Ein kurzer Abend-Post für Euch. Vorab: Ich habe „50 Shades of Grey“ noch nicht gelesen und ich hab`s auch nicht vor, weil ich meinem Hirn eigentlich keinen weiteren Müll zumuten möchte – erste Leseproben und Rezensionen fand ich auf jeden Fall für eine ausgewachsene negative Erstmeinung voll ausreichend. Gestern wurde ich auf Twitter schon mal darauf hingewiesen, dass das Ding Fanficiton zu Twilight ist (womit ich mit meinem ersten Grundeindruck (hier) nicht ganz falsch lag) – und auch das heißt nix Gutes. Außerdem weiß ich auch nicht was an schwülstiger „Frau lässt sich von reichem Macker dominieren“-Literatur innovativ oder neu sein sollte. Gähn.
Heute dann weitere Einschätzungen aus meinem sehr geschätzten Nahfeld, und diese hier mochte ich besonders: „50 Shades of Grey is 50 shades of absolute shit. The worst book I have ever had the misfortune of reading. Anastasia Steele and her inner goddess can fucking do one“ (via Mel). Weiteres Expert_innengeplänkel führte dann zum Blog von Bizzybiz. Da wird ganz spitzenmäßiger Service geboten, denn: „I read and review Fifty Shades of Grey so you don’t have to.“
Und was soll ich sagen: I lol´ed hard. Zum Beispiel bei Sequenzen wie:
„I’ve read cereal boxes that were more entertaining and well written than this book.“
„I was actually shaking when I read this. In my notes I used an entire sheet of paper to write „FUCK YOU FOR THIS.“
„Sorry about that. I believe I was reviewing a book.“
Hihihi, und so weiter, und so fort. Auf jeden Fall hat mensch hier nochmal Dutzende gute Gründe, sich diese Büchlein zu sparen. Naja, und mehr will ich gar nicht verraten, auf jeden Fall ist das Ding eine absolut lesenswerte Sache, eingegangen wird unter anderem auch auf die Abusing-Komponenten in dem Reißer, und so wie es ausschaut werden vielleicht noch einige 50-Dingsbums-Posts folgen, oder wir lesen das Teil irgendwann doch gemeinsam und machen dann ´ne Selbsthilfgruppe zum Thema „Literarischer reaktionärer Kackschund“ auf. Oder so. Soweit. Guten Abend, gute Nacht.
Ich habe hier auch auf Jennifer Armintrout hingewiesen, die ebenfalls 50 Shades kapitelweise mit viel Sarkasmus gelesen hat.
Und, weil es passt: Twilight habe ich ja selbst gelesen, „damit ihr das nicht müsst“. Alle 4 Bücher (plus Novelle).
In der FAZ vom Wochenende gab es ebenfalls eine Rezension mit gleicher Schlussfolgerung:
„Shades of Grey ist ein Softporno mit reaktionärem Weltbild, der die Ausschweifung benutzt, um dieses Weltbild zu stabilisieren. Das ist alles. Mit selbstbewussten Frauen, die sich heute so dringend wieder unterwerfen wollen, hat das Buch nichts zu tun.“
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/shades-of-grey-sadomasochismus-im-bluemchenstil-11811035.html
Ich kann für diese Art Bücher Twister und ihre Artikel auf Telepolis empfehlen.
„Kabelbinder, wahre Liebe und purpurbehelmte Liebeskrieger“
http://www.heise.de/tp/artikel/37/37222/1.html
„Kabelbinder, Peitschen und Analstöpsel“
http://www.heise.de/tp/artikel/37/37223/1.html
In der Süddeutschen gab es ein Interview mit Petra Joy, in dem es auch um dieses Buch geht:
http://www.sueddeutsche.de/leben/pornos-fuer-frauen-manche-frauen-haetten-es-gerne-haerter-1.1409681
@all: danke, ich guck mir alle hinweise nochmal an.
Ich denke manchmal ich sollte das lesen um zu wissen wie schlimm es ist, in welchem Ausmaße. Aber dann merke ich dass da unsinn ist… ich lese ja auch nicht jeden sexistischen, rassistischen, usw, text, nur damit ich weiß wie kacke er ist.
