In dem US-amerikanischen Projekt Drawings of Scientists zeichnen Siebtklässler_innen Bilder von Wissenschaftler_innen vor und nach dem Besuch des Fermilabs, eines Forschungszentrums für Teilchenphysik. Außerdem beschreiben sie ihre Erwartungen, bzw. ihr Einstellung nach dem Besuch.
So beschrieben viel mehr Kinder Wissenschaftler_innen als „normale Personen” nach dem Besuch und die Anzahl der Laborkittel verringerte sich gewaltig. Außerdem gab es noch einen weiteren Effekt, berichtete das Blog Restructure!:
- Among girls (14 in total), 36% portrayed a female scientist in the “before” drawing, and 57% portrayed a female scientist in the “after” drawing.
- Among boys (17 in total), 100% portrayed a male scientist in the “before” drawing, and 100% portrayed a male scientist in the “after” drawing.
Unter den Mädchen erhöhte sich der Anteil der gezeichneten Wissenschaftlerinnen von rund einem Drittel auf über die Hälfte aller Zeichnungen. Die Jungen zeichneten durchweg Wissenschaftler, vorher wie nachher. Diese (unwissenschaftlichen) Ergebnisse decken sich mit denen einer britisch-australischen Studie, die Sechs- bis Achtjährige untersuchte. Auch dort zeichneten Jungen niemals Wissenschaftlerinnen, Mädchen äußerst selten und bei die meisten Kinder zeichneten Weiße, selbst wenn sie es selbst nicht waren.
Ob das Bild des weißen, etwas älteren, verrückten Wissenschaftlers tatsächlich Auswirkungen hat auf das Interesse von Kindern an der Wissenschaft, bleibt erstmal ungeklärt. Auch ob die Kinder sich tatsächlich niemand anderes darunter vorstellen oder bewußt auf das Klischee zurückgreifen ist umstritten. Ein spannendes Experiment schlägt Geek Feminism-Kommentator_in maggie vor:
I suspect that if they were asked to draw a nurse, the boys would all draw females. It would be interesting to see if they took a field trip to a hospital with a lot of male nurses working, if they would continue to draw the nurse as female.
Auf Deutsch: Ich denke, dass die Jungen alle Frauen zeichnen würden, wenn sie gebeten werden, Krankenschwestern zu zeichnen. Es wäre interessant zu sehen, ob sie weiterhin Frauen zeichnen, wenn sie ein Krankenhaus besucht haben, in dem eine Menge männlicher Krankenpfleger arbeiten.
Coole Aktion!
Mich würde ja interessieren ob das neuegewonne, positive Bild von WissenschaftlerInnen jetzt auch längerfristig „haften“ bleibt, oder ob das durch die negativen Bilder in der weiteren (Medien)Umwelt der Kinder mit der Zeit wieder verblasst.
ehrlich gesagt glaube ich ja, dass jenes ’neugewonnene‘ Bild von Wissenschaftlerinnen am CERN nicht ganz durch die dortige Realitaet induziert worden sein kann, wenn ich mich an mein Studium erinnere waren nur die (theoretischen) Teilchenphysik-Vorlesungen noch Frauen-aermer als die Mathematik-Vorlesungen, ich erinnere mich noch mit Grauen an eine HEP-VL an der Humboldt-Uni als der dortige maennliche HEP-Ober-Zampano vor wirklich einem Raum von 25 maennlichen Physikern, von denen noch dazu jeder einzelne ein furchtbares Klischee vom maennlichen Physiker-Dasein erfuellte, eine furchtbar schlechte, und ich meine wirklich aesthetisch und mathematisch haessliche Vorlesung hielt, ich war nur ein einziges mal dort und fluechtete mich in die Mathematik, in der der Frauenanteil auf Professorinnen-Level ja immerhin schon fast 10% betraegt, in Deutschland, vor fuenfzehn Jahren noch lag er unter 2 %.
