Versicherungstarife in Unisex

Der europäische Gerichtshof hat gestern entschieden, dass die bisherige Praxis von Versicherungsunternehmen, Beiträge unter anderem aufgrund des „Riskofaktors“ Geschlecht zu bemessen, eine „unzulässige Diskriminierung“ dar stellt.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt:

Zur Begründung verweist der EuGH auf die EU-Gleichstellungsrichtlinie aus dem Jahr 2004. Sie verlange geschlechtsneutrale sogenannte Unisex-Tarife im Grundsatz schon ab dem 21. Dezember 2007 und sehe eine Überprüfung nach fünf Jahren, also am 21. Dezember 2012, vor. Damit das Ziel der Gleichstellung nicht unterlaufen werde, seien Ausnahmen danach unzulässig, urteilte der EuGH.

und weiter:

Eine Berufung gegen das Urteil ist nicht mehr möglich. Die Generalanwältin beim EuGH, Juliane Kokott, hatte in ihrem Gutachten noch dafür plädiert, dass „eindeutig nachweisbare biologische Unterschiede“ berücksichtigt werden dürfen – etwa beim „Risiko“ von Schwangerschaften für die Kalkulation privater Krankenversicherungen. In seinem Urteil greift der EuGH diese Unterscheidung nicht mehr auf. In der Begründung heißt es pauschal: Verschiedene Tarife aufgrund des Geschlechts „laufen der Verwirklichung des Ziels der Gleichbehandlung von Frauen und Männern zuwider.“

Bisher ist es so, dass Frauen aufgrund statistischer Erwägungen bei Kranken- und Rentenversicherung höhere Beiträge bezahlen. Dies wird unter anderem damit begründet, dass Frauen eine höhere Lebenserwartung haben. Bei Autoversicherungen hingegen sind die Beiträge für Frauen meist geringer als die für (vor allem junge) Männer.

35 Kommentare zu „Versicherungstarife in Unisex

  1. Und was haben wir nun davon? Die Versicherungen werden einfach die Tarife an den jeweils teureren anpassen. Frauen werden mehr für Auto und Männer füre Krankenversicherung blechen müssen.

  2. Ist es nicht lustig/irritierend, daß die Reaktionen – so auch der erste Kommentar hier – zumeist ein defätistisches ‚Jetzt wird alles teuerer‘ sind. Gerechtigkeit als Chancengerechtigkeit darf nichts kosten. Was sind dann solche Prinzipien wert, wenn sie im Einzelfall einem ökonomische Kostenkalkül unterworfen werden?

  3. Ich sehe das wie Don Gomez. Es gibt eben nicht nur win-win Situationen. Das nennt sich Solidarität.
    Schließlich diskriminieren die Versicherer ja auch (hoffentlich) nicht gegenüber Menschen mit anderem ethnischen Hintergrund. Obwohl es da auch Statistiken gibt, die besagen, dass Weiße im Schnitt älter werden als Nichtweiße.
    Hier ist ein interessanter wissenschaftlicher Text zum Thema (schon etwas älter, aber nicht weniger relevant): http://www.wcl.american.edu/journal/lawrev/34/jerry.pdf?rd=1

  4. Gilt das nur für die Rentenversicherung oder für alle Versicherungen?
    Bei Autoversicherungen ist es nämlich häufig so, dass Männer teurere Beiträge bezahlen müssen, da sie statistisch häufiger Schäden verursachen.

  5. „Schließlich diskriminieren die Versicherer ja auch (hoffentlich) nicht gegenüber Menschen mit anderem ethnischen Hintergrund. Obwohl es da auch Statistiken gibt, die besagen, dass Weiße im Schnitt älter werden als Nichtweiße.“

    Die Nichtdiskriminierung nach EuGH besteht gerade darin, dass Menschen „mit anderem ethnischen Hintergrund“ ihre Renteneinzahlungen nicht etwa genauso verzinst bekommen wie Weisse, nein, sie müssen auf einen Teil der Verzinsung ihres Einsatzes verzichten und den den Weissen schenken, zugunsten der hohen Lebensqualität der länger lebenden Weissen. Und das, obwohl die Tatsache, dass die Weissen länger leben, mit Sicherheit selber auf Diskriminierung beruht.

    Jede Ähnlichkeit zum Verhältnis zwischen Frauen und Männern ist natürlich rein zufällig.

    Jedenfalls wird der denkende Mensch „mit anderem ethnischen Hintergrund“ hoffen, dass der Versicherer diskriminiert – im Sinne des EuGH!

