Für eine lebendige feministische Debatte

(Dieser Text erschien am Mittwoch, 7. Mai, in der Süddeutschen Zeitung, als Antwort auf Alice Schwarzers Rede zur Verleihung des Ludwig-Börne-Preises am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche.)

Am Sonntag erhielt Alice Schwarzer den Ludwig-Börne-Preis für kritischen Journalismus. In ihrer deutschlandweit beachteten Dankesrede bezeichnete sie die gerade entstehende junge feministische Szene als „Propagandistinnen eines Wellness-Feminismus“. Diese blickten nur auf ihre eigenen Belange, Karriere und Männer – eine erbärmliche „Geschichtslosigkeit“ und „Kaltherzigkeit, für die sie sich nicht einmal schämen.“ Diese „Post-Girlies“ wolle Schwarzer nicht vertreten, und auch nicht „Führerin der Frauenbewegung“ sein. Sie spreche für sich selbst und nicht als Stellvertreterin des Feminismus – deshalb sei an ihr kein Vorbeikommen: „Ich bin, mit Verlaub, liebe späte Mädchen, auch nicht abzusetzen.“

Vorneweg: Niemand will Alice Schwarzer absetzen. Mit ihr fühlt sich wohl jede Feministin in Deutschland in gewisser Weise verbunden. Doch es muss möglich sein, dass junge Frauen wie wir feministische Ideen für unser Leben und unsere Bedürfnisse weiter entwickeln und in Teilen auch anders praktizieren, als das unsere Vorgängerinnen getan haben. Dabei setzen wir uns natürlich auch mit Alice Schwarzer auseinander – manchmal kritisch, manchmal bewundernd. Wer hier von Absetzungsversuchen spricht, hat etwas falsch verstanden. Es geht darum, ein großes, wichtiges, schönes Projekt durch das nächste Jahrhundert zu bringen.


Wenn „Wellness-Feminismus“ bedeuten soll, dass wir uns eine Gesellschaft wünschen, in der wir uns wohlfühlen, dann trifft diese Bezeichnung durchaus zu. Ja, unsere Generation geht nicht auf die Straße, um für Frauenrechte zu kämpfen, wie es Alice Schwarzer und Hunderte anderer Frauen ihrer Generation taten. Aber dass wir unsere Unzufriedenheit nicht mit Plakaten demonstrieren, bedeutet nicht, dass es keinen Anlass zur Unzufriedenheit gibt. Denn eben weil wir uns nicht immer wohlfühlen in dieser Gesellschaft, brauchen wir den Feminismus. Er ist nach wie vor notwendig, genau wie jede andere Form sozialer Kritik und gesellschaftlichen Engagements. Um effektiv – und ja: populär – zu sein, muss sich eine politische Denkrichtung aber weiterentwickeln, eine Sprache sprechen, die die junge Generation kennt und Handlungsformen finden, die der aktuellen Situation entsprechen.

Die sieht so aus: In unserer Generation gilt es als gesetzt, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Findet sich eine Frau plötzlich trotzdem in einer Rolle wieder, die sie sich so nie gewünscht hatte, dann ist sie eben selbst schuld, hat sich nicht genügend angestrengt. Wer meckert, gibt sich als Versagerin zu erkennen in einer Gesellschaft, in der doch angeblich alles möglich ist. Wir haben uns entschlossen, Frauen das generationenübergreifende Gefühl des Scheiterns zu nehmen – indem wir wieder und überall darüber sprechen, dass es noch immer Ungerechtigkeiten gibt in dieser Gesellschaft; Strukturen, die Frauen das Leben ein bisschen schwerer machen als Männern. Indem wir daran erinnern, dass Gleichberechtigung etwas ist, was man nicht einfach von den Eltern erbt, sondern für das man immer und immer wieder kämpfen muss.

Was sind unsere Themen? Es sind vor allem Rollenklischees und Rollenerwartungen, die junge Frauen nicht das Leben führen lassen, das sie sich ausmalen. Sie starten mit tollen Schul- und Berufsabschlüssen, haben von ihren Eltern gehört, dass ihnen die Welt offen steht. Und dann begegnen sie dem sexistischen Chef, dem überforderten Ehemann, den ehrgeizigen Freundinnen, den traditionsbewussten Bekannten. Sie erwarten von einer jungen Frau etwas anderes als diese eigentlich tun wollte. Die junge Frau solle doch lieber wieder die zurückhaltende Nette sein, im Berufsleben einen Schritt zurück treten, solle sich für die Familie aufopfern, bitte nicht zu laut sein oder zu viel verlangen. Es sind subtile Hindernisse, die sich uns in den Weg stellen, kein großes, böses Patriarchat an sich. Aber auch für die Rechte von unterdrückten Frauen zu kämpfen, Gewalt gegen Frauen anzuprangern – sich mit den klassischen, „historischen“ Themen des Feminismus auseinanderzusetzen, ist für uns selbstverständlich. Schließlich bleibt Feminismus per Definition der Glaube an die soziale, ökonomische und politische Gleichheit der Geschlechter. Und wenn uns heute eher die Strukturen als die Gesetze unfrei machen, dann müssen wir gegen diese Strukturen kämpfen. Was nicht heißt, dass jene Probleme, gegen die Feministinnen gestern kämpften, vergessen werden sollten oder dass die Errungenschaften der Vergangenheit nichts mehr wert sind. Es heißt nur, dass der Feminismus und seine Strategien sich ändern, so wie sich Zeiten und Menschen ändern.

