Was Frauen wollen

Männer als Experten für die weibliche Sexualität als solche heranzuziehen ist immer gut. Männer, z.B. Urologen, wissen ja anscheinend oft auch am besten, was Frauen sexuelle Befriedigung verschafft. Die Dimensionen des Penis ihres Partners  sind es demnach schonmal nicht. Überhaupt scheint eigentlich das ganze Profan-Körperliche eher unwichtig für Frauen zu sein, denn:

„Frauen sind viel klüger und – was Männer leider oft nicht wissen – sehen ihre sexuellen Wünsche ganz überwiegend nicht durch die Größe eines Organs erfüllt, sondern vielmehr durch angemessene emotionale Zuwendung“.

Frauen haben also Sex mit Männern, um emotionale Zuwendung zu erhalten, körperliche Befriedigung spielt eine untergeordnete Rolle? Und die beiden Aspekte lassen sich sauber voneinander trennen? Und natürlich sind Frauen „viel klüger“, als dass sie irgendwie Gefallen an großen Penissen finden könnten, was natürlich praktisch wäre, weil sich Männer dann nicht diesem ätzenden Körperperfektionsdruck ausgesetzt fühlen müssen? Sicher… Entsprechend realitätsnah fällt dann auch der Expertentipp aus für Männer, die wegen vermeintlich unzureichender sexueller Performance an sich zweifeln könnten:

„Männer sollten also viel (m)eh(e)r über die weibliche Sexualität nachdenken und nachlesen als die sexuelle Boulevardpresse zu konsumieren.“

Ja, im Ansatz eine absolut prima Idee – aber dann bitte nicht ausschließlich bei heterosexuellen Cismännern nachlesen, denn die Expert_innen zu diesen Dingen finden sich woanders… Noch zielführender als jede Fachlektüre und Denkakrobatik könnte  außerdem sein, die betreffende Frau einfach mal zu fragen, was es mit ihrer Sexualität so auf sich hat. „Die weibliche Sexualität“ gibt es nämlich natürlich genauso wenig wie „die ideale Penisgröße“. Ja, leider, Männer: Es kommt vor, dass einer Frau ein Penis auch mal „zu klein“ ist. Es kommt auch vor, dass der Penis überhaupt nicht so eine wichtige Rolle beim Sex spielt, egal wie groß oder klein, weil es zwischen Penisfixierung und emotionaler Zuwendung auch noch andere Faktoren gibt, die beim Sex wichtig sein können – auch beim Heterosex. Beides ist im jeweiligen persönlichen Einzelfall für Beteiligte vielleicht manchmal sehr doof, traurig und frustig. Aber  bevormundendes Beruhigungsgeschwafel und Mythenstreuung darüber, was „die“ Frauen im Bett angeblich wollen, helfen keinen Deut weiter. Und ich will mir meine angebliche Sexualität auch nicht immer wieder von Männern erklären lassen.

15 Kommentare zu „Was Frauen wollen

  1. Naja, ob „zu klein“ ein Problem ist, kann ich nicht sagen, ich hab noch keine Frau kennengelernt, die davon berichtet hat.
    Zu groß ist definitiv ein Problem, und zwar ein schmerzhaftes. Komisch, dass das nie thematisiert wird.

  2. Oh, wie ich es hasse, diese Umschmeicheln-Strategie: Frauen sind *zu klug*, um Wert auf – ja, auf was eigentlich, guten Sex? Penisgröße? Befriedigung der persönlichen Vorlieben? zu legen.
    Und ja, ich fände es auch mal wichtig, von dieser dämlichen Penisfixierung abzurücken.

  3. Da gehts nicht ums schmeicheln sondern um ne Positivwarnung und die Vorbereitung eines Konters: Mit dieser Argumentation sagt man Frauen, sie sollten lieber mal die Klappe halten, wenn ihnen doch die Größe wichtig ist: Dann gehören sie nämlich nicht zu den *klugen* Frauen. Der Konter ist „Naja, ist ja klar, dass es auch nicht ganz so kluge Frauen gibt.“ (und die Anschlussbeleidigung wäre „Bei Männern nennt man das Chauvinismus“).
    Deswegen wird diese Art von ‚Studien‘ immer wieder neu gemacht. Wenns nur sinnlos wäre, bräuchte die ja keiner.

