An Charlotte Roche. Und gegen den Unwillen zum Wissen!

Dieser Text ist Teil 38 von 60 der Serie Meine Meinung
© Flickr Nenyaki „Schoßgebete“. Tausendfach im Feuilleton durchgenudelt, alles gehört und gesehen. Inklusive Alice-Schwarzer-Gezeter und Kuscheltalk bei Markus Lanz, Lobeshymnen und Tiraden. Und nun die Zeit, auch einfach mal das Wort mal direkt an die Schreiberin zu richten. Also: Liebe Charlotte!

Ich finde Dich ja eigentlich ganz süß und knuffig. Also, früher zumindest. Und irgendwie sind davon halt auch noch Restbestände vorhanden. Trotz Geschwafel über Sex in Yoga-Hosen (gähn…), Wirsing (schnarch…) und „Wie kann ich dafür sorgen dass mein Typ mich immer toll findet und wir für immer zusammen bleiben werden?“ (Ach, ach… Egal… Egal…). Deswegen will ich Dir heute mal einen schwesterlichen Rat geben: Wenn Du das nächste Mal ein Buch schreibst – und wir alle ahnen ja schon, Du wirst es irgendwann wieder tun – dann lies doch vorher mal eins! Also, ein richtig gutes! Oder, sogar mehrere!

Weil, irgendwie soll es ja bei Dir ums deutsche Durchschnittsleben gehen – Mittelmaß und so, Linse knallhart draufgehalten, trotz dramatischer Vorkommnisse im Leben, trotz moderner Industriegesellschaft und Wandel von Familien- und Genderstrukturen und Individualisierung und so weiter und so weiter. Das finde ich insgesamt ein hehres Ziel, aber da muss man halt bei den Besten in die Lehre gehen. Richard Fords „Sportreporter“-Trilogie kann ich Dir da wärmstens empfehlen. Ford ist seinem Held Frank Bascombe ja zum Teil bis auf die Toilette gefolgt (Ja, ja! Und das vor Deinen „Polöchern“! Schau an, schau an! Voll innovativ, oder?), und das schon vor vielen vielen Jahren. Und um Prostata-Krebs ging es dann auch im letzten Teil: Du siehst also, der gute alte Richard griff auch irgendwie Pipikacke-Themen – ganz zu schweigen von fragilen Beziehungen, Patchworkfamilien und der Angst vor Einsamkeit – auf. Aber: Eben auf hohem literarischem Niveau! Und genau deswegen liest man seine Bücher auch ganz gerne! Weil da zwar irgendwie auch nicht wirklich viel passiert, aber sprachlich doch immerhin allerhand!

Und weil der Ford aber auch einigermaßen unverdeckt reaktionär ist – in Interviews redet er ja zum Beispiel immer total gerne über seine Ehe und dass ohne reproduktive Zweierbeziehungen ja quasi alles geradewegs auf dem Weg der Verdammnis oder zumindest der Unproduktivität landen muss – habe ich noch einen zweiten heißen Tip, und zwar ebenfalls eine Trilogie: Michel Foucaults „Sexualität und Wahrheit“. Da empfehle ich Dir insbesondere Band II und III, nämlich „Der Gebrauch der Lüste“ (Original: L’usage des plaisirs) und „Die Sorge um sich“ (Original: Le souci de soi). (Es gibt noch einen vierten Band, aber das ist eine Geschichte die mit „fragmentarisch“ und „posthum“ zu tun hat, aber das juckt uns jetzt nicht groß. Nur der Vollständigkeit halber.)

Auf jeden Fall untersucht unser Kumpel Michel nämlich unter anderem, wie das Sexualverhalten vom klassischen griechischen Denken als Bereich moralischen Ermessens und moralischer Wahl geprägt worden ist.  Und er stellt die These auf, dass Sexualität den Zugang zum Individuum erlaubt und die Bevölkerung kontrolliert. Und dass sie sowas wie eine Angelegenheit des Staates ist, unter anderem dem Gesundheitswesen und den Regeln einer Normalität untergeordnet.  Und es geht auch um Zwangsheterosexualität und Reproduktivitätsideologie und so. Abgefahren, oder? Ist das nicht der Knaller?! Und ich kann Dir sagen, hach, was sage ich, ich kann Dir versprechen, wer Dein Buch „krass“ findet, ha, also der wird sich bei der Foucault-Lektüre wundern, wie ihm wieder die Füße aufwachen, die ihm vorher vor lauter Wirsing, Würmern, Popo-Kratzen und Heizdecken eingeschlafen sind! Achterbahn der Crazyness sage ich nur! Word!

Du wirst sehen, Deine Geschichte wird dadurch keine bessere (und darum geht es ja auch nicht, Deine Geschichte ist Deine Geschichte, und deswegen belassen wir es dabei. Und niemals – so sagt es zumindest der gute alte Onkel Stephen King in „Das Leben und das Schreiben“ – ist die Geschichte an sich wirklich schlecht, sondern nur die Umsetzung! Und das glaube ich gern, denken wir nur an den Story-Output von „Langoliers“ – aber, ach, das ist ja auch wieder eine andere Geschichte! Was soll`s!). Wie auch immer: Du wirst sie beim nächsten Mal besser aufschreiben können. Bestimmt. Zumindest ein bisschen.

Deswegen, ich hoffe sehr dass Du Dir meine Tips vielleicht zu Herzen nimmst – ich auf jeden Fall würde mich sehr darüber freuen, weil, auch ich finde es immer ganz toll wenn die Leute mit Sachen konfrontiert werden, die ganz krass neu für sie sind und sie mal richtig vom Hocker reißen! Also, „schocken“ wie Du vielleicht sagen würdest, und die auch so ein bisschen an den eigenen alten Denkmustern rütteln! Und: Die einen vor allem ein bisschen von der Pubertätsidee „Ich-kenne-mich-und-deswegen-kenne-ich-Euch-alle-und-ich-sage-Euch-jetzt-mal-wie-…“-Attitüde wegholen. Schöner ist ja immer irgendwie: Jetzt habe ich ordentlich geplappert, beim nächsten Mal habe ich aber mal wieder was dazu gelernt! Und zwar was Richtiges! Du wirst sehen!

Ich bin also schon mächtig gespannt auf Deine nächsten Papier-Geschosse, gucke mir bis dahin nochmal Dein Promo-Video zum neuen Besteller an (Glückwunsch übrigens!), warte auf die Zukunft und sage: In diesem Sinne, sincerely yours! Nadia.

Und P.S.: Alice, falls ich Dich auch erwische – für Dich gilt in weiten Teilen natürlich dasselbe. Und beim nächsten offenen Brief bitte nicht so rumschnauzen. Das war ja zum Ohrenkrebs kriegen, Dein Rumgemecker. Also. Weißte Bescheid!

51 Kommentare zu „An Charlotte Roche. Und gegen den Unwillen zum Wissen!

  1. Das, finde ich, ist mal eine wirklich hübsche Anregung. Vor allem das mit Foucault.
    Gern möchte ich noch hinzufügen, dass auch Philip Roth, den man auch ganz gern und gut ließt, sich literarisch mit Prostatakrebs und allen (Pipikacka-)Folgen befasst hat. Ja, tatsächlich, Windeln an älteren Herren und so. Hier kommt beim Lesen keine Fremdscham oder überhaupt Scham auf. Weil auf hohem Niveau und, den Eindruck hat man zumindest, in Kenntnis einiger weiterführender Lektüre.

