Müssen wir wirklich immer noch über Sexismus im Netz reden? Gibt es dazu noch viel Neues zu sagen?
Diese Frage stellte ich mir, als ich für einen Workshop zu genau diesem Thema angefragt wurde, den ich im Rahmen des Netzpolitischen Kongresses der Grünen am 13.11.2010 zusammen mit Monika Lazar und Leena Simon gestalten soll.
Also habe ich mich hingesetzt, um zunächst noch einmal eine Definition von Sexismus herauszuarbeiten, anhand derer man sich Orientierung im überquellenden Angebot des WWW verschaffen kann. Was ist denn Sexismus? Gibt es mehrere Auslegungen, was das sein soll?
Die gibt es durchaus! Der einfachheit halber verwende ich die recht aktuelle Definition der Universität Bielefeld, die in ihrer Studie „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ auch Sexismus untersuchte:
„Sexismus betont die Unterschiede zwischen den Geschlechtern im Sinne einer Demonstration der Überlegenheit des Mannes und fixierter Rollenzuweisungen an Frauen. Sexismus ist ein Sonderfall, weil es hierbei nicht, wie bei den anderen Gruppen, um die Ungleichwertigkeit einer zahlenmäßigen Minderheit, sondern einer Mehrheit der Bevölkerung geht.“
Davon ausgehend suchte ich den Sexismus im Netz.
Womit sucht man Dinge im Netz? – Genau, mit Google! Die Ergebnisse der Sucherergebnisse für „Frauen“ und „Männer“ sind erschreckend unterschiedlich und verdeutlichen in einer sehr ernüchternden Art und Weise die Alltäglichkeit und Normalität von Sexismus im WWW. Frauen werden dabei vor allem als Sexobjekte „gefunden“. Oder als Idioten, die man in Videos und Witzen verballhornen kann (Stichwort „Frau am Steuer“). Die Suche ergab auch zwei Frauen-Portale, die sich beide an den Stereotypen abarbeiten, die als typisch weibliche Interessen gelten: Liebe, Kochen, Kinder, Diäten und Abnehmen, Dekoration der Wohnung und Schminktipps.
Die Suche bei Youtube mit dem Suchwort „Frauen“ endet ähnlich traurig. Gerade, wenn ich die Sucherergebnisse für Männer vergleichend daneben halte, die doch wesentlich positiver und vor allem nicht so sexualisiert ausfallen.
Eine zweite Quelle für Sexismus im Netz sind die knapp 1.600 Kommentare hier im Blog, die nicht freigeschaltet wurden, die wir aber „sammeln“. Ich schätze etwa 70 Prozent von ihnen als unter der obigen Definition betrachtet sexistisch ein. Anna hat darüber ja schon einmal geschrieben.
Was also tun gegen den Sexismus im Netz, der so alltäglich geworden ist, dass eine einfache google-Suche ihn sofort sichtbar machen kann? Wie umgehen mit offenem Sexismus als Reaktion auf Frauen, die sich trauen, Missstände anzuprangern? Wie post-gender ist denn das Netz? Und was passiert, wenn feministische Positionen gepostet werden? Wer kommt eigentlich zu Netzkongressen? Und wer liest überhaupt Blogs von Frauen? Wie sind die Potenziale des Netzes zur Herstellung einer feministischen Öffentlichkeit?
Das alles würde ich gerne mit Monika, Leena und euch diskutieren.
Und für alle, die nicht kommen können, steht hier die Kommentarfunktion zur Verfügung!
Sagt mir eure Meinung.
Veranstaltungs-Infos:
Der Netzpolitische Kongress der Grünen im Bundestag:
Workshop im Netzpolitischen Labor II, 13.11., 15.15—16.45 Uhr, Paul-Löbe-Haus
Alles eine Frage der Macht: Sexismus im Netz
Mit Monika Lazar MdB, Sprecherin für Frauenpolitik
Leena Simon, FoeBuD e.V.
Katrin Rönicke, Journalistin
Ein kleine, feine Illustration des Seximus aus dem Medienalltag, der somit aber mit prägend sein dürfte für die Geschlechterwahrnehmung auf Nachrichtenseiten im Netz: ich suchte kürzlich in der Bilddatenbank einer Nachrichtenagentur nach Bildern von „jungen Frauen“ um ein Gleichstellungsthema mit einem Foto zu versehen. Das von mir gewünschte Bildmaterial war schlicht nicht vorhanden, das Stichwort junge Frauen lieferte zu allererst Mädchen in Bikinis und in Dirndl auf dem Oktoberfest. Fotos, die mit Begriffen wie Gleichstellung, Pay Gap oder Feminismus vertaggt waren, existierten nicht. Und das war nicht Google, das war eine seriöse Nachrichtenagentur.