Am CERN koennte den Anteil der weiblichen Physikerinnen eine gewisse Internationaliaet erhoehen, denn in Suedeuropa, mit Einschraekungen den USA, Suedamerika, Asien und in vielen muslimischen Laendern (!) sind Physik und Mathe unter Frauen ungleich populaerer als in Mittel- und Nordeuropa, trotzdem ist es vielsagend, dass man in solchen
(Link)
Berichten die wirklichen, harten Zahlen ueber den Frauenanteil im Kontext geflissentlich verschweigt, ws ziemlich viel dazu beitraegt, gerade im achso emanzipierten ‚Westen‘ die Illusion zu erzeugen, es waere schon alles erreicht fuer die Frauen in Mathematik und Physik.
aber was rede ich da von der deutschen Mathematik: dass drei oder vier von dreissig Mathematik-DozentInnen an der HU weiblich sind, heisst ja nicht, dass sich die weiblichen Studentinnen und Promovendinnnen nicht immer ganz hinten anstellten, dass sie in den Seminaren wirklich buchstaeblich mit gebeugtem Ruecken sitzen, dass es ihre maennlichen Alterskollegen sind, die permanent, entschuldigt, wirklich goettlich unqualifiziert das Maul aufreissen muessen, dass Leute wie mein Zweitkorrektor noch Mathematikerinnen aus Harvard versuchen, bei deren Vortraegen von oben herab zu behandeln (gluecklicherweise mit entsprechendem Echo, in diesem Falle), dass Frauen auf ausgewaehlten ‚inoffiziell fuer Frauen‘ vorgesehenen C3-Stellen von Maennern gegeneinander ausgespielt werden, dass Frauen trotz herausragender Habilitation und Gerhard-Hess-Preisen am Ende auf Bibliothekarinnen-Stellen sitzenbleiben (nach dem Mutterurlaub etc.), dass regelmaessig Frauen teilweise jahrelang ihre Promotion wegen ihrer Mutterschaft unterbrechen, aber niemals Maenner wegen ihrer Vaterschaft, dass ich noch vor fuenf Jahren mit einer mehrfachen Goldmedaillen-Gewinnerin der deutschen Mathematik-Olympiade eine Diskussion darueber hatte, warum ich ihre revolutionaere Idee, als Mathe-Lehrerin an ein Gymnasium zu gehen, angesichts ihrer Begabungen doch fuer sehr zweifelhaft halte (sie promoviert inzwischen, Gott sei dank), dass nicht EINE EINZIGE FRAU bisher den hoechsten Preis der Mathematik, die Fields-Medaille erhielt, aber diese Auflistung liesse sich ja beliebig lang fortsetzen.
Äh, Andreas, die Kinder waren am Fermilab zu Besuch, nicht am CERN… Aber auch am CERN gibt es mittlerweile ein paar Physikerinnen.
Und diesen stereotypen Kram, den du über die Hochenergiephysiker schreibst, kann ich nun wirklich nicht so stehenlassen, ich kenne sehr viele experimentelle HochenergiephysikerInnen und die sind auch nicht spezieller als IngenieurInnen, BWLerInnen oder JuristInnen. Ich finde sie im Gegenteil sehr viel individueller als viele andere Menschen.
Am DESY (Hochenergiephysiklabor in Hamburg) werden die Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppen zu 50% von Frauen geleitet, was bei einem Frauenanteil unter den Physikstudierenden in Deutschland von max. 20% durchaus bemerkenswert ist. Und ich habe von noch keinem männlichen Physiker, der dort arbeitet, gehört, dass das ein reines Quotenphänomen sei, sondern die Nachwuchsgruppenleiterinnen sind durchweg sehr anerkannt.
Investmentbanker und Juristen sind viel chauvinistischer als Physiker und das bei einem Frauenanteil von über 50% unter den BWL- und Jurastudierenden!
Zu erst einmal zu der Studie. Sehr schönes Ergebnis, nicht nur, dass mehr Frauen gemalt wurden nach dem BEsuch des Fermilabs, sondern auch dass nicht mehr der Typus „irrer Wissenschaftler im Laborkittel“ gemalt wurde, finde ich sehr interessant.
@andreas
ZUm einen ist dein Kommentar irgendwie sehr sehr schwer verständlich. wenn du etwas weniger verschwurbelst schreiben könntest wäre ich dir sehr verbunden.
Jetzt zu deinem Inhalt:
Also vielleicht bin ich und alle meine Komilitoninnen ja nur seltsame Ausnahmen. Aber ja ich studiere Physik. Ja wir haben immerhin um die 20% Prozent Frauen, für eine TU wie Karlsruhe immerhin ein recht beachtlicher Schnitt. Ja ich kenne viele Physikstudentinnen denen Theoretische Physik sehr viel mehr Spaß macht als experimentelle Physik.
Und was du da für einen Quark über Mathe geschrieben hast kann ich gar nicht verstehen. Mathe hat zumindest bei uns einen Frauenanteil von fast 50%, das ist wirklich eines der Frauenfächer in Karlsruhe. Also ich bin der festen Überzeugung, dass Mathe nicht nur in Südeuropa und einigen muslimischen Ländern ein von Frauen beliebtes Fach ist. Es sei denn Baden gehört für dich schon zu Südeuropa.
