„Dressiert von der umfassenden Propaganda der Mode-, Diät, Schönheits-, Musik-, Medien- und Pornoindustrie, haben die Frauen im früheren 21. Jahrhundert gelernt, ihr eigenes Fleisch zu verachten.“
Schon seit einer Weile wollte ich das in diesem Jahr auch auf deutsch erschienene Buch des „Stars der englischen Bloggerszene“ lesen. Die Kritiken waren vielversprechend: Schnungslos, polemisch und gut recherchiert sei „Fleischmarkt – Weibliche Körper im Kapitalismus“ von Laurie Penny, der bekannten feministischen Bloggerin, so Deutschlandradio.
Wie die kapitalistische Kontrolle über den als weiblich klassifizierten Körper wirkt, veranschaulicht Penny in insgesamt vier Kapiteln zu Sexualität, Essstörungen, Sexarbeit und (Reproduktions-)Arbeit / Konsum. In jedem Kapitel analysiert Penny die kapitalistischen und patriarchalischen Zurichtungen an Frauen*Körpern mit einer bewundernswerten analytischen Schärfe und einer erfrischenden Sprache.
Ich muss gestehen, dass ich beim Lesen eines Buches selten so oft auf ein und der selben Seiten „Ja, so ist’s!“ und „Nein, nein, neiiiin!“ an den Rand gekritzelt habe. Die Stärke des Buches ist sicherlich der Tatsache geschuldet, dass Penny kein Blatt vor den Mund nimmt und sich nicht vor starken Thesen scheut. Empfehlen würde ich das Buch auf jeden Fall, denn die Verbindungen von Patriarchat, Körpernormen, Konsum und Kapitalismus wurden für mich nachvollziehbar dargestellt.
Meine Begeisterung durchlief in diesem Buch allerdings eine schwindelerregende Achterbahnfahrt.
So habe ich mich über einige recht individualistische Ratschläge in Form von „Du-(als-Frau)-musst-nur-dies-und-das-machen-dann-wird-alles-besser“ geärgert, weil mich solche Tipps und Tricks an oberflächliche Ratgeberliteratur erinnert. So beschreibt Penny zum Beispiel an einer Stelle, dass sie sich „dazu entschied” nach ihrer Magersucht einfach wieder zu essen. Schnell wird vergessen, dass nicht alle Menschen gleichermaßen „einfach mal so“ aus schwierigen Situationen rauskommen.
Weiterhin befremdete mich, dass Penny zwar einerseits scharfe Kritik gegen die Trans*feindlichkeit von so einigen Feministinnen formuliert, doch das Teilkapital eher wie ein Zusatz wirkt, der sonst keine Auswirkungen auf ihre Analysen hat. So spricht Penny häufig homogenisierend von „den Frauen“ und konstatiert, dass es „naturgemäß noch immer Frauen [sind], die schwanger werden“.
Eine letzte Kritik richtet sich weniger an die Autorin, sondern an die Übersetzung: Es ist schon eine Meisterleistung (oder eher: Satire), ein feministisches Buch durchgehend in der männlichen Form zu schreiben (ausser wenn von „den Feministinnen“ die Rede ist). Als Leserin war mir teilweise überhaupt nicht klar, ob in der männlichen Form mal wieder alle gemeint sein sollen (sic!) oder ob wirklich nur von „Männern“ die Rede ist.
Eine lesenswerte Rezension mit weiteren Kritikpunkten findet ihr auf kritisch lesen.
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Selten wollte ich eine Aussage mit soviel Nachdruck und am besten zwanzig Mal unterschreiben wie die eingangs. Das ist doch endlich wieder mal ein Buch, das mich wirklich interessiert. Danke für den Tipp! :D
Also, die Übersetzung ist auch das, was mich am meisten gefuchst hat. Vom generischen Maskulinum mal ganz abgesehen, ist die Übersetzung einfach unsouverän und wird dem lockeren Sprech, den man aus Pennys Tweets, Blogs und Zeitungsartikeln kennt, nicht gerecht. Was mich außerdem nervt (auch im englischen Original) sind die schludrigen Fuß- bzw. Endnoten, mal mit, mal ohne Seitenangaben…