Ist es noch sinnvoll, das Ding „Feminismus“ zu nennen?

Thea Dorn empfindet den Begriff „Feminismus“ als zu verbrannt, als dass man in Zukunft noch etwas Positives mit ihm anfangen könnte; sie wollte es lieber die „F-Klasse“ nennen. Die Autorin Jana Hensel sagte im satt.org-Interview: „Ich mag das Wort, ehrlich gesagt, nicht besonders. Es klingt nach Bewegung, Kampf, schlechtem Gewissen und Besserwisserei. Ich vermeide es, so oft es geht.“

Und ihr? Bezeichnet ihr euch als Feministin oder Feminist? Oder bevorzugt ihr eine Alternative? Wenn ja, warum?

Wenn ihr Vorschläge für Grundsatzfragen habt, dann mailt sie an mannschaftspost(at)web.de.

55 Kommentare zu „Ist es noch sinnvoll, das Ding „Feminismus“ zu nennen?

  1. ähm, ja… ich benutze das wort. viel und gerne. trotz einiger kritik sollte man sich doch dafür nicht schämen sondern die negative konnotation lieber wieder positiv besetzen. das aber geht nur wenn man sich traut und hinter dem wort steht, oder nicht? für mich ist feminismus und oder feminist/in ein wunderschönes wort und keinesfall negativ zu verstehen.
    das einzige was ich gerne noch zusätzlich sage ist, dass männer großartig sein können, genau wie frauen. ich bin schließlich nicht nur feministin, sondern auch menschenfreund und männerfan!

  2. mir sagt das f-wort nicht (mehr) so zu, weil es sich zu sehr auf frauen fokussiert.

    das find ich aus zwei gründen ungünstig:
    a. weil ich es für essentiell halte, auch die probleme, persönlichkeitsbeschneidungen und diskriminierungen, die ‚das patriarchat‘ (TM) für (gender-)jungen und männer darstellt bewusst zu machen, anzuprangern und zu bekämpfen

    b. es in die geschlechter-dualitäts-kerbe schlägt, die eigentlich eines der hauptangriffsziele im kampf um emanzipation darstellen sollte

    ich benutz den begriff für mich daher normalerweise nicht, außer aus ‚provokations‘-gründen.
    da find ich „emanze“ immer noch besser, weil es sich nicht auf das frauen-ding reduziert.

    ich seh mich als „respectistin“: http://ill66.piranho.de/respect/respectismus.htm (vorsicht, grausames „design“ ;) )

    zum feminimus-begriff hab ich hier mal einen überarbeiteten älteren text von mir reingestellt (das mit den trackbacks hab ich noch nicht kapiert ;) ):
    http://gender-fuck.blogspot.com/2008/05/feminismus.html

  3. Ja, die Frage stelle ich mir auch des öfteren. Erst letzte Woche in einem Gespräch mit Verena Fiebiger von Zündfunk antwortete ich auf ihre Frage, ob ich mich denn auch als Feminist bezeichnen würde, dass dieser Begriff doch durch seine geschichtliche und seine sprachliche Bedeutung weiblich geprägt sei, also fände ich das etwas unpassend, als Mann diesen Begirff zu nutzen.

    Und doch musste ich wieder intensiver drüber nachdenken, denn es schwingt in dieser Verneinung eine gehörige Portion Zweifel mit: erstens bin ich ja auch dafür, dass meine Frau, Tochter, Mutter etc nicht benachteiligt oder diskriminiert werden, zweitens ist feminin ja doch nicht gleichbedeutend mit der biologischen Frau (also so betrachtet muss ich mich ja auch feminin>feministisch bezeichnen dürfen) – und drittens will man(n) (ich) sich ja weder von Feministinnen distanzieren, noch aus dem Diskurs ausgeschlossen werden.

    Insofern trifft Feminismus die Sache doch recht genau auf den Punkt. Wenngleich bei (vermutlich) den allermeisten nicht-feministisch engagierten Menschen der Begriff eher Besorgnis, Zurückschrecken, Aggression und sonst noch alles mögliches andere Kontraproduktives auslöst. Und das, ja, ist dann vielleicht doch so bedauerlich, dass, wie illith auch sagte, und wie Alice Schwarzer dann doch noch immer unterstreicht, eine andere Bezeichnung nicht schlecht wäre. Wogegen wiederum die Werbewirksamkeit des Begriffs Feminismus auch nicht zu unterschätzen ist. Zweischneidiges Schwert. Mehr Meinungen dazu würden mich sehr interessieren.

    „Emanze“ (oder – fast als etwas verquere Abwandlung davon – Emanzist) hat zwar auch einen komischen Beigeschmack, aber ich habe mich mittlerweile auch ganz gut damit angefreundet; es hängt ja doch immer von der gemeinten Person ab: Gestern Abend las ich ein Porträt der von mir seit Kindheitstagen sehr verehrten Gianna Nannini ( http://www.siegessaeule.de/musik.shtml ), die ich für ihre fantastische Energie, ihr Charisma und ihre vielseitige Intelligenz liebe (kaum jemand weiß z.B., dass sie ein klassisches Kompositions- und Klavierstudium und einen Doktor in Philosophie gemacht hat / und die als Feministin der Generation 70er Jahre bedauerlicherweise total ignoriert wird, jenseits von Homosexuellenzeitschriften jedenfalls), und für sie fände ich die Bezeichnung Emanze dann doch sehr passend.

  4. Es gibt genug Störmungen im Feminismus also kann man es ruhig benutzen, mit kurzer Erklärung vielleicht. Ansonsten mag ich lieber „Gleichstellung“ oder „Gleichberechtigung“ als Bezeichnung des Feminismus der mir am vorschwebt.

    „Feminismus“ ist zwar negativ besetzt aber das lässt und wird sich über die Jahre ändern.

  5. Illith, interssanter Artikel :)

    Ich finde, das Essay von Lisa Ortgies zum Thema „sexy Feminismus“ ist in dem Zusammenhang gar nicht schlecht – das Problem ist doch relativ einfach –

    Niemand weiß was genau eigentlich „Feminismus“ ist und der wesentliche Unterschied zwischen den „Alphamädchen-Feministinnen“ und den „klassischen Feministinnen“ ist ganz offenbar die soziologische Theorielastigkeit, der Unwille der neuen, das Leben in pseudo-marxistische Schablonen zu zwängen, und der Unwille der alten, zu erkennen, daß Geschlechter gar nicht immer kämpfen müssen, sondern sich gegenseitig bedingen. Und das nach einem Leben an Front. Das ist ganz sicher nicht einfach, psychologisch gesehen. Da ist es doch viel praktischer, die Realität einfach weiter auszublenden. Lisa Ortgies‘ Theorielsigkeit und – für mich zumindest erstaunliche offenbare Unkenntnis der Ideengeschichte des Feminismus – stellt sie eindeutig auf die Seite der Alphamädchen:

    „Halten Sie mich für ignorant, aber ich habe erst bei der Recherche zu diesem Text erfahren, dass Differenzialfeministinnen den Radikalfeministinnen vorwerfen, sich an männlichen Idealen zu orientieren. Dass Vertreterinnen des kybernetischen Feminismus die Aufhebung der biologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern fordern. Oder dass der gynozentrische Feminismus genau diese Unterschiede verteidigt und feiert.

    To cut it short: Es gibt vier Haupt- und elf Unterströmungen des Feminismus, die sich in ihren Theorien teilweise gegenseitig aufheben. Darunter auch der freudomarxistische, anarchistische oder marxistische Feminismus. Auf die Gefahr hin, dass jetzt einige von euch ihr Abo kündigen: Bin ich die einzige, die in dieser Aufzählung eine gewisse Komik entdeckt?“

    Wer sich die die Tradition „des Feminismus“ stellen will, sollte deshalb genau wissen was er/sie tut, denn wie bei allen sozialen Bewegungen ist das Ergebnis durchwachsen und eine wischi-waschi-Definition zum Thema „Gleichberechtigung von Frauen und Männern“ ist einem „ISMUS“ aus meiner Sicht nicht angemessen. Wer die Tradition und Marke nutzen will, bekommt die Probleme gratis dazu –

    Ortgies – „Ich selbst war ja zu jung, aber ich weiß von Augenzeuginnen: Ja, es gab damals tatsächlich Frauenläden, die am Eingang die Windeln der mitgebrachten Säuglinge nach einem Pimmel durchsuchten, um dann allen Knabenmüttern den Zutritt zu verwehren. Kann man über solche bühnenreifen Auswüchse vielleicht auch mal ein paar Lachtränen vergießen?“

    Vielleicht, aber eigentlich nur dann, wenn mit dem Lachen auch eine Anerkenntnis der Übertreibungen, des Blödsinns und der schadhaften Konsequenzen einhergeht. Ich kann ja auch nicht sagen, ich als deutscher Stehe in der Tradition von Goethe und Kant und die dunkleren Kapitel (hoffentlich noch keine Godwin’s law Verletzung…) in meinem Traditionsbegriff weglassen. Die Frau, die Andy Warhol anschoß, war schließlich auch „Feministin“
    http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/2063/_der_mann_ist_eine_biologische_katastrophe.html
    und

    „Solanas war Gründerin und einziges Mitglied einer radikalfeministischen Gruppe namens S.C.U.M. – was Abschaum heißt und gleichzeitig die Abkürzung für „Society for cutting up men“ war – „Gesellschaft für das Schlachten von Männern“.