Und was du beschrieben hast, dass Frauen sich nicht aktiv einbringen, kann ich zumindest was Vorlesungen und Tutorien und Praktika und alles was man halt so im Bachelor macht, überhaupt nicht bestätigen. Ach ja unsere Dozentin für Theoretische Quantenphysik deises Semester ist eine Frau. Soviel zum Thema Frauen interessiere keine Theoretische Physik.
Generell lässt sich eigentlich sagen, dass bei uns in Fachschaften und anderen Engagementmöglichkeiten Frauen, deutlich überrepräsentiert sind.
lg Hannah
@Andreas: Die Kinder waren in der Tat nicht im CERN sondern Fermilab und dort beträgt der Frauenanteil 40%.
huch, nun wird man also dafuer angegriffen, das Bild von Frauen in der Physik oder der Mathematik, vor allem in Europa, realistisch zu zeichnen. Zum Frauenanteil in der Mathematik vielleicht dies:
http://www.math.helsinki.fi/EWM/info/tilastot.html
Laut Grafik liegt der Frauenanteil unter deutschen MathematikerInnen auf ‚tenure track‘-level bei weniger als 4% 1996. 1987 lag der Frauenanteil unter deutschen MathematikerInnen bei 33% unter Studenten, 9% unter PhDs, 3% unter Berufsmathematikern auf Uni-Level, 1% unter ‚full professors‘. Natuerlich haben sich diese Zahlen absolut gesehen etwas verbessert seitdem, 45-50% unter Studenten halte ich fuer realistisch, aber warum sind es nach wie vor nur weniger als 10% unter ‚full professors‘, warum sind die Anteile in Suedeuropa, auch in der Tuerkei, zumindest im ‚Mittelbau‘ deutlich hoeher? Das ‚fortschrittliche‘ Schweden hat vor kurzem seine einzige Mathe-Professorin gefeuert, sie war Deutsche.
Ich weiss ehrlich gesagt nicht, wie genau die Zahlen in der Physik und in Deutchland aussehen, ich nehme an, sie liegen allenfalls leicht guenstiger, meine Erinnerung an den HEP-Kontext Ende der 90er an der Humboldt Uni Berlin sind furchtbar, aber in derTat gibt es dort inzwischen mit Johanna Erdmenger einen weiblich besetzten Lehrstuhl. Es ist auffaellig, dass die ‚es geht steil aufwaerts‘-Bekundungen hier von Studentinnen kommen, in deren unmittelbarem Umfeld die Verhaeltnise subjektiv ausgeglichener sind, ich erlebe es woechentlich sei mehr als acht Jahren, dass noch C3 und C4-Professorinnen von maennlichen Kollegen ‚belittled‘, also im aelltaeglichen Umgang dominiert werden, dass ein maennlicher PhD-Student ohne ein einziges research-paper in Forschungs-Seminaren *weitaus* selbstbewusster auftritt als Professorinnen mit mehr als 15 papern, dass, wie gesagt, mit Preisen ausgezeichnete weibliche PDs am Ende doch die Mathematik schmeissen muessen und in Bibliotheken enden, weil sie sich fuer die ‚Quotenstelle‘ erfolglos bewarben. Diese nach wie vor bestehende Dominanz von Maennern gilt fuer den Forschungslevel, das ist der Punkt, bei allem anderen stimme ich ja Hannah zu, aber Frauen muessen nach wie vor ungleich faehiger sein als Maenner um auf Forschungslevel gleiche Erfolge zu haben.
hier ein paper ueber Frauen in der Physik in den USA, ich denke Deutschland schneidet *ganz sicher* nicht besser ab, der Frauenanteil unter Bachelor-Absolventen ist 2006 etwa 21%, unter PhDs knapp ueber 15%, unter ‚full professors‘ 6%.
http://www.uswip.org/US_3IUPAP_FINAL-edited.pdf
Es ist aufffaellig, dass der Frauenanteil der ‚Assistant professors‘ nur leicht unter dem der PhDs liegt, naemlich bei 14-17%, waehrend er unter ‚full professors‘ steil absackt. Das ist der Grund warum bei euch am DESY, liehe Miriam, soviele Frauen unter ‚Nachwuchsgruppenleitern‘ sind, das ist die typische Art, Frauen gleichzeitig ‚herauszuheben‘ und abzuspeisen, oft jahrelang. Ich weiss ehrlich gesagt nicht, wie diese fermilab-Zahlen zustande kommen, sehe aber keinen Sinn darin den Anteil von Frauen in der Physik zu beschoenigen, wie das Beispiel Schweden zeigt, wo man sich offenbar im Gefuehl sonnt, bereits alles ode vieles fuer Frauen erreicht zu haben, bringt dieses ‚Hurra‘-Gefuehl jenseits der Fakten rein gar nichts.