Und wenn wir von „klassischen“ Medien im Netz sprechen: ja, auch diese, obgleich die Frauenquote unter Online-Journalisten höher ausfällt als im Printbereich, sind männlich geprägt. Ein Redakteur einer Wochenzeitung bedauerte mir gegenüber kürzlich, dass das Verhältnis Autoren/Autorinnen kein bißchen ausgeglichen ist, und die Autorinnen, die eingekauft werden, „schreiben wie Männer“.
Es gibt nach wie vor eine Menge fagiler Menschen, die durch weibliche Präsenzen sehr schnell im Selbstwert gefährdet sind.
Typische weiblichkeitsabwertende Äußerungen wie „die muss mal richtig..“ oder die Kategorie „hat PMS..“ sind die Spitze dieses Wertegefälles.
Und die Ursachen dieser Geschlechterhierarchien sehe ich hier :
“Am 10.7.1909 veröffentlicht er (Groddeck) – brisanterweise in der “Zukunft” – den Aufsatz “Die Frau”. Seine Thesen spiegeln die Misogynie der Jahrhundertwende :
1. Die Frau besitzt keine Persönlichkeit und ist darum unfähig, etwas zu schaffen.
2. statt einer Persönlichkeit besitzt sie eine “Gottnatur” und ist etwas “unnennbar Heiliges”.
3. Während ihrer Menstruation leidet sie am “periodischen Raptus” und ist gänzlich “intellektuell unzurechnungsfähig”.
(Quelle : Spuren ins Jetzt, S.117).
Die Neigung geschlechterhierarchischer Wertesysteme, die Weiblichkeit herabzuwürdigen bei ihrer gleichzeitigen Mystifizierung und Idealisierung ist m.E. charkteristisch und nach wie vor wirksam.
Solange dieser Grundprozess von hierfür sensiblen Frauen und Männern nicht bearbeitet wird, wird man/frau sich weiter über die Symptome monieren.
Ich glaube, es wurde bisher lediglich an der Pberfläche gekratzt. Es gibt noch viel zu tun.
Je mehr Menschen dafür sensibilisiert und interessiert werden können und dies auf eine breite common-sense-Basis zu stellen, darin sehe ich die Hauptaufgabe.
Die Frage, die ich mir stelle, ist, wie kann man möglichst viele Menschen mit Alltagsinteressen erreichen und interessieren, die Thematik mit leicht verständlichen Schlagworten zu reflektieren und einen Vorteil zu bieten?
Wie kann man transportieren, dass Geschlechterhierarchien „uncool“ und nicht „in“ sind? Zunächst müssen diese ja auch erstmal von Menschen des Alltages als solche bewußt erkannt werden, statt subtil verinnerlicht davon angetrieben und „normal“ motiviert zu werden.
danke Thomas.
Das ist in der Tat ein schwieriges Ding: Wie vermittelt man Sexismus-Sensibilität an den Mainstream?? Ich denke, das ist eine der Hauptmissionen dieses Blogs. Und es müssen viele viele mehr werden, die diesen Bildungsauftrag wahrnehmen.
Wenn ich mir überlege, wie Geschlechterrollen selbst im öffentlich-rechtlichen Fernsehen weiter reproduziert werden…
Die Ursachen sind wohl in der Geschichte sehr vielfältig. Misogynie reicht bis in die Antike. Das von dir genannte Beispiel ist nur eines von vielen.
Ich finde die Definition ja problematisch. Das Betonen die Unterschiede zwischen den Geschlechtern im Sinne einer Demonstration der Überlegenheit der Frau und fixierter Rollenzuweisungen an Männer ist also kein Sexismus? Nur weil das gegenüber dem umgekehrten Fall seltener vorkommt?