  2. Ich habe keines der Bücher von Charlotte Roche gelesen, deine Ansprache find ich dennoch gut! Ich drücke mich vor dem Lesen, weil ich sie auch „eigentlich ganz süß und knuffig“ finde…

  3. Das nenne ich mal konstruktiv-spaßig auseinander genommen, ohne dass ´ne Giftspritze gezückt wird. Wie nämlich grad in den Medien auf der Roche rumgehackt wird – Quali ihres Romans hin oder her – ist nämlich wirklich ganz oft nicht mehr feierlich. Schön!

  4. made my day. ich hab schon Bedenken, wenn wieder Omis im buchladen auftauchen, die die Bestsellerlisten kaufen und das Buch wollen… Hatten wir bei Feuchtgebiete auch und das ist dann immer schön zu beobachten, wie Chef es ihnen ausredet;)

  5. @nell: Kann’s sein, dass ihr die „Omis“ ein klitzekleines Bisschen bevormundet?

    [vision]
    Omi1: Na, wie findest du das Buch von diesem jungen Hüpfer, dass momentan so gehypet wird? Die glaubt ja wirklich, sie hätte den Kern des weiblichen Wesens erfasst. *kicher*
    Omi2: Das muss ich mir noch bei amazon bestellen — der Buchhändler ist knallrot gewordern und hat stotternd versucht, mir den Kauf auszureden. Hab dann Mitleid bekommen und es einfach dagelassen…
    Omi3: Ich sag’s doch schon lange, der ist sooo verklemmt! Das letzte Mal war ich vor Jahren in dem Laden, um mir einen Band meiner Erotikserie zu bestellen; den hab ich nicht bekommen! Der Gute hat nur irgendwas von einer Verwechslung gestammelt und sich dann auf Lieferschwierigkeiten rausgeredet.
    Omi2: Naja, die richtig saftigen Geschichten mute ich ihm ja eh nicht zu *dreckiglach*, aber bei dem Zeugs von der Bestsellerliste habe ich so ’ne Ziererei nicht erwartet. Nagut, wenn das örtliche Gewerbe nicht von mir berücksichtigt werden will, dann bestelle ich halt im Netz.
    [\vision]

  6. ähhh erstmal @nell .. ich bin oma und hab beide roche bücher gelesen. meine bitte – nenne ältere frauen nicht pauschal omi. empfinde ich als diskrimierung. auch wir waren mal jung und haben immer noch sex …. und danke anna – genau so…..

    also jetzt habe ich erstmal die schoßgebete gelesen, damit ich richtig weiß worum es geht. und gleich danach den stern artikel über c.r.
    dass sie da jetzt als neue frontfrau des feminismus bezeichnet wird find ich echt daneben – weil es massenweise frauen gibt die da wesentlich besser geeignet sind – roches wissen über feminismus ist doch recht oberflächlich – und es ja DEN feminismus gar nicht gibt wie wir alle wissen.

    der sex darin schockiert auch mich wenig – absolut schockierend allerdings dieser wunsch alles zu tun um ewig mit einem partner in trauter zweierbeziehung zu verharren.

    sonst – an nadias artikel deutlich zu sehen – es gäbe besseres zum thema.

    aber – an sich habe ich nichts gegen sie und gegen das was sie schreibt – es ist einfach das was sie meint und verstanden hat.

    das buch wird ja auch nicht wegen dem inhalt so prominent präsentiert und wird deswegen bestseller sondern es ist reines marketing und geld verdienen.

  7. Also den Foucault-Vorschlag kann ich nur unterstützen… Aber woher weißt du eigentlich, dass sies noch nicht gelesen hat? Überhaupt finde ich den väterlich-besserwisserischen Duktus des Artikels ziemlich unangebracht. Würdest du einen männlichen Autoren genauso verniedlichen und ihm Nichtwissen unterstellen?

    Ich habe keine Ahnung, wie das Buch so ist, und weiß auch nicht ob ichs lesen will. Aber die dazugehörige Werbekampagne scheint mal wieder fabelhaft zu funktionieren… Alles schimpft und meckert… Und das bei einem „Frauenthema“, dass sonst eigentlich nicht viel mediale Aufmerksamkeit bekommt. Ist doch toll.

  8. „Überhaupt finde ich den väterlich-besserwisserischen Duktus des Artikels ziemlich unangebracht.“

    Absolut! Und bei solchen Sätzen:

    „Ich finde Dich ja eigentlich ganz süß und knuffig. Also, früher zumindest.“

    „Wenn Du das nächste Mal ein Buch schreibst – und wir alle ahnen ja schon, Du wirst es irgendwann wieder tun – dann lies doch vorher mal eins!“

    …schwingt da ja offensichtlich sogar ein bisschen Arroganz mit, oder? Auf jeden Fall hatte ich zu jeder Sekunde, in der ich diesen Text las, das Gefühl die Autorin sitzt mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch da, und schreibt sie sich nun vom Leib.

    Ich frag mich warum. Weil C.R. sich als Vertreterin eines „neuen sexualisierten Feminismus“ geriert, und damit erfolgreich wahrgenommen wird? Aber warum geht es in dem Text dann so viel um literarische Qualität? Intellektuellenneid könnte ich ja überhaupt nicht verstehen. Bei Harry Potter hat sich ja auch keiner aufgeregt (außer mir).

    Vielleicht kann mir einer mal erklären, warum C.R. sich diesen Kommentar inwiefern zu Herzen nehmen sollte, beziehungsweise was wir Lesenden von diesem Kommentar behalten sollten.

    Für mich bleibt: Nadia Shehadeh von maedchenmannschaft.net ist von der Roche-Literatur ganz schön angefressen. Warum? Keine Ahnung.

  9. wenn man das buch gelesen weiß man definitiv genau dass die kritik von nadia perfekt passt – von heteronormativität queer feminismus und solchen sachen weiß Roche offensichtlich gar nichts – es dreht sich da ehr um freud und geo kompakt als um foucault.

    außer das buch ist eine ganz krasse satire, was ich phasenweise auch schon geglaubt habe – bei der stelle mit der stinkenden bettwäsche und dem karius und baktus z.b.

    dieses „frauenthema“ ist auch gar nicht so toll. es geht völlig in die falsche richtung. es geht in ihrem buch nicht wie – im stern auf alle fälle – rausposaunt um krasse sexuelle befreiung und um etwas revolutionär neues geschweige den richtung weisendes für ihre gesamte generation bzw. das neu denken des feminismus. es ist im grunde total altmodisch. ihre hauptperson ist ein puzzle aus ihr selbst und einer imaginären mainstream-medien-erfindung wie eine durchschnittliche junge frau heutzutage so tickt – eben platt.

    hätte eine unbekannte frau das geschrieben wäre es nie niemals verlegt worden.

    es gibt zig tausend bessere bücher von frauen. ich hab es gelesen weil ich feuchtgebiete echt lustig fand und weil ich wissen wollte was im neuen buch drin steht – und damit ich besser mitreden kann wegen dem medienhype eben. mehr bringt es nicht.

    will sagen – ich habe nicht den eindruck das nadia das schreibt nur aus konkurrenz um eine andere frau schlecht aussehen zu lassen und überheblich zu sein sondern unter anderem weil in dem buch das thema feminiusmus aus dem stand von 1980 und oberflächlich medien-mainstreammäßig abgehandelt wird. und es ein bisschen schmutzig aber im grunde total medienwirksam angepasst ist.

  10. …c.r. … wer ist das? hi hi hi …… als ich in einer talk-show (läuft beim abwasch immer nebenher) hörte, dass es ihr um ratschläge geht, wie frau den partner bei lust und laune halten kann ….. habe ich fast in den ausguß gek….t. … in ihrem nächsten buch erklärt sie uns bestimmt in epischer länge ihre trennungs/scheidungserfahrung …. gähn …. wie frau sieht, hat c.r. immer genug leserInnen, die das wissen wollen und dafür noch zahlen .. ha ha …. kopfschüttel, augenroll ….