    Sie hatte ein „S.C.U.M.-Manifesto“ verfasst. Darin hieß es: „Heute ist es technisch möglich, sich ohne die Hilfe der Männer […] zu reproduzieren und ausschließlich Frauen zu produzieren. Wir müssen sofort damit beginnen. Der Mann ist eine biologische Katastrophe: Das männliche y-Gen ist ein unvollständiges weibliches x-Gen, das heißt, es hat eine unvollständige Chromosomstruktur. Mit anderen Worten, der Mann ist eine unvollständige Frau, eine wandelnde Fehlgeburt, die schon im Genstadium verkümmert ist. Mann sein heißt, kaputt sein; Männlichkeit ist eine Mangelkrankheit, und Männer sind seelische Krüppel.“

    Folgerichtig forderte die paranoide Feministin die vollständige Ausrottung des männlichen Geschlechts und schlug die Einrichtungen von Selbstmord-Zentren vor, in denen einsichtige Männer dann „unauffällig, schnell und schmerzlos vergast“ werden sollten.“

    Auch heute gibt es noch verblendete Propagandistinnen eines weiblichen Separatismus, deren Sozialutopien als „feministisch“ bezeichnet werden.

    Da aus meiner Sicht „Feminismus“ kein Synonym für „Geschlechtergerechtigkeit“ und untrennbar mit den theoretischen Altlasten der zweiten Welle verbunden ist (die Sache mit den Wellen ist ja auch erst der „zweiten Welle“ eingefallen und Sufragetten werden auch heute noch primär als Sufragetten bezeichnet und nicht als „first wave feminists“) ist, wären für mich die Marke und damit die spezifische Tradtion der Bewegung und der Ideologie der einzige Grund für die Verwendung des Begriffs. Aber das geht eben nicht ohne die problematische Seite anzuerkennen und in der Diskussion mitzudenken.

  6. Das hat mich auch erstaunt bei der Lektüre des Ortgies-Artikels: Dass eine (aus damaliger Sicht) angehende Chefredakteurin der Emma für ihren Artikel offenbar erst mal die unterschiedlichen Feminismus-Richtungen googeln musste.

  7. Da ich als ‚Sandwich-Feministin‘ (Nicht Mütter- und nicht Töchtergeneration, sondern irgendzwie dazwischen) mich lieber politisch für bestimmte Ziele einsetze, als darüber Wissen anzusammeln, wieviel und welche Strömungen es gegeben hat und mutmaßlich noch geben wird, arbeite ich gerne auch daran, Klischees zu sprengen. Und bevor ich einen neuen Begriff finde, den ich mühsam über Jahre etablieren und formen muss, nehme ich lieber den alten und versuche, ihm ein neues Gesicht zu geben. Deshalb finde ich auch die Aktion der Fawcett-Society klasse, die in diese Richtung geht.

    http://www.fawcettsociety.org.uk/index.asp?PageID=100

  8. Sich auf eine Stufe mit dem Leser stellen, statt von oben herab Wissen gütig zu verteilen, ist ein Stilmittel, dessen sich auch Kolumnen bedienen. Dass LIsa Ortgies als Person tatsächlich keine Ahnung hatte, möchte ich daraus nicht herleiten. Auf jeden Fall hat sie Recht, wenn sie befürchtet, dass solcherlei Widersprüche es jeder Frau, jedem Mädchen erschweren, sich mit dem Feminismus zu identifizieren. Jede, die nicht Gender Studies belegt, hat meist weder Zeit noch Lust, sich durch diesen Theorieberg zu wursteln, wenn ihre Ziele schlicht gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, Wahrung der körperlichen Integrität,gleiche berufliche Möglichkeiten lauten.

    Zum Begriff des Feminismus: Viele Leute schalten da gleich ab, was sehr schade ist, denn meistens beschreibt das ihre Ideen und Ansprüche ans Leben sehr gut, ob es sich um Frauen oder Männer handelt. Andererseits sind einige Aspekte im den Begriff nicht eingefasst, etwa Rassismus oder Probleme von Behinderten. Leider fehlen sie (daher?) auch im Bewußtsein von Feministinnen und Feministen. Es kann aber nicht angehen, dass man einer Türkin sagt, „wir helfen dir gegen die Diskrimination als Frau, aber nicht, wenn man dich danach noch diskriminiert weil du Ünsel statt Ursula heißt.“

    Das Label „Feministin“ darf man mir trotzdem gerne anpappen, sollte aber darauf gefasst sein zu hören, was da meines Erachtens eben noch dazugehört.

    P.S.:Warum Jana Hensel nun meint, Bewegung sei schlecht, versteh ich nicht. Stillstand wird jedenfalls nix ändern in der Gesellschaft.

  9. Wow, jj, das war erkenntnisreich.

    Ich halte diese Grundsatzfrage für eine sehr wichtige, ich bin nämlich nicht zufrieden mit den Äußerung von Thea Dorn und Jana Hensel. Dass Feminismus Bewegung, Kampf, schlechtem Gewissen und Besserwisserei klinge, hätte ich gerne von Jana Hensel erläutert bekommen. Was ist das Problem mit Bewegung und Kampf? Ist es nicht notwendig, dass wenn wir gesellschaftliche Veränderungen wollen, dafür kämpfen und uns einsetzen wollen?
    Auch die Argumentation von Thea Dorn reicht mir nicht aus. Dass das Wort Feminismus verbrannt sei, liegt doch nicht nur an separatistischen feministischen Theorien, sondern auch an den Vorurteilen, die einen Feminismus notwendig machen. F-Klasse als Alternative? Wir leben doch erstens nicht in einer Klassengesellschaft und sind zweitens keine Autos.

    Beide Ansätze wirken auf mich mehr nach Schwanzeinziehen.
    „I’m not a feminist, but…“

  10. Ich mag den Feminismus nicht. Echt nicht. Eben, weil er sehr einseitig ist. Weil oft aus feministischem Kreis der Vorwurf kommt, Männer wären grundsätzlich beleidigt, wenn sie in irgendwelche Kreise nicht eingelassen würden (z.B. anerkannte Opfer häuslicher Gewalt), während andererseits feministische Kreise darauf pochen, dass Frauen in alle Kreise aufgenommen werden (z.B. verfolgte Homosexuelle im 3. Reich). Das sind schlicht und einfach doppelte Standards.

    Nun kann es natürlich sein, dass diese Auffassungen von klar von einander getrennten Bereichen kommt, das heisst, dass die FeministInnen, die auch Lesben beim Mahnmal beachtet wissen wollten, sich auch dafür einsetzen, dass männliche Opfer häuslicher Gewalt mehr Beachtung und Hilfe finden; ich bezweifle es jedoch.

    Also, ich finde Feminismus nicht so toll. Deswegen ärdert es mich immer so verdammt, wenn ich beispielsweise heute im Radio eine gaanz laangsame Erklärung höre, was denn „Abseits“ bedeute, und diese erklärung mit den Worten schließt: „… dann nennt man das „Abseits“, meine sehr verehrten *Damen*.“ Dann denke ich mir immer, genau, solche Beiträge im öffentlichen Radio liefern dem Feminismus seine Daseinsberechtigung. Bläh!