Katrin,
mir reicht die obige Sexismusdefinition nicht aus. Frauenfeindlichkeit ist nicht gleich Sexismus, wenn dann ist ersteres eine Spielart des zweiteren. Ich orientiere mich bei der Definition von Sexismus an der des Rassismus:
Das Weiße (Männliche) als hegemoniale Norm und der Versuch der Normierung und oder Stigmatisierung/Ausgrenzung/Pathologisierung des vermeintlich Anderen. Als vermeintlich Andere fallen hier also alle Gender hinein, die nicht der Norm entsprechen und alle Gender können die Norm weiter reproduzieren und verfestigen. Ich finde den Fokus auf den Vorgang der Normsetzung und Normierung wichtiger, denn den Fokus auf Betroffene. Sexismus ist für alle Genders gleichermaßen relevant und zurichtend, auch für Mitglieder_innen der Dominanzgesellschaft bzw. sogenannte Privilegierte.
Historisch gewachsen ist der Begriff natürlich und deshalb nicht zwangsweise zu trennen vom Androzentrismus oder sogenannter hegemonialer Männlichkeit, allerdings auch nicht mehr allein darauf zu reduzieren, dass Männer hauptsächlich in diesem Feld als Täter in Frage kommen, während Frauen die Opferrolle zugewiesen wird. So kommt mir die Definition da oben nämlich vor.
doch, Andreas. Da hast du Recht – das ist genauso Sexismus! Guter Punkt. Für mich eigentlich selbstverständlich. und trotzdem ist mir das nicht aufgefallen, dass das bei der Uni Bielefeld fehlt. Es sollte also heißen:
„Sexismus betont die Unterschiede zwischen den Geschlechtern im Sinne einer Demonstration der Überlegenheit des einen Geschlechts über das andere und fixierter Rollenzuweisungen an beide.“
@Andreas
Da kommt die Machtfrage ins Spiel, also priveligierte Position oder marginalisierte Position innerhalb einer „Gesellschaft“.
huch, Nadine! ja, ich habe gerade schon auf Andreas geantwortet, zeitgleich, als du kommentiert hast. Ihr habt beide absolut recht.
In meinem kleinen Vortrag, der der Diskussion am Samstag vorangehen wird, kommen noch einige andere Sexismus-Definitionen vor. Wie gesagt: ich habe das hier der einfachheit halber auf die eine verkürzt (nicht merkend, dass dann zu viel fehlt). Sorry!
Ergänzend hierzu noch mal ein interessanter Link zu den verschiedenen Definitionen: http://gendertalk.transgender.at/sexismus.htm
In der Diskussion muss mensch sich natürlich auf eine einigen, klar. Sexismus ist keine Verhandlungssache, die immer wieder neuerlich instrumentalisiert werden kann (meistens von Mitglieder_innen der dominanten Gruppe), um die Markierung und die Exklusion des vermeintlich Anderen zu rechtfertigen und zu legitimieren. Das geschieht dazu, unterschiedliche Akteur_innen dieser Herrschaftsstruktur gegeneinander auszuspielen (was wir ja in den Diskussionen hier nicht selten erleben), letztlich aber – und auch in der Vermittlung in den Mainstream – sollte klar werden, dass Sexismus uns alle angeht und deswegen nicht Menschen aus diesem Herrschaftsverhältnis per definitionem ausgeschlossen werden können und deswegen die Definition nicht auf Frauenfeindlichkeit beschränkt bleiben darf.
@Stephanie
Männer sind aber nicht per se privilegiert. Männer sind keine homogene Gruppe, die allein am Machthebel sitzt. Nicht mehr.
@Katrin:
Viel besser. Man könnte jetzt noch anmerken, daß Gender ja kein binäres Phänomen ist und es deswegen inkorrekt ist, von „beiden Geschlechtern“ zu reden, das ist aber schon vergleichsweise spitzfindig.
@Stephanie:
Es gibt tatsächlich auch Situationen in der Gesellschaft, in denen man als Mann marginalisiert wird, beispielsweise als Vater während eines Sorgerechtsstreits im Jugendamt.
@Nadine
hab ich so auch nicht geschrieben, aber, ja, die Implikation offen gelassen. Bei Definitionsgeschichten fällt es mir immer schwer, diese „alleine“ zu denken. Heißt: Ich möchte Begriffe, die sich auf ein bestimmtes Wahrnehmungsfeld beschränken, damit ich dieses benennen kann. Beschränke ich mich jedoch auf ein Wahrnehmungsfeld wird automatisch pauschalisiert.