  11. Ob die Kritik berechtigt ist, weiß ich nicht.
    Nachdem ich damals Feuchtegebiete in 2 stunden durchgelesen habe, gehe ich mal davon aus, dass Frau Roches Schreibstil nicht besser und der Inhalt nicht gehaltvoller geworden ist. Den Schreibstil von Nadia finde ich allerdings nicht besser. Kritik kann mensch sachlich und inhaltbezogener formulieren. Dieser „Ich spreche wie mit einem kleinen Mädchen“-Ton ist nicht einmal lustig…

  12. Weil C.R. sich als Vertreterin eines “neuen sexualisierten Feminismus” geriert, und damit erfolgreich wahrgenommen wird?

    was ist denn dieser neue sexualisierte Feminismus? c.r. beschreibt wie ihre figur elisabeth sich total überwindet – erst hat sie durchfall dann eifersuchtsattacken, ihrem mann zuliebe mit ins puff geht um ihm dort mit einer prostituierten eine lesbenshow abzuliefern? bei der bekommt sie einen orgasmus und zwar einen vaginalen – das ist das „neue“ am feminismus? geht’s noch?

    das ist genau der punkt der mich voll nervt – c.r. und der neue feminismus und in den medien wird sie dafür erfolgreich wahrgenommen.

    äh – mir kommt das komisch vor. seit wann haben die mainstreammedien was mit feminismus am hut? ach so. klar. wenn ich mich locker selbst befreie indem ich alles tue um meinem mann zu halten? nochdazu in vorraus eilendem gehorsam? wie toll ist dass denn „schatz ich mag das alles eigentlich nicht ich tue das nur damit du mich nicht verlässt?“ was für eine reife beziehung. beneidenswert.

    da werd ich jetzt auch mal gönnerhaft: liebe c. – ein vaginaler orgasmus ist auch möglich wenn frau sich vorher nicht verbiegen und überwinden muss und der sex keinen zweck hat außer genuss.

    das mit dem neuen sexualisierten feminismus kommt doch auch nur von dem uralten klischee der prüden feministinnen. das hat doch alles null komma null substanz.

  13. „sexualisierter feminismus“ (ich: ??????) – ich freue mich schon auf anke engelke (die beste parodistin von c.r. auf der mtv-couch) wie sie das in „ladykracher“ verwurstelt….
    hahahahha :-)))))))))))))

  14. Hmmmm, ich muss zugeben, ich hab „Schoßgebete“ noch nicht gelesen. Ob ich soviel Lust drauf habe, wenn ich schon lese, dass die Protaonistin ins Puff mitgeht, um ihrem Mann zu gefallen, weiß ich auch nicht. Zumindest C.Rs Auftritt bei Lanz kam neulich extrem unsympathisch rüber. Irgendwie ist sie mittlerweile richtig 50er-Jahre-mäßig stockbieder geworden. Es war schon ein wenig zum Grausen (insofern verstehe ich Chris Reaktion :-)), wie sie öffentlich verkündet hat, dass sie alles tun würde, um ihren Mann auf jeden Fall zu halten. Wenn ich dann in einem anderen Interview lese, dass sie Frauen vorwirft, ihre Männer so lange verbiegen zu wollen, bis die Beziehung zu Bruch geht, aber sich andererseits selbst anscheinend völlig verbiegt (sofern man von Elisabeth auf Charlotte schließen kann) – irgendwie passt da nichts zusammen. Also zumindest laut meinem Mann würde er stante pede jegliche Achtung vor mir verlieren, wenn ich mit ihm ins Puff wackeln würde, weil er das so will. Insofern wird mir C.R. langsam aber sicher echt ein bisschen peinlich … und dem ein oder anderem Mann anscheinend auch.

  15. Also wenn die Roche tatsächlich verkündet hat, dass sie alles tun würde, um ihren Mann zu halten, ist das natürlich Quatsch (morden würde sie ja z.B. nicht). Wenn sie sagt, dass sie sexuell ziemlich viel tun würde, ist das ihre Entscheidung. Klar – das Problem ist der verallgemeinernde Charakter den das alles durch die Publicity-Maschinerie (welche sie selbst angeschmissen hat) erreicht. Würde sie sagen: „Eine Frau sollte sexuell so ziemlich alles tun, um ihren Mann zu halten“, wäre das in meinen Augen somit auch verantwortungslos.

    Entscheidend ist m.M.n. also nicht in erster Linie was irgendeine Person in einem Buch schreibt, sondern wie sich eine Person, die hohes mediales Interesse erzeugt sich öffentlich äußert. Ich weiß noch von keiner Aussage ihrerseits, welche ich als dahingehend kritisch beurteilen würde, lasse mich aber natürlich überzeugen.

    Was mich gerade richtig aufregt – aber das ist ziemlich off-topic – ist, dass die Leute sich alle aufregen, wie eine Frau sich denn erniedrigen könne mit ihrem Mann zu einer Prostituierten zu gehen und niemand eigentlich über den Standpunkt der Prostituierten redet. Ich wette in den meisten tatsächlichen Fällen in denen solche Dreiecksdinge vonstatten gehen, müsste man sich eher noch Gedanken darüber machen, ob die Prostituierte nicht in diese Situation (also überhaupt in Prostitution) gesellschaftlich gezwungen ist als die „überredete Partnerin.

  16. @grillroboter – das ist völlig klar – c.r. kann machen was sie will ihre beziehung gestalten wie sie will romanfiguren entwerfen wie es ihr passt – geld damit verdienen so viel sie will alles ok und geht mich auch nichts an.

    mich entsetzt einfach das sie auf grund des romans als ikone des „neuen sexualisierten feminismus“ gehandelt wird. mir ist allerdings auch nicht klar woher das kommt – ich habe keine talkshow mit ihr gesehen. ich hab das im stern gelesen da kam es so rüber als würde ihr der titel verliehen werden (vom stern?), bzw. sie hat sich in dem artikel selbst nicht so bezeichnet.

    wie irgendjemand auf das mit dem neuen feminismus kommt weiß ich nicht, denn die hauptperson ihres romans elisabeth
    – verbiegt sich um ihren partner zu halten
    – hat ein schlechtes gewissen wenn ihr mann arbeiten im haushalt erledigt
    – weiß ohne ihre tochter nichts mit sich anzufangen
    – will eine supermutter sein
    – will sich umbringen wenn ihre tochter alt genug ist, weil sie ja dann zu nichts mehr nütze ist

    das alles wird im stern auch als vorbild für junge frauen gehandelt. wobei ich jetzt nicht weiß ob irgendeine das toll findet und sich das wirklich zum vorbild nimmt. möglicherweise zeigt das auch einfach nur wie irre, verdreht und uninformiert die von der mainstreampresse sind. ich befürchte halt dass das trotzdem wirkt und schaden anrichtet. als heterosexuelles mädchen/junge frau tut eine sowieso viel (zu viel) um von jungs/männern gemocht/akzeptiert/geliebt zu werden – da ist so ein signal wie es jetzt c.r. und die medien setzen ziemlich übel.