  4. Subsummiert sich mal wieder unter den Bereich „persönliche Bedürfnisse und Vorlieben“ wo es lächerlich ist generelle Aussagen treffen zu wollen, so wie es der Typ da tut. Dr. Bühmann sollte mal lieber an seinen Job als Mediziner denken und Männern von solch hochriskanten, kosmetischen OPs abraten, anstatt von irgendwelchen Sexualitäten zu fabulieren

  5. @Jens: Mir ist schon klar, worum’s da geht, mir fiel nur kein besserer Begriff ein, der nicht in ein Wort-Ungetüm ausartete wie „So-tun-als-wenn-man-es-positiv-meint-dabei-aber-unterschwellig-negative-Dinge-für-Frauen-wollen“ ;-)
    Es ist ja das Gleiche mit: „Frauen sind eben viel verantwortungsbewusster und sollten deshalb Haushalt/Kinder übernehmen.“

  6. Guter Artikel! Informationsaustausch ist immer gut. Da ist es auch gut, dass so viele Tabus bei uns hier gefallen sind, denn in anderen Ländern – ich kenne es aus China & Thailand – ist dies noch kaum möglich. Hier hab ich auf eine weitaus größere Scham getroffen, über sexuelle Themen zu reden. Während ich hier mit Frauen, mit denen ich einigermaßen gut befreundet bin, über Details reden kann, treibt dort vielen schon das Wort »Sex« die Schamröte ins Gesicht. Das macht es sehr schwer darüber zu reden.

  7. Der gute Mann sagt doch nun wirklich nichts so anstößiges und einen Urologen zu Penisvergrößerung zu befragen macht auch Sinn.

    „Frauen sind viel klüger“ bezieht sich auf seine vorherige Antwort: „Vor allem aber durch die irrige Vorstellung, dass Frauen einen Mann wegen seiner Penisgröße mehr oder weniger wertschätzen, bzw. dass ein monumentaler Penis ihre Chancen beim weiblichen Geschlecht vergrößert.“ Also Frauen sind klüger, weil sie nicht an diese irrige Vorstellung glauben. Weiter im Text sagt er „ganz überwiegend“ es geht also nicht um alle Frauen, sondern um die Mehrheit. Die Frage, ob es sich bei seiner Aussage um Beruhigungsgeschwafel für Männer mit Penis-Komplex handelt oder begründet ist durch Studien/Umfragen, ist natürlich berechtigt.

    Die Sache mit der emotionalen Zuwendung ist zugegebenermaßen ein beliebtes Klischee. Allerdings ist die hier viel zitierte Studie zu Frauen und unverbindlichem Sex nicht ganz so eindeutig. Wer sich für eine kritische Auseinandersetzung mit der Studie interessiert kann hier mal nachlesen:

    http://www.feministcritics.org/blog/2011/03/11/gender-differences-accepting-casual-sex-proposals-noh/

  8. Interessant scheint außerdem zu sein, dass Frauen „zu klug“ sind, als dass sie sich auf bloße sexuelle Befriedigung konzentrieren. Das könnte dann auch heißen, dass es durchaus angemessen und sogar natürlich für Frauen ist, dem männlichen Partner Lust zu verschaffen.
    Dann ist auch die Penisgröße total egal.

  9. @Philipp: Zum Thema Penisvergrößerung einen Urologen zu befragen macht sicher Sinn, aber das bedeutet ja nicht, dass er gleichzeitig auch Experte für die Sichtweise (irgendeiner Mehrheit) von Frauen auf Penisse ist. Ich sehe das Problem mit der Formulierung der „klügeren“ Frauen auch nicht durch den Gesamtkontext abgeschwächt. Vielleicht gibt es ja durchaus Frauen, für die die Penisgröße ein relevantes Kiterium bei der Partnerwahl ist – von einer „irrigen Vorstellung“ zu sprechen, scheint mir daher etwas gewagt. Und mit Klugheit hat eine solche Präferenz doch viel weniger zu tun als mit sexuellem Begehren. Der Begriff „emotionale Zuwendung“ ist mir auch zu klischeebeladen und vor allem zu undifferenziert – was genau bedeutet denn das, was ist in diesem Zusammenhang „emotional“ und was ist „körperlich“, und suchen nicht alle, die mit anderen Menschen Sex haben, in irgendeiner Form nach „emotionaler Zuwendung“ (sonst könnten sie es ja in vielen Fällen bei der Stimulation durch irgendwelche Gegenstände oder sich selbst belassen)? Anstößig finde ich in erster Linie die Tatsache, dass Experten und Aussagen wie im obigen Beispiel diskursprägend sind. Es geht es mir nicht ausschließlich um den, wie ich finde, kritikwürdigen Inhalt, sondern eben auch um die Tatsache, dass auch hier ein Mann als Experte für sexuelle Präferenzen von Frauen spricht.

