Eine belgische gemeinnützige Organisation namens Artefix hat eine Miss-Wahl der besonderen Art veranstaltet: Auf den Laufstegen liefen nicht die üblichen Verdächtigen sondern obdachlose Frauen. Mit der „Miss Obdachlos“-Wahl wolle man auf die schwierige Situation obdachloser Frauen aufmerksam machen – Glanz und Krönchen anstatt Hunger und Kälte also.
Zu Recht zweifelt Ulrike Bretz in ihrem Kommentar auf sueddeutsche.de an den Motiven der VeranstalterInnen:
Die Frage ist allerdings, wie gemeinnützig diese Aktion wirklich ist. Anstatt den Staat in die Pflicht zu nehmen, versucht man, das Problem mit einer Miss-Wahl zu lösen. Einer Wahl, in der es ausgerechnet um Schönheit geht – und die dürfte für die meisten der Obdachslosen nun wirklich nicht an erster Stelle ihrer Probleme stehen. Friseurbesuche, Faltenunterspritzung und Fitnesstraining gehören nicht unbedingt zum Alltag von Wohnungslosen.
Auch andere Hilfsorganisationen kritisieren die Hintergründe der Wahl, bei der die neun Teilnehmerinnen im Finale in Brüssel fünf Modenschauen mit unterschiedlichen Outfits liefen.
In der Tat liegt zwischen der nötigen Aufmerksamkeit für die Not der Frauen und deren Bloßstellung ein schmaler Grad und es stellt sich die Frage, ob die ZuschauerInnen bei allem Glanz und Trubel der Modewelt die Schwere der Situationen der obdachlosen Frauen wahrnahmen. Auf der anderen Seite ist solch ein Modewettberwerb vielleicht auch eine kurzweilige Abwechslung von der eigenen Notlage. Ein schwacher Trost dennoch, denn nur der Gewinnerin winkte neben der medialen Aufmerksamkeit ein wirklich nützlicher Preis: Ein Jahr mietfrei wohnen.
Wenn ein Alien dieses Post lesen würde, würde es nur von Frauen als Obdachlosen ausgehen.
Wie siehts damit aus, dass die Mehrheit aller vollkommen Wohnungslosen männlich ist?
Na dann hoffe ich mal, dass hier kein Alien vorbeikommt.
Und falls es mal eine Mister-Wahl mit Obdachlosen gibt, werde ich darüber auch berichten.
Ansonsten hast du Recht. Es gibt nur leider keinen einzigen Grund, warum man nicht trotzdem über obdachlose Frauen berichten sollte.
Es kommt ja immer der Spruch, „die hätten ja nicht mitmachen brauchen“.
Was grundsätzlich stimmt.
Warum diese Kampagne gestartet wurde, kann ich nur mutmaßen.
Hilflosigkeit
Anteilnahme
Aufmerksamkeit
Voyeursismus
Ist letztlich auch egal, weil ich nie weiß, ob ich die Wahrheit erfahre.
Daß das Thema so eine große Medienaufmerksamkeit erfahren hat, ist unbestritten. Manchmal sind die Mittel halt nicht so schön.
Allerdings bezweifel ich stark, daß sich dadurch irgendwas ändert.
Und ob ich eine Miss-Wahl nun unbedingt besser finde, na ja.
Egal wie anzweifelbar diese Kampagne auch ist, wie oft tritt die Existenz Obdachloser sonst ins Bewusstsein, außer wenn sie in der Stadt im Weg sind oder im „Tatort“ vor paar Wochen?