  17. Ein bißchen verspätet, hat aber gedauert, mein Unbehagen in konkrete Kritik umzuformulieren:

    Ich finde den Ton des Textes auch ganz schön krass, ähnlich wie schon andere geschrieben haben. Und ehrlich gesagt ärgert er mich gerade auf einer Seite wie dieser auch ein bißchen. Ich habe mich grad kürzlich noch hier über diese Replik auf einen kritischen und – auch in meinen Augen doof formulierten – Kommentar sehr gefreut, weil ich eben diesen von-oben-herab-Tonfall ganz oft ganz furchtbar finde, der regelmäßig herrscht, wenn in Internet-Foren diskutiert wird:

    „Magda sagt:
    18. August 2011 um 19:34
    @mettskillz
    Wenn wir schon bei Ratschlägen sind, rate ich dir, deine Kritik in einem angemessenen Ton zu äußern. Dein Paternalismus ist hier nicht erwünscht.“

    Irgendwie wärs doch aber ganz schön, wenn das nicht nur für Kommentare gelten würde, sondern auch für andere Texte. Wenn diese Buchkritik in der Form nicht hier, sondern z.B. im Spiegel oder der SZ gestanden hätte und im Idealfall noch von einem Mann geschrieben worden wäre, hätte ich glaub ich spontan würgen müssen – da er aber eben hier steht, hats ne Weile gedauert bis ich mein diesbezügliches Unbehagen formulieren konnte:

    Ich finde glaub ich, paternalistischer, bevormundender, wissenabsprechender, individualperpektivenstreitgmachender und alles in allem ziemlich altväterlicher Sprachgebrauch bleibt auch dann paternalistisch, bevormundend, wissensabsprechend, individualperspektivenstreitigmachend und alles in allem ziemlich altväterlich, wenn er zwischen Frauen herrscht. Und irgendwie finde ich es gerade ätzend, mir diesen Tonfall gegenüber einer öffentlichen Frau ausgerechnet hier reinziehen zu müssen, wo ich die Sprach- und Diskussionskultur in der Regel als deutlich internetüberdurchschnittlich empfinde…

    Man kann zu Charlotte Roches Gesamtwerk aus feministischer Sich sicherlich einiges Spannendes sagen – wurde hier ja auch schon gemacht -, aber muss das unbedingt im selben, lediglich ein wenig verjüngten Tonfall sein, den ansonsten gern mal silbern beschläfte, rotweinschlürfende und es-aber-doch-nur-gut-meinende Feuilleton-Opas (andernorts auch schonmal gern als „Privilegienpenisse“ bezeichnet) anschlagen würden?!

  18. Schöner Text. Aber warum muss die Kritik am literarischen Werk hier unbedingt so persönlich ausfallen? Nur weil Roche ein geistloses Buch schreibt, muss sie doch noch lange keine geistlose Person sein.
    Vieleicht weiss sie auch einfach womit man in Deutschland in den Bestsellerlisten landet und womit nicht. Focault ist da halt auch eher selten zu finden.
    Klar ist es ärgerlich wenn sowas dann als „neuer Feminismus“ gehypt wird. Eine Polemik die mehr auf die wiligen Konsumenten als auf die Autorin gerichtet wäre, fände ich aber einfach ne Ecke weiter gedacht.

  19. Polemik die mehr auf die wiligen Konsumenten …. gerichtet wäre, fände ich aber einfach ne Ecke weiter gedacht.

    das ginge mir zu sehr in die richtung marketingstrategien zu analysieren und bei büchern ist das anders als bei einem andern konsumgegenstand – man weiß 1. nie was drin ist und 2. kann auch ein schlechtes buch zum nachdenken anregen bzw. weiß man nicht ob jeder der das buch liest auch alles glaubt und kritiklos hinnimmt was da drin steht.

    und ja – ihr hab ja recht bzw. bin/war ich auf dem auge blind – muss ich sagen weil ich ja nadias haltung verteidigt habe. ich hab auf den inhalt geschaut – nicht auf den ton und die ausdrucksweise und den persönlichen angriff. der inhalt sagte mir: hier wird eine zur ikone des neuen feminismus gekürt die fachlich (zu) wenig ahnung hat. das unterschreib ich jetzt auch noch. ich selber hab foucault auch nicht gelesen ;-) quäle mich grad durch Judith Butler’s Unbehagen der Geschlechter…

  20. Auch ich finde den Ton des Posts als unangemessen, stimme da weitgehend mit der von Betti geaeusserten Kritik ueberein.

    „wie irgendjemand auf das mit dem neuen feminismus kommt weiß ich nicht, denn die hauptperson ihres romans elisabeth
    – verbiegt sich um ihren partner zu halten
    – hat ein schlechtes gewissen wenn ihr mann arbeiten im haushalt erledigt
    – weiß ohne ihre tochter nichts mit sich anzufangen
    – will eine supermutter sein
    – will sich umbringen wenn ihre tochter alt genug ist, weil sie ja dann zu nichts mehr nütze ist “

    Und wie kommst du (oder der Grossteil der Personen, die hier Roche sprichwoertlich in der Luft zerreissen) darauf, dass Elisabeth als Idol fungieren soll? Fuer mich liest sich das Buch nicht wie eine Handlungsanleitung, ganz im Gegenteil. Ansonsten wurde in Bezug auf „Feuchtgebiete“ ja schon weitgehend darueber spekuliert, inwieweit der Inhalt auf die Autorin uebertragbar ist, hierzu (und zur Frage, ob man Roches Romane woertlich lesen sollte) ist fuer die Betreffenden vielleicht das folgende Interview erhellend, insbesondere Seite 3.
    http://www.zeit.de/2011/33/Roche-Hensel/seite-1

    Zu guter Letzt kann man sich natuerlich ueber Geschmaecker streiten und es ist okay, Roches Roman(e) zu moegen oder eben nicht, oder beides ein bisschen. Ihr literarische Qualitaet absprechen zu wollen wirkt allerdings doch recht arrogant.

  21. …grad nochmal druebergelesen… sorry, falls das in meinem Post nicht ganz ersichtlich wurde – der Mittelteil mit dem Zitat war auf den zitierten Kommentar von Inge bezogen. ;-)

  22. tag.
    is ja ganz lustig geschrieben usw. aber mal im ernst. ich finds schräge, der dame auschliesslich männer als literatur zu empfehlen und wenn ich der logik folge, dann empfiehlst du foucault quasi als roman, was ich tendenziell unterstützenswert finde, aber wahrscheinlich mal wieder nicht so gemeint ist. aber um drauf zurückzukommen, wenn dir nix besseres einfällt als diese empfehlungen, dann – mit verlaub – hast du auch nicht zwingend mehr ahnung von sogenannter „guter“ literatur als frau roche höchstselbst. denn nur ein gutes buch gelesen zu haben (ob deine empfehlungen nun dazu gehören is wohl geschmackssache) bedeutet ja nich zwingend auch eine eben solches schreiben zu können. aber auf einer „feministischen“ seite einer dame auschliesslich männliche autoren ans herz zu legen, hinterlässt bei mir zumindest mehr als ein nur ein „schales gefühl“. schreibende frauen gibs nun auch seit weiss der geier wann, auch mit pipikaka und weiss nich was. ich denke aber auch, wirklich schockierend und neu is eh was anderes, sonst wäre frau roche ja auch nich so populär. mal davon ab is es aber für sie eine ganz gute strategie scheissreich zu werden. is das nich auch auf ne (vll subjektive) art feministisch? den massen scheisse zu verkaufen und ganz viel geld dafür zu kriegen? fragen über fragen, das war es schon. grüßileinchen, dein pipikaka

  23. @hopey ich kann nur wiederholen:

    mich entsetzt einfach das sie auf grund des romans als ikone des “neuen sexualisierten feminismus” gehandelt wird. mir ist allerdings auch nicht klar woher das kommt – ich habe keine talkshow mit ihr gesehen. ich hab das im stern gelesen da kam es so rüber als würde ihr der titel verliehen werden (vom stern?), bzw. sie hat sich in dem artikel selbst nicht so bezeichnet.