    Ich bin ein Mann. Ich weiß was Abseits ist, weil ich es vor zwei Stunden erklärt bekommen habe. Übermorgen weiß ich es vielleicht nicht mehr. Wieso wird davon ausgegangen, dass keine Frau weiß, was Abseits bedeutet? Wieso wird davon ausgegangen, dass jeder Mann weiß, was Abseits bedeutet? *grummel*

    Was ich mir wünschte: Das Aufgeben von gender/rasse/national/sonstiges-spezifischen Vorurteilen. Der Cartoon „Wow, you suck at math – Wow, girls suck at math“ ist bekannt. Ginge es nicht um Mathe, sondern ums Häkeln/Kochen/Saubermachen, könnte man den gleichen Cartoon mit umgekehrten Geschlechterrollen machen. „Wow, du kannst echt nciht putzen! – Wow, Männer können echt nicht putzen!“ Wobei dann manchmal die Rechtfertigung kommt: „Na, das stimmt doch auch, dass Männer das nicht können.“ Vorurteile gegenüber Frauen: Pfui! Vorurteile gegenüber Männern: Nun, die stimmen doch!

    Ich denke, man kann gegen solche Vorurteile nur sinnvoll ankämpfen, wenn man sich seiner eigenen Vorurteile bewusst wird. Es ist 1.) intellektuell unredlich, wenn man Vorurteile gegen seine eigene Gruppe verurteilt, während man Vorurteile gegenüber einer anderen Gruppe weiter pflegt und dürfte 2.) hauptsächlich Trotz bei der anderen Gruppe hervorrufen, wenn sie darauf aufmerksam wird. Von daher sollte sich die Bewegung zur Erreichung gleicher Rechte für Männer und Frauen auch mit der Benachteiligung von Männern in der Gesellschaft beschäftigen, damit sie aus einer Glaubwürdigkeitskrise aufgrund ihrer Einseitigkeit herauskommt. Das sollte dann vielleicht auch nicht Feminismus heißen, da das doch eher gynozentrisch klingt.

    So, und wer jetzt alles beim Bullshit-Bingo gewonnen hat, bitte melden!

  11. @illith Hallo, habe mir den velrinkten Beitrag auf deinem Blog angeschaut und kann insbesondere dem Abschnitt über „Opferfeminismus“ nur zustimmen. Aber …

    Kennst du das Konzept von „Memen“ nach Richard Dawkins? Dort hat er dargestellt, dass sich Gedanken oder Weltansichten oder sonstiges nach ähnlichen Verfahren vermehren, überleben und aussterben wie Gene. Er hat auch festgestellt, dass Meme der Art „X unterdrückt Y“, wobei X und Y für gesellschaftliche Gruppen stehen, besonders erfolgreich sind: „Die Bourgeoisie beutet das Proletariat aus“ fällt mir spontan ein, das Buch habe ich grad nicht parat. Insbesondere sind solche Meme für Ideologien geeignet. Das „Schöne“ ist, dass man diese Meme nicht angreifen kann, ohne sich auf die Seite der „bösen“ X zu stellen, und sich dadurch in den Augen der vom Mem überzeugten Person sofort moralisch zu disqualifizieren.

    Die Aussage „Die Männer unterdrücken die Frauen“ passt vollkommen in dieses Schema hinein, vielleicht ist der Opferfeminismus deshalb so erfolgreich.

  12. Ich darf mich nur „Feminist“ nennen wenn ich mich an der Gleichberechtigung von Frauen beteilige. Damit würde ich mich selbst zum Feind machen wenn ich mich mit der gleichen Attitüde wie die Feministinnen beteiligen würde. Sobald es um meine Gleichberechtigung, Gleichstellung, Perspektiven, Individualität geht bin ich beim Feminismus sicherlich an der falschen Adresse, außer Feministin profitiert davon. Vom Männerhass konnte sich noch kein Feminismus distanzieren und mit Männerthemen will sich Feminismus sowieso nicht beschäftigen, außer wie schon geschrieben Feministin profitiert davon.

    Feminismus klingt für mich nach Schuldzuweisung an Männer, Frauenlob, Geheimnistuerei, Propaganda und Besserwisserei. Die Beweise dafür brauch ich gar nicht lange suchen, die findet man auch hier im Blog.

    Da bleibt für mich nur eine andere Bewegung die sich in ihrer Definition auch um meine Gleichberechtigung beschäftigt, mich nicht grundsätzlich diffamiert und wo auch andere Parteien Diskussionsbereit sind und sich bewegen können.

  13. Mir fiel da noch etwas ein:

    Aus einem Gedicht von Ani DiFranco: „Grand Canyon“

    […] To let the truth out:
    Coolest F-word ever deserves a fucking shout!
    Why can’t all decent men and women call themselves feminist?
    I mea, out of respect for those who fought for this[…]

    @Katrin I agree!

  14. ja Matze, ähnliche Gründe hatte ich, Thea Dorn beim Lesen ihres Buches zunächst zuzustimmen und dann eben auf Geschlechter-Demokratie auszuweichen. Aber irgendwie ist das deswegen doof, weil Feminismus international betrachtet doch viel mehr ist, als das von dir geschilderte Bild, sondern eben genau mit dem Bild der Geschlechterdemokratie übereinstimmt und deswegen konnte ich mich – auch nach der Lektüre von „Wir Alphamädchen“ – diesem Begriff DOCH anschließen.
    Das mit dem Opfer-Feminismus stimmt, dieser Streit kommt immer wieder. Ich stehe da auf deiner Seite (Matze) und muss ganz doll betonen: Für mich ist der Mann an sich nicht der Feind! Eva Herman ist der Feind und Frank Schirrmacher – ja. Aber das hängt nicht am Geschlecht fest.
    Dazu empfehle ich mal – ganz eigenwerblerisch – meinen Neon-Artikel Frauen = Opfer, Männer = Täter?“.
    Liebe Grüße

  15. Ich persönlich fühle mich hier nicht genötigt, extra zu betonen, daß Männer nicht meine Feinde sind, obwohl ich Feministin bin. Da gehen wir doch nur der negativen Konotation auf den Leim.
    Besser ist doch, zu sehen, ob man Gemeinsamkeiten findet, für die sich alle (!!!) Geschlechter einsetzen können.

    @Goofos
    Wenn Du in diesem Blog irgendwelche Beweise für Deine gut gepflegten Vorurteile findest, ist das nicht weiter verwunderlich -> selektive Wahnehmung. Wenn jemand Auslassungen von bestimmten Männern daneben finde, heißt das übrigens nicht, daß er/sie alle Männer daneben findet. Soviel Freiheit muss sein!!!

  16. Dann geh doch bitte mal darauf ein wie du den Feminismus definieren würdest und was das mit Männern zu tun hat, wie sie mitmachen können und wieso sie sich Feminist nennen sollen? Ganz gewaltig würde mich dabei interessieren wieso das nicht einseitige Interessen sind?

  17. @Goofos: Was der Feminismus mit Männern zu tun hat?
    Nur ein Beispiel: Der moderne Feminismus, wie er u.a. in diesem Blog propagiert wird, will Gleichberechtigung. Dass Väter Rechte bekommen, die Mütter haben. Wie Elternzeit: Das wird sich für Männer gesellschaftlich erst dann durchsetzen, wenn Männer und Frauen gleich verdienen. Bevor das nicht passiert, wird in den meisten Fällen derjenige weiterarbeiten, der mehr verdient. Und das ist in den meisten Fällen: der Mann. Also hast Du, lieber Goofos, ein berechtigtes Interesse daran, dass der Feminismus gleiche Gehälter durchsetzt. Der Feminismus kämpft sozusagen für dich mit. Weil Du dann endlich Elternzeit nehmen kannst, ohne dass Deine Familie finanzielle Einbußen hinnehmen muss, und hoffentlich ohne dass Dein Chef Dich als Weichei im Wickelvolontariat auslacht.

  18. Danke, Bastian. Dem kann ich auch nix mehr hinzufügen, außer, dass Mann noch mehr Anregungen beim Nachbarthema Mathe findet. Gehe mal davon aus, wenn Männer und Frauen sich für eine Bildungspolitik einsetzt, die das individuelle Lernen fördert und ein Gegengewicht zu gesellschaftlichen Stereotypen bildet, hätten Mädchen und Jungen was davon. Und zwar ihr ganzes Leben!