..vielleicht noch zum Thema CERN:
http://cerncourier.com/cws/article/cern/30150
„Physics has always had a relatively low proportion of female students and researchers. In the EU there are on average 33% female PhD graduates in the physical sciences, while the percentage of female professors amounts to 9% (ECDGR 2006). At CERN the proportion is even less, with only 6.6% of the research staff in experimental and theoretical physics being women (Schinzel 2006). The fact that there is no proportional relationship between the number of PhD graduates and professors also suggests that women are less likely to succeed in an academic career than men.(..)
Other reports state that women do not succeed in physics because of prejudice, discrimination and unfriendly attitudes towards them. Studies have shown that women need to be twice as productive as men to be considered equally competent (Wennerås and Wold 1997). In fact both men and women rate men’s work higher than that of women (Goldberg 1968).“
@Andreas: Ich sehe gerade nicht ganz Deinen Punkt. Uns ist klar, dass der Anteil an Physikerinnen (bzw. Ingenieurinnen, Chemikerinnen…) allgemein niedrig ist. Wir haben darüber häufiger schon geschrieben und auch über Länder, in denen das nicht der Fall ist. So sehen deine Beiträge gerade sehr nach Mansplaining aus.
Am Fermilab wird bei der Einstellung anscheinend darauf geachtet, ein buntes Bild an Mitarbeiter_innen zu haben und dann auch bei Kindern aller Hautfarben und Geschlechter das Interesse an Wissenschaft zu wecken, bzw. ihnen Vorbilder zu geben. Darüberhinaus ist die Frage nach Männlichkeit als Standard und Weiblichkeit als Abweichung eine äußerst spannende.
Das ist auch der Punkt hier und da sollte die Diskussion hin zurückkehren.
Helga, weder haben die Vorredner offenbar eine klare Vorstellung von der Situation von Frauen in mathem. und physikalischer Forschung zum Ausdruck gebracht noch ist der angebliche Frauenanteil von 40% im Fermilab repraesentativ fuer die Physik NOCH, und jetzt kommen wir zum Thema, hat das fermilab wirklich diesen Frauenanteil, wenn ihr auf Luegen und Marketingabteilungen hineinfallen wollt, ist das eure Sache, noch im Oktober 2008 liest man uebers fermilab unter der Ueberschrift ‚fermi screws women‘:
http://violated.bravejournal.com/
„The report on the visit that the APS made to Fermilab back in May is now available. You can read the entire report here. They state that Fermi is hostile to women (not a news flash to women – or anyone who reads my blog, or Absinthe or Wake Up Physics) and under represented in women and minorities.“
ein Bericht wird zitiert mit:
„Status and Demographics
FNAL is the flagship American laboratory for high energy physics research. … Among the 367 physicists, associate scientists, and research associates on the FNAL staff on 12/31/2007 are 43 females (12%) and 70 minorities (19%), of whom only 15 (4%) are non-Asian. … FNAL certainly lags comparable institutions and higher education in its demographics today. We would like to stress that this slow growth demonstrates the need to do new things to achieve the goal of having a significant number of researchers who are minorities (and to increase the representation of women).(..)“
..iht solltet wirklich Leuten trauen, die persoenliche Erfahrungen im Kontext solcher Institutionen haben, selbst wenn sie ‚maennlich‘ sind..
@Andreas: Wir haben es nicht nötig, mit jedem Beitrag und jedem neuen Kommentar detailliert unser Wissen über die spezifische Situation oder gar die Welt im Allgemeinen zum Ausdruck zu bringen. Dass du erstmal davon ausgehst, wir hätten keine Ahnung spricht Bände, dass du es dann anscheinend als deine Aufgabe ansiehst uns aufzuklären und auch noch darauf beharrst es zu tun, ist anmaßend und fällt genau in die Definition eines Mansplainers.
Übers Fermilab gibt es eine Kontroverse – eine 100% tolle Firma/Arbeitsplatz gibt es derzeit auch nicht und solange es Rassismus, Sexismus etc in der Gesellschaft allgemein gibt, wirds das auch nicht geben. Darüber müssen wir hier keine Grundsatzdiskussion anfangen.