  10. warum sollte ein mann eigentlich grundsätzlich kein „Experte für sexuelle Präferenzen von Frauen “ sein können? experten wären wohl leute, die sich wissenschaftlich mit einem thema auseinander setzen, und vorranig studien von 3. auswerten usw. persönliche erfahrungen spielen da doch besser keine rolle, da läuft mensch nur gefahr, sich selbst zum maßstab der normalität zu machen

  11. @bigmouth: Studien finden aber auch nicht im luftleeren Raum statt, sondern ein Untersuchungsgegenstand inkl. Methodik wird strukturiert durch die Untersuchenden. Gänzliche neutrale Objektivität gibt es nicht, gesellschaftliche (Macht-)Verhältnisse spiegeln sich auch in der Wissenschaft wider. Die kann zum Beispiel auch hervorragend dazu dienen, Maßstäbe für (angebliche) Normalität zu entwickeln – und/oder zu konstruieren. Und zu deiner Frage: Ich denke schon, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass grundsätzlich auch ein Mann so ein Experte sein könnte. Mit deiner Definition des/der Expert_in gehe ich allerdings nicht 100% konform. Wenn es darum geht, eine Aussage über meine eigenen Präferenzen zu treffen, bin ich selbst dafür Expertin genug, da brauche ich keine Wissenschaft.

  12. Eurer Logik nach dürfte keine Frau einen Mann zu irgendeinem „Männerthema“ beraten. Woher soll sie den Ahnung haben. Eine Psychologin, die die innere Welt eines Mannes versteht? Da macht man den Bock zum Gärtner!

  13. @sonstwer
    nein, das hast du falsch verstanden, die logik ist: als individuum nicht für die hälfte der weltbevölkerung sprechen! außerdem, nur weil eine frau gerne einen großen penis bevorzugt ist sie deswegen nicht dumm :D

    ein kommentar vor dir: „Ich denke schon, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass grundsätzlich auch ein Mann so ein Experte sein könnte.“ warum interpretierst du das, was die anderen schreiben so falsch um?
    absicht oder unvermögen? woran liegt es?

  14. @ Keks: Mir fällt grad ein: Dieses Umschmeicheln à la „Frauen sind zu klug, um…“ etc. hab ich schon ein, zweimal als sog. „positiven/wohlmeinenden Sexismus“ bezeichnet gesehen (im Gegensatz zu feindseligem Sexismus wie Beleidigungen). Damit ist gemeint, daß Frauen Eigenschaften zugeschrieben werden (wie z.B. mütterlich, verantwortungsbewußt, hingebungsvoll), die zwar positiv konnotiert sind (klug zu sein ist ja nichts schlechtes), aber so verwendet werden, als sei es eine besoders das Geschlecht auszeichnende Eigenschaft. Bei Männern gibts das natürlich auch – z.B. „Ich brauch hier mal einen starken Mann“ – genau das gleiche Phänomen. Du hattest das ja auch schon zusammengefaßt mit “So-tun-als-wenn-man-es-positiv-meint-dabei-aber-unterschwellig-negative-Dinge-für-Frauen-wollen” :)

    Die Formulierung „angemessene emotionale Zuwendung“ klingt für mich wie eine Umschreibung von Geborgenheit. Die suchen Frauen ja auch immer in den starken Armen eines Mannes. Auf jeden Fall scheint es nach unserm guten Doktor für „die Frauen“ ja nicht ohne Emotionen zu gehen… Männer sind da eben anders, triebhafter. Weshalb ihnen Experten die angebliche Andersartigkeit weiblicher Sexualität immer wieder erklären müssen.

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