Nach der This Is What a Feminist Looks Like Initiative, über die wir bereits hier und hier berichteten, hat die Autorin des US-amerikanischen feministischen Mütterblogs blue milk unter der Leitfrage What does a feminist mother look like? Fragen für feministische Mütter entworfen. Unter anderem fragte die Autorin nach den feministischen Einstellungen von Müttern vor und nach der Geburt eines Kindes, inwiefern Kinder diese Einstellung verändern (oder auch nicht), wie die Befragten die Beziehung von Feminismus zu Erziehung, Familie und Mutterschaft einschätzen und wie/ob sich eine feministische Erziehung von einer nicht-feministischen unterscheidet. Zahlreiche Mütter – und auch Väter – haben darauf geantwortet und viele von ihnen eint die Aussage, dass feministische Ideale im Alltag häufig auf Barrieren trifft – struktureller oder persönlicher Art.
Auf die Frage, ob sie glaube, jemals als feministische Mutter versagt zu haben, antwortet die Autorin des Blogs dirt and rocks, sie glaubte damals, die perfekte feministische Mutter zu sein, da sie arbeitete und die gesamte Kindererziehung inklusive Haushalt übernahm. Obwohl sie Vollzeit arbeitete, übernahm sie trotzalledem wie selbstverständlich die Aufgaben, die gesellschaftlich von ihr als Frau erwartet würden. Heute wünsche sie sich, sie hätte den Vater ihrer Kinder damals mehr in die Verantwortung genommen.
Auf seinem Blog Daddy Dialectic schreibt Adam Smith von den Problemen, die bei der feministischen Erziehung seines Sohnes Liko auftraten:
(…) he likes to wear dresses to birthday parties, and we let him. The other parents, even here in San Francisco, raise their eyebrows, and I wonder what they’re thinking, and if we’ll be invited to next year’s birthday party, and I wonder how that will affect Liko. And I feel ashamed and cowardly for wondering. I know I’m not the first, but that’s cold comfort.
(zu deutsch: „(…) er mag es, zu Geburtstagsfeiern Kleider zu tragen und wir lassen ihn gewähren. Die anderen Eltern, selbst hier in San Francisco, runzeln ihre Stirn und ich frage mich, was sie wohl denken und ob wir nächstes Jahr noch einmal zu einer Geburtstagsfeier eingeladen werden und wie das wohl Liko beeinflussen wird. Und ich schäme mich und fühle mich feige, dass ich mir solche Fragen stelle. Ich weiß, dass ich nicht der/die Einzige bin, aber das ist ein mäßiger Trost.“)
Also: Wie schwer ist es, Theorie in die Praxis umzusetzen? Wo hört der eigene feministische Idealismus auf?
Mehr Antworten von feministischen Müttern und Vätern: Kemps Creative Happiness Blog, scribblette, inastrangeland.
Wenn ihr Vorschläge für Grundsatzfragen habt, dann mailt sie an mannschaftspost(at)web.de.
Ich versuche mich zu erinnern, wo ich das gelesen habe, in der ZEIT, glaube ich: Eine Studie hat wohl belegen können, dass Kinder sich eher nach den klassischen Geschlechterrollen verhalten, wenn sie wählen können. Also Mädchen mit rosa Puppe und Junge mit blauem Auto. Und wenn sie frei wählen, sind sie angeblich entspannter, was ihre Geschlechterrollen im Erwachsenenalter angeht. Zitat aus dem Text, den ich jetzt gefunden hab: http://www.zeit.de/2007/27/PS-Jungen-M-dchen „Im Kindergarten herrscht emanzipatorische Steinzeit.“ Vielleicht lebt Adam Smiths Sohn dann schon mit seinen jungen Jahren im 21. Jahrhundert. – Ich gehöre persönlich zu den „sexy feminists“: feministisch sein und nichts gegen die Inszenierung des Weiblichen haben.
@Nikola: Über den Text in der Zeit habe ich mich seinerzeit auch schon ziemlich geärgert. Inzwischen tue ich das, jetzt beim Nachlesen, noch mehr. Und ich meine nicht nur den Quatsch, der da zu Gender Mainstreaming drinsteht, sondern jetzt vor allem den Unsinn über Kinder.
Wenn ein Vierjähriger – und der wird da ja zitiert – mit kochendem Papa und zwei arbeitenden Eltern dennoch klassische Geschlechterstereotype zitiert, dann kann das schon mal locker an der Außenwelt liegen. Dafür muß so ein Kind nur einigermaßen durchschnittlich aufgeweckt und aufnahmebereit sein. Ich habe da selber ein entsprechendes Kind rumspringen, das zwar solche Sachen nicht sagt, aber so fix dabei ist, Sachen zu begreifen, einzusortieren und uns zu spiegeln, daß wir froh sind, wenn wir mit dem Tempo einigermaßen mithalten können.
