Mittlerweile habe ich ein wenig Statistik, was Vorstellungsgespräche angeht und bin durchaus positiv überrascht, dass das Thema Kind bzw. Kinderbetreuung im Wesentlichen kein Thema war. Natürlich ist diese Statistik stark verfälscht, da mich wahrscheinlich nur die Firmen eingeladen haben, denen klar war, dass dieses Thema wohl geregelt sein muss, wenn ich mich bewerbe.
(C) Eva Hillreiner, www.evahillreiner.de
Beim ersten Vorstellungstag habe ich mit mehreren Männern zwischen ca. 35 und 60 Jahren gesprochen, und falls überhaupt gefragt wurde, waren alle auf die Frage „Wie haben Sie die Betreuung Ihres Kindes geplant“ mit der Antwort „Mein Mann“ zufrieden.
Der zweite Termin war für den gleichen Job, allerdings diesmal mit Herren höherer Management-Ebenen. Die haben sich überhaupt gar nicht dafür interessiert wie die Betreuung meines Sohnes organisiert ist.
In der Bewerbung, die zum nächsten Gespräch geführt hat, hatte ich gar nicht angegeben, dass ich in Elternzeit bin, so dass ich es erst im Gespräch erwähnt habe und nachgeschoben habe, dass die Betreuung aber in vollem Umfang sichergestellt sei. Weitere Details waren nicht von Interesse.
Als nächstes kam ein Vorstellungstag, der mir gezeigt hat: Es gibt sie noch, diese Männer Mitte 40, die das traditionelle Rollenbild im Kopf haben. Sofort im ersten Gespräch an diesem Tag wurde ich, mit dem Hinweis, dass ich diese Frage nicht beantworten müsse, gefragt, wie ich den Job mit Kind hinkriegen möchte. Er frage das, da er in der Vergangenheit mehrfach Mitarbeiterinnen verloren habe, weil diese doch lieber ihrem Mann gefolgt seien als ihre Karriere zu verfolgen. Ich habe ihm dann dargelegt, dass ich nicht einverstanden damit bin, dass ich mich für das klischeehafte Rollenverhalten anderer Frauen rechtfertigen muss.
Die weiteren Gesprächspartner stellten ebenfalls ähnliche Fragen, die deutlich suggerierten, dass es irritiert, wenn ein Mann wegen des Jobs der Frau seinen Job aufgibt/pausiert, so dass ich am Ende dieses Tages sicher war, bei dieser Firma möchte ich nicht arbeiten. Ich bin trotzdem zum zweiten Vorstellungstag gegangen und diesmal hatte ich hauptsächlich Gespräche mit Menschen zwischen 30 und 40, und diesmal war die Familie wieder höchstens ein Randthema, wenn es um internationale Mobilität ging und es war deutlich zu spüren, dass diese Problematik heutzutage auch die männlichen Kollegen betrifft, die sich mit ihrer Frau abstimmen müssen, ob ein längerer Auslandsaufenthalt gerade in die Lebensplanung passt.
Aus feministischer Sicht interessant fand ich allerdings noch zwei andere Aspekte. Zum einen erzählte ein Mitglied der Geschäftsführung einer der Firmen von seiner Beobachtung, dass die Frauen, die er in Bewerbungsgesprächen kennenlerne, im Schnitt besser qualifiziert seien als die Männer. Da in seinem Fachgebiet der Frauenanteil eher niedrig ist, könne er es sich fast gar nicht leisten, eine Frau nicht einzustellen und es sei nicht wahr, dass eine Frauenquote dazu führe, dass jemand schlechter qualifiziertes aufgrund ihres Geschlechts eingestellt werde sondern im Gegenteil sicherstellen würde, dass die Bestqualifizierten eingestellt werden.
Der andere Punkt betrifft die dual-career-Problematik und ist leider nicht so positiv zu bewerten, auch wenn ich den Eindruck hatte, dass durchaus ein Problembewusstsein vorhanden ist, aber zur Zeit noch so weitergemacht wird, wie bisher. Bei Entsendungen ins Ausland gibt es bisher wenig Hilfestellungen für den/die PartnerIn eine eigene Berufstätigkeit zu finden. Es wurde zwar einerseits signalisiert, dass Verständnis dafür da sei, wenn man eine Entsendung aus familiären Gründen ablehne, aber es klang auch durch, dass man das nicht kategorisch tun sollte, wenn man noch Ambitionen habe, weiter aufzusteigen.