    das kommt nicht von ihr – hab ich ja geschrieben – es gibt aber einen stern mit ihr am titelblatt wo das so drin steht. sie wird dort als ikone des neuen sexualierten feminismus bezeichnet. hier ist der ton so ähnlich: http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,780345,00.html

  24. @hopey – habe jetzt das interview in der zeit von deinem link gelesen

    und – ja – der charakter in feuchtgebiete ist nicht auf c.r. übertragbar – hatte ich auch nie behauptet. ich lese da aber auch raus, dass die person im buch elisabeth und die die reale c.r. bis zur unkenntlichkeit vermischt sind. ich versuche das in meiner argumentation aber trotzdem irgendwie zu trennen.

    was auch noch rüberkommt in dem interview – jedenfalls bei mir – und nadia auch bemerkt hat (die “Ich-kenne-mich-und-deswegen-kenne-ich-Euch-alle-und-ich-sage-Euch-j etzt-mal-wie-…”-Attitüde) – c.r. glaubt sie hätte den stein der weisen gefunden und könne ihre erfahrungen und ihre sichtweise auf alle frauen ihrer generation übertragen. für sie mag das alles ok sein – wie ich schon sagte – ihre romanfigur und sie selbst können machen was sie wollen. ihr weg. sie weiß es aber mit sicherheit nicht besser als alle anderen. und sie bewegt sich streng im heteronormativen – für sie gültig aber nicht für alle anderen.

    es ist auch nicht innovativ offen über sex zu schreiben. es ist interessant, aber nicht neu. fakt.

  25. „mal davon ab is es aber für sie eine ganz gute strategie scheissreich zu werden. is das nich auch auf ne (vll subjektive) art feministisch? den massen scheisse zu verkaufen und ganz viel geld dafür zu kriegen?“

    Naja, also, ich weiß nicht, so gesehen wäre Dolly Buster dann auch subjektiv feministisch. Und, mal richtig weitergedacht und den Gedanken auf die Spitze getrieben, die Wiener „Madames“ (Zuhälterinnen von afrikanischen Prostituierten rund um den Wiener Prater) auch. Insofern glaub ich nicht, dass es zwangsläufig feministisch ist, wenn eine Frau mit egal was ziemlich viel Moos verdient.

    Mir wurde Roche (die ich mal echt mochte) seit ihrem Ausspruch „Frauen sind nun mal total masochistisch“ unsympathisch. Nicht, weil ich glaube, dass Frauen nie masochistisch wären. Aber mich nervt dieser Ausspruch in seiner Absolutheit (Frauen sind nun mal …). Das ist so doof … Sich im selben Satz einerseits drüber aufregen, dass Alice Schwarzer Frauen „diktieren“ will, was sie im Bett machen sollen und andererseits aber selber nicht anders handeln und so einen doof verallgemeinernden Spruch hinrotzen, der angeblich auf alle Frauen zutreffen soll. Da hab ich mir echt gedacht, nee, die Dame wird mir zu strange.

  26. Mögt Ihr vielleicht mal alle runterkommen von Eurem hohen Ross?
    Also, vielleicht lest Ihr ja alle nur Foucault und Konsorten, aber es gibt auch Leute, die ganz gern mal auf „Trivialliteratur“ zurückgreifen! Einfach nur zur Entspannung und Enthaltung lesen, ohne hochgeistig moralische Ansprüche und ohne Hoffnung auf eine Revolution im Literaturelfenbeinturm auf das ganz Neue.
    Und mit Roche bin ich da gut bedient – ich will manchmal gar nichts so anspruchsvolles, nur etwas, das mir Spaß macht. Und Roches Bücher machen mir Spaß, denn sie sind erfrischend und ENDLICH hört/liest man aus einem Frauenmund einmal in Allltagssprache Tacheles – ohne Blümchen und blaue Flüssigkeit und Kerzenmeer und tüdeldü. Find ich für mich befreiend.

  27. ich kann halt mit diesen hab-euch-doch-nicht-so-ist-doch-alles-in-ordnung kommentaren nichts anfangen….

    es geht nicht nur um die literarische qualität – also mir jetzt persönlich überhaupt nicht, auch ich bin meisterin der ewigen ,dass sätze.

    es geht mir um folgende punkte:
    – das buch ist nicht bestseller geworden weil so beliebt und inhalt so toll, sondern rein nur durch marketing und die platzierung von c.r. auf allen kanälen.
    – sie wird in dieser marketing kampagne unter anderem als ikone des neuen sexualsierten feminismus gehandelt – also das ist jetzt das öffentliche bild des neuen feminismus – finde ich absolut total fatal. vor allem grad jetzt – stichworte slut walks und strauss-kahn

    ja und noch ein paar punkte mehr. da könnte so viel beleuchtet werden.

  28. @Alekto und ja – noch zur Entspannung und Unterhaltung und weil Roche Spaß macht – das Buch ist alles andere als Spaß. Es ist total und absolut beklemmend, weil sich der Hauptteil des Buches um den Unfall ihrer drei Brüder und C.R.s/Elisabeths daraus hervorgegangenen massiven psychischen Probleme dreht.

  29. aber die marketingstrategie kann man doch nich frau roche vorwerfen?
    im übrigen war das mit dem erfolgreich sein als frau als subjektivem feminismus auch eher nur ein gedanke am rande. mir ist schon klar, dass das nicht ganz hinhaut. den vergleich mit zuhälterinnen find ich aber fürchterlich daneben. denn schliesslich verkauft frau roche da halt ihr image, im zweifelsfall sich selbst aber eben niemand anderen (mit ausnahme des buches selbstredend).
    und was ich damit nur sagen wollte: ich finde das nicht so dramatisch, dass sie damit erfolgreich ist. denn ich denke, es spricht eher für die schlichten gemüter der kaufenden oder der rezensierenden als für irgendwas anderes. und mal ganz unter uns: wäre es rubinroter dschungel oder anderes da auf platz eins, es würde euch/dir /Ihnen doch auch nicht passen.
    und wieso man eigentlich meistens diejenigen kritisiert, die man mal cool fand, wenn sie nur noch mittelgeil sind, anstatt diejenigen zu kritisieren, die schon immer scheisse waren und es noch immer sind, ist mir auch nach wie vor schleierhaft. aber ich schweife ab.