Als Beispiel: „Mein Sexismus ist rassistisch.“ Ich will, dass dieser Satz Sinn ergibt und das tut er, wenn ich beim jeweiligen Begriff das Wahrnehmungsfeld des Begriffs beschränke.
Dabei kann und muss ich nicht, den Begriff Sexismus ausschließlich mit Frauenfeindlichkeit verknüpfen, muss ich jedoch nicht zwangsläufig. Vielleicht täte es dafür auch Androzentrismus – der Beispielsatz hieße dann mit der Nicht-Verknüpfung zu Frauenfeindlichkeit, aber einen gemeinten Verknüpfung: „Mein androzentrischer Sexismus ist rassistisch“.
Ob ich die Verknüpfung will oder nicht ist wiederum von ganz anderen Faktoren abhängig: Z.B. ob ich den etablierteren Begriff „Sexismus“ im historischen Verlauf bereit bin gegen den noch nicht so etablierten Begriff „Androzentrismus“ aufzugeben. Sehe ich darin eine Unterhöhlung der Frauenbewegung oder eine gerechten Umgang und eine Weiterentwicklung? Da bin ich nicht sicher.
Liebe Katrin, ich würde gern auch die Unsichtbarmachung von Frauen durch sprachliche Nichtnennung unter Sexismus fassen. So können beispeilsweise bei unserer Ministerin Schröder auf ihrer Website nur Leser per „Leserbrief“ ihre Meinung kundtun – als Leserin fühle ich mich da nicht angesprochen. Die fortwährende Interpretationsleistung erbringen zu müssen (bin ich hier mitgemeint?) ist eine Zumutung, die in der Regel nur an Frauen gerichtet ist. Das Wort gay ist auch ein gutes Beispiel dafür – sind Lesben mitgemeint, wann, wann nicht?
Herzlich, Andrea
@Nadine: strukturell sind Männer per se sehr wohl privilegiert hierzulande. Individuell mag das hin und wieder anders sein. Den Unterschied gilt es wohl zu beachten.
@Katrin :
Wenn ich die Werbemedien sehe, mit welchen kitschigen Einfachheiten Stereotype vermittelt werden.
Schuhe für Frauen, dann natürlich unser Mario Barth. Vielleicht greift eine analoge Technik. Ich denke, ein wirksames Instrument im Mainstream ist immer Humor.
Viele Marketing-Fachleute arbeiten nach diesem Prinzip, kombiniert mit AIDA.
http://www.gruenderszene.de/lexikon/begriffe/aida-prinzip
Ein witziges aber hochmarkantes Schlagwort zum Sexismus, was Frauen und Männer sofort anspricht und humoristisch packt,
was hip und cool ist, – und landet dann als Erfolgsfaktor in die Werbelandschaft oder in Humorsendungen.
Mir ist leider noch kein markantes Schlagwort – besser noch Schlagbild – eingefallen, das bei Menschen ohne Vorwissen unmittelbar positiv erkannt
wird und sofort wirkt.
@Andreas :
„Demonstration der Überlegenheit der Frau.“
Der Hinweis ist wesentlich – und hat seinen Ursprung in männlichen Wunschmythologisierungen „Frau“. Ich sehe als repräsentatives Veispiel auch das „Mundium“ zu Zeiten Chlodwigs. Die Objektivierung und gleichzeitige Betonung der weiblichen Höherwertigkeit.
Hier sind manche bewegte Männer heute leicht „Betroffene“ der Wunschbilder unserer männlichen Vorfahren, Opfer dieser
kulturellen Geschlechterhierarchien.
Sexismus gegen Frauen beendet also Sexismus gegen Männer – m.E. ein aufbrechenbarer Kreislauf.
@Andrea
Ich gebe dir recht, sobald Männer genauer definiert werden. Männliche People Of Colour, Afrodeutsche Männer, Männer mit (bestimmten) Migrationshintergründen, Schwule Männer, andere Menschen, die sich als männlich definieren, können sich wohl kaum auf strukturellen Privilegien ausruhen.
Ich denke nicht, dass Privilegien auf einem Gebiet Diskriminierung auf einem anderen ausschließe. Und umgekehrt.
Am Beispiel der afrodeutschen Männer:
Weiße deutsche Frauen besitzen weißes Privileg, das afrodeutsche Männer nicht besitzen. Afrodeutsche Männer besitzen männliches Privileg, das Frauen nicht besitzen. Das wird dann wichtig, wenn wir über afrodeutsche Frauen sprechen, die nämlich weder das eine noch das andere besitzen.