In diesem Zusammenhang auch ein wichtiger Aspekt wäre meiner Meinung nach die Möglichkeit, dass man sich von seinem Job in Deutschland beurlauben lassen kann, wenn man seineN PartnerIn ins Ausland begleiten möchte und es einem trotzdem ermöglicht wird, am Entsendeort einer Arbeit nachzugehen. Aber dieses Thema habe ich natürlich nicht angesprochen, schließlich will man dem potentiellen Arbeitgeber nicht das Gefühl geben, man wolle übermorgen mit dem Partner ins Ausland gehen.
Die Verantwortung für die konkrete Ausgestaltung hängt aber noch sehr stark von der Eigeninitiative der Menschen ab, die eine gleichberechtigte Partnerschaft leben möchten. Es ist durchaus ein Problembewusstsein auf Seiten der ArbeitgeberInnen vorhanden, aber die Verantwortung wird sehr stark auf die ArbeitnehmerInnen abgewälzt. Wie es sich konkret im Arbeitsalltag gestaltet, werde ich wohl bald berichten können, da mir 2 Firmen ein Angebot gemacht haben.
Somit kommt aber bereits das nächste Problem auf uns zu: Eine Kinderbetreuung zu finden. Aber dieses Thema ist wohl einen eigenen Eintrag wert!
PS: Bei den Diskussionen zur dual-career-Problematik ist mir aufgefallen, wie hinderlich gegenderte Sprache manchmal sein kann. Es ist nämlich schwer möglich, seine sexuelle Orientierung zu verschweigen und gleichzeitig gegendert zu sprechen, wenn es darum geht, ob und wie die Firma bei Entsendungen der Problematik Rechnung trägt, dass der/die PartnerIn ebenfalls eine Karriere hat.
Während meines Vorstellungsgespräches bei Vattenfall wurde ich nach meinem Kinderwunsch befragt. Die HR Frau sagte zur mir: na ja, wir wollen nicht, dass sie zur uns kommen und uns sagen, sie sind schwanger, No comments:-))))
@ gosia: Vattenfall in Hamburg? Da ich hier ja nun sehr intensiv, aber leider erfolglos einen Job gesucht habe, hab ich schon irgendwie den Verdacht, dass hier die Vorurteile deutlich stärker sind als weiter südlich in Deutschland, wo 2 Bewerbungen zu zwei Angeboten geführt haben…
Vielleicht hat das was damit zu tun, dass sich norddeutsche Arbeitgeber die Vorurteile eher leisten können als süddeutsche, weil in Norddeutschland die Arbeitsplätze knapper (=Arbeitsnachfrage höher) sind?
@adele: ja Vattenfall in Hamburg…
@Nele: Hm, aber ist es dann nicht umso wichtiger, dass man die wenigen Arbeitsplätze, die man hat, mit dem/der Besten zu besetzen?
Außerdem habe ich von Airbus (wahrscheinlich der größte Arbeitgeber für Ingenieure in Hamburg) auch schon gehört, dass süddeutsche Ingenieure ja so unflexibel seien und nicht bereit seien, nach Hamburg zu kommen. Ja, warum wohl? Also ich weiß jetzt, warum ich es von Anfang an nicht toll fand, als mein Mann nach Hamburg gezogen ist…
Hallo,
in meiner Firma scheint es unproblematisch zu sein, ob Mann oder Frau ihre Auszeit nehmen. Das einzige, was ich persönlich wahrnehme, ist oft das grosse Loch, das jemand hinterlässt. Einen sofort einsetzbaren Ersatz muss sich die Firma leisten können. Gehört ansonsten sicher auch zum Führen einer Firma, so dass Ausfälle nicht zur Pleite führen. (Ist ja wie mit den Krankschreibungen, die mit der Grippe-Welle durch die Räume schwappt.)
Ich kann es verstehen, wenn man sich ungerne auf jemand Neues einlassen will, von dem man weiss, er oder sie wird in nächster Zeit in den Baby-Urlaub gehen. Als kleine Firma sowieso, wo Rückstellungen noch nicht so hoch sind.
@Adele: Ja, eigentlich natürlich schon, aber wahrscheinlich denkt doch die Firma nicht so. Meine Vermutung war ja, dass der norddeutsche Personalchef eine größere Auswahl hat als der süddeutsche (dagegen spricht, dass er sich darüber beschwert, dass niemand nach Hamburg gehen will). Er hat also eher einen ähnlich gut qualifizierten Mann, den er statt der besser qualifizierten Frau einstellen könnte als der süddeutsche Personalchef. Der Qualifikation, die dem norddeutschen Personalchef durch seine Vorurteile verloren geht ist also höher als beim süddeutschen.