Hallo!
Auch am CERN hat es solche Aktionen gegeben:
Dessinez-me un physicien/nne:
http://cdsweb.cern.ch/journal/CERNBulletin/2010/06/News%20Articles/1237568?ln=en
Allerdings sollte man sich tataechlich ueber eines im Klaren sein: Den Maedchen wir bei solchen Aktionen oft bewusst auch eine weibliche Wissenschaftlerin vorgefuehrt (und das ist natuerlich auch gut und richtig so), weil man ihnen ein weibliches Vorbild geben will, aber auch weil man eher erwartet, dass die Frauen als „kommunikative Kanonen“ in solchen Situationen besser eingesetzt. Und frau macht sowas ja auch gerne… (Hat leider den Nachteil, dass man weniger Zeit fuer Forschung hat ;) – Jedenfalls kriegen die schon bewusst einen bestimmten Ausschnitt der Realitaet vorgefuehrt, aber es ist schoen zu sehen, dass es offensichtlich fruchtet!!!!
Ansonsten wuerde ich gerne daraufhinweisen, dass wenn in dem Wikipedia-Aritkel steht (auf den du dich berufst, Helga), steht, dass der Frauenanteil am Fermilab 40% ist, sich das auf die gesamte work force bezieht! d.h. zum grossen Teil Techniker, Sekretaerinnen, Kantinenpersonal. Die meisten Wissenschaftler am Fermilab (und am CERN) sind „user“, die von Universitaeten an das Labor abgeordnet werden, aber dort nicht angestellt sind. (ich glaube, am CERN sind vielleicht nur 10-20% aller Angestellten wissenschaftliches Personal…. )
Fuer die ATLAS-Kollaboration liegt der Frauenanteil bei 15.6% und das ist in der Tat sehr Laenderspezifisch (Deutschland und USA sind richtig schlecht, Spanien und Italien recht gut, weil dort die Bezahlung schlecht ist und der Job als Wissenschaftler/Professor nicht grade angesehen ist und es auch keine guten Stellen in der Wirtschaft fuer Physiker gibt…)
Hier eine detaillierte Aufschluesselung der Frauenanteile fuer ATLAS:
http://pauline.web.cern.ch/pauline/presentations/ATLAS-stats-May-2008-revised.pdf
Cheers
x
@Andreas:
Aber es wird wirklich langsam schon etwas besser…
auch wenn Slide 49 von diesem Vortrag
http://pauline.web.cern.ch/pauline/presentations/ICWES14-PaulineGagnon.pdf
immer noch ein ziemlich typisches Bild zeigt (naja vielleicht tatsaechlich sogar weniger Frauen als normalerweise…) ;)
Äh, Andreas, du tust zwar so, als wüsstest du bestens bescheid, aber das hier
lässt anderes vermuten…
So ziemlich JEDER Hochenergiephysiker, egal ob männlich oder weiblich, würde sich liebend gerne mit einer Nachwuchsgruppe „abspeisen“ lassen, das ist nämlich in Deutschland so ziemlich die einzige Möglichkeit mit Anfang dreißig eine tenure-track-Stelle zu bekommen in dem Feld. Noch dazu mit einer traumhaften Ausstattung, da wird jedeR JuniorprofessorIn neidisch!
Ich möchte gar nicht bestreiten, dass es in der Hochenergiephysik nach wie vor Strukturen gibt, die Frauen das Leben schwer machen, aber das Bild, was du zeichnest, Andreas, deckt sich einfach nicht mit dem, welches ich von der HEP-Community habe, sondern macht auf mich einen sehr stereotypen Eindruck. Alle experimentellen HochenergiephysikerInnen, die ich persönlich kenne, sind in Genderfragen sehr sensibilisiert und legen sehr viel Wert darauf, dass der weibliche Nachwuchs gefördert wird. Solange aber noch so Personen wie Ralf Eichler was zu sagen haben, wird es strukturelle Diskriminierung in der HEP geben, das bestreite ich gar nicht. Allerdings ist das weniger auf direkte Frauenfeindlichkeit zurückzuführen als vielmehr auf die familienunfreundlichen Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft. WÄhrend andere Menschen mit Anfang 30 seit 5 Jahren einen festen Job haben und sich relativ gelassen an die Familienplanung machen können, hangeln sich junge NachwuchswissenschaftlerInnen in dem Alter von einer 2-Jahresstelle zur nächsten, was gerne auch mit interkontinentalen Umzügen verbunden ist. Ich kenne einige Männer, die die Familiengründung angegangen sind, nachdem sie eine feste Stelle hatten, das ist für Frauen nur leider aus biologischen Gründen zu spät…
äh Miriam, mich wuerde interessieren, ob du selbst als Frau in der Naturwissenschaft oder Mathematik, sei es die HEP, (forschend) taetig bist, das wuerde mich in der Tat interessieren.