  30. *schluchz* keiner versteht mich !!!

    ich habe ihr die marketingstrategie nicht „vorgeworfen“. sie kann meinetwegen auch millionen und aber millionen scheffeln – schön für sie.

    ich erklärs jetzt nochmal:
    ich habe nur eindruck dass sie jetzt als neue feministin in der öffentlichkeit gehandelt wird. und das ist sie nun mal nicht. das was hier in den medien mittels ihres buches transportiert wird ist frauenbild uralt bzw total fragwürdig und wird als neu, feministisch und nachahmenswert für junge frauen präsentiert – jedenfalls im spiegel-online http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,780345,00.html (nachahmenswert) und in der print ausgabe des stern (neuer sexualisierter feminismus), beides hat ja immerhin eine ziemliche reichweite und auch eine wirkung. und das finde ich wert angeschaut und hinterfragt zu werden. zumal wir hier auf einem feministischen blog sind.

    auch ist es interessant sich den tatsächlichen inhalt des buches anzuschauen und das mit der art der präsentation in den medien zu vergleichen.

    art der präsentation in den medien: „toll eine interessante moderne junge frau hat spaß am sex“ tatsächlicher inhalt des buches: „die traurige geschichte einer frau mit einem sehr schweren trauma, die versucht mit ihrem leben klar zu kommen“

  31. Ich habe generell Spaß an allen Sorten Büchern, nicht nur an lustigen Stories.
    Deswegen hat mir auch ihres Spaß gemacht zu lesen.
    Und sexualisierter Feminismus? Finde ich blöd, den Ausdruck. Sex war schon immer ein Riesenthema im Feminismus und – wie Du selbst sagst, ist es ja eh nicht in erster Linie ein „Sexbuch“. Sondern es geht um eine Frau als Person, als Mensch und nicht als eine Frau als Plattform für männliche Sexfantasien. Und echter Sex hat eben bei echten Menschen auch tragische und unschöne Momente. Weil eben ein Menschenleben dahintersteht und keine Gummipuppe.Das macht Roche gut. Und eigentlich ist das ne urfeministische Forderung. Den meisten FeministInnen ist das Buch aber dann halt ZU menschlich (körperflüssigkeiten etc), das ist dann halt Geschmackssache.
    Wie auf die chauvi-öffentlichkeit das buch wirkt, ist mir wurscht, die gesellschaft und ihre medien sind noch nie sonderlich gut drin gewesen, feminismen (welcher art auch immer) korrekt darzustellen. und wenn sie jetzt nicht checken, daß roche’s buchstruktur im feminismus ein alter hut ist (provokation? sexuelle freizügigkeit? bedrückendes ansprechen? „böse“ sprache? alles nicht neu im feminismus) und es als „neu“ deklarieren, pff, wen juckts. Roche selbst hat nie behauptet, sie wolle anführerin eines neu erfundenen feminismus werden.

  32. @ pipikaka Nee, das sollte kein Vergleich sein, lediglich ein, wie ich ja geschrieben habe, auf die Spitze getriebenes Beispiel dafür, dass frau noch nicht automatisch Feministin ist, wenn sie jede Menge Geld verdient.

    Es liegt übrigens in der Natur der Sache, dass man besonders enttäuscht ist, wenn jemand, den man mal gut fand, plötzlich Schmarrn redet. Bei den von dir Erwähnten erwartet man es sozusagen gar nicht anders. Dass mein Opa findet, eine Mutter (sprich ich), sollte ihre alleinige Erfüllung in Mann und Kindern finden – geschenkt. Aber C.S. – ganz ehrlich, ich hätte nicht gedacht, dass die mal so drauf sein wird (ich hat ja schon diesen absolut grauenhaft verallgemeindernden Ausspruch von wegen „Frauen sind nun mal total masochistisch“ als Beispiel gebracht). Ich war als 16-Jährige (katholisches Landei, das ich bin) so überwältigt von der Charlotte – endlich mal eine, die sich was traut – und jetzt sagt sie Sachen zum Ohrenkrebskriegen wie den unten erwähnten Spruch, dass sie ihren Mann liebt, weil er mehr Geld hat als sie (sinngemäß, kein genaues Zitat). Ich würde ja gerne glauben, dass das fiktional ist, aber leider hat sie denselben Spruch in verschiedenen Interviews auch auf sich und ihren Mann bezogen. Da ist meine 95-Jährige Großmutter teils moderner in ihren Ansichten.

    @ alekto Um die literarische Qualität geht es, zumindest mir, nicht. „Feuchtgebiete“ war in der Hinsicht auch nicht wirklich der Bringer, aber mit hat’s trotzdem gefallen. Was mich nervt, ist dieser altbackene Anspruch, der in den „Schoßgebeten“ steckt „Ja, ich mach ALLES (inklusive Puffbesuch), um meinem Mann zu gefallen, huch, ich hab ja so ein schlechtes Gewissen, wenn er mal was im Haushalt macht“ und das Allerallerschlimmste „Ich liebe meinen Mann, weil er der erste ist, der mehr Geld hat als ich“ (frei zitiert) – Bäh, da muss ich wirklich würgen. Und insofern hat die gute alte Alice, wenngleich sie gut 35 Jahre älter ist als die Roche (und ich ;-) ) nicht ganz unrecht mit dem, was sie in ihrem Brief schreibt.

    Ging es übrigens nur mir so, dass mir in dem Zusammenhang Elisabeths Ex und Vater ihrer Tochter extrem leidtut? Irgendwie kommt der verdammt schlecht weg bei der ganzen Sache: Er lässt sich völlig auf eine unkonventionelle Frau ein und die verlässt ihn ganz konventionell für einen anderen, der mehr Geld und Einfluss hat. Irgendwie hat das fast schon was von „wir wollen gar keine „neuen“ Männer, wir wollen Kerle, die reich und mächtig sind – genau wie unsere Großmütter und Urgroßmütter“. Und das ist verdammt unfeministisch – zumindest in meinen Augen.

    @ Inge, ich versteh dich ;-). Und deinen Einwurf, dass man die Sache auch mal aus Sicht der Prostituierten betrachten sollte auch.

  33. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie viele sich über die Sprache eines Artikels aufregen, anstatt über das Thema selbst zu diskutieren.

    Kurz gesagt: Ich mag die ­Roche nicht, schon allein weil sie, anstatt mit Qualität zu punkten, lieber alles aufschreibt, was die konservativen Leutchen aufregt (wo Aufregung ist, sind auch immer Leute die kräftig kaufen, da sie wissen wollen, was denn so schlimm an dem Buch ist). Daher ­sehe ich nicht ein, dass Buch zu kaufen und dieser Person Geld in den gierigen Rachen zu schmeißen.

    Ich finde den Artikel übrigens sehr gut geschrieben.

    Liebe Grüße

  34. @Katharina <3
    mir tut auch ihr momentaner mann leid – hier ist es zwar wieder schwierig c.r./elisabeth auseinanderzuhalten – weil sie offensichtlich emotional total von ihm abhängig ist – ihn auf ewig halten will und sehr todessehnsüchtig ist. was wird passieren falls er sie verlassen möchte? auch so im alltag wäre mir das zu heftig mit so einer partner_in.

    @alekto – nein der feministische aufreger sind nicht die vielen körperflüssigkeiten. siehe katharina. und es ist ja genau das klischee des sexfeindlichen (alt)feminismus das c.r. hier bedient und auch du meinst dass es darum geht. ich glaube auch nicht dass medienkampagnen egal sind. sie wirken. die zielgruppe sind auch eigentlich nicht die männer die das buch wegen dem sex lesen – da sind sie mit einem porno wesentlich besser bedient und das wissen sie auch (und auch hier wieder – achtung klischee) – sondern junge frauen auf der suche noch vorbildern – so wie katharina das beschrieben hat. ein teil von ihnen wird das sehr wohl durchschauen zum glück. aber es gibt für frauen sowieso so gut wie keine leitfiguren im mainstream – halt nur sowas wie heidi klum und jetzt c.r. – klar "ist es einfach so" bei den mainstreammedien – trotzdem schadet es nicht, sich das bewusst zu machen. der nächste schritt wäre sich zu überlegen was dagegen getan werden kann. diese arbeit machen sich auch sehr viele leute.

    apropos heidi klum und c.r. – ich finde es auch interessant, dass c.r. im interview bei der zeit online – link ist irgendwo weiter oben – über ihre magersucht und körperbezogenheit spricht – sie sagt sinngemäß sie habe das überwunden, HASST aber alle frauen die für ihr aussehen trainieren. äh… nicht gut. sie stellt auch sowas nie in zusammenhang mit gesellschaftlichen strukturen sondern schiebt es NUR auf die einzelne frau. beispiel ist auch ihre beste freundin im buch die immer wieder von ihren partnern geschlagen wird. klar muss sich eine frau in der situation bewusst machen dass es an ihrer geschichte liegt – und das für sich ändern aber es gibt immer noch die gesellschaftliche dimension. genau das ist es auch was im mainstream gefällt. frauen – zieht euch an den eigenen haaren aus dem sumpf und schiebt die schuld nicht auf das system. ganz ganz schlimm finde ich passage im in der sich beschreibt dass sie nie lust auf sex hat es nicht will und wenn sich sich von ihrem mann "überzeugen" lässt erregt es sie dann doch. oh-oh. und die wirklichen neuen feministinnen kommen mir ihrer nein heißt nein kampagne ….