Sind aber eh‘ alles wilde Vermutungen ohne jede empirische Grundlage – bis auf vielleicht die, dass ich im normalen Leben Süddeutsche nicht als weniger vorurteilsbelastet erlebe als Norddeutsche.
@OK: Elternzeit hat gegenüber der Krankschreibung den enormen Vorteil, dass sie in der Regel ziemlich geplant daher kommt oder man sie zumindestens im Voraus absehen kann. Es müsste also genug Zeit sein, neue Leute zu suchen und einzuarbeiten.
Dass man „sich ungerne auf jemand Neues einlassen will, von dem man weiss, er oder sie wird in nächster Zeit in den Baby-Urlaub gehen“ ist das eine Problem, das größere ist aber doch, dass Frauen in einem gewissen Alter grundsätzlich im Verdacht stehen genau dieses vorzuhaben, während ihre Partner sich im Vorstellungsgespräch dazu nicht äußern müssen.
„Zum einen erzählte ein Mitglied der Geschäftsführung einer der Firmen von seiner Beobachtung, dass die Frauen, die er in Bewerbungsgesprächen kennenlerne, im Schnitt besser qualifiziert seien als die Männer. Da in seinem Fachgebiet der Frauenanteil eher niedrig ist, könne er es sich fast gar nicht leisten, eine Frau nicht einzustellen und es sei nicht wahr, dass eine Frauenquote dazu führe, dass jemand schlechter qualifiziertes aufgrund ihres Geschlechts eingestellt werde sondern im Gegenteil sicherstellen würde, dass die Bestqualifizierten eingestellt werden.“
Interessanter Aspekt, finde ich – liegt wahrscheinlich daran, dass einen „Männerberuf“ eben alle Männer studieren, ob begabt oder nicht, die Frauen, die einen Männerberuf studieren, aber, da sie ein paar Hürden zu überwinden haben, wohl eine besonders hohe Motivation und Affinität zu diesem Beruf haben müssen. Also eine positive Vorauswahl repräsentieren.
Die ersten Physikerinnen und Mathematikerinnen waren ja auch gleich allesamt Koryphäen. Mittlerweile sind Frauen nur oft im Notenschnitt besser als ihre Kollegen – irgendwann wird so ein Vorteil wieder Geschichte sein.
Ich war in letzter Zeit zwecks Orientierung – die Bewebungen werden erst in den kommenden Wochen beginnen – auf verschiedenen sogenannte „Firmen- Kontakt- Events“ – wo sich Firmen Absolventen vorstellen konnten.
Ich habe die -positive – Erfahrung gemacht, dass inzwischen einige -vor allem große Unternehmen- auch damit Werbung für sich als Arbeitgeber machen, dass sie versuchen, Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Vereinbarkeit von Familie und Karriere zu ermöglichen – über interne Kinderbetreuung, Telearbeit, flexible Arbeitszeitmodelle etc.
Laut der Leute dort, die ich gefragt habe eben weil sie eben die gut qualifizierten Frauen wollen (und auch behalten wollen) – aber auch, weil zunehmend Männer auch den Wunsch haben…
Ich bin mal gespannt, wie sich das in meiner Bewerbungsphase dann entwickeln wird…
@OK: Also ich halte es ja für einen Trugschluss der Firmen, Fortpflanzung als Privatvergnügen anzusehen. ArbeitgeberInnen haben durchaus auch eine gesellschaftliche Verantwortung.
@Nele: Ich will hier auch keine Stimmung machen nach dem Motto „Süddeutsche sind die besseren Menschen“, von daher fand ich deinen Einwand durchaus eine plausible Erklärung für mein Gefühl…
@ PetraK: Ich habe in dem Gespräch die gleiche These aufgestellt, da bei uns im Studiengang z.B. auch nur Männer das Studium abgebrochen haben, aber keine Frau.
@Lena: Ich denke, im Bewerbungsgespräch wird sich dir ein ähnliches Bild bieten. Interessant wird es erst, wenn man dann wirklich im Job ist und sich zeigt, ob das ganze ernst gemeint war oder doch nur Lippenbekenntisse.
Süddeutsche wollen nicht nach Norddeutschland, weil man dort tendenziell für blöd oder zumindest für höchst exotisch gehalten wird, wenn man zwar Hochdeutsch spricht, aber eben doch süddeutsch gefärbt. Das ist so ein Wir-sind-die-Norm-Denken der Norddeutschen gegenüber Süddeutschen (wenn jemand aus Österreich oder der Schweiz kommt, ist das sicher noch krasser).
