschied zu allen anderen sozialen Gruppen – ich kann meine Zugehörigkeit nur mit äußert extremen Maßnahmen ändern. Deshalb gibt es ja so intensive Debatten über Mann und Frau und was diesen zugeschrieben wird.
Ja, es gibt die Schubladen und die sollten wir aufbrechen. Aber wie geschieht das am Besten?
@steve, thje pirate
Nehmen wir das geringe Interesse von Jungen am Reiten. Männliche Vorbilder? Gibt es in Form von Cowboys, Indianern, Ritter und Kavallerie massenhaft und wird von Jungs mit anderen Spielzeug auch häufig gespielt. Reitende Männer sind oft Helden. Ist Reiten also unmännlich? Nein, kann also nicht wirklich sein.
Ich schließe daraus, daß die existierende Angebote für Pferdereiten nicht „geschlechtsneutral“ sind und den Bedürfnissen von Jungen gerecht werden, sondern primär auf Mädchen ausgerichtet sind.
Die Frage müsste also lauten, wie verändere ich den Reitunterrricht so, daß er Jungs und Mädchen gleich anspricht.
Oder als ersten Schritt, vielleicht muß ich eine Generation Jungs erst mal getrennt an Pferde heranführen und kann dann in einen zweiten Schritt wieder den gemeinsamen Reitunterricht.
Pferdehöfe für Männer sind toll, nur wo sind die Pferdehöfe für Jungs?
Unterschiede sind da und nur wenn sie bei den Angeboten berücksichtigt werden gibt es eine Chance alle für Reiten zu begeistern, die es wollen.
Also Reithöfe haben jetzt eigentlich nicht viel geschlechtsspezifisches an sich… jedenfalls nicht die, die ich kenne. Da ist das Problem wohl eher die Riege der Pferdebücher, -zeitschriften und -produkte für Kinder, die sich bedauerlicherweise primär an Mädchen richten.
Was die extremen Maßnahmen angeht… das würde ich so nicht sehen. Es geht ja hier nicht um biologische Änderungen, also das biologische Geschlecht, sondern um sozial vorgeschriebene/tradierte Geschlechterrollen und deren Aufbrechen – Geschlecht als soziale Kategorie. Kann man die deiner Meinung nach ebenfalls nur mit „extremen Maßnahmen“ ändern?
„Es geht ja hier nicht um biologische Änderungen, also das biologische Geschlecht, sondern um sozial vorgeschriebene/tradierte Geschlechterrollen und deren Aufbrechen – Geschlecht als soziale Kategorie“
So isses.
„Ja, es gibt die Schubladen und die sollten wir aufbrechen. Aber wie geschieht das am Besten?“
Zum Beispiel, indem Erwachsene eben nicht schon beim Fötus und dann beim Säugling ständig auf dessen Geschlecht bezugnehmen. Indem man nicht rosa und blaue Sachen kauft und „typisches“ Spielzeug. Ich bin sicher, dass Kinder sich ihres Geschlechtes bewusst werden können, ohne sich weitest möglich vom anderen zu distanzieren. In meiner Kindheit ging das.
Lucie,
also, Pferdemädchen sind ja schon ein Phänomen. Ganz interessantes Paper in dem Zusammenhang.
http://www.uni-kassel.de/fb7/psychologie/pers/euler/RecPubs/Detmold.pdf
Zitat – „[Wg. Motorisierung der Gesellschaft ist r]eiten … nicht mehr männliches Geschlechtsstereotyp und damit offen für weibliche Besetzung.“
wieso isn pferde reiten was typisch mädchenhaftes? hat vor hundert jahren noch jeder gemacht.
Kinder lassen sich von geschlechterneutraler Erziehung nicht im geringsten beeindrucken. Solche Ansaetze scheitern an der Realitaet. Fuer jedes Kind ist sein Geschlecht eines seiner offensichtlichsten persoenlichen Merkmale. Darum wird es sich in der Regel der jeweiligen Peer-Group anschliessen. Hier „gegenzusteuern“ ist bestenfalls beknackt, schlimmstenfalls grausam.