    @Rodica ja ich finde es auch schade dass es um die ausdrucksweise des artikels und nicht das thema selbst geht. trotzdem – einen persönlichen angriff auf c.r. halte ich für unangemessen. "ich mag c.r. nicht" kann ich auch gar nicht sagen – ich kenne sie nicht. mir gefällt einfach nicht was sie in interviews sagt und vieles was sie in dem buch geschrieben hat und was damit in den medien gemacht wird. ich habe auch wirklich mitgefühl mit ihr, wegen der traumatischen erfahrung und ihrem psychischen zustand – sie bleibt auch sicher nicht bei dieser meinung stehen – niemand hat die gleichen ansichten wie 5 jahre zuvor. äh… hoffe ich. man lernt ja immer dazu.

  35. und @katharina – klar – das ist mir gar nicht so deutlich aufgefallen bedient c.r. da auch ein absolut schädliches klischee: alle frauen stehen auf reiche mächtige sexuell hyperaktive männer mit großem penis.

    ehrlich – nach 60 seiten von dem buch kam bei mir der große aufschrei „das meint sie doch alles nicht ernst“ … will sagen das ist so alles so äh… es könnte auch eine riesen verarsche von ihr sein. wär aber dadurch nicht weniger seltsam. ehr mehr.

  36. @ Rodica (und ein bißchen auch @ Inge)

    „Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie viele sich über die Sprache eines Artikels aufregen, anstatt über das Thema selbst zu diskutieren.“

    Ich finde das eigentlich gar nicht so erstaunlich, auf jeden Fall bzw. insbesondere nicht auf einem feministischen Blog. Und ich finde ehrlich gesagt auch nicht, dass das etwas „anstatt des Themas selbst“ ist.

    Ein wichtiger Teil feministischer Arbeit ist es nach meinem Verständnis, gewisse Muster und Strukturen aufzudecken und zu kritisieren, die Patriarchat, Sexismus, Diskriminierung und alles was dazu gehört reproduzieren, legitimieren und stützen. Sprache und Übereinander-Sprechen ist dabei eben ein extrem relevanter Gegenstand. Und mir – und wie ich es verstehe auch anderen – stößt es dann eben auf, wenn gerade hier gegenüber einer Frau (wie auch immer ich sie jetzt mal persönlich finden mag) ein ziemlich abwertender Tonfall angeschlagen wird. Das ist nicht reine Formkritelei, sondern meiner Auffassung nach ein integraler Bestandteil von feministischer Sichtweise auf die Welt, dass man eben bestimmte Sprechmuster nicht beiseite läst um ausschließlich „über den Inhalt“ zu reden. Wenn das so wäre, hätte man sich zig Jahre feministischer und herrschaftskritischer Sprachforschung und -kritik sparen können!

    Da geht es doch auch um das Schaffen eines bestimmten Sprech-Klimas hier auf dieser Seite. Ich meine, nicht ohne Grund stehen hier in der Netiquette doch Punkte wie:

    „Jeder auf dieser Webseite will so viel Spaß wie möglich haben, deswegen gehen gar nicht: Beleidigungen, herablassende Kommentare, persönliche Angriffe, Diffamierungen oder blöde Sprüche.“

    „Die Kommentierenden da draußen sind Menschen wie du. Sprich mit ihnen also so, wie du mit ihnen auch im echten Leben sprechen würdest: höflich.“

    Es geht mir jetzt überhaupt nicht darum, Nadias Text in die Nähe von Trollerei zu rücken oder so, aber ich finde ihn eben, wie ich oben schon sagte, im Tonfall (und auch im Inhalt) streckenweise ziemlich bevormundend, herablassend, wissensabsprechend und individualperspektivenstreitigmachend – alles Dinge, die ich einem Mann gegenüber einer Frau auch nicht kritiklos durchgehen lassen würde.

    Und noch eine kurze Bemerkung zum „eigentlichen Thema“ und wer das definiert: Unter diesem Artikel wurden bis hierher ganz viele unterschiedliche Dinge diskutiert, die sowohl das Buch selbst, als auch die Person Charlotte Roche, als auch den medialen Umgang mit dem Buch und der Person betreffen – und sogar der Umgang von Buchhandlungen mit älteren Käuferinnen… Was genau ist denn jetzt „das Thema selbst“? Ob man Charlotte Roche mag? Ob man das Buch gut findet? Ob man sie als Speerspitze eines neuen Feminismus sieht und wie dieser aussieht? Welche Bücher man selbst oder Charlotte Roche gelesen hat und noch lesen sollte? Zu all diesen Dingen könnte ich jetzt auch noch was sagen, finde aber, dass schon viele andere hier viele interessante Dinge dazu gesagt haben. All diese Diskussionen finde ich auch sehr spannend und will sie auch gar nicht „ersetzen“, wenn ich mich aber eben zu einem anderen Aspekt äußere, der mir persönlich halt wichtig war. Alle anderen, die etwas negatives zum Tonfall gesagt haben, haben sich zusätzlich zu „inhaltlichen“ Dingen geäußert, wenn ich das richtig sehe. Insofern verstehe ich weder das „aufregen“, noch das „anstatt“ in Deinem Kommentar.

  37. @Inge Uebrigens hat auch Roche schon gesagt, dass sie das Buch nicht als Handlungsanleitung geschrieben hat.

    „„Ich hoffe, das wird klar. Ich schreibe ja nicht einen Roman als feministisches Manifest. Ich als Charlotte Roche bin viel feministischer als die Elizabeth in meinem Buch. Die ist teilweise schon eine ganz schön arme Wurst.“ “

    Quelle: http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article13565397/Charlotte-Roche-geht-auf-Alice-Schwarzer-los.html

    Fuer etwaige Verbindungen durch Stern- oder Spiegel-Artikel (sorry, konnte beim Googlen spontan nix finden, vielleicht kannst du den Artikel den du meintest ja mal verlinken) kann sie ja nix.
    For the record: ich wuerde Roche nicht als Vorreiterin eines ’neuen Feminismus‘ bezeichnen. Es ging mir in erster Linie gegen den Strich, wie Kritik an ihr hier geaeussert wurde (und auch der „Qualitaetsbegriff“ in dem Zusammenhang), dazu will ich aber erstmal gar nichts weiter schreiben, haben andere schon zur Genuege getan.
    Dass man den Verwischungen zwischen Romanfigur und Autorin auf den Leim geht, kann ich ja noch nachvollziehen, nicht aber die Befuerchtung, erstere koenne zum Vorbild fuer junge Frauen werden. Auch wenn vielleicht nicht alle, die das Buch irgendwann in der Hand halten, feministische Kritik am Verhalten der Figur der Elizabeth ueben werden.