  19. Das habe ich schon verstanden, siehe weiter oben: „… außer Feministin profitiert davon.“

    Das miteinander zu tun haben hört aber spätestens dann auf, wenn ich den Feminismus einfach kritisiere oder eine einfache Gegenbehauptung habe. Da scheitert eigentlich jede Diskussion am Wiederholen von feministischen Parolen und Phrasen frei nach dem klassischen Prinzip Mann=Feindbild/Täter… was auch immer. Spätestens dann hört es auch bei mir auf, denn Feminismus ist für mich kein Freifahrtschein von unberechtigten Schuldzuweisungen und natürlich nicht Männer zu diffamieren. Skuril wirds z.B wenn hier MANNdat als Psychopathen bezeichnet werden, obwohl diese die Elternzeit von Männern auch auf ihrer Liste haben oder Bildungsmisserfolg der Jungs feministisch verwertet wird um einen Missstand von Mädchen anzuprangern. Wenn der modern propagierte Feminismus nichts weiter ist wie der alte Feminismus nur mit Porno, dann ist das etwas auf das wir sicherlich Verzichten können und ich versuche dann doch lieber mein Glück in einem -mus der auch für wirkliche Gleichberechtigung steht und sich nicht auf „Feministin sagt…“ beschränkt.

  20. @versteherin, super schade, dass sowas eigentlich erst zum Thema wird wenn mal irgendeine Feministin das zum Thema macht nachdem man auf den Leuten herumtrampelt die das davor schon zum Thema machen wollten. Außerdem ist es für mich fraglich wie man auf dieses Thema schliessen soll wenn ich mir die ganzen (femistischen) Artikel dazu durchlese die eher die Jungs diffamieren und die Mädchen nach dem Motto „Frauen sind die besseren“ loben. Irgendetwas passt da nicht so ganz zwischen Ziel und Kommunikation.

  21. also ich habe grundsätzlich probleme mit allen ismen. unter allen unmöglichen begriffen (f-klasse, ist ja wohl lachhaft) ist feminismus/tin/t sicher nicht die schlechteste wahl, denn wenigstens sind diese begriffe so oder phonetisch wenigstens ähnlich in fast jeder europäischen sprache zu finden. eine einheitliche doktrin des feminismus gibt es nicht (mehr?) und wird es hoffentlich auch nie (mehr) geben, daher ist eine umbenennung des wortes (nicht der bedeutung also!!) feminismus in X oder Y schon vom ansatz her ein ding der unmöglichkeit. jede/r versteht unter feminismus/tin/t ohnehin etwas anderes. wenn also die bedeutung an sich schon unklar ist und jeweils einer näheren erläuterung bedarf, dann kann die bezeichnung dafür auch feminismus/tin/t sein.

  22. Junge, junge, die Sache von Solanas S.C.U.M. war mir so auch noch nicht bekannt!

    Ich denke das Marketing des Feminismus war bisher nicht besonders gut.

    Statt auf berechtigte Anliegen hinzuweisen wurden 50% der Menschheit verteufelt. Das ist auch das Negativimage womit „Feminismus“ immer noch assoziiert wird und was die meisten Frauen ja glücklicherweise nicht mehr wollen.

    Die Überreste davon – die Einseitigkeit in Politik und Medien – finden sich ja leider immer noch.

    Einen Werbespot wo man(n) es doch mit dem berühmt-berüchtigten „Augenzwinkern“ hinnehmen soll wenn eine Frau einen Mann mit einem Katalog zusammenschlägt zeigt eigentlich nur eins : eine gewisse Männerfeindlichkeit, na ja, warum nicht bis etwa schick. Aber JA nicht frauenfeindlich!

    „Ich bremse auch für Männer“ las ich mal auf einem Auto.

    Davon sollten wir langsam weg und uns auf Geschlechtergerechtigkeit konzentrieren, um berechtigte Anliegen aller Menschen durchzusetzen.

    Dazu gehört auch eine Väterbetreuungspause wenn sie vom Vater mitgewollt ist.

    Solange gender- und Frauenforschung noch einseitig betrieben und ausschließlich nur von Frauen betrieben wird (s. Genderkompetenzzentrum Berlin), solange wird es auch noch „Forschungsergebnisse“ einer Fr. Professorin geben, die herausgefunden haben will „Männer sind Schuld am Klimawandel“.

    Ob die Männer die sich vor vielen Jahren für die Rechte der Frauen eingesetzt haben damit gerechnet haben?

  23. @ bastian:

    Wie kommst Du drauf, dass „der Feminismus“ die Gleichberechtigung der Väter gegenüber den Müttern als Ziel hat? Das ist mir neu.

    Ferner: Wenn man schon Verdienstunterschiede mit Elternzeit verknüpft, sollte man auch die Paarungspräferenz von Frauen (auch „Beuteschema“ genannt und nach oben orientiert. Frau sucht und akzeptiert nur Mann mit höherem bzw mindestens gleich hohem Sozialstatus als sie selber) thematisieren, ansonsten wird das Thema stark verzerrt.

    In diesem Sinne fehlte es tatsächlich lediglich an einer Emanzipation der Männer. Wenn diese nämlich ihr „Beuteschema“ dahin abändern dass sie ihrerseits nur Frauen mit gleich hohem oder höherem Sozialstatus akzeptieren, dann wäre der ökonomische Faktor bei der Rollenaufteilung neutralisiert.

    Wenn also deswegen zum entsprechenden Zeitpunkt bei mindestens 50% der betroffenen Paare die Frau das höhere Einkommen (und die besseren beruflichen Perspektiven) hätte, wäre das Chefgelächter über Wickelvolontariat schnell verstummt.

    Tatsächlich ist die theoretische Vorstellung der Konsequenzen interessant: Es würde den Leistungsdruck von den Männern und den Schönheitsdruck von den Frauen nehmen (bzw. eventuell umkehren) Und es würde die Kinder von der Frau entfremden, so wie sie heute vom Mann entfremdet sind.

    Irgendwie kann ich mir aber nicht vorstellen, dass dies in irgendeiner Weise bei Frauen mehrheitsfähig wäre oder werden könnte.

    Bei Männern sieht das schon etwas anders aus. Entgegen der Meinung mancher Grufties ist die Versorgerrolle des Mannes ihm nicht genetisch eingebrannt. Es gibt auch genug andere große Kulturräume auf dieser Erde (Bsp. Schwarzafrika), wo es anders ist.

  24. @ Peter:
    Dass Frauen angeblich nur Männer mit höherem Sozialstatus als Partner akzeptieren, habe ich nun schon des öfteren gehört. Und klar, jeder kennt das Klischee vom Chef mit der Sekretären, vom Arzt mit der Krankenschwester,…
    Was ich mich dabei nur frage:
    a) Ist das in allen Gesellschaften so? (Du nennst Schwarzafrika als Beispiel, ein Beleg wäre schön gewesen)
    b) Ist diese Akzeptanz nur in eine Richung, oder akzeptieren Männer eben auch nur Partnerinnen, die einen niedrigeren Sozialstatus haben? Es ist natürlich eine Deutungsweise, zu jammern, dass Frauen bei der Partnerwahl einfach anspruchsvoller als die Männer sind, eine andere Deutungsweise wäre, dass Männer sich lieber auf Frauen einlassen, die auf der sozialen Leiter unter ihnen stehen, die machen ihnen ihren Führungsanspruch nicht so leicht streitig
    c) wie läuft das bei lesbischen und schwulen Paaren, sind das da immer total ausgeglichene Paarungen, was den Sozialstatus angeht?
    Bisher hat mir noch niemand wirklich plausible Schlüsse aus der Beobachtung, dass bei heterosexuellen Paaren der mann häufig im Gesellschaftsgefüge die höhere soziale Stellung einnimmt, nennen können.

  25. Ich denke mal das mit dem Sozialstatus liegt auch im unterschiedlichen Alter bedingt. Der soziale Rang steigt ja mit dem Alter (ich hab’s schon satt mit „Sie“ und „Herr“ angeredet zu werden statt „Du“ und „Hammerer-Bua“) und in der Mehrheit der Paare ist die Frau jünger als der Mann.

    Und zu „Chef mit Sekretärin“, das dürfte auch anders gelten aufgrund der engen Zusammenarbeit die die beiden haben und „Gelegenheit macht Liebe“ wenn man so will

  26. @ Miriam

    Mein Bezug auf Schwarzafrika bezog sich auf die Versorgerrolle des Mannes, nicht auf das Beuteschema der Frau. Zu diesem aktuell das Buch von Stefan Woinoff
    http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,541896,00.html

    und zu b) Ganz klar ist das keine Einbahnstrasse.

