Ein Gespräch mit den Macher_innen des Künstler_innen-Kollektivs COVEN Berlin über ihre letzte Ausstellung und ihre allgemeinen Ansätze, sowie welche Möglichkeiten Kunst bietet.
Ihr habt euch als Kollektiv im letzten Jahr zusammengefunden. Wie seid ihr auf die Idee gekommen? Wie haben die einzelnen Personen dazu gefunden? Und warum findet ihr es wichtig als Kollektiv zu arbeiten?
COVEN Berlin wurde in der Küche der Gründerinnen Lo Pecado und Judy Mièl ins Leben gerufen. Nach monatelangem Reden, Lästern, Lachen und Philosophieren über das Erwachsenwerden als queere Frauen in einer patriarchalen, hetero-normativen Gesellschaft wollten wir unsere Erfahrungen teilen, den Küchentisch verlassen und uns in die öffentliche Sphäre wagen. Was zunächst als Blog begann, entwickelte sich zu einem Online-Magazin, einem Kollektiv aus Menschen mit verschiedenen Herkünften, Hintergründen und Fachkenntnissen. Zum einen kamen diese aus unseren Freund_innenkreisen, zum anderen hatten wir online zur Kooperation mit COVEN Berlin aufgerufen. Wir wurden überrascht wie viele interessante und motivierte Leute sich tatsächlich gemeldet hatten. Als wir am Anfang noch zu zweit waren, hatten wir mit Lo den theoretischen, journalistischen und inhaltlichen Teil und mit Judy den kreativen, visuellen Teil kombiniert, jedoch aufgrund des zeitlichen Aufwands eines Online-Magazins lange nicht abgedeckt. Jetzt sind wir ein multi-mediales Kollektiv, eine Gruppe von ‚Feminist Conqueerors‘.
Wie kann ich mir die Kooperation und Zusammenarbeit im Kollektiv vorstellen?
COVEN Berlin ist eine (Online-)Plattform mit flachen Hierarchien, welches Vielfältigkeit als Leitmotiv trägt. Jede Meinung, Geschichte und Perspektive zählt. Wir wollen unseren festen, sowie auch temporären Teammitgliedern und Beitragenden einen offenen Raum anbieten um einen multidirektionalen Dialog zu führen und sich mit Worten und Bildern jeglicher Form auszudrücken. Unsere Hauptintention ist es, persönliche Erfahrungen, Gedanken und Reflexionen zu Gender und Sexualität zu teilen. Da COVEN Berlin Menschen mit verschiedenen soziokulturellen Hintergründen verbindet, stimmen nicht unbedingt alle Meinungen überein, was wir jedoch ausschließlich als Bereicherung für das Kollektiv verstehen.
Eure letzte Ausstellung hieß „FEMINIST CONQUEERORS: A PLAYGROUND“. Was war die Idee dahinter? Was sollten Besucher_innen mitnehmen?
Unsere Ausstellung war keine gewöhnlich Kunstausstellung. Wir lehnen den Elitismus in Kunst ab. Die Besucher_innen mussten Lust zum Spielen, Entdecken und Kreieren mitbringen. Wir wollten uns entfernen vom Einzelgänger_innentum – ein_e Künstler_in, ein Genie. Für uns war es am wichtigsten, dass die Leute mitmachen und sich Fragen stellen können. Unsere Kunstprinzipien basieren auf Prinzipien des DIY (Do It Yourself) und unser Ziel war und ist es, offene Räume zu „erobern“ um Diskussionen über Feminismus unter Menschen, die sich nicht unbedingt damit beschäftigen, zu fördern. In diesem Fall war es Galerieraum Kleiner Salon in Kreuzberg.
Ist das Konzept aufgegangen? Wie waren die Reaktionen der Besucher_innen?
Die Reaktionen unserer Besucher_innen waren sehr positiv und motivierend. Alle Spiel-Stationen waren stets belegt und abends war der Raum immer gefüllt mit neugierigen und interessanten Menschen. Einige sind nicht nur einmal, sondern zwei-, drei- oder viermal vorbeigekommen, um bei den verschiedenen Events, die wir für jeden Abend organisiert hatten, mitzumachen, zuzuhören- und zuzusehen.
Auf eurer Webseite schreibt ihr „Feminism is more often than not considered either obsolete, time wasting or elitist, and associated with angry, humorless and dry female activists or intellectuals.“. Ist aber eine Abgrenzung von diesen Stereotypen nicht auch gefährlich?
Diese Zeile ist als Teil der Programmbeschreibung unserer letzte Ausstellung zu verstehen, nicht aber als Aussage, welche die Anschauungen des Kollektivs vertritt. Die Problematik dahinter ist uns durchaus bewusst und wir wollten uns auf keinen Fall von diesem Stereotyp distanzieren. Natürlich sind auch wir oft genug ‚angry‘ über so manche gesellschaftliche Zustände. Einige unserer Kollektiv-Mitglieder kommen von einem akademischen, eher trockenen Hintergrund, welcher von uns auf keinen Fall abgelehnt wird, jedoch nicht das Leitmotiv unserer Ausstellung Feminist Conqueerors: A Playground sein sollte. Ein spielerischer Umgang mit den Themenschwerpunkten hatte für uns Priorität, da solch eine Repräsentation von Feminismus in den Medien kaum zu finden ist.
In eurer Ausstellung/ dem Programm beschäftigtet ihr euch mit Körpern, Sexualität, postkolonialen Theorien und mehr. Welche Ansätze sind euch allgemein wichtig?
Das breite Programm unserer Ausstellung ist repräsentativ für unsere Fokusse im Allgemeinen. Wir arbeiten transdisziplinär mit Gender(-Identität), Sexualität, Alter, Race, Klasse und Herkunft. Ich würde sagen wir arbeiten mit Ansätzen aus der Queer Theorie und postkolonialen Feminismus.
Welche Möglichkeiten bieten euch künstlerische Ausdrucksformen (im Gegensatz zum Beispiel zu wissenschaftlichen Texten oder auch Blogposts)?
Die Ausstellung bedeutete sowohl die Möglichkeit die virtuelle Welt zu verlassen und aktiv mit den Leuten zu interagieren, als auch konkretes Feedback zu erhalten. Lo schreibt momentan ihre Dissertation in Gender Studies, daher setzen wir uns auch wissenschaftlich mit der Materie auseinander. Aber durch unsere künstlerische Arbeit können wir Menschen adressieren, die keinen theoretischen Zugang zum Thema Feminismus oder Queer Theorie haben und können so andere, neue Wege und Zugänge schaffen. Es ist eine Art performativer Aktivismus. Wir wollen eher Fragestellungen anregen, als Antworten zu diktieren.
Was plant ihr als nächstes? Was läuft gerade noch?
Konstant haben wir unser Online-Magazin, welches, so oft es uns möglich ist, mit neuen Beiträgen gefüttert wird. So wie es bisher aussieht, werden wir (dank unserer erfolgreichen Ausstellung) ein- bis zweimal pro Monat einen Raum haben, in dem wir Events veranstalten können. Das Was und Wie steht noch nicht fest, man darf aber gespannt sein :-)
Gibt es etwas, was ihr anderen Feminist_innen empfehlen würdet, die auch Kunst machen wollen?
Einfach machen! Es macht Spaß und es gibt viele Online-Plattformen und Communities, die feministische Kunst unterstützen – eine tolle Art und Weise neue Kontakte mit Menschen zu schließen und sich kreativ zu engagieren und auszutoben.
Fotos zur Ausstellung „Feminist Conqueeros: A Playground“ gibt es bei Facebook.