Und schon kleinste Kinder reagieren auf Signale ihrer Eltern, auch und gerade deren nicht bewußt gesendete, mit entsprechendem Verhalten. Rosa Trinkbecher und Fahrradhelme taugen jedenfalls nicht als Belege für genetisch prädisponiertes Verhalten – denn bis vor gar nicht so langer Zeit war Pink eine Farbe für Jungs oder zumindest ganz sicher keine Farbe nur für Mädchen.
Dieses „Die Kinder wollen das so, da haben die Eltern keinen Einfluss drauf“ kotzt mich auch ziemlich an… Ja, es stimmt, Kinder entdecken mit etwa 3 Jahren, dass es zwei Geschlechter gibt und sie einem von beiden angehören. Alles weitere ist dann so, wie schon von rrho geschrieben: Nachdem das Kind bemerkt hat, dass es z.B. ein Mädchen ist, möchte es diese Gruppenzugehörigkeit zeigen und um es herum tragen nun mal die meisten Mädchen pinke Rüschenshirts und lila Röcke. Mir kann keiner erzählen, dass das völlig einzig und allein dem Wunsch dieser Mädchen entsprungen ist, denn schon die Geschenke zur Geburt sind geschlechtsspezifisch. Ich kann hellblau nicht mehr sehen, seit Wochen bekommen wir hellblaue Babyklamotten geschenkt. Also versuche ich, wenn ich denn mal selbst Babykleider kaufe, wenigstens ein bisschen neutralere Farben auszusuchen, aber das ist gar nicht so einfach, 70% der Babykleidung ist rosa, 25 % hellblau und 5 % grün, braun, beige, gelb… Es ist doch offensichtlich, wer da die Farbkodierung will, nämlich die Eltern. Ich hab meinem Sohn auch schonmal einen rosa Strampler angezogen, das wird dann aber ständig blöd kommentiert. Und die meisten Eltern um mich herum scheinen fröhlich mitzumachen bei diesem „rosa für Mädchen, (hell)blau für Jungs“ Diktat. Mich wundert es dann überhaupt nicht, dass 3jährige dann auf einmal auf rosa Glitzer bzw. Bob den Baumeister abfahren. Und ich bin „zuversichtlich“, dass auch Liko eines Tages kapiert, dass er im Kleidchen nicht ernstgenommen wird in seiner peer group.
Viel wichtiger für eine feministische Erziehung finde ich, dass man seinen Kindern eine gleichberechtigte Beziehung vorlebt, in der die Aufgabenteilung nicht stereotyp ist und auch den Kindern nicht stereotype Aufgaben überträgt.
@Miriam: Meine große Schwester hat ihren kleinen Sohn auch hn und wieder in rosa Strampler gesteckt. Das ganze war rein pragmatisch motiviert, weil sie die Sachen von Freunden geschenkt bekommen hat und es ja schade darum wäre es einfach wegzuwerfen. Auf jeden Fall gab es auch diverse Leute, die das ganz schlimm fanden, dass sie ihren Sohn in rosa kleidet.
@Miriam Eine gleichberechtigte Erziehung ist sicherlich das Ziel. Aber was, wenn die Umgebung nicht so gleichberechtigt ist? Wenn Frauen immer noch weniger verdienen als Männer? Wenn Frauen, die mehr als Männer verdienen, ihr Geld nicht mit dem Mann teilen wollen und mit der „Verdiener-Rolle“ überfordert sind? Siehe aktuelles ZEIT-Magazin, Reportage von Annabel Wahba. Im Grunde gehts doch gar nicht so sehr um die Kindererziehung, sondern darum, was man ihnen vorlebt. Um das Erwachsenenverhalten.
Als ich Aupairmädchen in Frankreich war hat meine japanische Gastmutter ihren Kinder am liebsten Braun angezogen. Das waren dann natürlich teure Klamotten, von Designern, die billigen sind immer rosa und blau. Hat Gleichberechtigung was mit Geld zu tun?
@Nikola,
na klar ist die Umgebung nicht gleichberechtigt. Aber das muss uns doch nicht selber hindern, es besser zu machen. Das aktuelle Zeit-Magazin habe ich gelesen und habe mich nicht wiedergefunden. Ich verdiene mehr. Wir haben jeder ein Gehaltskonto und zusammen eines für die Familie. Wir überweisen beide monatlich was aufs gemeinsame Konto. Ich mehr. Alles andere wäre lächerlich.