    Deswegen habe ich ja auch ausdrücklich auf die Männer verwiesen. Bisher ist hier das Beuteschema primär auf Äusserlichkeiten fixiert (wobei es durchaus Männer gibt, die „Angst“ vor sozial höherstehenden Frauen haben) Was den „Führungsanspruch“ von Männern angeht, das kann man getrost als Minderheitenphänomen betrachten. Faktisch haben in der überwiegenden Mehrheit der Beziehungen „die Frauen die Hosen an“, der Mann darf hier nur nach aussen hin einen pro-forma Führungsanspruch als Schild um den Hals tragen.

    Deswegen löst das Dogma des Opferfeminismus ja auch bei Männern bisweilen sarkastische Erheiterung aus, nach dem Motto „Menno, alle Frauen werden von ihren Männern unterdrückt, nur ich muss ausgerechnet die einzige Frau erwischen, die ihren Mann knechtet“

    c) Bei lesbischen und schwulen Paaren wird sich die Problematik so nicht stellen, da hier wohl eher selten gemeinsamer Nachwuchs zu betreuen ist ;-)

  27. A propos einseitige Forschung: Manchmal habe ich das Gefühl, dass bei Gender-Studien nicht verglichen wird. Da wird lang erklärt, warum sich viele Mädchen in der Schule nicht wohlfühlen, und gewisse Prozentzahlen als problematisch präsentiert. Ich frage mich dann oft: Und wie sieht diese Situation mit Jungs aus?

    Und wenn solche Studien mal bei Männern durchgeführt werden, stellt man überrascht fest, dass die Zahlen ähnlich sind. Aber erstmal wird daraus ein Frauenproblem gestrickt *seufz*

  28. mhh.. ich bezeichne mich gerne als „feministin“.
    aus irgendeinem unbedachten irrtum heraus denken die meisten bei dem wort feministin an eine emanze. emanze – auch so ein wort. oder sie denken an das degradieren von männern.
    das der feminismus eine gleichstellung der frau, keine künstliche erhöhung über den mann möchte, das muss man dann erklären. und nein, auch in deutschland fühle ich mich nicht gleichgestellt.

    jaja.. warum ich das wort so mag. mit reizenden 20 jahren ist es provokant. aufreizend. und interessant. dann komme ich zu wort und kann erklären. kann versuchen den feminismus erklären, kann meinen altergenossen und jüngeren erzählen wer olympe de gouche war, wie hart frau kämpfen musste, wie unterschiedlich doch heute noch alles ist. kann erklären bevor sie die stammtischreden und vorurteile über abscheulische männerfressende emanzen, die alle feministinnen sind, hören.
    und sie hören mir zu und lernen.
    denn hübschen, jungen feministinnen. denen hört jeder gerne zu, nicht wahr?

  29. Ich wollte nur mal erwähnen: Es geht und ging beim Feminismus auch darum, ganz reale Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen aufzuheben. Wenn wir heutzutage die ganz schlimmen Ungerechtigkeiten nicht mehr haben, wie zum Beispiel, dass ich meinen Mann um Erlaubnis fragen muss, ob ich arbeiten darf (30-40 Jahre her), dann liegt das nicht daran, dass die netten Männer uns das geschenkt haben! Nein, mutige Frauen haben unter hohen persönlichen Verlusten dafür gekämpft. Für Freiheit, Recht auf Bildung, Recht auf Schutz vor Gewalt, Recht auf Chancen. Ich finde, jeder und jede sollte das Ergebnis dieses Kampfes begrüßen (wenn auch vielleicht nicht jedes einzelne Mittel) und sich damit auf die Seite des Feminismus stellen.

    Ich sage ja auch nicht: Ich bin weiß, warum sollte ich für den Kampf der Schwarzen um Freiheit sein, da habe ich doch nur Nachteile von! Und wenn ich das sagen würde, wäre ich ein Rassist. Bitte weiterdenken.

  30. Cassandra: „aus irgendeinem unbedachten irrtum heraus denken die meisten bei dem wort feministin an (…) das degradieren von männern.“

    Wenn es problematische Feminismus-Assoziationen gibt (und die gibt es, Stichwort Solanas), würde ich das an Deiner Stelle ernstnehmen und nicht gleich als „unbedachten Irrtum“ vom Tisch wischen. Sonst läufst Du Deinerseits Gefahr, dass Du als Feministin nicht ernstgenommen wirst.

  31. Ja, Solanas kenne ich gut. Habe ein Referat über Warhol gehalten ;-).

    Aber ich stimme di zu. Unbedacht heißt hier nicht „keiner Erklärung würdig“, sondern, dass bisher noch nicht allzu viel darüber nachgedacht wurde und das genau der richtige Zeitpunkt ist, das Versäumnis in einem netten Gespräch nachzuholen.

  32. Cassandra,

    wenn das so wäre, dann wäre ja doch vielleicht doch was dran an dem Klischee, daß „Feminismus dazu da ist, unattraktive Frauen in die Gesellschaft zu integrieren“… *das* halte ich für Blödsinn.

    Peter, Miriam,

    die Sache mit dem Beuteschema ist aus meiner Sicht sehr relevant und auch in den meisten indigenen Gesellschaften ähnlich – Status gleich „soziale Sicherheit“ und das „Investment“/ bzw. das Investititionsrisiko ist für Frauen bei der Paarung größer als bei Männern. Diese Asymmetrie ist für nicht wenige Anthropologen der kulturelle Treibstoff der Menschheit: Frauen wählen, und warum sollten sie jemanden erwählen, der ihrem Nachwuchs weniger Sicherheit bietet wenn sie jemanden wählen können, der ihrem Nachwuchs mehr Sicherheit bietet. Das Problem: damit bauen sie natürlich gleichzeitig die Skala für männlichen „Erfolg“ und zwingen Männer immer mehr in den Konkurrenzkampf um Status zu investieren.

    Das ist ja auch das zentrale „second wave“ Problem – „sex“, „sex class“ „direct vs indirect power“, „the personal is the political“ – wenn man die weibliche Partnerwahl als unabhängige Quelle sozialer „Macht“ und von männlicher „Gewalt“ unabhängige Einflußgröße auf gesellschaftliche Entwicklung ansieht, und diese Variable die „sex class“ gegenüber die „non-sex class“ bevorzugt, dann steht man vor einem public/private bzw. direct/indirect Problem. Sex/Partnerwahl ist in den meisten Fällen Ausübung private/persönliche Macht ggf. ausgeübt über öffentliche Macht/Status, also letztliche indirekte gesellschaftliche Macht. Die Inhaber öffentlicher Macht/Status müssen dagegen ihre öffentliche Macht/Status nutzen, um private/persönliche Macht zu bekommen – also sexuell attraktiver, finanziell notwendiger zu werden.

    Daher die ganze „the personal is political“-Ding in der zweiten Welle: Man mußte die Mann/Frau-Kiste von Sex und der Partnerwahl trennen, um sich auf die Unterdrückung der Frau in der öffentlichen Sphäre konzentrieren zu können. Daher ja auch die Weigerung weibliche Sexualität als unabhängig von männlicher Gewalt anzusehen. Daher die „feminist sex wars“, daher wohl auch jetzt der Streit mit den alten Feministinnen hier in Deutschland. Selbstbestimmte weibliche Sexualität ist in dem gedanklichen Paradigma nicht zu haben.

    So, und jetzt wirbelt die gesellschaftliche Modernisierung all das ziemlich durcheinander und alle sind verwirrt, weil die öffentliche Realität und die privaten Paarungspräferenzen plötzlich Inkompatibilitätstendenzen aufweisen. Und weil die Paarungspräferenzen biologisch zumindest teilbedingt sind (cf. eg. Udry, J. R. (2000). Biological limits of gender construction. American Sociological Review, 65, 443 – 457, und die sich daraus ergebende Diskussion, google…) sind die Anpassungszeiten vermutlich auch deutlich größer als nur intergenerationell.