Ich glaube, mit „reaktionärer Kackscheiß“ ist das Buch nur unzureichend erfasst. Es gibt dazu zwei sehr gute Rezensionen in der Berliner Zeitung und bei Vagenda:
http://www.berliner-zeitung.de/magazin/fifty-shades-of-grey-porno-bestseller–zuckerhut-und-peitsche,10809156,16556584.html
mail.google.chttp://vagendamag.blogspot.de/2012/07/pulitzer-porn-strippers-in-cinema.html (englisch)
Versucht man(n) in letzter Zeit an allen Ecken und Enden das konservative Rollenbild und -klischee wieder zurückzuziehen?
„Frauen sehnen sich nach Unterwerfung“?! – Ach gähn – da haben mal wieder irgendwelche schrägen Leute Angst jemand anderen endlich gleichberechtigt in die Augen zu schauen, nur weil sie mit sich selbst nicht klar kommen.
Hach hach hach, ich finde das alles ja mal wieder ganz furchtbar ambivalent. Also ja, vermutlich ist das nicht besonders gut geschrieben (habs nicht gelesen, werds nicht lesen). Aber das sind tausende von Büchern vergleichbaren Inhalts, die von Männern für Männer geschrieben werden auch nicht. Und da wird nicht so gehässig und allumfassend und öffentlich und von allen Seiten draufgehauen, wie derzeit bei 50 Shades of Grey. Ich will gar nicht so genau wissen, wie „männliche“ Billig-Porn-Pop-Literatur aussieht (ein Blick in die FHM o.ä. genügt da ja für eine Ahnung), weiß es aber interessanter Weise auch gar nicht so genau, weil die – korrigiert mich, wenn ich mich irre – nirgends in dem Ausmaß bekrittelt und bespöttelt wird wie z.B. der vorliegende „Mutti-Porno“, „Twiilght-Mom-Fanfiction“ oder sowas…
Also ich find die literarische Kritik ja auch deswegen gar nicht falsch und ich hab mich beim Lesen des von Nadia verlinkten Blogs auch schlappgelacht, aber irgendwie stellte sich dann irgendwann so ein schales Gefühl ein, das ich hier versuche zu artikulieren. Fragen krochen hoch, wie: „Wieso zerpflücken und bekritteln wir alle denn jetzt ausgerechnet da schon wieder so genüsslich, wenn Frauen Trivialliteratur für Frauen schreiben und damit einen riesen Erfolg haben? Warum wird das dann gleich wieder sanktioniert, und zwar ganz anders als bei Männern? Haben Frauen eine Verpflichtung, nur anspruchsvoll über Liebe, Sex und Zärtlichkeit zu sprechen/schreiben/fühlen? Lege ich selbst hier grad doppelte Maßstäbe an die sexuellen/pornografischen/literarischen Ansprüche von Männern und Frauen an? Wenn ja, wieso?“ usw. usf. Ich glaub, wenn Frauen Kritik an Büchern wie dem hier thematisieren üben, ist das für mich auch nochmal eine ganz andere Kiste, als wenn Männer das machen (oder zumindest müssen die halt sehr reflektiert sein/ vorsichtig formulieren, damits nicht zu „die kann halt nicht schreiben“-mackerig wird), aber alles in allem summiert sich das Ganze doch zu dem eben beschriebenen „schalen Gefühl“.
In eine ähnliche Richtung ging dann folgender Artikel, über den ich über den Twitter-Account von @sanczny gestolpert bin und der einiges von dem widergibt, was mich auch beschäftigt hat, allerdings nochmal mit leicht anderem Fokus:
http://boingboing.net/2012/07/12/what-fifty-shades-of-grey-is.html?utm_source=dlvr.it&utm_medium=twitter
http://www.newstatesman.com/blogs/culture/2012/07/defence-fifty-shades-grey
Wie gesagt: Ich kann die Kritik schon nachvollziehen, die gerade auch gegenüber so komischen „aber das ist doch jetzt auch wirklich mal total emanzipiert alles“-Verdrehung kommt, aber naja – ambivalent halt irgendwie.
