Und wieder eine Woche rum, in der neben all dem, was wir schon berichtet haben, auch noch das hier passiert ist im Netz:
dieStandard.at greift das Thema Börsenmakler-Studie und männliches Testosteron als vermeintliche Ursache für die Finanzkrise kritisch auf und erläutert, warum sich auch dahinter Sexismus und illegitime negative Zuschreibungen verstecken.
Da stellt sich natürlich die große Frage: Darf man sich trotzdem freuen, wenn Frauen – wie zum Beispiel in Island – nun verstärkt nach der Macht greifen? Auch wenn sie mit fragwürdigen Formulierungen wie „weibliche Werte“ und „Gefühlskapital“ jonglieren, wie Spiegel Online berichtet?
Ein kleine Hommage an die Riot Grrrls, Punkrock-Gruppen der Neunziger, geschrieben von Laura Barton (Guardian), fand sich diese Woche auf derFreitag.de.
Die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gestartete Initiative Neue Wege für Jungs ermuntert dazu, auch Jungen am sogenannten „Girls‘ Day“ traditionell weniger typische Männerberufe beschnuppern zu lassen. Wie hier zu lesen ist.
Die Sendung „Mona Lisa“ hat den „Prix Courage“ an mutige Frauen verliehen – wie sueddeutsche.de berichtet.
Ein heißes Eisen – immer wieder – dass selbst feministische Mütter in zwei Lager zu spalten vermag ist die Frage nach dem Stillen. Feministing hat vor heißen Eisen ja bekanntlich keinen Respekt, und zitieren eine ziemlich kämpferische Jennifer Block mit den Worten: „It’s no wonder women are ready to burn their nursing bras.“ Warum – das könnt ihr hier nachlesen. Und gleich die aufgeregte Diskussion im vorbeigehen mitnehmen – war ja erwartbar ;) – sie ist aber angenehm sachlich.
Soll ich mal etwas zu dieser Börsenmännertestosteron-Krisenspekulationsundinterpretationswut sagen? Ist genau genommen politisch nicht gerade astrein- wiederspricht den bisher bekannten statistischen Erkenntnissen über den Arbeitsmarkt (und noch vielem anderen auch)- aber ich glaube, wie schon einmal angetönt, dass sich unsere Gesellschaften wieder einmal in einem experimentellen Stadium befinden- was ich persönlich als ungeheure Chance sehe:
Mehr Frauen an die Macht- probieren wir’s doch einfach mal aus! Man kann ja mal eine zeitlich befristete Quote einführen, wie ich letzthin irgendwo gelesen habe.
Und jetzt stecke ich für diesen aus der Hüfte abgefeuerten Gedanken wahrscheinlich erst einmal Prügel ein. Isch guet- macht nix.
@Marcel: Sehr schön ausgedrückt. Hätte ich nicht besser sagen können. Frauenquote ist ein Schuss aus der Hüfte. Und Schüsse aus der Hüfte sind eben unpräzise und treffen häufig nicht das Ziel, sondern richten knapp daneben erheblichen Schaden an.
Deshalb: Sein lassen.
@Marcel: an welchen zeitraum denkst du so?
@ Johannes Müller: Du meinst, wir können in Kürze wieder zur „Tagesordnung“ zurückkehren? Zu welcher Tagesordnung denn? Diese Krise ist eine Systemkrise 8im Sinne der Finanz- und Kapitalmärkte)- nicht das Ende eines Konjunkturzyklus nach der klassischen, ökonomischen Lehre. An den Börsen sind nicht die Börsenkurse selbst- sondern vielmehr das Finanzsystem und seine Mechanismen dahinter zum Problem geworden- also nix Vergleichbares mehr mit 1987 (man sagt, erster computergenerierter Crash) 2000 (Dotcom), oder 2001 (WTC) und jetzt, seit 2008 (Subprime). Sehr gut liesse sich das anhand der Volkswagen / Porsche-Geschichte illustrieren (und dort v. a. wegen dem derivative Einfluss im Zusammenspiel mit der Ad hoc-Publizität, dem Streubesitz-, bzw. Free Float u.v.a.m.). Nur den Bankern die Schuld in die Schuhe zu schieben, finde ich allerdings mehr als fragwürdig- dahinter können sich viel zu viele verstecken, die ebenfalls mitschuldig sind. Als Schweizer habe ich notabene eine realitiv hohe Affinität zum Bankenwesen- ein Schweizer oder eine Schweizerin lernt- im Gegensatz zum Rest der Welt- kurz nach der Geburt nicht etwa zuerst Mama oder Papa sagen, sondern natürlich zuerst die Namen der grössten Banken im Lande aufzusagen… ;-) Wir haben es hier, um den Bogen etwas weiter zu spannen, mit einer Krise des westlichen Gesellschaftssystems zu tun. Das ist eine Chance- schliesslich experimentieren unsere Eliten aus Wirtschaft und Politik zur Zeit ja auch gerade herum, weil die Krise die vorherrschende Interpretation wirtschaftlicher Zusammenhänge wiederlegt hat: Die neoliberale Mischform hat soeben Schiffbruch erlitten!