@Keks
genau. Das nennt sich denn Intersektionalität :) Nun ist aber auch hier zu differenzieren, dass Afrodeutsche Männer andere männliche Privilegien besitzen als weiße Männer. Nehmen wir noch weitere Differenzlinien hinzu, wird’s ganz kompliziert und unübersichtlich.
Deswegen ja meine Rede am Anfang, die Perspektive eher auf das Funktionieren, die Vorgänge, die Strukturen und die Diskurse von Sexismus zu legen, statt auf einzelne Akteur_innen zu fokussieren, was doch am Ende wieder mehr aus- als einschließt.
@Nadine
will auch ’ne Antwort… *männo*
Ich verstehe leider nicht, was du mir sagen willst, Stephanie :)
Oh. Ich glaube, da hab ich dann den Anschluss in der Diskussion verpasst. Oder der falschen Person geantwortet^^
Ich mag den Terminus „Sexismus gegen Männer“ nicht. Da es (verschieden ausgeprägtes) männliches Privileg gibt, ist die Väterdiskriminierung (die letztlich ja auch wieder den alten Rollenklischees entspringt, dass frau für die Kinder sorgt, während mann Geld ranschafft) meiner Meinung nach nicht gleichzusetzen mit der alltäglichen Frauenfeindlichkeit, der wir überall begegnen.
Sexismus, der Frauen unterdrückt, verletzt auch Männer, ja. Aber letztlich nur die, die nicht dem vom Patriarchat aufgestellten Klischee des „richtigen Mannes“ entsprechen. Und ja, das ist schlimm genug, nur ist es anders als auf Seiten der Frau, die letztlich gar nichts richtig machen kann. Passt sie sich an, hat sie verloren, passt sie sich nicht an, auch.
Aber vielleicht kann ich auch einfach nur das endlose Geschrei, was denn jetzt mit den armen Männern ist, nicht mehr hören. Und seh deswegen den Wald vor Bäumen nicht mehr.
Hallo,
also ich glaube es gibt unterschiedliche Formen von Sexismen, die Einteilung ist jetzt mal so aus meiner Erfahrung und nicht durch Wissenschaft hinterlegt. Sicherlich ist Sexismus nicht nur eindimensional zu sehen, wie einige beschrieben haben, aber ich glaube, das soll nicht das Thema bei der Veranstaltung sein (kann man sicherlich grundsätzlich diskutieren und nennen, aber dann befindet man sich auf einer anderen Ebene).
Also mal mein Versuch der Einteilung von Sexismen
– Offen gelebter Sexismus
Beleidigend (siehe diverse Kommentare, die ihr nicht freischaltet)
– Verdrängender Sexismus
Bestehende Benachteiligungen ausblenden wollen (post-gender). Einfach so sein wollen, wie man ist (schließlich gibt es das Anti-Diskrimierungsgesetz). Die gesellschaftliche Dimension nicht sehen wollen, weil man sich auch ansonsten mit der eigenen Rolle auseinandersetzen müsste. Quoten werden als Benachtiligungen des Mannes gesehen und nicht als Korrektiv bestehender Normen. Genervt vom Thema, ggf. die eigene Biographie als Beleg hernehmen, dass alle alles schaffen können.
– Sozialisierter Sexismus
Sich der gesellschaftlichen Dimension einfach nicht bewusst sein. Das Thema nicht als wichtig erachten. Eher unreflektiert durchs Leben gehen.
– Emanzipatorischer Sexismus
Den Versuch möglichst reflektiert und offen mit Thema in Bezig auf sich selbst und dem Umfeld umzugehen. Versuch Sexismus gering zu halten. Nicht gefeit vor der Sozialisation.
Ich glaube diese Sexismen findet man sowohl offline und genauso online und in der Wahrnehmung sind gerade die oberen drei vermutlich eher dabei als die letzte Gruppe. Auch weil es schwierig, wenn sich Menschen als emazipatorisch darstellen wollen. Das Problem ist aber dabei, dass es dann kaum Vorbilder oder überhaupt wahrnehmbare Bilder gibt.
