Mensch, momentan jagen sich die guten Nachrichten aus der Wirtschaft ja beinahe täglich. Gerade noch sagte uns eine Untersuchung der Deutschen Bank die rosigste aller rosigen Zukünfte voraus, jetzt legt Familienministerin Ursula von der Leyen nach und verkündet:
„Elterngeld in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft voll akzeptiert“ – Allensbach-Umfrage belegt große Unterstützung der Personalverantwortlichen für Männer, die Vätermonate und Elternzeit nehmen
Die Kurzzusammenfassung liest sich dann so:
- Mehr als 80 Prozent der Personalverantwortlichen halten das Elterngeld für eine gute Sache – vor seiner Einführung im Jahr 2006 waren es 61 Prozent.
- 61 Prozent befürworten die Unterbrechung der Berufstätigkeit durch Väter – gegenüber 48 Prozent vor zwei Jahren. 65 Prozent bewerten die Verringerung der Arbeitszeit durch Väter positiv – gegenüber 59 Prozent vor zwei Jahren.
- 71 Prozent sind davon überzeugt, dass sie eine Mitverantwortung haben, ihren Beschäftigten die Entscheidung für Kinder zu erleichtern.
- In rund 40 Prozent der Betriebe, in denen Mitarbeiter nach Einführung des Elterngeldes Vater geworden sind, haben Väter ihre Berufstätigkeit unterbrochen. 37 Prozent der Unternehmensverantwortlichen erwarten, dass in Zukunft mehr Männer Elternzeit beanspruchen.
Sowas nannte der Soziologe Ulrich Beck mal sehr schön „verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre“.
Wo steckt denn der Aspekt der Verhaltensstarre in diesen Ergebnissen?
In den Ergebnissen steckt die verbale Aufgeschlossenheit. Die Realität zeigt die Verhaltensstarre. Siehe all die Verwandten, Bekannten und Freunde, denen der Chef einen Vogel zeigt, wenn sie „als Mann“(!) Erziehungszeit nehmen wollen.
Ich weiß nicht, ob man von Verhaltensstarre reden kann, wenn sich der Anteil der Männer bei den Anträgen auf Elternzeit von 3 auf 12 % in den letzten 1 1/2 Jahren erhöht haben.
Es werden ja nicht die Männer, also die Väter, befragt, sondern die Personalchefs. Und was ich so mitkriege in Gesprächen mit Vätern, ist es sehr sehr sehr anstrengend für sie Elternzeit zu nehmen. Weil sie bei den männlichen Personalern auf Unverständnis stoßen. Aber wenn es nicht so ist: Freue ich mich umso mehr. Her mit euren positiven Erfahrungsberichten!
Aber Personalchefs reagieren auch nicht gerade erfreut, wenn ihnen eine Frau mitteilt, dass sie schwanger ist, nehme ich an. Positive Erfahungsberichte kann ich leider aus der Schweiz nicht liefern, hier muss die Frau 3 Monate nach der Entbindung wieder arbeiten, ansonsten ist der Job weg. Und Väterzeit gibt es dementsprechend schon mal gar nicht…
Das stimmt. Umso erstaunlicher sind die Zahlen …
Solange die meisten Väter nur 2 Monaten nehmen würde ich als Personalchef auch sagen, wie toll ich die aktuelle Politik finde. Nicht dass die von der Leyen ihre weiteren Pläne auch noch durchsetzt. 2 Monate sind ja nichts, einer ist mal lange krank, dann kommt man auch dahin…
Ich schätz mal Unternhemen finden es vor allen Dingen toll, daß Elterngeld eine Lohnersatzleitung ist, deren Laufzeit gegenüber dem Erziehungsgeld halbiert wurde. Schön wäre es, wenn sie jetzt nicht nur Hurra über die bewunderswerten Vätern schreien würden, sondern auch im Auge haben, was mit deren Kindern nach den 14 Monaten Maximalausschöpfung beim Elterngeld passiert. Betriebskindergärten in Deutschland so gut wie Fehlanzeige, flexible Arbeitszeiten auch…und ob Unternehmen immer noch Hurra schreien, wenn die Väter auf Teilzeit gehen, sei mal dahingestellt.
Fazit: Allet jut jemeint, aber schlecht jemacht!
Es ist ein mutiger Versuch, ein Anfang und überhaupt schön zu sehen daß dieses Thema überhaupt mal verständnisvoll beleuchtet wird – so wie es derzeit viele positive Trends gibt.
Ich kannte vor einigen Jahren einen Vater der hat 3 Jahre Auszeit genommen, über den wurde nur hergezogen.
Als ich 98 regelmäßig früher gehen musste nur um mich als nichtehelicher Vater um mein Kind zu kümmern, hatte ich dazu einige Diskussionen zu bestehen.
Da sind wieder die Rollenstereotype.
Damals ein Vater und „Auszeit“? Für die Karriere das aus.
Schön daß das Thema Elternzeit für Väter langsam gesellschaftsfähig wird.
Wenn ich heute mit meinem Chef (selbst Vater geworden) über früher gehen spreche wg. Termine mit der Tochter (Schule, Fest o.a.), dann stoße ich auf Offenheit und Verständnis.
Also, weiter mit den positiven Trends…