    Und da gibt es noch ein Problem: Viele Männer sind als Sicherheitslieferanten für Frauen lange interessanter gewesen als als Lieferanten genetischen Materials: Sonst wäre die Präferenzdiskrepanz zwischen fruchtbaren und unfruchtbaren Tagen bei Frauen nicht so deutlich und gleichzeitig wäre der Zyklus der menschlichen Frau nicht von außen unsichtbar. Bei weitem nicht alle „Versorger“-Männer waren in der Lage, sich auch tatsächlich genetisch fortzupflanzen, aber die Gesellschaften waren auf die Illusion ausgerichtet.

    Jetzt gibt es Vaterschaftstests und das Ende der Illusion naht. Wir stellen in den modernen Gesellschaften im Moment ein ganze Menge an Verhaltensvariablen auf die Probe. Das ist wissenschaftlich sicher höchst spannend, zu sehen, wie – und vor allem wie schnell – sich eine Entwicklung im menschlichen Paarungsverhalten einstellen wird, die auf die Veränderungen reagiert und sich so eine dauerhafte Verschiebung der privaten/öffentlichen „Machtsphären“ ergeben kann.

  33. @gerne_emanze, ganz sicher interessiert es mich kein bischen, mich am „Kampf“ an deinen Rechten zu beteiligen wenn du dich nicht an meinem „Kampf“ beteiligst. Da hilft es auch nicht jung, hübsch, Feministin und Planlos zu sein.

  34. @ jj

    Danke für diesen informativen Beitrag. Wenn ich einzelne Teile mal anders formulieren darf:

    „Man mußte die Mann/Frau-Kiste von Sex und der Partnerwahl trennen, um sich auf die Unterdrückung der Frau in der öffentlichen Sphäre konzentrieren zu können. “

    Bedeutet: Man hat die bestehenden (tradierten) Machtmechanismen der Frau bewußt ausgeklammert und offiziell negiert, um eine Machtlosigkeit und Einflusslosigkeit der Frau in der Gesellschaft zu suggerieren, die es so nicht gab.

    Und die argumentative Falle dabei war die Frage nach dem selbstbestimmten Sex. Klar, wenn man der Frau selbstbestimmten Sex zugesprochen hätte, wäre ein Machtmechanismus der Frau offenbar geworden. Deswegen musste ein Gewaltparadigma konstruiert werden nach dem Frau kategorisch immer ein passives, leidendes Opfer beim Geschlechtsverkehr war und ist (Alice S: „Jede Penetration ist Vergewaltigung“)

    Gibt es nun zwischen öffentlicher Realität und den privaten Paarungspräferenzen „Inkompatibilitätstendenzen“? Nur mittelbar. Zunächst wird das nur relevant, wenn Nachwuchs ins Spiel kommt. Und hier eben das Problem der grundsätzlichen Unvereinbarkeit von Kind und Karriere für die Frau, wenn sie nicht zu einem Rollentausch mit ihrem Mann in der Lage ist.

    Und das scheint mir im progressiven Feminismus zur Zeit das Wunschdenken zu sein, diese Unvereinbarkeit aufzuheben, ohne einen Rollentausch vollziehen zu müssen.

    Wunschdenken deshalb, weil Karriere immer Konkurrenz bedeutet. Und selbst wenn es gelingt, Männer als Konkurrenten per gesetz auszuschalten (das ist die Idee mit der Quote), dann stehen Frauen mit Kindern immer noch in Konkurrenz zu kinderlosen Frauen. Das wird ein fraueninternes Schlachtfeld, soviel steht fest. Erste Gefechte gibt es ja schon im öffentlichen Diskurs.

    Zum Rest Deines Beitrages: Volle Zustimmung.

    Wobei ich bezüglich der Kuckuckskinder nicht davon sprechen würde, dass die Gesellschaft hier auf „Illusion“ aufgebaut war, sondern auf „Lug und Trug“ – aber mit der Durchsetzung von Vaterschaftstests wird endlich die mögliche Trennung von Erzeuger und Versorger gegen den Willen bzw ohne Wissen der beteiligten Männer aufgehoben. Das sehe ich als Mann als großen emanzipatorischen Fortschritt an.

  35. Hab da gestern noch etwas gelesen über „Vermännlichung alles Weiblichen“. Gibt es da wirklich so eine Art Defizitsempfinden im Vergleich zum Mann?

    Irgendwo las ich mal von Jemandem die Frage „Warum wollen Frauen Männer nachahmen und können sich dabei eigentlich immer nur als Mann zweiter Klasse fühlen, anstatt Frauen erster Klasse zu werden?“

    Gibt oder gab es wirklich eine Art Selbstverachtung, die die eigene weibliche Identität negiert???

    Zitat von Katharina Rutschky :
    „Aber Tatsache ist doch, daß weibliche Menschen, auch von einer wohlmeinenden Frauenpolitik, entweder als Opfer von Männergewalt oder als resozialisierungsbedürftige Hascherln, denen man unbedingt auf die Sprünge helfen muß, mit vernichtender Herablassung behandelt werden. Die Überzeugung, daß Frauen defizitär, ja eigentlich nicht existent zu sein hätten, es weibliche Menschen gar nicht zu geben bräuchte: das ist der Kern der Gleichstellungsutopie.“

    Dann ist der Begriff „Alpha-Mädchen“ ein nachdenkenswerter Begriff – wenn er mehr ist als eine Kopie des „Alpha-Männchens“.

    Die neue Weiblichkeit zu definieren (bitte keinen „flash-back“!) ist dann eine Herausforderung der „neuen Feministinnen“, die S.C.U.M. ablehnen und einfach nur „ihr Ding“ leben wollen.

    Vielleicht gibt’s da ja schon „Entwürfe“ (konnte noch nicht alle Bücher lesen…)?

  36. Hallo Goofos,

    jetzt mal abgesehen von deinen offensichtlich beleidigend gemeinten Bemerkungen (ich bin mitteljung, mittelhübsch und Software-Entwicklerin, also nicht im klassischen Sinne planlos):
    Es ist dir also nicht an einer gerechten Gesellschaft gelegen? Du findest es ok, wenn Schwarze keine Chancen auf dem Wohnungsmarkt und Frauen Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben? Du hättest vor ca. 100 Jahren gegen das Wahlrecht für Frauen gestimmt? Du bist nicht dafür, dass Behindertenrechte gefördert werden? Naja, du kannst es dir wohl leisten, du scheinst ja zur privilegierten Gruppe (männlich, weiß) zu gehören. Zum Glück sehen das nicht alle so.

  37. Hallo Thomas,

    du fragst, „Warum wollen Frauen Männer nachahmen und können sich dabei eigentlich immer nur als Mann zweiter Klasse fühlen, anstatt Frauen erster Klasse zu werden?“. Zwei Aspekte sind da vielleicht interessant:

    1. ist es durchaus hilfreich, bestimmte männliche Aspekte anzunehmen. Zum Beispiel werden Frauen mit einem eher männlichen Erscheinungsbild und der entsprechenden Körperhaltung eher nicht sexuell belästigt. Zum anderen Beispiel stellen Personalverantwortliche tendenziell lieber ‚männlich‘ aussehende Personen ein (Studie müsste ich mal raussuchen.) Und nach meiner Erfahrung wird man in einem männlich geprägten Umfeld auch einfach ernster genommen.

    2. werden sehr viele Eigenschaften, die einem Vorteile verschaffen (Ehrgeiz, Durchblick, mathematische Fähigkeiten) traditionell als ‚männlich‘ definiert. Auch aus diesem Grund bietet es viele Vorteile, wenn man versucht, ‚männlicher‘ zu werden.

    Als Mann zweiter Klasse fühle ich mich dabei nicht. Eher als ein Zwischenwesen, mit den besten Eigenschaften beider Seiten. Und im übrigen, wie viele Männer sind denn ‚Männer erster Klasse‘ nach der herkömmlichen Definition? Wir sind doch alle Individuen, das ist meiner Meinung nach viel stärker als die Geschlechtsidentität.

  38. @gerne_emanze: „Wir sind doch alle Individuen, das ist viel stärker als die Geschlechtsidentität“. Genau mein Standpunkt!

    Da gab es 2003 wohl mal eine „Offenbarung“ dass im englischen Repräsentantenhaus Politikerinnen sich regelmäßig Testosteronspritzen haben verabreichen lassen. Als ich das gelesen habe wusste ich nicht ob ich lachen oder ob mir die Frauen leid tuen sollen.

    Man trifft heute nicht selten Frauen im mittleren Alter die regelmäßig psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Ich habe manchmal den Eindruck die kommen selbst mit den neuen Rollen, dem Karrierestress, dem Zerfall der Familien und ihrer eigenen Identität nicht klar – ich kann mich aber täuschen.