Im Internet äußert sich Sexismus auf ähnliche Weise. Im Internet habe ich die Möglichkeit anonym zu sein: Identitäten zu wechseln, in neue Rollen zu schlüpfen, mich auszuprobieren, eine andere Seite von mir zu zeigen etc. Das trifft aber auf alle zu und nicht nur auf positive Beispiele, sondern eben auch auf negative (Stichwort: Trolle).
Ich hab gelesen, dass Frauen häufiger ihr Geschlecht nicht angeben, wenn sie es nicht müssen – für mich ein Indiz, dass sie durch die Angabe Benachteiligungen erfahren (haben). Das suggiert auch die post-gender-Perspektive, dass es ja nur noch auf das ankommt, was man schreibt und nicht mehr auf die Person. Aber meist baut man ja auch unterschiedliche Vertrauensverhältnisse auf und da fängt glaub ich in der Interaktion das antrainierte Rollenverhalten schon auch wieder mit an.
Auch die Infrastruktur des Netzes wirkt vermutlich nicht genderneutral (letztlich auch ein Produkt der Sozialisation). Ich glaube durch die Sozialisation, die Männer befördert sich wichtiger zu nehmen und Frauen auch wenn sie viel können eher ihre Leistungen klein reden (stark verkürzt), eben auch innerhalb der Informatik die großen Unterschiede bestehen, die dazu führen, dass Frauen sich ggf. nicht so viel für Informatikstudium entscheiden. Die Informatik-Welt bleibt damit männlich dominiert, was letztlich wiederum dazu führt, dass Software/Infrastruktur etc. so aufgebaut ist, dass sie eher am männlichen Userverhalten ausgelegt wird. Hier haben die Web 2.0 Anwednungen, die intuitiver sind und weniger Wissen voraussetzen die Genderwirkung etwas verringert.
Gendersensible Medienkompetenz ist auch leider noch in den Kinderschuhen…
Geschlechtergerechte Grüße
S.
@Nadine
aso! Danke für die Antwort!
Hatte mir Mühe gegeben, mich klar auszudrücken und so. Damit ist’s umso schwieriger das anders zu formulieren.
Mhh, also: Mir ging es darum, dass ich nicht sicher bin, ob ich für den Sexismusbegriff Männer als homogene Gruppe auffassen möchte und von dort weiter zu der Frage, ob das Trennen von Sexismus und Frauenfeindlichkeit eine gute Idee ist oder nicht.
Besser?
@Keks:
Ach nee, selbstverständlich entspringt Sexismus gegen Männer im Falle der Kindererziehung denselben Rollenklischees wie dem verbreiteten Sexismus gegen Frauen. Deswegen ist es ja gerade richtig, da gemeinschaftlich tätig zu werden. Genderklischees und Rollen gehören grundsätzlich abgeschafft.
Im übrigen finde ich die Aussage, daß Sexismus gegen Männer nicht Sexismus genannt werden sollte, weil er ja gegen Männer gerichtet ist – zutiefst sexistisch.
mir ist das zu spezifisch am einzelfall festgemacht. und den begriff des sexismus finde ich auch nur der gruppierung und abgrenzung dienlich. soll heißen, mir setzt das zu weit unten an.
schaut man sich alle gängigen gesellschafts- und netztheorien an, dann beinhalten sie immer eine form von hierachie. es scheint das unausweichliche in unserem dasein zu sein.
hierachien wiederum führen zur gruppenbildung auf den verschiedenen ebenen und jede gruppe verteidigt ihre position und ihr anliegen, sie versucht sich von den anderen abzugrenzen.
und in dem sinne ist das auch zwischen mann und frau. alles, was sichtlich und gefühlt ein unterschied ist, wird gruppiert. da unser gehirn recht ähnlich funktioniert, ist das verhalten noch nicht einmal verwunderlich oder sonderlich verderbt.
das aufbrechen von klischees und somit vorurteilen verlangt da etwas, was unser gesellschaftliches denken so nicht befördert. selbstreflexion und anerkenntnis von gelernten und gegenteiligen wahrheiten.. wir müssen uns als menschen selbst in frage stellen und gleichzeitig die emotionalität, die mit unseren gedanken und ansichten verbunden ist, in den hintergrund stellen.
das ist, in aller gegebenen radikalität, ein umbruch im denken und fühlen. Ein wahrnehmungstechnischer supergau, der den selbstbetrug, dem wir tagtäglich aufs neue unterliegen, als den größten feind unseres daseins definiert und dessen ergebnis definitiv nicht dem entspricht, was der einzelne sich darunter vorzustellen vermag.