Vielleicht ist es Klassendenken. Dialekt ist ja im norddeutschen Bildungsbürgertum viel stärker verpönt als im süddeutschen.
@Irene… ach,,, ich komme aus Polen und habe einen polnischen Akzent. Wohnte und studierte in München, dann bin ich nach Hamburg gezogen. Ich sehe schon sogar bei mir gar kein Problem wenn man einen Akzent hat. Hauptsache: man ist qualifiziert … es reicht völlig aus:-)))
@Irene: Eigentlich finde ich dieses Blog zu schade für eine Nord-/Süddeutschland-Diskussion, aber weil Feiertag ist:
– Nicht ganz Norddeutschland spricht Hochdeutsch.
– Norddeutsche Großstädte sind genauso mit Zugereisten gespickt wie süddeutsche. Dialektische Einfärbungen fallen da nicht groß auf.
– Im ländlichen Gebiet ist das vermutlich anders, aber hat man es als „Fremde“ ja eh eher schwieriger – egal in welchem Teil Deutschlands.
– Als Hochdeutsch-Muttersprachlerin im Süden habe ich mich auch häufig für meine „Arroganz“ oder „künstliche Sprache“ rechtfertigen müssen. (Ja, ich träume und fluche auch auf Hochdeutsch.) Ganz zu schweigen von der Überzeugtheit süddeutscher Studierender aufgrund ihres Elite-Abiturs grundsätzlich intellligenter zu sein als alle Norddeutschen.
Bitte lasst uns hier keinen Süddeutschland- gegen Norddeutschland-Krieg anfangen. Zum einen ist es garnicht so einfach, denn es gibt ja: Bayerinnen, Schwäbinnen, Fränkinnen, Badinnen, Sächsinnen, Berlinerinnen, Hamburgerinnen, Ostfriesinnen, Westfriesinnen,…. und zum anderen wäre das doch wirklich schade, denn die regionalen Unterschiedlichkeiten und Eigenheiten gehört doch zu den wenigen Dingen, die Deutschland wirklich symphatisch machen.
@gosia: Dziekuje bardzo za komentarz. (Mowiac z mocnym niemieckim akcentem.)
Nele, es gibt ja tatsächlich auch Norddeutsche, die sich was drauf einbilden, dass sie „Hochdeutsch“ sprechen, die sind dann wohl der Gegenpol zu den süddeutschen „Elite-Abiturienten“.
Im übrigen bin ich der Ansicht, dass – abgesehen von trainierten NachrichtensprecherInnen – niemand hundertprozentiges „Hochdeutsch“ (ich bevorzuge den Begriff Standarddeutsch) spricht.
Es gibt Varietäten des Deutschen, die näher an der Standardaussprache sind, v.a. in der Gegend um Hannover, aber auch da gibt es Feinheiten, die m.E. eindeutig von der Standardaussprache abweichen (z.B. der Vokal in „Kirche“).
Adele,
„Die weiteren Gesprächspartner stellten ebenfalls ähnliche Fragen, die deutlich suggerierten, dass es irritiert, wenn ein Mann wegen des Jobs der Frau seinen Job aufgibt/pausiert, so dass ich am Ende dieses Tages sicher war, bei dieser Firma möchte ich nicht arbeiten.“
übrigens finde ich diese Irritation durchaus nachvollziehbar – die Frage ist doch, kann man heutzutage überhaupt noch jemanden, egal, ob Mann oder Frau, nahelegen, zugunsten der Karriere des Gatten auf den eigenen Berufsweg zu verzichten – und Männern vielleicht noch einiges weniger, da die meisten Frauen Berufstätigkeit immer noch als Freiheit, weniger als Verpflichtung gegenüber der eigenen Familie begreifen.
Finde ich jedenfalls nicht – oder wie regelt ihr das dann z.B. mit möglichen Scheidungsfolgen etc.? Hat Dein Mann auf einen Ehevertrag bestanden, der Dich zu Zahlungen nach Ehescheidung verpflichtet usw. usf. Wie macht ihr das denn dann, wenn Kinder mal anstehen – setzt dann alleine Dein Mann aus?