  38. @hopey ja hoffendlich hast du recht. jedenfalls macht es spaß das buch feministisch zu analysieren. der rest – klar mutmaßungen und befürchtungen. les mal den artikel in stern printausgabe – schnell am zeitungsstand man muss sich das blatt ja nicht kaufen. ich glaub da bin ich ein bissel ausgetickt als ich das gelesen hatte….
    spiegel: http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,780345,00.html
    in der zeit http://www.zeit.de/2011/33/Roche-Hensel/seite-1 klingt viel von dem was sie über sich sagt nach elisabeth. ich beziehe mich auch sehr auf dieses interview. dieser bordell besuch ist wohl ehr fiktion. ihr trauma und ihre ängste laut zeit-interview sind real. es ist aber schwierig. sie kann auch damit spielen und die grenzen gezielt verwischen.

    @betti – am anfang ist mir das mit der sprache nicht aufgefallen – wahrscheinlich aus lauter gewohnheit. ich hab es dann schon verstanden. was ich im letzten post meinte, war dass es schade ist dass es diskutiert werden musste, also dass der artikel eben nicht anders formuliert war. mich hat das ziemlich irritiert. aber ich hab wieder was gelernt ist auch schön.

  39. @hopey was mich entsetzt ist schon ehr die presse, da gibt es schlimmeres was frauen geschrieben haben – meinte ja auch schon pipikaka glaub ich – also wie ein mainstreammedium (stern) c.r./elisabeth zur ikone des neuen feminismus macht.

    ich meine feministisch sein ist ein weites weites feld da will ich nicht urteilen vor allem wenn eine sagt sie sei es würde ich es ihr nie nie absprechen – aber zur leitfigur gemacht werden ist ganz was anderes. wenns denn überhaupt nötig ist eine leitfigur zu haben stelle ich mir ehr eine starke kompente frau vor, die auch wirklich öffentlich aktiv im feminismus ist. die herausgeberinnen von missy-magazine z.b. so die richtung.

    und: jana hensel stellt in dem zeit interview auch sehr gute fragen.

  40. entschuldigung, hätte ich vorher geahnt, dass ich hier einige mal erwähnt werde, hätte ich mir einen etwas weniger affigen usernamen ausgedacht.
    ich wollte noch kurz einwerfen: ich finde es ungeschickt, protagonistin und autorin gleichzusetzen (ja, ich weiss, so ganz deutlich hat das hier niemand getan) und zum anderen finde ich es auch schräge von einem roman und dessen figuren eine propagierte „weltsicht“ zu unterstellen. natürlich greifen hier klischees usw. aber es ist immerhin ein roman unter vielen und wenn nun eine junge frau sich in einen mann verliebt, weil er geld hat oder einen verlässt, weil er keins hat (ich hab den roman nicht gelesen, bitte seht das nur als beispiel) finde ich es nicht zulässig, daraus zu schliessen, dass männer daraus „lernen“, sie müssten einem konservativen männerbild entsprechen usw. ich kann die kritik daran schon verstehen, aber ich denke, diesem einen roman darf auch nich zuviel gewicht zugemessen werden, es ist eben eine fiktive geschichte. nicht mehr und nicht weniger. das soll aber bitte nicht als gegenrede verstanden werden, sondern eher als ergänzung zu dem vorher geschriebenen. ich würde mir auch wünschen, es gäbe mehr romane, die unterschiedlichste personen, lebensweisen etc darstellen, aber ich denke, man darf lesenden auch zutrauen, dass sie zwischen romanen und lebensrealität unterscheiden können (was nicht heissen soll, dass nicht eine gewisse fiktive hegemonalität an romanfiguren sehr wohl das denken der „gesellschaft“ mitprägt). ich hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt und mein geschreibe kann einigermaßen nachvollzogen werden. im übrigen wollte ich noch sagen, dass ich diese diskussion hier ganz cool finde, nicht zuletzt, weil hier sachlich argumentiert wird und auch dinge genannt werden, die ich relevant finde. bei vielen anderen „kommentar-diskussionen“ war dies bisher (meiner erfahrung nach) irgendwie meist nicht möglich. und zu guter letzt möchte ich noch sagen: mir persönlich ist frau roche und ihr buch ziemlich banane. ich hab keins von ihr gelesen und werds auch nicht. die diskussion um ihr buch find ich jedoch ganz interressant und kann auch vollkommen nachvollziehen, dass es nervt, wenn sie als ikone eines neuen „feminismus“ hingestellt wird. aber ich frag mich schon manchmal, was für eine strategie da aus „feministischer“ sicht die richtige sein kann. ich glaube nicht so recht daran, dass man da was gegen tun kann, so dass am ende bloß die eigene halsschlagader anschwillt aber nicht die diskursive dämlichkeit abnimmt, oder?

  41. das auseinanderhalten von literarischer und realer person ist in dem fall unglaublich schwer – das ganze grundgerüst des romans ist ja real – der unfall, die schwierigkeit das trauma des unfalls zu verarbeiten, die personen an sich – tochter, ehemann, sohn von ehemanns ehemaliger frau, vater von tochter der im selben haus wohnt. das macht das analysieren und argumentieren echt nicht leicht.

    zur wirkung – ende der 70er/ anfang der 80er war an der stelle „christiane f. wir kinder vom bahnhof zoo“ – hat bei mir gewirkt. meine ich jetzt ganz neutral – nicht im sinne von schuld und gut oder böse. trotzdem – es sind mutmaßungen – hab da weder zahlen noch beweise. weil kein mensch ja weiß wie die einzelnen leser_innen das buch empfinden und was sie daraus ableiten – da wird es wahrscheinlich alle schattierungen geben von uninteressant über nur spaßig bis verherrlichtes vorbild.

    zur wirkung die 2. – gutes beispiel ist das mit alice schwarzer – sie wird in den medien und von vielen leuten immer noch als die leitfigur des feminismus angesehen, c.r. glaubt das ja auch – siehe ihre aussagen in der „welt“ – link weiter oben. obwohl gerade eine einzige „leitfigur“ eben nicht feministisch sondern patriarchal – hierarchisch ist. und es den blick auf die eigentliche vielfalt im feminismus und die tatsächlichen entwicklungen, die in den letzten jahren stattgefunden haben, völlig verstellt. es ist also nicht real sondern eine medienerfindung.

    also: es ist meine überzeugung, dass massenmedien eine suggestive wirkung haben. wissen wir ja auch aus dem geschichtsunterricht. in diesem fall meine ich auch die kombination von buch + präsentation des buches und interviews und talkshows mit der autorin in allen leitmedien – ich kann mich nicht erinnern, dass ein buch jemals so umfassend mit solchen druck promotet wurde.

    gegenmaßnahmen: bloggen, social media nutzen, viel lesen, selber artikel und bücher schreiben, leserbriefe schreiben, diskussionen führen, mit autor_innen diskutieren, mädchenmannschaft regelmäßig lesen, an autor_innen schreiben, gruppen gründen, eigene zeitschrifen herausgeben, nicht-leitmediums-zeitschrifen lesen, öffentliche aktionen machen, wissen verbreiten, kritisch sein und nochmal kritisch sein, vielfalt leben und verbreiten usw. usw.

  42. Wieso glauben eigentlich so viele das Charlotte ihre Romanfigur als toll oder so darstellen will?

    Und kann eine Geschichte nicht auch gut sein ohne das man sich mit der Hauptfigur identifizieren will?

    Ich hab erst das erste Viertel hinter mir und finde es super! Elizabeth ist total durch und ich muss immer wieder darüber lachen wie sie spinnt um dann im nächsten Moment wieder total erschrocken zu sein. Mich regt’s zum nachdenken an. Ich brauche keine 0/8/15 Dramaturgie, Plot oder Moral von der Geschicht’.

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