ich finde, und genau darum ging es mir wesentlich, es koennte an dieser Stelle einmal nuechtern eingestanden werden von deutscher Seite, ob ‚maennlich oder weiblich‘, dass es noch andere Gruende dafuer gibt, dass in jener Studie zum atlas-projekt es gerade die ‚rueckstaendigen‘ Nationen sind, die die (teilweise weit) ueberdurchschnittliche Anteile von weiblichen Physikerinnen involvieren, das sind also Rumaenien, die Tuerkei, Polen, Griechenland, Spanien, Italien, abgesehen von Frankreich; wenn ich x’s Argument richtig verstehe, liegt das primaer daran, dass in diesen Laendern der finanzielle Anreiz, PhysikerIn zu sein, niedrig ist und die Physik daher ungemein die Frauen anzieht, weil diese ob ihrer schlechten Qualifikation froh sind, ueberhaupt einen Job in der Physik oder der Wirtschaft zu finden und dort dem Wettbewerb durch die Maenner schwaecher ausgesetzt sind, verstehe ich das richtig? Aber dass es evtl. weitaus effektivere Foerderprogramme in diesen Laendern und vor allem einen motivierenden kulturellen Humus geben koennte, der Frauen ermutigt, das ist undenkbar.
Die Wirklichkeit ist doch jene, das ist mir schon seit 15 Jahren klar: in Sued(ost)europa, Frankreich etc,. ist nicht nur der Frauenanteil in der Mathem/Physik weitaus hoeher, es ist eine voellig Klientel, die sich fuer solche Faecher interessiert, Physik und Mathe sind hip, sexy, aufregend, avantgarde, die Leute sind kreativ und gehen sogar mal ins Theater und gehen nicht nur dann ins Kino, wenn ’23‘ laeuft. Es hat schon seinen Grund, dass es etwa keine langweiligere Veranstaltung gibt als die jaehrliche Tagung der deutschen Mathematiker, man kann dort tagelang sitzen, ohne einen einzigen visionaeren Vortrag zu hoeren, wenn man es schafft, solange wach zu bleiben, natuerlich. Aber warum ist all das so.
äh Miriam, was ich noch zur vereinfachenden Verdeutlichung sagen wollte: mein ’stereotypes‘ Bild von der sehr ‚individuellen‘ HEP bezieht sich primaer darauf, dass 12-15% Frauenanteil noch immer bedeuten, dass 85-88% aller in einem gegebenen Raum sitzenden Leute maennlich sind, ich habe an irgendeinem Punkt meines Lebens beschlossen, das als die reine Hoelle anzusehen, auch wenn das nun purer Essentialismus ist, das ist die Wahrheit.
Andreas, ich glaube, das ist der Punkt:
Deshalb hast du der Physik den Rücken gekehrt und beschreibst hier ein Bild, das du vor 15 Jahren vorgefunden hast.
Wie gesagt, ich behaupte ja gar nicht, dass die HEP das Paradies der Gleichstellung ist, aber es ist nicht dieser frauenfeindliche Haufen, den du da beschreibst. Auch in einer Berufsgruppe, in der es 50% oder mehr Frauen gibt, kann es sehr chauvinistische Strukturen geben. Weiter oben habe ich bereits schonmal darauf hingewiesen, dass es bei den Juristen meiner Meinung nach deutlich frauenfeindlicher zugeht als unter Ingenieuren oder Naturwissenschaftlern.
Und was mich auch immer wieder wundert: Managementaufgaben in Krankenhäusern, Pflegeheimen, KiTas,… sind auffallend oft mit Männern besetzt, obwohl das Personal solcher Einrichtungen überwiegend weiblich ist.
Nur mit dem Frauenanteil als Indiz für frauenfeindliche Strukturen zu argumentieren halte ich deshalb für sehr naiv.
[ironie]Nee, ich bin Sekretärin am DESY und mein Chef diktiert mir, was ich hier schreiben soll… [/ironie]
Hm, also das wuerde ich nun nicht unterschreiben….