@ Susi
Deinen Beitrag verstehe ich im hier stehenden Kontext nicht.
Klar gibt es Frauen, die sich im Allgemeinen und sexuellen Besonderen nach Unterwerfung sehnen und Männer, die gern dominieren (in beiderlei Hinsicht). Na und? Daran ist weder irgendwas „schräg“, noch ein Ausdruck von gestörten Persönlichkeitsstrukturen, wie Du es suggerierst. Sexuelle und persönlich-individuelle Präferenzen sagen natürlich nichts über gesellschaftliche Machtverhältnisse und wünschenswerte politische Zustände aus. Aber sadomasochistische Sexual- und Beziehungspraktiken pauschal in die Ecke von patriarchalen Herrschaftsverhältnissen UND „mit sich selbst nicht klarkommen“ o.ä. zu stellen, find ich echt problematisch.
@ Betti
Ich kann natürlich nicht erklären, was Susi meinte, aber die Kritik an „Frauen sehnen sich nach Unterwerfung“ kann ich im Kontext der Rezensionen, die diese These verwenden, schon verstehen. Häufig geht nämlich die vollständige Aussage so: „Der Erfolg von 50 Shades erklärt sich daraus, dass Frauen diese ganze (unnatürliche) Emanzipation mit einem verstärkten (natürlichen) Wunsch nach Unterwerfung ausgleichen“. Und das ist dann wirklich reaktionärer Kackscheiß.
Also erstmal vorab: Ich hab auch keine Lust das Buch zu lesen. Nix für mich.
Allerdings bin ich eher von der „different strokes for different folks“-Fraktion, was Pornographie angeht.
Ich find’s spannend zu lesen, dass es auch ein paar explizit feministische Stimmen in Verteidigung des Buches gibt.
http://feministing.com/2012/04/16/what-katie-roiphe-gets-wrong-about-fifty-shades-of-grey-and-fantasies-of-sexual-submission/
http://blogs.indiewire.com/womenandhollywood/guest-post-a-feminist-defense-of-50-shades-of-grey
und bei Jezebel heißt es:
„Our consensus: the book is pretty ridiculous — for every lashing there’s an „OMG!“ — but if it’s making more women feel comfortable discussing their sexuality, we’re all for it.“
@ Jenni,
ahh ok, ja stimmt, so gelesen machts natürlich Sinn. Sorry, @Susi, wenn ich Dich da missverstanden hab…
@Betti
Danke für Deinen Kommentar und Deine Links. Habe ich gerade erst gelesen.
Du fast in Worte, warum es für mich immer so einen für mich schwer zu fassenden unangenehmen Beigeschmack hatte, wenn ich die vernichtenden und hämischen Kritiken über 50 shades of Grey gelesen habe.
@Betti: Toller Kommentar! Ich habe jetzt auch ein paar vernichtende Kritiken zu dem Buch gelesen und du drückst es perfekt aus, warum ich beim Lesen immer so ein komisches Gefühl hatte.
“Our consensus: the book is pretty ridiculous — for every lashing there’s an “OMG!” — but if it’s making more women feel comfortable discussing their sexuality, we’re all for it.”
„“Aber das sind tausende von Büchern vergleichbaren Inhalts, die von Männern für Männer geschrieben werden auch nicht. Und da wird nicht so gehässig und allumfassend und öffentlich und von allen Seiten draufgehauen, wie derzeit bei 50 Shades of Grey.““
Hm, hmmm, noes. Ich verstehe zwar auch die Kritik und die Anmerkung „ambivalent“, aber ich kann da nicht ganz mitgehen muss ich sagen.
Klar, kommerzieller Erfolg in Ehren, und wahrlich wird auch dieses Buch im besten Ermessen geschrieben worden sein, und mit Sicherheit kann mensch auch der Leserschaft nix vorwerfen, und über das Thema „Frauen-Bash“ sollte mensch nachdenken, und und. Aber, wenn ich für mich erstmal das Gefühl habe, da wird mir Quark unter die Nase gehalten und als der neue Aufklärerpudding verkauft, dann bin ich auch seher so: Ääääh. (Btw: So gesehen schreibt auch Alice Schwarzer Trivialliteratur.)
