Am Wochenende findet in der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin ein spannender Kongress statt: „Religion Revisited“. Das Thema ist bis heute brisant: Wir leben zwar in einer Gesellschaft, in der das Grundgesetz die Religionsfreiheit garantiert – und das ist auch gut – aber so manche Religion verbirgt unter ihrem Schleier frauenfeindliche Regeln und Rituale. Wie damit umgehen? Hinzu kommt, dass in den wenigsten Staaten tatsächlich eine Trennung von Kirche und Staat stattfindet. Doch gerade, wenn Religion und Politik allzu sehr miteinander verquickt sind, haben es Frauen in einem Land besonders schwer. Daneben fügen sich viele Frauen ihrem Schicksal, weil sie hinter den Regeln und Ritualen Gottes Willen wissen wollen. Ein Dilemma gerade für westlich geprägte FeministInnen, denn vielen Frauen ist aufgrund dieses Glaubens nicht wirklich zu helfen. Die Fragen auf dieser Konferenz sind deshalb:
„Ist die strikte Trennung von Religion und Politik ein notwendiger Garant für Frauenrechte und Geschlechtergerechtigkeit? Oder können diese auch im Kontext öffentlicher Religionen realisiert werden? Sind religiöse Bewegungen Bedrohung oder Verbündete im Kampf für Frauenrechte?“
Zu Gast sind unter anderem:
– José Casanova (Georgetown University, Washington, DC)
– Anne Phillips (London School of Economics and Political Science)
– Deniz Kandiyoti (University of London)
– Gita Sen (Development Alternatives with Women for a New Era, Indien)
– Sindi Medar-Gould (BAOBAB, Nigeria),
– Maria Consuelo Mejia (Catholics for the Right to Decide, Mexiko)
Beginn ist Freitag, 5. Juni, 16.30 Uhr in der Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstraße 8, Berlin Mitte.
Ende der Konferenz ist Samstag, 6. Juni, 18.15 Uhr.
Für weitere Infos bitte hier klicken.
„manche Religion verbirgt frauenfeindliche Rituale“?!
Ja welche denn nicht bittesehr?
ich finde ja diesen satz bedenklich: „Ein Dilemma gerade für westlich geprägte FeministInnen, denn vielen Frauen ist aufgrund dieses Glaubens nicht wirklich zu helfen.“
sollte die postkoloniale kritik an westlichem feminismus etwa immer noch nicht angekommen sein?
hallo ihdl: eigentlich wollte ich genau auf diesen Punkt hinaus. Du spielst da sicherlich auf Judith Butler an. Aber das ganze „löst“ ja das „Problem“ nicht: Weil ein Grenzbereich übrig bleibt, bei dem zumindest ich persönlich mich nicht wegen der postkolonialen Kritik am westlichen Feminismus mit seiner westlichen „Brille“ zurückhalten will. Manche Dinge sind und bleiben menschverachtend. Im Falle einer Frau, die aufgrund ihrer Religion hinnimmt, dass sie missbraucht wird und dass man ihre Menschenwürde mehr als antastet ist und bleibt für mich genau so ein Dilemma. Da widerstrebt sich leider in mir alles, mich zurückzunehmen und zu sagen: Das muss ich aufgrund kultureller Toleranz hinnehmen. Und es ist auch und gerade Judith Butler die im Zusammenhang mit ihrer Israel-Kritik sehr deutlich macht, dass Klappe halten aufgrund von Toleranz-/Sühne-oder sonstwie Gefühlen nicht okay ist.
Ich halte es auch für falsch, sich aus diesem „Grenzbereich“ herauszuhalten, finde aber, dass die Wortwahl „den Frauen ist aufgrund dieses Glaubens nivht zu helfen“ bzw. die Idee des Helfens etwas Gönnerhaftes (patronizing) hat.
Transnationale feministische Netzwerke bilden, Gruppen vor Ort/in den Communities solidarisch unterstützen, dabei auf die eigenen Machtpositionen reflektieren und keine Agenden aufpropfen, die Frauen in anderen Kontexten vielleicht gar nicht gebrauchen können … das klingt gut für mich, während mich die Vorstellung einer westlichen Frau als „Helferin“ aus der Unterdrückung durchaus an koloniale Verhältnisse erinnert.
weil’s grad aktuell ist und ich finde das es hier ganz gut passt, ein auszug aus der rede von barack obama in cairo
„The sixth issue that I want to address is women’s rights.
I know there is debate about this issue. I reject the view of some in the west that a woman who chooses to cover her hair is somehow less equal, but I do believe that a woman who is denied an education is denied equality. And it is no coincidence that countries where women are well-educated are far more likely to be prosperous.
Now let me be clear: issues of women’s equality are by no means simply an issue for Islam. In Turkey, Pakistan, Bangladesh and Indonesia, we have seen Muslim-majority countries elect a woman to lead. Meanwhile, the struggle for women’s equality continues in many aspects of American life, and in countries around the world.
Our daughters can contribute just as much to society as our sons, and our common prosperity will be advanced by allowing all humanity – men and women – to reach their full potential. I do not believe that women must make the same choices as men in order to be equal, and I respect those women who choose to live their lives in traditional roles. But it should be their choice. That is why the United States will partner with any Muslim-majority country to support expanded literacy for girls, and to help young women pursue employment through micro-financing that helps people live their dreams.“
gefällt mir gut. in diesem sinne:
frauenrechte UND islam. nicht frauenrechte TROTZ islam!
liebe IHDL, verstehe, was du meinst. Aber so wiederum habe ich es nicht gemeint. Dann was du beschreibst würde in meinem Kopf auch unter „Helfen“ laufen und ich konnotiere das für mich nicht mit „Patronizing“.
Liebe Grüße
Gefällt mir auch sehr gut, Judith. Danke für das Zitat!