  6. @ps: Bei der Rentenversicherung hast du schon recht, bei einer Lebensversicherung sieht das ganze schon wieder ganz anders aus.
    Natürlich könnte ich als Frau auch hoffen, dass ich bei meiner Autoversicherung „diskriminiert“ werde; es wäre aber noch lange nicht gerecht.

  7. @H.D.:

    Da gehen unsere Vorstellungen von „Gerechtigkeit“ wohl arg auseinander – dieses Vergleichen von jedem mit allen, um nur ja jede Abweichung vom Mittelmaß zu sanktionieren, ist nicht meine Vorstellung von Gerechtigkeit.

    Meine Vorstellung von Gerechtigkeit hat etwas mit Vertragsfreiheit zu tun und ein Vertrag, zu dem ich genötigt werde, kann deswegen niemals gerecht sein – und wäre ich eine Frau, würde ich keinem Vertrag freiwillig zustimmen, bei dem ich dafür zahlen muss, dass Männer im Mittel schwerere Unfälle bauen, auch wenn sie pro gefahrenen Kilometer weniger Unfälle verursachen ;-) …

  8. @ps: Niemand wird zu einem Vertrag genötigt; der Vertrag muss nun eben anhand anderer Kriterien entwickelt werden, die nicht auf biologischen, nicht abänderbaren Kategorien beruhen. Es ist nicht meine Schuld, dass ich eine Frau bin und eventuell länger lebe oder eventuell Kinder bekomme. Genauso wenig mache ich alle Männer verantwortlich für das Fehlverhalten vieler Männer. Man muss sich eben nach anderen Kriterien umschauen, die das Risiko kalkulieren, z.B. wie lange man schon einen Führerschein hat, wieviele Unfälle hat man gebaut, wie viel fährt man… etc. Das ist natürlich etwas schwieriger zu determinieren als das Geschlecht und deswegen regen sich die Versicherungsfirmen ja auch so auf.

  9. wenn frauen jetzt mehr führungspositionen einnehmen, wollen wir doch mal schauen wie sich das auf die lebensdauer auswirkt. das scheint mir einer dieser sehr flexiblen rechnungsposten zu sein.^^ :P

    H.D. hast du jemals in deinem leben eine kfz-versicherung abgeschlossen? ich zweifel daran.. sonst würdest du sicher gemerkt haben, dass die von dir genannten posten, und noch viele mehr, bei der berechnung deiner versicherungsprämie berücksichtigt werden.

    es ist nicht so, dass das geschlecht der einzige faktor ist.. das geschlecht ist ein faktor von vielen und wenn es nach versicherungen geht, würden die am liebsten noch mehr faktoren reinnehmen.

    das ding auf der mathematischen gerechtigkeitsebene zu diskutieren wird darin enden, dass man gegen unisex versicherungen sein muss, denn eine mathematische gerechtigkeit ist immer eine indivuelle. ich bin da nachsichtig, sowas begreifen im regelfall nicht mal die ökonomen.^^

    es kann hier nur um eine moralische und ethische ebene gehen, die dazu führt. genau die fällt aber gerne hinten runter. was auch die komplette diskussion darüber unsinnig macht.

    da könnte es schon ganz simpel sein zu erkennen, dass das gesellschaftliche interesse das individuelle überwiegen muss um eine generelle form von gerechtigkeit innerhalb unserer gesellschaft zu schaffen.

    d.h. es muss eine grenze gezogen werden und welche punkte die umfasst, gilt es zu klären. in dem fall lautete die gerichtliche antwort: auch das geschlecht.

    darüber müsste man streiten, wenn man es denn wollte.

    mfg
    mh

  10. @mh,
    ich glaube, da sind wir doch einer meinung.
    1) zur Lebenserwartung: da könntest du recht haben. die statistiken, die da angeführt werden beziehen sich ja meist auf generationen, die noch den krieg miterlebt haben.
    2) Autoversicherung: habe ich tatsächlich noch nicht abgeschlossen und werde sicherlich ein paar tränen weinen, wenn ich muss… aber ich bezweifle doch gar nicht, dass diese kriterien bisher schon eine rolle gespielt haben, nur muss man sich jetzt eben darauf beschränken. ich habe nur ps kritisiert, der/die meint, dass Geschlecht nicht zu berücksichtigen wäre eine Nötigung.
    3) Ich bin mir sicher, dass meine Ansichten nicht mit denen von ausgebildeten
    Ökonomen konform gehen, aber das ist ja auch nicht meine Absicht, und anscheinend auch nicht die des EuGH.
    4)zur moralischen Ebene: es ist sicher kein leichtes Thema. Da müssen machmal auch relativ willkürliche Grenzen gesetzt werden. Man muss eben die Vor- und Nachteile abwägen. Interessant dazu der Text, den ich oben verlinkt habe.

