Am 7. Februar 1971 – heute vor 40 Jahren – sprach sich rund 66% der stimmberechtigten Männer in der Schweiz für das Frauenwahlrecht auf Bundesebene aus. Die Schweiz war damit das vorletzte Land in Europa, welches Frauen die politische Mitbestimmung gewährte (in Liechtenstein wurde das Frauenwahlrecht erst 1984 eingeführt). Am 16. März 1971 wurde das Stimmrecht für die Schweizerinnen wirksam.
DieStandard.at berichtet:
In den Kantonen waren die Frauen zum Teil schon früher stimm- und wahlberechtigt – so etwa in der Waadt und in Neuenburg (1959) oder in Genf (1960) und Basel-Stadt (1966). Die meisten Kantone führten das Frauenstimmrecht erst nach 1971 ein. Der Kanton Appenzell Innerrhoden musste 1990 vom Bundesgericht dazu gezwungen werden.
Die Sueddeutsche erklärt, warum die Schweiz so lange brauchte, um das Frauenwahlrecht auf Bundesebene einzuführen:
Dass ausgerechnet eine der ersten Demokratien so lange gebraucht hat, um ihren Bürgerinnen das Wahlrecht zu gewähren, liegt am politischen System der Schweiz: Fragen, die die Bundesverfassung betreffen, müssen vom Volk entschieden werden – in Fall des Frauenwahlrechts also von Männern. Obwohl laut Artikel 1 der Schweizer Bundesverfassung schon seit 1848 alle Schweizer vor dem Gesetz gleich sind, war das Wahlrecht in vielen Kantonen an Artikel 18 – „Jeder Schweizer ist wehrpflichtig“ – geknüpft.
In einem Beitrag der oe1.ORF berichtet Carola Schneider, dass der politischen Gleichberechtigung der Frauen ein jahrzehntelanger Kampf vorausgegangen war. So zogen Frauenorganisationen in Protestmärschen in die Bundeshauptstadt Bern und demonstrierten für politische Gleichberechtigung. Der Widerstand der Schweizer Wähler war dennoch groß:
Zuletzt lehnten 1959 zwei Drittel der stimmberechtigten Männer an der Urne das Frauenstimmrecht ab. So meinte ein Mann in einer Umfrage des Schweizer Fernsehens, dass Frauen ihren Platz im Haushalt und in der Armenpflege hätten, nicht aber in der Politik. Auch seine Ehefrau betonte, eine Frau gehöre in die Küche und in den Haushalt.
Eine Bildstrecke zum Thema: 40 Jahre Frauenstimmrecht in der Schweiz (nzz.ch).
Schon traurig, irgendwie.. in der Süddeutschen las ich noch dazu:
„Während Frauen heute in der Schweiz wie in den europäischen Nachbarländern für eine Frauenquote in der Wirtschaft, gleiche Bezahlung und eine bessere Kinderbetreuung streiten, wehrt sich eine neue Bewegung gegen die „Benachteiligung der Männer“. Der 2010 gegründete „Verein Antifeministen“ kritisiert das „destruktive Anspruchsverhalten“ von Frauen und will Gleichstellungsbüros schließen lassen. Jüngst kündigte er an, die geheimen Adressen aller Schweizer Frauenhäuser im Internet zu veröffentlichen, da diese Frauen in Scheidungsverfahren Vorteile gegenüber ihren Männern verschaffen würden.“
[….]
„Bis wirklich alle Schweizerinnen wählen durften, vergingen nach der Volksabstimmung übrigens noch einmal 19 Jahre. Im Kanton Appenzell Innerrhoden sind Frauen erst seit November 1990 wahlberechtigt. Diesmal entschied nicht das Volk, sondern das Schweizer Bundesgericht – gegen den Willen der Stimmbürger.“
(http://tinyurl.com/5u9qdab)
Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll.
„Die Macht der Männer war die Geduld der Frauen“ muss man da wohl sagen… Und falls es euch interessiert, empfehlen wir folgendes Heft, das einen guten Überblick über dieses unrühmliche Kapitel der Schweizer Geschichte liefert (insbes. S. 3 und 4 gehen auf die oben aufgeworfenen Fragen ein): http://www.izfg.unibe.ch/content/aktuell/zeitschrift_genderstudies/index_ger.html
Und: nicht weinen, Ninette, wir tun hier unser Bestes, denn unsere Geduld ist schon lange zu Ende ;-)
Liebe Grüsse aus der Schweiz!