Sorry, wenn Du darauf nicht antworten willst, aber würde mich mal interessieren …
@PetraK:
Also gerade setze ich aus, weil mein Arbeitsvertrag ziemlich genau mit der Geburt unseres Kindes endete. Es war nicht geplant, dass ich dies ein komplettes Jahr tun werde, aber wie ich ja bereits hier schonmal ausgeführt habe, sind der Job meines Mannes und meine Aussichten auf einen Job regional nicht kompatibel (bis zur Geburt unseres Kindes haben wir über 8 Jahre eine Fernbeziehnung geführt).
Die Tatsache, dass ich mir 2 Tage Zeit nehme und mehrere hundert Kilometer durch Deutschland zu einem Bewerbungstag fahre, sollte meiner Meinung nach Indiz genug sein, dass ich hinreichend an dem Job interessiert bin, wie ich das mit meinem Privatleben vereinbare, sollte nun wirklich nicht von Interesse sein im Bewerbungsgespräch. Und ich bin mir sicher, dass es keine Frage gewesen wäre, ob meine Frau das mittrage, wenn ich ein Mann wäre. Dann würde implizit davon ausgegangen, dass wir das wohl irgendwie miteinander ausgemacht hätten.
Dass mein Mann für einige Zeit die Kinderbetreuung übernimmt, heißt ja nicht zwangsläufig, dass er das die nächsten 35 Jahre bis zur Rente tun wird. Noch dazu ist es sehr wahrscheinlich, dass eine berufliche Umorientierung nach der Elternzeit nicht mit finanziellen Einbußen für ihn einhergeht. Aber das sind eben alles Sachen, die unsere Privatsache sind und nicht in einem Bewerbungsgespräch erläutert werden sollten.
Ich möchte alle KomentatorInnen bitten, nicht in allgemeines Hauen und Stechen bezüglich regionaler Eigenheiten zu verfallen. Ausgangspunkt für diese Randdiskussion war ja mein Gefühl, dass aufgrund der Jobsituation in Norddeutschland es häufiger vorkommt, dass dort Bewerberinnen aus irrationalen Gründen (Kinderwunsch, Kind) aussortiert werden. Im übrigen ereignete sich das unangenehme Gespräch bezüglich „Ist Ihr Mann einverstanden, dass Sie arbeiten und er aufs Kind aufpasst“ in Süddeutschland…
@PetraK: „da die meisten Frauen Berufstätigkeit immer noch als Freiheit, weniger als Verpflichtung gegenüber der eigenen Familie begreifen.“
Woher weißt du das? Gibt es dazu Untersuchungen? Ich habe nicht das Gefühl, dass das so ist. Viele Paare sind auf beide Einkommen angewiesen und Alleinerziehende müssen sowieso ihre Familie häufig alleine ernähren.
@flawed: Da stimme ich dir in beiden Punkten völlig zu – mit der Ergänzung, dass es auch Süddeutsche gibt, die auf ihr Hochdeutsch so stolz sind, dass es fast an Arroganz grenzt. Was ich häufig noch eher verständlich finde, da viele ja wirklich was für ihr Hochdeutsch getan haben – im Gegensatz zu den „Hochdeutsch-Muttersprachler_innen“.
Was ich mal interessant fände: Gibt es eigentlich irgendwelche Erkenntnisse darüber, ob Dialekte oder dialektische Einfärbungen bei Frauen anders wahrgenommen und assoziiert werden als bei Männern?
@Adele:
Ah, verstehe – Du hast entschieden, dass seine Auszeit für ihn nicht so gravierend wird und auch nicht allzu lange zu dauern hat. Das ist natürlich auch eine Lösung, bei der sich so manche Fragen dann erst gar nicht stellen ;-) …
@Nele:
Na klar, nimm‘ nur die Tatsache, dass über 90 % aller unterhaltspflichtigen ( allso auch fähigen ) Frauen keinen Unterhalt zahlen … Frauen immer noch Berufe ergreifen, die die Finanzierung einer Familie praktisch ausschliessen, aber trotzdem gerne Familie wollen … Frauen immer noch den finaniell stärkeren Partner suchen … junge Männer eingetrichtert bekommen, dass sie mal eine Familie ernähren müssen, junge Frauen aber nicht … usw. usf., meine Güte, es gibt doch nicht eine Statistik, sondern Hunderte.
Ich bitte Dich, mit wie großen Scheuklappen muss frau durch die Gegend laufen, um so eine einfache Binsenwahrheit zu übersehen?
@ Petra: Woraus schließt du das?
Mich würde mal interessieren, warum du denkst, dass all diese Sachen, die du hier aufbringst, in einem Bewerbungsgespräch relevant sein sollen. Das sind Dinge, die in einer Beziehung relevant sind, aber doch den potentiellen Arbeitgeber herzlich wenig zu interessieren haben.