Zu Kinderklamotten – nein, die billigen sind nicht alle rosa und blau. Es gibt durchaus nette Kindersachen bei H&M und C&A. Es ist mir in Frankreich auch schon aufgefallen, dass es da Läden für Kinder gibt, in denen eine Komplettausrüstung mehr kostet als das, was ich trage. Ich frage mich immer, wer so was kauft. Ich könnte das durchaus, wüsste aber nicht, warum ich für Kleider, die 4 Monate lang passen, so viel Geld ausgeben sollte.
Aber zur Frage – wie schwer ist es?
Ich finde es nicht so schwer, bin aber auch sicher pragmatischer, als ich es mit 20 war. Kind 1, männlich, steht zur Zeit auf Klamotten mit „McQueen“ drauf. Für nicht-Eingeweihte, das ist ein Auto aus einem Disney/Pixar Film. Da er weder Fernsehen schaut noch in dem Film war, muss er das aus dem Kindergarten haben. Aber er bekommt die Klamotten. Er bekommt auch Rennautos, obwohl wir immer ÖPNV fahren und Formel 1 schwachsinnig finden.
@Nikola: Ich habe mir auch gerade den Zeit-Artikel durchgelesen. Diese „Was deins ist ist unser, was meins ist ist meins“-Haltung fand ich ziemlich erschreckend.
@Rabenmutter – kann ich alles unterschreiben.
Und finde auch: Vorleben ist die einzige Strategie. Gegen den Einfluss der Außenwelt wird man sicher nicht immer ankommen, aber wo, wenn nicht zuhause, sollen die Kinder mitbekommen, dass Abweichungen möglich und willkommen sind?
Mein Sohn, 3 1/2 hat ein innig geliebtes Sommerkleid, das er vermutlich spätestens nächstes Jahr nicht mehr ganz so innig lieben wird.
Das mit den Konten wird bei uns genauso gehandhabt. Und dass mein Mann als Feiberufler zuhause arbeitet, führte vor einer Weile zu folgendem Dialog: „Papa, wohin geht der Mann da jetzt?“ „Wahrscheinlich zur Arbeit“ – Pause – „Was ist denn das für ein Quatsch, Männer gehen doch nicht zur Arbeit.“
@ Rabenmutter: Genau so werde ich es wohl auch handhaben, wenn Sohnemann selber artikulieren kann, welche Klamotten oder Spielzeug er haben möchte. Aber das hat meiner Meinung nach auch wenig mit Feminismus im Alltag zu tun, da finde ich es nach wie vor eben wichtiger, dass er sieht, dass Papa auch die Fenster putzt und Mama Geld verdient.
@ Nikola: Kann mich Rabenmutter nur anschließen: Wenn ich mehr verdiene, zahle ich deshalb auch mehr für den Familienunterhalt, habe aber dann auch den Anspruch, dass ich weniger unbezahlte Familienarbeit mache als mein Mann. Wie der Rest der Gesellschaft das handhabt, darauf habe ich wenig Einfluss. Klar, in der Theorie möchte ich auch, dass Frauen gleiches Geld für gleiche Arbeit bekommen, in der Praxis bekomme ich das auch, kann meinem Kind also eine gleichberechtigte Beziehung vorleben. Dass mein Kind aber auch anderen Einflüssen ausgesetzt ist, ist mir vollkommen klar und da wird es dann halt schwierig, aber da gehe ich dann auch eher pragmatisch ran. Problematisch fände ich, wenn mein Kind eines Tages aus der KiTa käme und von mir fordern würde, dass ich doch bitte auch nur noch 5 Stunden am Tag arbeiten soll, weil die Mama vom xy das auch so macht.
@Miriam – „Kann mich Rabenmutter nur anschließen: Wenn ich mehr verdiene, wenn ich mehr verdiene, zahle ich deshalb auch mehr für den Familienunterhalt, habe aber dann auch den Anspruch, dass ich weniger unbezahlte Familienarbeit mache als mein Mann. “
Das habe ich so nie behauptet. Mein Mann arbeitet auch Vollzeit und verdient weniger. Nur, weil ich mehr verdiene, mache ich dann nicht weniger im Haus. Das erschien mir merkwürdig. Nur, weil ich das Glück habe, besser bezahlt zu werden als er verdiene ich ja nicht mehr Freizeit. Wir teilen uns die Arbeit hälftig.
Ups, dann hab ich da wohl was falsch verstanden…
Aber man könnte ja auch so argumentieren: Derjeniege, der mehr verdient, kann mehr Geld in die Haushaltshilfe stecken, kann sich also aus der Hausarbeit „rauskaufen“ ;-) Könnte mir vorstellen, dass viele Männer das so sehen…