Je „hoeher“ ich aufgestiegen bin, desto weniger traf dies zu (am ALLERSCHLIMMSTEN was es in den ersten Semestern). Das einzige Problem ist irgendwann, dass die Leute nur noch relativ wenig Zeit haben….
Und ich glaube auch nicht, dass es nur an mangelndem Prestige etc. liegt, dass es in Italien/Spanien mehr weibliche Physikerinnen gibt — dort gibt es zum Beispiel *nicht* das Bild, dass das eh viel zu schwer fuer Maedchen ist (hab mich mal mit HEP-Spaniern drueber unterhalten, die waren voellig verbluefft und irritiert, dass Mathe/Physik nix fuer Maedels sein sollte).
„Nur mit dem Frauenanteil als Indiz für frauenfeindliche Strukturen zu argumentieren halte ich deshalb für sehr naiv.“
Miriam, wenn der geringe Frauenanteil nicht auf strukturelle Diskriminierung zurueckgeht, worauf denn dann? Ich nehme stark an, dass du ‚die Hoelle‘ auf ‚das andere‘ (Juristen etc.) projizierst und deine ’netten und individuellen‘ Kollegen viel zu eng mit deinem persoenlichen Vorankommen verknuepfst, um sie als Traeger von struktureller Diskriminierung anzusehen. Im uebrigen nahm ich an du seist dort am DESY ob deiner allgemeinen Euphorie allem und jedem dort gegenueber studentische Hilfskraft, aber ich weiss, wer seine Kollegen nicht genuegend schaetzt kommt eben auch nicht in der Karriere voran, insbesondere ist man in exp. HEP ohne den Job dort NICHTS.. Diese Kollektividentitaet in der HEP ist uebrigens auch so eine Sache..
x, mein Argument ist, dass der gesellschaftliche Rang, den eine Gesellschaft Mathe/Physik zumisst, mit dem Anteil der offenen (maennlichen) Nerds antikorreliert, in Italien/Spanien ist es nicht nur das weibliche Selbstbild, sondern das ‚public acknowledgement,‘ das eine Gesellschaft fuer Mathe und NW uebrig hat, das das Interesse bestimmt. Ganz egal, was man in D. darueber in solchen Imageprogrammen propagiert, Mathematik etwa ist hier NICHT die Krone der Wissenschaften.
Danke, Andreas, dass du mir erklärst, wo und warum ich diskriminiert werde, wäre ich ohne deine (männliche) Hilfe nie drauf gekommen… Schade nur, dass ich persönlich gar nicht so stark involviert bin, wie du mir unterstellst, deine Analyse kann ich also genauso wenig ernst nehmen, wie vieles, was du davor geschrieben hast.
Ich finde es einfach sehr kontraproduktiv, wenn so getan wird, als seien die Physik oder Ingenieurswissenschaften „die totale Hölle“ für Frauen. So schafft man es sicher nicht, mehr Mädchen für ein MINT-Studium zu begeistern. Wie sollen diskriminierende Strukturen aufgebrochen werden, wenn man den Mädchen die ganze Zeit erzählt, dass sie bloß die Finger von diesen Fächern lassen sollen, da da ja nur so doofe Nerds arbeiten, die den Frauen nichts gönnen. Selbsterfüllende Prophezeiung nennt sich sowas…
Da du mich aber für eine kleine dumme Studentin hälst, die sich selbst und ihren Betreuern/Vorgesetzten was vormachen muss, um klarzukommen, denke ich nicht, dass ich meine Zeit weiterhin damit verschwenden werde, dir zu erklären, dass ich weder als Studentin, noch als Doktorandin noch im Berufsalltag als Ingenieurin jemals einem solchen Paternalismus, wie du ihn hier an den Tag legst, begegnet bin.
nun das ganze sieht zugegebenermassen von meiner Seite nicht besonders gut aus, ich gebe aber zu bedenken, dass ich nur versuche, mein abstrakes Bild deutschen Feminismus, der sich aus meiner Sicht sozusagen auf der ‚pragmatischen‘ Seite eingerichtet hat, ohne die Gesellschaft grundlegend, und ich meine nicht nur im Hinblick auf die Benachteiligung in der Karriere, umwaelzen zu wollen, zu konkretisieren. Es koennte etwa durchaus als zweifelhaft angesehen werden, warum man sich ueberhaupt an diesem Geschachere um ‚Nachwuchsgruppenleitung‘ und Juniorprofessur begeistert beteiligen sollte und warum man eigentlich nicht den Weg des Widerstandes gegen Strukturen waehlt, die auf einem viel grundlegenderen Level fragwuerdig sind. Dieser auf das persoenliche Fortkommen fixierte Karriere-Feminismus ist im wesentlichen das, was auch andere an gewissen Stroemungen innerhalb des deutschen Feminismus kritisierten, noch in der Anonymitaet affirmiert man flammend die Strukturen und basht ihre Kritiker als die eigentlichen Patriarchen, ich sagte nur, dass der Grad deiner Affirmation moeglicherweise auf gewissermassen evtl. allein durch die Praxis nahegelegte Identifikation hinweist, nicht dass du die gesamte HEP als ‚Hoelle empfinden solltest‘.