  11. @H.D.

    Natürlich wirst Du zu einem Vertrag genötigt – Du musst krankenversichert sein, Du musst rentenversichert, Du musst eine Autoversicherung haben.

    In allen diesen Fällen wird es Dir verboten, als PKV zum Beispiel eine Genossenschaft zu wählen, die nur Männer aufnimmt. Als Rentenversicherung eine Versicherung zu nehmen, die nur gut ausgebildete, teilzeit arbeitende Männer mit hoher Lebenserwartung aufnimmt. Eine Autoversicherung zu bilden, die nur Frauen bedient.

    Das EuGH – Urteil schränkt aufs drastischste Deine Vertragsfreiheit ein.

    Du schreibst, Du kannst ja schliesslich nichts dafür, dass Du eine Frau bist – nun, ich kann da aber auch nichts für. Weswegen ich auch nicht bereit bin, für Dein Frau-sein zu zahlen, genauso wenig, wie ich von Dir umgekehrt erwarte, für mich mehr zu zahlen, als Du selber aus Deiner Versicherung herauszubekommen erwartest.

  12. Zum Thema Lebenserwartung: Interessant ist ja, dass die Lebenserwartung nicht nach biologischem Geschlecht funktioniert, sondern nach individuellem Verhalten: Es die Lebenserwartungen von schwedischen Männern und Frauen leigen im schnitt viel näher aneinander als die von russischen Männern und Frauen. Eine Klosterstudie hat herausgefunden, dass sich die Lebenserwartungen von von Nonne und Mönchen (mit serh ähnlichen Tagesabläufen) stark annähern. Deswegen: Frauen diesbezüglich als „Risikogruppe“ einzustufen ist Geschlechtersippenhaft und total ungerecht. Wenn die Versicherer jetzt die Tarife per pauschale Erhöhung anpassen, dann gilt es: aufpassen und Verträge kündigen.

  13. @ H.D. De facto war es doch bis jetzt so: Frauen wurden genötigt erheblich mehr für ihre Rentenversicherung und private (!) KV zu zahlen, weil sich (insb. junge) Männer mehr Risiken aussetzen und deswegen früher sterben, was die durchschnittliche Lebenserwartung der „Risikogruppe“ Männer (ist wie gesagt Quatsch, siehe oben) gesenkt hat. so viel zum Thema „vertragsfreiheit“. Für mich (als weiblich eingestufter Mensch) besteht ab sofort mehr Freiheit – danke EUGH!

  14. @Miriam
    ich habe eine private Zusatz Krankenversicherung (KV): sie erhöhen permanent und aus nicht immer nachvollziehbaren Gründen! Deswegen würde ich auch nie in die private Voll KV gehen. Ich war als Selbständige immer in der gesetzlichen KV – vor allem weil ich es eben ungerecht fand, dass ich bei der privaten als Frau mehr zahlen muss.

  15. der hier erweckte eindruck, dass das alles nur zum nachteil der frauen ist, ist ziemlicher blödsinn. bei kfz zahlen sie weniger. ebenso bei unfall und berufsunfähigkeitsversicherungen. um mal drei beispiele zu nennen.

    und private krankenversicherungen ob nun zusatz oder voll, werden für jeden ständig teurer .. schlichtweg weil die versicherer da ständig verluste machen, was dem system und nicht dem geschlecht geschuldet ist.

    um hier überhaupt ein gescheites versicherungshandling hinzubekommen braucht es einer gescheiten fachkraft und die zu finden ist extrem schwierig .. denn der monetäre anreiz ist in der branche so gesetzt, dass wenn die berater gut arbeiten, es zu lasten ihrer einnahmen geht.

    den rest an verwirrtheit ignoriere ich mit einem lauten ooooohhhmmmmmm.

    mfg
    mh

  16. @mh
    von wegen „verwirrtheit“: Frauen zahlen nicht wengier bei der Berufsunfähigkeitsverischerung sondern mehr, ich habe mir das selbst neulich mal angeschaut und auch deswegen keine abgeschlossen. Kannste gern nachrecherchieren anstatt zu meditieren.