@ rahab: Ja, der Zeitraum, das ist natürlich schon die Frage. Wie lange wäre vernünftig genug? 5 Jahre? 10 Jahre? Diese Kurzfristigkeiten haben uns alle kurzatmig gemacht. Es muss alles schnell gehen, Erfolge müssen sofort nachweisbar sein. Der technologiegetriebene Umgang mit der Zeit führt zu falschen Erwartungshaltungen. Die Frage überfordert mich, ehrlichgestanden. Aber wir können ja mal versuchen, weiter zu experimentieren. Brain Storming-mässig würde ich vorschlagen: Die Gedanken sind schliesslich frei…
@Marcel:
Es gibt noch eine dritte Alternative neben Schuss aus der Hüfte und Rückkehr zur Tagesordnung: Den sorgfältig gezielten Schuss.
na gut, Marcel: unter einhundert jahren ist da nichts zu machen. mindestens! das reicht wahrscheinlich gerade mal für ne kurze erholung. also: dreihundert. als ausgedehnte probephase.
@ Johannes Müller: Der erste Schuss gehört Dir!
@ rahab: Gut, das Matriarchat lässt sich natürlich nicht über Nacht einführen- das dauert im allgemeinen schon länger (s. Patriarchat: Mehrere dausend Jahre!)…
@Marcel:
Ziel ist anvisiert: http://de.wikipedia.org/wiki/Freiwirtschaft
Jetzt heißt es sorgfältig zielen. Aber das ist hier off topic.
@Marcel – wer vermutet in quote denn gleich matriarchat? ich nicht. und ob patriarchat wirklich mehrere tausend jahre andauert ? – ich habe da zunehmend zweifel dran.
also: wenn wir es hier mit einer krise des westlichen gesellschaftssystems zu tun haben – wogegen ich nicht widersprechen möchte – dann müssen wir für dessen ‚umbau‘ schon etwas mehr als 5-10 jahre veranschlagen. auch wenn das bedeutet, dass wir das gelungene ende nicht mehr erleben werden (wir werden immerhin den enkel_innen auf dem sterbebett sagen können, wir seien beim allerersten anfang dabei gewesen. das ist doch schon was!)
@ Johannes: Den Link muss ich nicht einmal öffnen- die Argumentation ist allgemein bekannt. Aber ist Off-topic, stimmt.
@ Johannes: Aber soviel kann ich schon noch sagen: Im Zentrum steht das Geld. Das Geld als Ware. Silvio Gsell, ein Schweizer übrigens, hat das hier Vorgeschlagene umgesetzt- erfolgreich.
@ rahab: Ich fand Deine Antwort etwas einsilbig und provokativ. Ja, wir stehen am Anfang. Den Anfang machen wir. Von unseren Eliten kann man es ja nicht mehr erwarten. Aber Worte sollten wir wenigstens einmal finden- vor allem für das, was sich jenseits der ökonomischen Gesetzmässigkeiten ändern sollte- nämlich beim Zusammenleben der Menschen; im gesellschaftlichen Gefüge. Am Anfang steht immer der Mensch.
@Marcel: Und ich kann soviel sagen:
* Der Mann heisst Gesell, nicht Gsell
* Er war kein Schweizer (oder wurde er eingebürgert?)