@Adele:
Sicher hat der Arbeitgeber ein Interesse daran, zu erfahren, ob der Eingestellte seine persönlichen Verhältnisse in einem Sinne geregelt hat, der seine weitestgehend uneingeschränkte Verfügbarkeit gewährleistet.
Es gibt ja sogar Arbeitgeber, die ihren Angestellten, wenn dies nicht der Fall ist, unterstützend beistehen, durch Betriebskindergärten, flexible Arbeitszeiten, Telearbeit etc. – das Interesse muss ja nicht immer ein ablehnendes sein.
Den Standpunkt „das geht den Arbeitgeber nichts an“ finde ich schwierig durchzuhalten, weil er im Zweifel gegen den Bewerber ausgelegt wird.
Mal abgesehen davon – mich interessiert auch einfach selber, wie Deine (Verfügbarkeits-)Zusage an den Arbeitgeber nun praktisch umgesetzt wird, auch wenn das Deinen Arbeitgeber im Detail nichts angeht, worin ich Dir ja Recht gebe.
Es gibt gute Gründe dafür, warum man auf persönliche Fragen im Bewerbungsgespräch nicht wahrheitsgemäß antworten muss, aber es ist sicher auch nicht im Interesse aller Beteiligten, wenn man lügt, dass sich die Balken biegen. Und genau diese Grauzone wird in Bewerbungsgesprächen auch gerne ausgenutzt.
Wenn du meinen Ursprungsbeitrag aufmerksam gelesen hast, ist dir sicher aufgefallen, dass es hauptächlich darauf ankommt, WIE man die Fragen stellt.
Konkret wird es wohl so aussehen, dass mein Mann solange Elternzeit nimmt, bis wir eine Kinderbetreuung gefunden haben (wobei uns die Firma unterstützt, nebenbei bemerkt). Ich denke, ich bin durchaus in der Lage zu erkennen, dass mein Mann diese Entscheidung 100%-ig mitträgt (nochmals der Verweis auf den Muttiblog von vor 4 Wochen) und das wir uns einig sind, dass diese Lösung für uns als Familie mit Abstand die beste ist. Ein potentieller Arbeitgeber, der mir diese Einschätzung nicht zutraut, ist dann vielleicht auch nicht der richtige Arbeitgeber. Es mag sein, dass solche Entscheidungen nicht in jeder Partnerschaft einmütig getroffen werden, aber das wäre dann auch nicht die richtige Partnerschaft für mich. Welche Art von Partnerschaft die Interviewer führen, ist mir allerdings herzlich egal, aber die Art der Fragen lässt schon gewisse Schlüsse zu… ;-)
„es sei nicht wahr, dass eine Frauenquote dazu führe, dass jemand schlechter qualifiziertes aufgrund ihres Geschlechts eingestellt werde sondern im Gegenteil sicherstellen würde, dass die Bestqualifizierten eingestellt werden.“
Dann stellt sich mir die Frage, wozu braucht man dann die Quote wenn Frauen sowieso besser qualifiziert sind als Männer?
Weil eben nicht nach Qualifizierung eingestellt wird, sondern nach „Verfügbarkeitserwartung“.
@PetraK: „die Frage ist doch, kann man heutzutage überhaupt noch jemanden, egal, ob Mann oder Frau, nahelegen, zugunsten der Karriere des Gatten auf den eigenen Berufsweg zu verzichten.“
Genau diese Frage offenbart wie nichts anderes die hedonistische Lebensweise, die heute so hoch im Kurs steht. Eltern von Kleinkindern zu sein bedeutet, sich in einer unwahrscheinlich anstrengenden Phase seines Lebens zu befinden. Was so viele Paare in diesen wenigen harten Jahren zu Streit und Trennungen bewegt, ist genau der Punkt. Und wo ist die Liebe? Die Fähigkeit, auch mal Abstriche zu machen zugunsten der geliebten Partnerin, des geliebten Partners? Mit Kleinkindern muss man ständig Abstriche machen – beim Schlaf, beim Hobby, beim Sport, bei materiellen Ausgaben für sich selbst und eben auch beim Beruf. Und das sollte natürlich möglichst ausgeglichen auf beiden Seiten funktionieren.
Und da stimme ich Adele auch vollkommen zu: es geht ja nicht darum, auf den gesamten Berufweg zu verzichten, sondern auf ein paar Karriereschritte in einer rundum überbelasteten Lebensphase.