  17. @reg: es ist nicht so, dass ich dinge einfach behaupte. behaupte ich jetzt mal.

    und selbst wenn wir in diesem punkt stritt sind, ändert das nichts an meiner kernaussage, denn die drehte sich nicht darum.

    wie verdreht deine weltsicht ist sieht man schon an der rentenargumentation. die armen frauen müssen mehr zahlen, weil die plöden jungen männer mehr risiken eingehen und eher sterben.

    auf das ding habe ich von anfang an gewartet.

    fehlt bloß noch das weiterführende argument, dass es für männer ja nun eine wohltat ist mehr für die rentenversicherung zu zahlen, weil sie dadurch ja weniger geld für saufen, rauchen und schnelle autos haben und somit länger leben. frau sei dank.

    also wenn ich auf dem niveau argumentieren muss, muss ich meine einstellung zur frauenquote natürlich auch ändern. frauen sollten sich bloß nicht mit führungspositionen belasten und ihre lebenszeit dadurch verkürzen. das wäre ja unmenschlich.

    siehste reg… und jetzt haste es geschafft jemanden gegen dich zu haben, der vorher noch für dich argumentierte. einfach nur dadurch, dass du völlig abstrus und weltfremd für deine meinung argumentiert hast. ein wunderbares beispiel dafür, was diskussionsverantwortung bedeutet.

    mfg
    mh

  18. @mh
    Zur diskussionsverantwortung gehört auch das sorgfältige lesen der beiträge. ich habe diese logik (der die versicherungswirtschaft aufläuft) explizit problematisiert, sie entspricht nicht meiner vermeintlich verdrehten weltsicht. „verwirrtheit“ und „verdrehte weltsicht“ sind nicht meine argumentationsstrategien – schon alleine weil diese art anwürfe inhaltlsleer sind (siehe auch Netiquette). tschüs mh, und nichts für ungut

  19. Wenn ich rauche wie ein Schlot, mich schlecht ernähre und nie Sport treibe, erhöht das die Wahrscheinlichkeit enorm, dass ich öfter krank werde und früher sterbe. Das sind alles Dinge, die ich ändern kann und die haben nichts* damit zu tun, ob ich nun Mann oder Frau bin.
    *Wenn nun statistisch gesehen Männer häufiger und/oder mehr rauchen, sich schlechter ernähren und seltener Sport treiben (rein theoretisch, mir in diesem Zusammenhang egal ob es so ist oder nicht), dann ist das eventuell ein Problem, dem man nachgehen kann, das man analysieren kann, aber es sollte nicht Ausgangsbasis sein für Versicherungen, die Beiträge generell für alle Männer dementsprechend zu berechnen. Das wäre unfair gegenüber allen Männern, die nicht in diese Statistik passen, und das sind wahrscheinlich reichlich. So kann man das in allen Bereichen durchspielen.
    Bsp. PKV: @ps: Du sagst, du willst nichts für mein Frau-sein zahlen. Du willst nichts dafür zahlen, dass ich eventuell älter werde als du und eventuell Kinder bekomme. Tja, das „will“ ich vielleicht auch nicht, ich „muss“ aber. Ich finde es interessant, dass ich dazu bereit wäre, für angeblich „männliches“ Fehlverhalten etwas mehr zu zahlen, du aber nicht für die Tatsache, dass deine Mutter dich zur Welt bringen konnte.

  20. „Wenn ich rauche wie ein Schlot, mich schlecht ernähre und nie Sport treibe, erhöht das die Wahrscheinlichkeit enorm, dass ich öfter krank werde und früher sterbe. Das sind alles Dinge, die ich ändern kann und die haben nichts* damit zu tun, ob ich nun Mann oder Frau bin.“

    Äh – doch, das hat was damit zu tun. Die Frauen, die ich kenne, kochen sich um 12:00 Uhr ihr Essen zu Hause und gehen um 14:00 joggen – was sie können, weil ihnen ihren Lebensunterhalt ein Typ verdient, der eine Stunde zur Arbeit fährt, dort neun Stunden auf dem Stuhl sitzt, eine Stunde zurückfährt und danach ziemlich alle ist.

    Natürlich soll man trotzdem Sport treiben und nicht rauchen – aber die Bedingtheit dieser Dinge nicht auch in den unterschiedlichen Lebensverhältnissen von Frauen und Männern in Deutschland suchen zu wollen, ist schon ziemlich … fehlgeleitet, sorry.