    Dabei heißt es doch immer in den Medien „Männer in der Krise“ oder „Verunsicherung“ (ich bin z.B. nicht krisengeschüttelt).

    Das Wirken – ich vermeide einfach mal bewusst das Wort „Kampf“ – für eine gerechtere Gesellschaft und „Geschlechtergerechtigkeit“ scheint am sinnvollsten.

    Das Ringen um Partikularinteressen, wie es eine EU-Politikerin treffend formuliert, ist nicht mehr zeitgemäß.

    Mir haben damals in meiner Arbeit für Väterrechte viele Frauen geholfen und ich lernte auch viel über Probleme von Alleinerziehenden, daher halte ich es nicht für opportun sich für die Probleme der „anderen Seite“ zu interessieren.

    Ich bin vor ein paar Wochen auf diese Seite gekommen, um ein paar eigene Ansichten und „Vorurteile“ auf den Prüfstand zu stellen.

    Vielleicht könnten das manche „Altfeministinnen“ auch tun.

  39. @Thomas: Ein paar Sätze konnte ich jetzt nicht so ganz interpretieren, könntest du da deutlicher werden?

    „daher halte ich es nicht für opportun sich für die Probleme der „anderen Seite“ zu interessieren.“
    Meinst du jetzt, du willst dich nicht interessieren, ich interessiere mich nicht, oder allgemein man interessiert sich zu wenig und sollte sich mehr interessieren?

    „Vielleicht könnten das manche „Altfeministinnen“ auch tun.“
    Meinst du damit jetzt mich? Welche Ansichten genau meinst du?

    Mit den Partikularinteressen wäre ich vorsichtig… wenn wir Frauen uns nicht um unsere eigenen Interessen kümmern, wer dann? Was natürlich nicht heißt, dass uns die Interessen anderer Gruppen nicht interessieren sollten. Vielleicht gibt es ja auch Übereinstimmungen. Manchmal halt aber auch nicht. Mit den Zielen von Frank Schirrmacher und seinen Anhängern kann ich keine Übereinstimmungen erkennen, deshalb werde ich auch in Zukunft vorsichtshalber für meine eigenen Interessen eintreten.

    Zum Thema Väter: Ich bin voll auf deiner Seite, Väter haben bei uns zu wenig Rechte, und die Strukturen sind denkbar ungünstig für erziehungswillige Männer. Es würde dem Thema aber auch helfen, wenn nicht so viele Männer die Erziehungsarbeit liebend gerne ihren Frauen überlassen würden. Vielleicht könntet ihr da auch mal die Werbetrommel schlagen…?

  40. @gerne_emanze: Das mit den Altfeministinnen bezog sich keinesfalls auf Dich!!

    Ich hatte bis vor kurzem das „Vorurteil“ alles was mit Feminismus zu tuen hat nicht etwas selbstkritisch die Werte zu hinterfragen. Allein schon die Darstellung einer betroffenen Frau hier auf der Seite wie sie in die Rolle der „Zweitverdienerin“ hereingerutscht ist und auch andere Meinungen fand ich realitätsbezogen, vernünftig, sachlich und ohne Schuldzuweisungen dargestellt.

    Die Selbstkritik würde ich Professorinnen nahelegen wollen die herausgefunden haben wollen „Männer sind Schuld am Klimawandel“.

    Solche Vorgehensweisen sind m.E. der falsche Weg.

    Die Dinge sachlich und mit der Bereitschaft „über den eigenen Tellerrand“ hinaus den Standpunkt des Anderen wahrzunehmen ist zukunftsfähig. Ich sehe dazu viele angenehme neue Tendenzen und Ansätze, ohne Schuldzuweisungen gängige Realitäten zu hinterfragen und nach neuen Wegen zu suchen.

    Es gibt sicher auch immer noch einige Väter die vielleicht aus Bequemlichkeit die Ansicht haben die Frau ist für die Kinder zuständig, was auch von den Frauen berechtigterweise reklamiert wird. Ich habe jedoch den Eindruck dass wir auch da langsam „herauswachsen“, da die sich die Medien auch auf den geänderten Trend einrichten.

  41. @Thomas: Na, dann haben wir uns ja schön ‚zusammendiskutiert‘. So sollte das sein.
    Was die Väter angeht, kann man nur hoffen. Ich sehe da große Potenziale auch für die Gleichberechtigung. Hoffnung macht mir übrigens auch, dass das Modell ‚Arbeiten bis ich umfalle und möglichst viel Geld scheffeln‘ (was ja primär Männer gemacht haben) zunehmend aus der Mode kommt. Wenn wir das noch den Arbeitgebern beibiegen können, könnte die Gesellschaft sehr viel gewinnen.

  42. „Wenn wir das noch den Arbeitgebern beibiegen können, könnte die Gesellschaft sehr viel gewinnen.“ Da gibt es schon engagierte Betriebsrätinnen, und im Zeitalter von Laptop und E-Mail sollte da doch etwas zu machen sein.

    Für das Väterthema hatte ich jahrelang für etwas mehr Anerkennung gearbeitet. Umso enthusiastischer war ich als ich den Bericht in der FÜR SIE gelesen habe „Väter sind wichtig für ihre Töchter“.

    Sogar in der EMMA stand Anfang diesen Jahres ein fast „revolutionärer“ Bericht über „Mitleid mit den Vätern“ – möglicherweise hatte das etwas mit der neuen Chefredakteurin zu tuen….

  43. Peter,

    Hat Alice Schwarzer das auch gesagt? Ich dachte, das wäre ein Zitat von Andrea Dworkin, das allerdings auch nicht *genau so* gefallen ist.

    „Gibt es nun zwischen öffentlicher Realität und den privaten Paarungspräferenzen “Inkompatibilitätstendenzen”?“

    Aus meiner Sicht ist die wesentliche Frage in dem ganzen Gender-Zusammenhang die folgende: Ist die menschliche Sexualität so flexibel, daß sie auf die sozialen Veränderungen angemessen reagieren kann. Da die weibliche Macht in der öffentlichen Sphäre zunimmt, müßte ihre private/sexuelle „Macht“ abnehmen und gleichzeitig die von Männern spiegelbildlich zunehmen – und da stellt sich eben die Frage, ob *das* wirklich mit unseren biologischen Partnerwahlkriterien vereinbar ist – bzw. eben wie schnell sich die menschliche Biologie/Neurobiologie der kulturellen Entwicklung anpassen kann.

    Nochmal – wie nicht wenige Anthropologen halte ich das Problem der „überschüssigen“ Männer (für die Reproduktion) für ein/das wesentliches soziales „Problem“. Wenn die auf der männlichen Versorgerrolle (und dem männlichen Wettbewerb in der öffentlichen Sphäre) basierende Familie als sozialer Kern wegfällt, gibt es keinen Grund mehr, warum sich eine Paarbeziehungsstruktur ergeben sollte. Es dürfte dann wohl eher zu einer Paretoverteilung (80/20) von Sexualität und Fortpflanzungspartizipation bei Männern kommen (Houellebecq), und es wäre klar, wer in diesem Dschungel das schwächere Geschlecht ist. Dann würde sich wieder die Frage stellen, was man mit all den Jungs macht, die nicht zum Zuge kommen – in Ostdeutschland gibt’s schon eine Vorschau…

  44. @jj
    Starker Tobak, Deine These….Gibt es denn Deiner Meinung nach nur die Präferenz der Paarbeziehung, wenn es auch eine Versorgung gibt bzw. eine intakte Kernfamilie gibt? Oder könnte es vielleicht sein, dass sich die Paarbeziehung ändert? Oder beides?

    Was wir mit den Jungs machen? Ein Zyniker würde sagen: einen nächsten Weltkrieg, dann hat sich das erstmal für zwei Generationen wieder erledigt.

    Trümmerfrau wollte ich nicht sein, ehrlich gesagt….

  45. paarungs_versteherin –

    Ich wollte das eigentlich weniger als These denn als Frage formulieren… aber Sex ist das Experimentierfeld der Evolution, klar.