Ärgerlich finde ich die – so wie sie mir bisher aufgefallen sind – sexistischen, stereotypen, heteronormativen, teilweise krass missführenden Komponenten usw. in dem Schinken. Wie gesagt, noch nicht gelesen, vielleicht täusche ich mich ja (hmpf, glaube aber nicht). Und, wie gesagt: Dieser pseudo-emazipatorische Impetus. Etwas, dass Cecilia-Ahern-Bücher und Co. irgendwie nicht haben.
Deswegen geht es bei meiner Kritk vielleicht nicht (nur) um ein wahrscheinlich schlechtes Buch, sondern (eher auch) um eine Massenrezeption, in der vertickt wird, mensch würde nochmal ganz universell super-neuen Stuff über die weibliche Sexualität per se lernen.
Heißt aber wohl, dass es neben all der Polemik dann nochmal mehr Konstruktives geben sollte, das die Problematik der Reihe beleuchten könnte. Ich gehe da wie gesagt stark bei dem „Pseudo-Emazipationsbotschaft“ mit, die mir negativ aufstößt. Und die Pseudo-Aufklärerei zu BSDM. Und dem Fragezeichen, warum sowas so eine krasse Massenkompatibilität erzielt (wobei, auch das natürlich wohl ein alter Schuh).
“Wieso zerpflücken und bekritteln wir alle denn jetzt ausgerechnet da schon wieder so genüsslich, wenn Frauen Trivialliteratur für Frauen schreiben und damit einen riesen Erfolg haben? Warum wird das dann gleich wieder sanktioniert, und zwar ganz anders als bei Männern? Haben Frauen eine Verpflichtung, nur anspruchsvoll über Liebe, Sex und Zärtlichkeit zu sprechen/schreiben/fühlen? Lege ich selbst hier grad doppelte Maßstäbe an die sexuellen/pornografischen/literarischen Ansprüche von Männern und Frauen an? Wenn ja, wieso?” usw. usf. Ich glaub, wenn Frauen Kritik an Büchern wie dem hier thematisieren üben, ist das für mich auch nochmal eine ganz andere Kiste, als wenn Männer das machen (oder zumindest müssen die halt sehr reflektiert sein/ vorsichtig formulieren, damits nicht zu “die kann halt nicht schreiben”-mackerig wird), aber alles in allem summiert sich das Ganze doch zu dem eben beschriebenen “schalen Gefühl”.“
Ich denke, die „Zerpflückung“ ist genau dann oft ein ganz normaler Mechanismus, wenn Werke einen besonderen Hype erleben. Hängen geblieben ist bei mir z.B., wie damals auch Milan Kundera für seine schwülstigen Altherren-Fantasies angegangen wurde, oder auch jemand wie Nicholas Sparks immer wieder Häme kassierte für seine plumpen Love-Stories – ohne das generelle Problem von „Doppel-Standards“ wegreden zu wollen, denn die gibt es natürlich.