    Im übrigen habe ich nur gesagt, dass ich Dein Frau-sein nicht mitzufinanzieren bereit bin ( und noch muss ich auch nicht, da ich in einer PKV bin, in der sowieso hauptsächlich Männer sind, meine Altersvorsorge sowieso durch Vermögensaufbau statt Renten betreibe etc. ) – gegenüber der Frau, die mir meine Kinder gebiert, sieht das ja ganz anders aus ( frage mich sowieso, wieso das Gebären durch die KV bezahlt wird, schliesslich ist Geburt keine Krankheit )….

    Im übrigen finde ich, dass die Beitragsgleichheit ein wichtiges, wenn nicht das einzige Druckmittel wegnimmt, um Leute zu verantwortungsvollerem Verhalten anzuhalten.

  21. „Äh – doch, das hat was damit zu tun. Die Frauen, die ich kenne, kochen sich um 12:00 Uhr ihr Essen zu Hause und gehen um 14:00 joggen – was sie können, weil ihnen ihren Lebensunterhalt ein Typ verdient, der eine Stunde zur Arbeit fährt, dort neun Stunden auf dem Stuhl sitzt, eine Stunde zurückfährt und danach ziemlich alle ist.“

    Hm, jetzt habe ich irgendwie keine Lust mehr zu diskutieren. Wer vor allem solche Frauen kennt (und Typen, die das unterstützen), braucht dringend neue Freunde, sollte aber keine Kommentare zu allgemeingültigen Diskussionen verfassen.

  22. Du kennst die Realität in den bundesdeutschen Vororten und Speckgürteln wohl nicht?

    Na ja, da kannst Du ja nichts für …

  23. Ich halte dies für einen schrecklichen Entscheid, weil er von der falschen Institution mit einer falschen Begründung getätigt wurde. In der Charta wird jegliche Diskriminierung wegen des Geschlechts verboten, wobei Diskriminierung mit dem Gedanken der Gleichheit begründet und präzisiert wird. Weiter wird im Urteil besagt, dass „die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer versicherungsmathematischer Faktoren nicht zu Unterschieden bei den Prämien und Leistungen führen“ dürfen.

    Es erscheint mir klar, dass man nicht Diskriminieren, also ungleich behandeln, darf, wenn keine wesentliche Ungleichheit zugrunde liegt. Dies kommt aus dem Verständnis, dass Gerechtigkeit mit Gleichheit verstanden wird. Doch Gleichheit fordert, dass Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt wird.

    In der gechassten Richtlinie wurde politisch festgestellt, auf was man bei Gleichheit achten muss. Wir haben versicherungsmathematische Unterschiede und diese Machen die Ungleichheit aus. Wenn ich bei der Rentenversicherung den Preis für die Versicherung als Gesamtpaket errechne oder den Preis für ein erwartetes Lebensjahr, so werde ich zwingend durch die unterschiedliche Lebenserwartung auf eine Ungleichheit in einem der Preise (für das letztens selbe Produkt) kommen. Im Gegensatz zum Rat hat der EUGH dies nicht verstanden bzw. gewürdigt und sich somit in Konsequenz gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung entschieden. Hier liegt die falsche Begründung.

    Die Falsche Institution kommt aus meinem Staatsverständnis. Der Staat hat Gleichbehandlung zu garantieren und darf deswegen in die Private Freiheitsphäre eingreifen. Hier haben auch die Gerichte ihre Entscheidungsbefugnis. Auch hat der Staat die Aufgabe auf Gleichheit hinzuarbeiten, jedoch ist dies kein Menschenrecht sondern ein politisches Ziel, da die Schaffung von Gleichheit eine Verringerung der bestehenden Unterschiede ist und dadurch ein Eingriff in die Freiheit der Bürger. Wieviel Freiheit der Staat dem Bürger nehmen darf, bei Dingen, welche über die grundlegenden Menschenrechte hinaus gehen, muss im politischen Prozess Diskutiert und Ausgehandelt werden. Wenn ich Unisex-Tarife will, dann kann ich das auch Entscheiden und Durchsetzen, schränke dadurch aber sogar die Gleichbehandlung ein. Für diesen Schritt hat sich der Rat ausdrücklich nicht entschieden und das Gericht sollte dies Respektieren.