klammert man das außen vor.. bleibt nur die generelle bewustseinsschaffung dafür, dass dinge nicht böse sind. das ist angleichung, stetig und andauernd.. aber nie endgültig und stark schwankend in ihrer auswirkung. vor allem aber immer mit einem gegenpart, der sie bekämpfen wird und der dadurch einen gesellschaftlichen grundkonsens generiert der irgendwo dazwischen liegt.
d.h. unterschiede sind ein latenter zustand, innerhalb derer für gerechtigkeit gesorgt werden muss, aber niemals kann und dabei ist schlussendlich auch nicht auszuschliessen.. weswegen es des gegenparts bedarf. beidseitig (!) in all seinen farben und radikalitäten, in der masse aber stark abgemildert.
bei der frage des sexismus im netz landen wir doch vor allem bei der frage, wie stark er wirklich ist. also zieht eine explizit als feministisch gekennzeichnete plattform nun nicht genau die personen an, die dagegen sind und sich entsprechend äußern? mal mehr mal weniger stark, mal ausfallend, mal dezent?
würde man das wort sexismus durch abstossungsverhalten oder gruppenkampf definieren, hätte man den gleichen effekt zwischen a, b und c-bloggern und es wäre genau das gleiche problem.
es hat was von don quijote, nur beschäftigen wir uns hauptsächlich mit uns selbst und dem, was wir als gesellschaft an uns nicht mögen und umgekehrt.
ähm… amen :P
mfg
mh
…, aus dem menschen ihre identitäten generieren. nicht nur männer definieren sich aus ihrem unterschied zu frauen. auch viele frauen identifizieren sich bereitwillig mit stereotypen, weil sie darin sicherheit und anerkennung finden. für sehr viele menschen wäre es eine katastrophe, wenn sie ihre differenz zum anderen geschlecht nicht plakativ herausstellen könnten.
einerseits: ja, Unterschiede muss man auch aushalten können.
andererseits: wären Unterschiede nicht seit Hunderten Jahren hinterfragt worden, was wäre das für eine Welt, in der wir leben?
Pluralismus: Ja Bitte!!
Stereotypismus: Nein Danke!
das heißt für mich: als Feministin ist die freie Entscheidung jeder Frau und jeden Mannes, die persönliche Entscheidung, zu leben, wie er/sie will eigentlich unantastbar.
die politische Kritik an Stereotypen und an Strukturen und Institutionen, die keine Reflexion und Hinterfragung derselben zulassen ist gleichzeitig ein MUSS!
Das ist natürlich manchmal ein Drahtseilakt, weil das eine und das andere fließend ineinander übergehen können. Aushalten können und dennoch für Veränderungen kämpfen.
Etwas m.E. recht interessantes fand ich noch hier :
http://www.faz.net/s/RubCD175863466D41BB9A6A93D460B81174/Doc~E2C15A769CE0044D28D349941D8799A41~ATpl~Ecommon~Scontent.html
„Die sexuelle Befreiung der Frau ist irgendwie missverstanden worden…“
Auch hier gibt es noch Initiativen zum Thema :
http://www.kein-sexismus.de/
http://www.cid-femmes.lu/id_article/724 (s. Bezugnahme auf Missy)
http://www.cid-femmes.lu/id_article/591 (Sexismus)
Die unterschiedliche – m.E. ebenfalls sexistische Wertung männlich-weiblich – wird auch hier angesprochen, einige interessante Denkanstöße, wie ich finde :
http://www.wirfrauen.de/02-2006/02-2006_s8.php
„Wertschätzung meint, die sportlichen Interessen und sportlichen Leistungen der Geschlechter in gleichem Maße zu achten und wertabschätzenden Verhaltensweisen entgegenzusteuern.“
Hier sehe ich auch schon die Gefahr, für spätere Orientierungspräferenzen die Weichen zu stellen, die Manche dann biologisch manifestiert
sehen möchten.
Wenn Sexismus und Frauenfeindlichkeit identisch sind, brauchen wir einfach eine neue Kategorie für die Abwerung von Männern. Ich bin sicher, dass das neue
BenachteiligtenreservatJungen- und Männerreferat im Bundesfamilienministerium bald mit ein paar Begriffsvorschlägen aufwartet. :)Jan: ich mag deine Pointe! Ha!