@ Nadia
Danke für Deine ausführliche Antwort. Viel von dem was Du schreibst, kann ich nachvollziehen. Gerade beim letzten Absatz regt sich aber doch wieder so ein wenig Widerspruch – Milan Kundera zum Beispiel mag in einschlägigen Kreisen angegangen worden sein, aber auf der breiten Bühne wird der doch als ernstzunehmender Autor von sowas wie „Großliteratur“ rezipiert, oder täusche ich mich da? Und ein Nicholas Sparks mag hier und da mal Häme kassieren, aber das ist doch nichts im Vergleich zu den Reaktionen auf Bücher wie 50 Shades of Grey, Twilight, Feuchtgebiete und die allgemeine Verortung von „seichter Frauenliteratur“ o.ä. Ich meine dabei dieses spezifisch-hämisch-nichternstnehmende-minderequalitätanprangernde und so, was bei „trivialer“ Frauenliteratur so schnell und umfassend kommt. Dass von Frauen geschriebene Pop-/Trivial-Literatur, die was mit Sex und Begehren usw. zu tun haben, außerdem öffentlich immer sofort in irgendwelche „Emanzipatorisch ja/nein“-Schubladen gesteckt und – insbesondere – in diesem Rahmen diskutiert werden, ist ja schon wieder eine Art der Rezeption, die bei von Männern geschrieben Büchern in diesen Themenfeldern zumindest nicht so reflexhaft-selbstverständlich kommt. Diese dann an vielen Stellen implizit oder explizit erhobene Forderung nach diesbezüglicher Selbstverortung der Autorinnen, der Maßstab des emanzipatorischen Anspruchs etc. sind doch schon Kategorien, die so an vergleichbare Männerliteratur schon gar nicht erhoben werden. Dass da unfassbar viel Bullshit bei rumkommt, ist klar – und angesichts der Enstehung und Verortung des Buches auch nicht weiter verwunderlich. Aber das ausgerechnet hier sio dezidiert zu kritisieren uns auseinanderzunehmen und an Maßstäben zu messen, an denen zig andere Werke auch failen (obwohl das u.U. noch nichtmal die Maßstäbe der Autorin selbst sind, sondern nachträglich hineingelegte, weil Frau+Sex=muss ja was mit emanzipatorischem Anspruch zu tun haben) – das löst eben dieses Unwohlsein aus. Damit meine ich jetzt gar nicht, dass DU das so spezifisch gemacht hast oder der Blog oben oder so, sondern dass das eben oft der „Grundton“ ist, der solche Debatten dann strukturiert. Und das finde ich eben – neben der in meinen Augen Überbetonung von „das ist schlecht geschrieben“ – nach wie vor unbefriedigend. Ist jetzt alles etwas Rundumschlag-mäßig und nicht zu tausend Prozent ausgegoren, aber besser kann ichs grad nicht auf den Punkt bringen, glaub ich – sind halt noch „thoughts under construction“… :)
Ja, verstehe total was Du meinst, mittlerweile sehe ich das auch so, dass wahrscheinlich eher mein Ärger über die Rezeption überwiegt was sich wiederum auf James überträgt.
Feuchtgebiete/Mandel/Dings-Reflex halt. Ich glaub das Schwierige ist dieses Zwei-Ebeben-Dings: Einerseits Literatur die irgendwie eher so „hm“ ist (wobei, was erwartet mensch halt von Trivialem), und der „kritischen“ Rezeption. Hand auf`s Herz, auf James stößt mensch wegen des ganzen Hypes – wäre das nicht, würde sich über die Inhalte nicht so aufgeregt. Auch eine Charlotte Link wird jetzt nicht so mega-auseinander genommen – trotz Top-Selling. Muss das aber alles nochmal weiter denken. Mal schauen ob mir noch was einfällt dazu… :)
@Betti:
Aber kurz nochmal, ich glaube, ich weiß welche Ambivalenz Du meinst, und vielleicht ist das Ganze ein Zusatzfass? Vorab möchte ich sagen, dass die letzten Jahre was den trivialliterarischen Massenhype betrifft vor allem Meyer und nun eben James den goldenen Löffel in der Hand haben – aber auch das sollte mensch wahrscheinlich nicht unhinterfragt hinnehmen. Warum haben die Frauen immer ein Abonnement auf das Triviale, während den Männern große Literatur zugetraut wird?
Wenn ich mir also mal grob den Literaturbetrieb angucke und ein paar Spiegelbilder zeichne (Richard Ford vs Annie Proulx = beide Pulitzer-gekrönt, aber Ford wird dann doch eher als Godfather der amerikanischen Erzählung angebetet / Paul Auster vs Siri Hustvedt = da finde ich persönlich, sie toppt ihren Mann um Läääängen, bekommt aber nicht wirklich den „intellectual“-bonus so wie Auster ihn bekommt, obwohl sie ihn eher verdient hätte / Stephen King (den ich sehr schätze), dem aber (nicht wie bspw. einer Anne Rice) immer wieder der „genius-obschon-massenkompatibel“-Status aufgeklebt wird / Michael Chabon, der Alltagssgeschichten zeichnet wie sie auch Anne Tyler hinbekommt, aber er ist natürlich immer „der neue Salinger“ und und. Da ist irgendwie ganz viel (verständlicherweise) nicht im Lot, aber wie gesagt, ich denke nochmal genauer nach. (Verständlicherweise, weil, weibliche Abwertung.) Erstmal.