* Es geht nicht um Gesell sondern um seine Theorie
* Er wollte gerade das Gegenteil von dem, was du schreibst, nämlich dem Geld seinen Charakter als Ware nehmen und durch einen reinen Zahlungsmittelcharakter ersetzen.
So. Und jetzt einigen wir uns auf off-topic?
„Er wollte gerade das Gegenteil von dem, was du schreibst, nämlich dem Geld seinen Charakter als Ware nehmen und durch einen reinen Zahlungsmittelcharakter ersetzen.“
Habe mich verschrieben. Kleiner Tip: Nur weil Du in einem anderen Thread auf die Kappe kriegst, musst Du Deine Wut ja nicht gleich an mir auslassen, ok?
@Marcel: Tut mir leid. Da hast du etwas anders interpretiert als von mir beabsichtigt. Ich sehe es werder so, dass ich in einem anderen Thread auf die Klappe bekomme, noch dass ich meine gar nicht vorhandene Wut an dir ausgelassen habe. Sorry, wenn das bei dir so angekommen ist. Aber es liegt mir fern, irgendwelche Wut an dir oder sonstwem auszulassen. Ok?
*handreich*
@ Johannes: Isch guet.
Jetzt mal an die Bar einen oder zwei trinken gehen. Oder drei oder vier. Oder…
Schönen Abend ;-)
vielleicht, ihr zwei beiden, sollten wir besser über das stillen debattieren?
Stillen? Das ist eine gefährliche Sache- macht zwingend süchtig! Und zwar vom ersten Mal an… bis ans Ende aller Tage. Manchmal wär’s mir lieber, es wäre anders. Nur manchmal. Unfrei aber schön abhängig zu sein. Da fällt mir ein schweizer Schriftsteller ein, der die männliche Seele im Bezug auf die Frauen mal ganz anders als gewohnt durchleuchtet. Gerade präsent:
„Frauen sind nur an den äusseren Erscheinungsformen der männlichen Macht interessiert.“ Es ginge dann weiter.
Empfehlenswertes Buch: „Zündels Abgang“ von Markus Werner. Da dreht einer durch- bemerkenswertes Buch über das Innenleben eines Mannes, dessen Frau im allgemeinen Wahn des Second-Wave-Feminismus auf Gedanken kommt, die schlussendlich sein Leben vollständig aus den Angeln heben (weil er sie, die geliebte Frau, völlig missinterpretiert)- bis er dann, aufgrund zahlreicher Missverständnisse, freiwillig und völlig entrückt aus dem Leben scheidet. Wenn wir schon beim „kollektiv verunsicherten, männlichen Ego“ in der Postmoderne sind, wie jj schreibt. Ist ein Buch aus den Achzigerjahren.
Über die weibliche Unsicherheit ist mir bis anhin noch kein Buch bekannt, das literarisch etwas hermachen würde…
Zweifellos ein Manko: Das impliziert nämlich, dass nur ein Geschlecht verunsichert ist- was ja auch der mediale Grundtenor ist. Aus welchen Gründen auch immer.
Aha?
jetzt, Marcel, weiß ich ja nicht, wie ich „literarisch etwas hermachen“ verstehen darf. und wie besser nicht. – aber: ich werd es dann mal so verstehen wie ich will und mal ein bißchen in den regalen gucken….
„unfrei aber schön abhängig zu sein“ – darum geht es ja wohl, bei der verunsicherung.
@ rahab: Lies das Buch- es ist nur schon sprachlich ein Erlebnis! Literarisch etwas hermachen ist die Differenz zu Jerry Cotton oder Mr. Dynamit ;-)
Bin gerade aufgestanden- und habe das Falsche gelesen. Ja, ein Buch über die weibliche Unsicherheit- das wär mal was! Bei meiner Empfehlung bleibe ich trotzdem.
komm jetzt nicht so zum gucken – denn,weil usw…. aber: wie wär’s mal mit flugasche von Monika Maron. oder kindheitsmuster von Christa Wolf? mal unter dem gesichtspunkt ‚unsicherheit‘ gelesen.
schau an – in der heutigen taz: Kathrin Schmidt, du stirbst nicht. online leider nicht gefunden. die besprechung klingt sehr nach verunsicherung.
wie wär’s mit lesen und berichten?