    „Oder könnte es vielleicht sein, dass sich die Paarbeziehung ändert? Oder beides?“

    Kann alles sein, die Frage ist doch eher, wie lange so was dauert und was wir in der Zwischenzeit machen ;)

    Was die Paarpräferenz betrifft ein eindeutiges JEIN. Serielle Monogame mit kürzeren Bindungsphasen scheint sich als das „natürliche“ menschliche Paarungsmodell zu etablieren. Aber das ist eben etwas anderes als die bisherige „strukturell“ lebenslange Monogamie, die tendenziell 50% der Bevölkerung an die anderen 50% band. Theoretisch ließe sich das natürlich auch mit serieller Monogamie mit kürzeren Phasen vereinbaren, aber schon ein Blick in die Single-Gesellschaft zeigt meines Erachtens, daß ein kleinerer Teil der „Single-Männchen“ sexuell sehr aktiv ist und ein größerer Teil der „Single-Männchen“ eher nicht sexuell aktiv ist und darauf hofft, „mal was abzubekommen“. Bei Frauen scheint mir das eher gleich verteilt.

    Ich kann dazu keine Erhebungen anbieten, das ist mein Eindruck, subjektiv und vielleicht vollkommen daneben. Das ist natürlich keine Basis für eine ernsthafte These zur Veränderung der Paarungspräferenzen von Frauen in einer Welt ohne die Notwendigkeit männlicher Sicherung, aber daß es funktionale, vielleicht fundamentale Verschiebungen geben wird, die eben auch den sozialen Kern betreffen, und daß diese ihren Ursprung in der sexuellen Präferenz haben, erscheint mir vielleicht nicht unabdingbar, dafür wissen wir über all das viel zu wenig, aber doch a priori überaus plausibel.

    Zu dem anderen Punkt: Da muß man gar nicht zynisch sein, um das zu beahupten. Übrigens: Wenn es Krieg geben sollte, wäre die männliche Sicherung vermutlich plötzlich wieder bedeutend…

  46. @jj: Ein kleines wenn auch hoffentlich kein makabres Anzeichen:

    Eine amerikanische Feministin (der Name ist mir entfallen) äußerte nach dem 11.9.2001 wohl die Befürchtung „Die Männer könnten zurückkehren“, nachdem der Einsatz der Feuerwehrmänner in den Medien gewürdigt wurde. Der Aspekt dass viele Menschen ihr Leben verloren haben war nicht Schwerpunkt in dieser Äußerung.

    Vielleicht gelangt nach intensiver Auseinandersetzung mit div. geschlechterspezifischen Wertesystemen die eine oder der andere zu der Erkenntnis dass die heutige wirtschaftliche Situation, die Sicherheit unserer Regionen und unser Standard es erlauben dass Männer Frauen nicht mehr versorgen und beschützen müssen, anstatt eine Schuldthese versuchen aufrechtzuerhalten.

    Bei dieser Betrachtungsweise wäre der – ich nenne es mal so zur deutlichen Abgrenzung von „anderen Feministinnen“ – S.C.U.M.-Feminismus der 70`er ein markantes Unrecht der Menschheitsgeschichte, u.a. mit den Folgen Männer-/Väterdiskriminierung in unserem heutigen gelebten Familienrecht

    Ob die Männer die sich seinerzeit für Frauenrechte engagiert haben oder Regelungen „Frauen und Kinder zuerst“ gelebt haben damit gerechnet haben dass Jahre später einige Menschen es schaffen würden das männliche Ansehen kollektiv so zu beschädigen?

  47. gerade gefunden: die Jusos haben auch mal wieder nachgedacht und ein Thesenpapier gebastelt. Darin findet sich in These 42 auf Seite 22 ein köstlicher Abschnitt über den Feminismus

    “ Wir wehren uns jedoch gegen den Versuch, den Feminismus auf das Feuilleton zu reduzieren!“
    Und sie erteilen auch ein Menge Absagen an alles mögliche…hier der Link

    http://www.jusos.de/uploads/media/Fuer_Linke_Zukunft_fertig_01.pdf

  48. Also wenn der Grundkonsens, unter dem sich jeder etwas vorstellen und bejahen kann, von Feminismus der ist, dass er das Ziel verfolgt „die Gleichwertigkeit, Menschenwürde und Entscheidungsfreiheit von Frauen, die Selbstbestimmung über deren Leben und ihren Körper zu erreichen“. (Quelle: Wikipedia)

    Und wir nun, angesichts der Ausdifferenzierung des Begriffes, dessen negativem Ballast, der Tatsache das es heute auch Männer einladen soll, ein Begriff gefunden werden soll, der sowohl als unverbraucht gelten kann (weil er entweder neu ist oder sein negativer Kontext schon jahrhundertealt ist und mal wieder aus der Mottenkiste hervorgekramt werden kann), sowohl die Ideen des Feminismus als auch der männlichen Variante vereint, mit neuer Bedeutung gefüllt werden kann und ebenso politische, gesellschaftliche und philosophische Gedankengänge ins Rollen bringen kann, dann fällt erstens: Individualismus heraus (klingt zu sehr nach Egoismus und wird oft als Denkmantel für genau diesen verwandt) und zweitens:

    Souveränität als einziges übrig.

    Es ist ein Begriff, der für ausschließliche Selbstbestimmung steht und viele Ideen vereint.

    Was drückt unser aller Ziel am besten aus, als das ein/e jede/r König/in unter KönigInnen sein will?

    Nimmt man an, dass jeder sein eigener Souverän ist, dann bedeutet es auch schlicht nichts anderes, als dass ich mich nicht in die Angelegenheit eines anderen einmischen darf und umgekehrt. Aber ich darf meine Hilfe anbieten und sie kann angenommen werden.
    Was als geistige Leistung für die nächsten Jahrzehnte aus einem solchen Denkmodell erfolgen müsste, wäre
    a) das permanente (Selbst-)Bewusstsein über die eigenen Grenzen.
    b) das permanente Überdenken genau jener.
    c) das Kennenlernen der Grenzen der Anderen (leider sind Menschen ja keine Landkarte).
    d) das Akzeptieren der Grenzen der Anderen.
    e) das Akzeptiern des permanenten Wechselspiels aus Grenzüberschreitungen, wir bei den Anderen und die Anderen bei uns.

    Leider habe ich keine Zeit das ganze detailiert auszuführen, aber vielleicht kann man meinen Gedankengängen etwas folgen und jeder kann sich ja versuchen vorzustellen, wie eine Welt voller KönigInnen aussehen würde :-)

  49. “Ist es noch sinnvoll, das Ding “Feminismus” zu nennen?”
    Meistens lese ich die Überschrift in einem Medium und stelle mir vor, was im Artikel steht, und weiß dann einen entsprechenden Text zum Thema. Der hat dann leider nur wenig mit den Problemen zu tun, die der Inhalt des Artikels aufwirft.
    Meine Feminsimusdefinition ist, die, für ein Problem EINE intellektuelle Lösung zu finden. Die LÖSUNG ist die Frage im Lied, ein kleines Festival wäre schön, wo ich nach meine verdienten Urlaub noch einmal vorbeischaue, bevor es richtig losgeht. Dann ist wieder DER INTELLEKT gefragt.

  50. Hab mir diesen Quelle-Werbespot mal angesehen. Also, nicht dass ich auf Anfeindungen stehe, aber ich musste lachen.

    Komisch finde ich, dass manche da ein Frau-Mann-Ding draus machen. Ich sehe da ein Paar. Sie ist scheinbar gefrustet, weil sie schon wieder nicht weiß, was sie anziehen soll und reagiert gereizt auf sein Nein. Da er ihre Gereiztheit garnicht wahrnimmt scherzt er (Kissen), ein bischen zu viel und sie rastet aus.

    Eigentlich, wenn wir da so ein Frau-Mann-Ding draus machen wollen, ist es doch diskriminierend für die Frau, weil
    1. sie steht vor dem Schrank und weiß nicht, was sie anziehen soll/oder ist gefrustet, weil ihrem Partner ihr Kleid nicht gefällt oder an ihr nicht gefällt.
    2. sie diejenige ist, die unkontrolliert ist und aggressiv

    Na prima, der Spot will gefrustete Katalog-Käuferinnen ansprechen, die es versuchen ihrem Mann recht zu machen und da das nicht funktioniert, gefrustet sind. Also wissen wir jetzt, welche Zielgruppe Quelle hat.

    Einige proklamieren doch, frau solle sich nicht „immer“ in der Opferrolle sehen. Manchmal tut mann das scheinbar auch sehr gern. ;)
    Und, ja mit einem Augenzwinkern.

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