Wenn das Buch tatsächlich reaktionärer Scheiß ist, muss man das auch so sagen. Is doch wie bei Kristina Schröder: Wenn die sexistisch angegriffen wird, muss man das kritisieren. Das hindert eine_n aber nicht daran, zu sagen, dass sie reaktionären Scheiß macht.
Die Frage warum so ein heftiger Widerstand bei einer Frau kommt, obwohl Männer auch sowas schreiben….
da würde ich mal einwerfen, dass sich dann viele, viele Männer darauf berufen, dass es ja die XX gibt, die geschrieben hat, dass Frauen das ja eh alle wollen und bla blabla. Und weils ne Frau geschrieben hat, weiß die doch, was alle Frauen wollen. Und deshalb ist jene und diese Verhaltensweise (und/oder Denkweise) über Frauen eh richtig.
Und das kotzt an!!
Und nochwas: ich finds gut und richtig, dass gerade Hypes, oder Massenverkäufe (wie mensch es auch immer bezeichnen mag) so auseinander gepflückt und durchleuchtet werden. Denn durch die ganze Euphorie schaltet sich leider bei sehr vielen Menschen der Verstand ganz schnell aus…
@ Nadia
Falls Du grad einer einer Sammlung arbeitest und das irgendwann nochmal vertieft ausarbeiten willst oder so… :) – Ein weiteres Beispiel, was mir hier spontan einfällt, wären Jonathan Safran Foer und Nicole Krauss.
@ Betti
„Also ja, vermutlich ist das nicht besonders gut geschrieben (habs nicht gelesen, werds nicht lesen). Aber das sind tausende von Büchern vergleichbaren Inhalts, die von Männern für Männer geschrieben werden auch nicht. Und da wird nicht so gehässig und allumfassend und öffentlich und von allen Seiten draufgehauen, wie derzeit bei 50 Shades of Grey.“
Da wird diese Art von Trivialliteratur auch als das bezeichnet und verkauft, was sie ist (und wenn es sein muß, auch unter FSK18), und nicht als „Romantische Liebesgeschichte“ verfärbt.
Und in einem Spiegel-Online-Artikel wird „Shades of Grey“ als „superliberales, feministisches Werk“[1] bezeichnet… Zwar handelt es sich dabei um eine „Satire“, aber ich befürchte fast, die Bezeichnung war nicht sarkastisch gemeint…
[1]http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/satire-zum-sm-buch-shades-of-grey-a-844199.html
Kann die Ambivalenz objektiv nachvollziehen, stimme aber auch zu, dass man das Kind beim Namen nennen muss (nämlich reaktionär und sexistisch).
Und wenn im Artikel der Berliner Zeitung am Ende gesagt wird, dass der Umgang der Protagonisten miteinander beispielhaft sein soll, wie Beziehung der Neuzeit funktionieren:
„Diese Augenhöhe kann nach und nach nur durch eins hergestellt werden: durch Liebe.
So ist dieses fürchterlich schlechte Buch am Ende kein Porno, kein Skandal, es ist: moralisch auf der Höhe der Zeit. Mit „Fifty Shades of Grey“ lernt der Mainstream von der Subkultur, wie es doch noch klappen könnte.“ Dann kann ich nur sagen: hoffentlich nicht!
Denn hier wird überhaupt nichts ausgehandelt, hier tut eine vollkommen abhängige, nicht selbständig denkende Frau alles, um den Mann, von dem sie denkt, dass sie ihn liebt (nachdem sie ihn erst ein paar Wochen bzw. Monate kennt und er ihr allererster Freund war), durch Auslebung sexueller Fantasien, die sie weder genießt noch erfahrungsmäßig richtig erfassen kann, an sich zu binden. Daran ist so viel falsch und nicht nachahmungswürdig, dass es gar nicht in so einen Kommentar passt.