Ich frage mich wirklich, ob ich derDIE einzige bin, der solche Beobachtungen macht: aeltere Professoren sind zunaechst stolz auf ihre jungen weiblichen Mitarbeiter, zeigen sie bei jeder Gelegenheit her und wenn sie ihre eigenen Ideen verwirklichen wollen, unbequem sind, werden sie gefeuert, Frauen vergammeln noch mit 45 auf Nachwuchsgruppenleiterstellen und tauchen nicht einmal auf der Homepage des departements als Professorinnen auf, alle toenen permanent davon, wie sehr sie an Gleichstellung interessiert sind und versucht dann eine Mathematikerin die Navier-Stokes-Gleichungen zu loesen und scheitert (wie viele andere Maenner vor ihr) daran, faellt die community ueber sie her wie niemals zuvor, mir geht es wirklich nur um Objektivitaet und diese, um auf das Thema zurueckzukommen, Kinder-zeichnen-Wissenschaftler-Aktion ist angesichts der offenbaren Realitaet dort am fermilab, die ja nicht nur in ‚hostility towards women‘ besteht, sondern in einer Art Ueberwachungsregime, das fast totalitaere Zuege traegt (Rebellion, anyone?), wirklich eine groteske Note.
@Mariam:“Ich finde es einfach sehr kontraproduktiv, wenn so getan wird, als seien die Physik oder Ingenieurswissenschaften “die totale Hölle” für Frauen. So schafft man es sicher nicht, mehr Mädchen für ein MINT-Studium zu begeistern. Wie sollen diskriminierende Strukturen aufgebrochen werden, wenn man den Mädchen die ganze Zeit erzählt, dass sie bloß die Finger von diesen Fächern lassen sollen, da da ja nur so doofe Nerds arbeiten, die den Frauen nichts gönnen. Selbsterfüllende Prophezeiung nennt sich sowas…“
Danke für den Beitrag. Genau so sehe ich das auch.
Ich weiß noch, als ich nach dem Abi überlegte, was ich studieren sollte und mir ganz viele Leute von Physik abrieten, weil ich als Frau dort sowieso nur blöd angemacht werde. Ich habe trotzdem Physik studiert und Diskriminierung als Physikerin habe ich vor allem von Leuten außerhalb des Physikstudiums erfahren.
(und warum prozessieren eigentlich mehrere ex-Mitarbeiterinnen des fermilab?)
..ich vermute mal, um das noch anzufuegen, dass jene 12-15% hier keine Aufregung verursachen, weil man insgeheim dann doch der Meinung ist, dass jene Biologen/Psychologen recht haben, die ueber Streuung von Gausskurven, Maennerbegabungen und Frauenbegabungen raesonieren, ohne dabei auch nur im geringsten in Betracht zu ziehen, wie schon im Falle des inerten Rassismus solcher Unetrsuchungen, dass ihre Methoden und deren Ergebnisse selbst gesellschaftlichen Randbedingungen unterworfen sind. Ich nehme an, in Italien und Spanien wuerde niemand auf die Idee kommen, dass die Situation in Deutschland nicht durch strukturelle Diskriminierung von Frauen, und zwar von Kinndesbeinen an bedingt ist, in Deutschland gibt es ganz offenbar Feministinnen, die diese Zahlen fuer vertretbar, wenig ausssagefaehig und zudem bei der naechsten Gelegenheit bereit sind, auf verfaelschende Selbstdarstellungen und irrefuehrende Zahlen hereinzufallen, um ihr Bild vom fortschrittlichen Deutschland zu rechtfertigen. Ich kann mir kaum ausmalen, wie gross hier die Entruestung und der da-sieht -man-es ja-mal-wieder-Tenor waere, wenn es umgekehrt waere: die Deutschen haben 40% Frauen im atlas-Projekt und die Tuerken 12%, das ist die Wahrheit.