Man muss natuerlich dieser Entwicklung keinen Vorschub leisten (rosa/blaue Strampler …). Haben wir auch nicht gemacht. Trotzdem hat Madame nun eine Sammlung von Einhorn-Handtaeschchen und Sohnemann eine Schublade voller Spielzeugknarren. Wenns gluecklich macht. Es gibt auch wirklich groessere Probleme.
@ltba: „wieso isn pferde reiten was typisch mädchenhaftes? hat vor hundert jahren noch jeder gemacht.“
Eben – vor hundert Jahren war reiten etwas eher männliches – heutzutage ist reiten etwas was vor allem kleine Mädchen machen.
Wenn in 500 Jahren Spielzeugpistolen etwas sein sollten mit dem heuptsächlich Mädchen spielen und Jungs hauptsächlich mit Puppen spielen werden Eltern ganz entsetzt sein, wenn ihr Sohn mit einer Spielzeugpistole spielt. Und ja, dann gibt es bestimmt wieder eine ganz tolle biologistische Begründung warum es vollkommen natürlich ist, dass Mädchen mit Spielzeugpistolen und Jungs mit Puppen spielen.
@jj: Interssanter link – danke
Richtig, Lurker. Und vor allem sind Kinder ja auch nicht ganz blöd. Sie speichern doch die jeweiligen Personen und Milieus mit den dazugehörigen Ansichten ab und wissen ganz genau, der mag das, die mag was anderes. Hier kannst du das machen, dort kommt das aber gar nicht gut an. Und letztlich holen sich die kleinen Racker dann doch irgendwie, halt woanders, was sie brauchen, solange man sie nicht einsperrt.
Bei mir zum Beispiel war immer klar, dass meine Mutter sämtlichen Glitzer-Flitter-Flatter-Mädchenkram komplett verachtete. Genauso wusste ich aber, dass es die Freundin XY gab, bei der ich lange Nachmittage in einer rosa Mädchenwelt schwelgen konnte, die zuhause tabu war. Ebenso waren Ausmalbücher bei uns zuhause verpönt. OK, ging ich halt zur kinderlosen Nachbarin XY, die immer schon ein solches verbotenes Teil bereitliegen hatte und selig war, wenn ich stundenlang bei ihr saß, mich mit Süßigkeiten füttern ließ und Seite um Seite ausmalte.
Das gleiche Spielchen mit Comics, Kaugummi, Fernsehen…
Nach der Auffassung von Leuten, die große Stücke auf ihren erzieherischen Einfluss halten, müsste ich doch als Kind zumindest einen Hauch von Abneigung gegen diese Dinge verspürt haben, die meine Eltern so ablehnten. Aber Fehlanzeige.
Komischerweise käme niemand auf die Idee, diese Pons-Bücher dahingehend zu loben, dass sie doch auch als Abschreckung eingesetzt werden können. Ich bin mir fast sicher, dass meine Mutter mich von meinem Mädchentrip kuriert hätte, hätte sie mich in meiner Freizeit dazu verdonnert, Pferde-Diktate zu schreiben.
@Klaus:
Mein Kommentar bezog sich darauf, dass du -für mich anscheinend- die Unterschiede im Sozialen als nicht veränderliche Realität ansiehst. Wenn jemand kommt und anfängt zu behaupten, dass die Gebärfähigkeit eines Menschen doch wesentlichen Einfluss auf ihre Identität haben muss, gehen nunmal meine Alarmglocken los.
Es ist eine Tatsache, dass sich kleine Jungs und kleine Mädchen voneinander unterscheiden möchten.
Im Jahre 2009 geschieht das eben mit Wilde Kerle und Lillyfee. Natürlich könnte es im Jahre 2109 so sein, dass Waffen als mädchenhaft gelten und rosa Glitzerponys was für Jungs sind.
Eine aber wird immer noch so sein: Sie wollen sich abgrenzen.