Zumindest aus meiner Sicht hätte es eine ganze Menge Möglichkeiten gegeben, diesen Roman so zu schreiben, dass mir nicht übel wird wenn ich an die Implikationen der Handlungsweisen der Romanfiguren und der Stereotypen denke (nicht nur emanzipatorisch, sondern z.B. auch im Hinblick auf BDSM).
Und zum Thema Ambivalenz: es ist nun mal so dass wenn Frauen für Frauen schreiben vielleicht auch die Identifikation höher ist, von vornherein, und die Bereitschaft das, was diese andere Frau geschrieben hat, als richtig und vorbildlich zu akzeptieren. (Nur so eine Idee). Und wenn dann daraufhin so etwas folgt, dann finde ich das gefährlicher als wenn man einen Roman liest, von dem man im Vornherein nichts anderes erwartet. Mal ganz platt gesagt.
Und mal von der frauenrechtlichen Seite mal ganz abgesehen: wenn ein Roman als „ganz toll“ verkauft wird und dann einfach nur grauenhaft geschrieben ist, voll von Rechtschreibfehlern und fragwürdiger Grammatik (habe Schundromane gelesen, die besser geschrieben waren), dann verdient er auch einfach, auf die Mütze zu kriegen. Weiß nicht, wenn der Roman irgendwie gut geschrieben wäre, vielleicht wäre dann die Gehässigkeit auch nicht ganz so groß….
Was ich an dem Thema am spannendsten finde ist hier leider noch gar nicht diskutiert worden, die Entstehungsgeschichte.
Da setzt sich eine Frau alleine vor den Rechner, tippt einen ganzen „Roman“ und veröffentlicht den als Serie im Netz. Daraufhin lesen tausende von Menschen den Text und empfehlen den immer weiter, was noch mehr Menschen anzieht.
Dann wird das Ding zu einem so großen Erfolg das schnell die Namen und teile der Handlungen ausgetauscht werden um die Herkunft nicht ganz so deutlich zu machen und das Ganze geht in den Druck und wird ein kommerzieller Erfolg.
Daher finde ich so manche Kritik hier etwas schwierig, es war ja nie als großes Werk geplant, sondern stellt die Phantasie der Autorin da (die ja auch zugegeben hat überhaupt keine Ahnung von der Materie BDSM zu haben).
Einen Vergleich mit Menschen die mit schreiben ihren Lebensunterhalt verdienen finde ich da schon etwas unfair und könnte alle Menschen die so etwas ähnliches machen wollen (oder auch nur davon träumen) davon abhalten. Das fände ich sehr schade (auch wenn ich das Buch nie lesen werde)
Also aus Recherchezwecken und um auf meinem Blog fundierter dazu Stellung zu nehmen, habe ich heute angefangen, es zu lesen.
So leid es mir (für mich selbst vor allen Dingen) tut: Da ich mit den Highlander-Romanen von Diana Gabaldon erwachsen geworden bin, kann ich mich dem Sog nicht so sehr entziehen, wie ich gerne wollte.
Die Vergleiche mit Twighlight finde ich auch sehr nachvollziehbar: Absolut charismatischer, übermännlicher, übermenschlicher, kontrollbesessener, perfekter, in den Bann ziehender Typ, tollpatschiges, durchschnittliches (aber offenbar sehr intelligentes) Mädchen.
Allerdings bahnt sich mehr Sex an. Das finde ich gut. Ich bleibe gespannt und werde mich für meine Leserschaft aufopfern. ;)
ich weiß gar nicht was an dem Buch so sein soll, dassman drüber reden muß.
Anne Desclose hat 1954 die Geschichte der O geschrieben, DAS Werk in der SM Szene.
Das sich Frauen unterwerfen ist quasi das „klassische“ Klischee, es gibt aber auch genug Männer, die sich unterwerfen wollen in der SM-Szene und das ist ja noch ein größeres Tabu in der Gesellschaft.
Hallo,
da ich diese Woche ein Referat über Shades of Grey mit einer Freundin halten muss, bräuchte ich Details und Informationen der Textgattung und der Rezeptionsgeschichte.
Irgendjemand eine Idee wo ich dies finden kann??