  24. @NW. „Wir haben versicherungsmathematische Unterschiede und diese Machen die Ungleichheit aus“ – sagen die Versicherungen. Gleichheit ist eben Gleichheit vor dem Recht und nicht vor der Versicherungswirtschaft. Hier wurde ja deutlich darauf hingewiesen, dass die Ungleichheitskriterien, mit denen bisher die Tarife berechnet wurden willkürlich waren.
    „Auch hat der Staat die Aufgabe auf Gleichheit hinzuarbeiten, jedoch ist dies kein Menschenrecht sondern ein politisches Ziel, da die Schaffung von Gleichheit eine Verringerung der bestehenden Unterschiede ist und dadurch ein Eingriff in die Freiheit der Bürger.“ Gleichheit aller ist DAS Menschenrecht schlechthin, ich empfehle die lektüre der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Und es ist DIE Aufgabe von staatlichen Institutionen bzw. in dem Fall der EU, genau das durchzusetzen.

  25. Eigentlich eine gute Entscheidung. Private Rentenversicherung ist eh Abzocke wenn man sich mal genauer damit befasst. Gerade die, die wenig Rente bekommen sollte es lassen, weil es angerechnet wird. In diesen Zeiten sowieso nicht.

    Viel eher müsste die normale Rente angepasst werden. Also Männer und Frauen gehen gleichzeitig in Rente unter Berücksichtigung der Lebenszeit…also Männer mit 60, Frauen mit 66, 67…das wäre in Ordnung.

    Es ist doch Irrsinn, dass ein Mann, der 6 Jahre früher stirbt, 3 Jahre länger arbeiten muss. Schon klar das das Frauen nicht so sehen, weil sie davon profitieren.

  26. @ Gerd:

    Es ist doch Irrsinn, dass ein Mann, der 6 Jahre früher stirbt, 3 Jahre länger arbeiten muss. Schon klar das das Frauen nicht so sehen, weil sie davon profitieren.

    Äh, in welchem Jahrzehnt lebst du? 2006 lag das durchschnittliche Renteneintrittsalter für Männer in D bei 63,3 Jahren und für Frauen bei 63,2 Jahren (Wikipedia). Das macht nach meiner Rechnung einen Unterschied von 1,2 Monaten. Wie kommst du auf 3 Jahre?
    Und auch bei der Regelsaltersrente gibt es schon seit Jahren keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen mehr.
    Und selbst wenn du recht hättest, fände ich das als Frau trotzdem ungerecht, obwohl ich davon profitieren würde. Aber Hauptsache, du hast deinen Frust mal irgendwo kundgetan…

  27. Finds gut dass die Tarife angeglichen werden. Kann ja auch ein Kompromiss gefunden werden, etwas in der Mitte und so.
    Allerdings fänd ich auch noch wichtig, im 21.Jh das Totschlagargument von FrisörInnen aus den Weg zu räumen „Frauenhaare sind anders, deshalb verlangen wir auch mehr“.
    Frag mich gerade, was Trans* zahlen… ^^

  28. ähm, um das verständlich zu machen
    wenn zB eine Transfrau Haare schneiden geht, müsste sie ja den Frauentarif zahlen. Allerdings hat sie ja „Männer“haar (wobei ich mich grad wieder frag, ob das überhaupt biologisch erkennbar ist) und müsste dann nur den Männertarif zahlen… der, klar, um einiges billiger ist…

  29. Können die Versicherungen jetzt nicht einfach stark mit dem Geschlecht korrelierte Attribute heranziehen, oder ist das durch das Urteil auch nicht erlaubt?

    Toll wäre es ja wenn das Abfragen des Geschlechts in Formularen generell verboten würde…

  30. @reg: Klar festgestellt, dass die kriterien Willkührlich sind, hat der EUGH nicht festgestellt, zumindest wenn ich das Juristendeutsch hier http://www.spiegel.de/media/0,4906,25406,00.pdf verstanden habe. Die Erwägung des Rats dass „In einigen Fällen ist das Geschlecht ein bestimmender Faktor bei der Beurteilung der versicherten Risiken, wenn auch nicht unbedingt der Einzige.“ wurde abgetan, da eine Ungleichbehandlung – selbst wenn sie Ungleiches betrifft – nicht an eine Frist gebunden wird.

    Die Gleichheit aller ist auch kein Grundlegendes Menschenrecht. Die Menschenrechte fussen darauf, dass alle Menschen in ihrem Menschsein gleich sind (wie in Artikel 1&2 zu sehen) und deswegen die Würdevon allen Menschen zu achten ist. Doch Menschen sind Verschieden und gerade die Artikel 16-21 Schützen meine Verschiedenheit und deren Ausdruck. Wenn man die ganze Menschenrechtscharta durchliest, sieht man, dass nur sehr enge Rechte durch diese Gleichheit, geboren aus dem Menschsein, geschützt sind.

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