Feministische Ideen müssen in die kulturelle und gesellschaftliche Mitte, raus aus dem Nischen-Dasein der Gender Studies oder Frauenorganisationen. Er sollte offen für verschiedene Ansätze sein, für Gleichberechtigung zu kämpfen. Es wird wohl nie wieder die eine Frauenbewegung geben. Was es aber geben wird: ein Netzwerk von Frauen, die das gleiche Ziel verfolgen, sich aber unterschiedlicher Mittel bedienen. Denn nur so kann der Feminismus schlagkräftig bleiben. Schauen wir uns um, was derzeit alles passiert: Junge Feministinnen wollen mit dem neuen Magazin „Missy“ das Thema Popkultur für Frauen aufbereiten, Charlotte Roche hat mit ihrem Roman „Feuchtgebiete“ einen neuen Ton in puncto weiblicher Sexualität angeschlagen, Lady Bitch Ray mischt die Männerdomäne Hiphop mit ihren Raps auf, im Internet wird in feministischen Weblogs die Zukunft der Frauen diskutiert. Wenn Feminismus als soziale Bewegung breite Akzeptanz in der Gesellschaft finden will, muss er sich auch um die Probleme der breiten Masse kümmern und ihre Sprache sprechen. Und um herauszufinden, welche Probleme heute viele Menschen beschäftigen, brauchen wir einen öffentlichen feministischen Diskurs.

Wir wollen eine Debatte darüber, wie die Gleichstellung der Geschlechter in den heutigen gesellschaftlichen Umständen erreicht werden kann und welche Ungerechtigkeiten noch beseitigt werden müssen. Denn nur das Diskutieren und Verhandeln erhält eine soziale Bewegung wie den Feminismus am Leben. Zu dieser Auseinandersetzung gehört auch das Gespräch zwischen den Generationen. Das kann heute, in einer Mediengesellschaft, etwas beschwerlicher sein, weil ein inszenierter „Generationenkrieg“ spannender sein kann als ein Austausch über Inhalte.

Doch es ist einfach nicht länger zu verleugnen, dass es eine weitere Generation von Feministinnen gibt. Auch sie machen Kunst, Musik, Magazine, schreiben Bücher oder betreiben Weblogs. Und auch sie engagieren sich mit Leidenschaft. Die Freude, die all das mitunter bereitet, gilt ein bisschen auch als Entlohnung. Denn als Feministin in die Öffentlichkeit zu treten, ist immer anstrengend. Niemand weiß das besser als Alice Schwarzer. Aber sogar wir, die wir erst seit einigen Monaten als Feministinnen wahrgenommen werden, wurden schon zigmal anonym beleidigt und beschimpft, mit Häme und Spott überzogen oder als Frauen einfach nicht ernst genommen. Und trotzdem und deswegen sind wir Feministinnen. Weil wir wissen, wofür wir kämpfen und dass es sich lohnt, auch wenn es mal anstrengend wird und nicht immer der persönlichen Wellness dient.

MEREDITH HAAF, SUSANNE KLINGNER, BARBARA STREIDL

104 Kommentare zu „Für eine lebendige feministische Debatte

  1. Eure Überschrift „Für eine lebendige feministische Debatte“ gefällt mir dann doch deutlich besser als die leicht misszuverstehende und polarisierende Überschrift „Kein böses Patriachat“ bei sueddeutsche.de.

    Gefällt mir, eure Antwort. Sachlich und souverän. Die Kommentare, die euer Artikel auf der sueddeutsche.de Seite bekommen hat sind mal wieder unter aller Kanone. Wenn das die Leserschaft der Süddeutschen repräsentiert, dann gut Nacht.

  2. Also, Lady Bitch Ray hätte *ich* nicht erwähnt, nicht gerade ein leuchtendes Beispiel für angewandten Feminismus, eher für Niveauanpassung nach unten in Reaktion auf Sidoundwiesiealleheißen…

  3. Also,
    gerade bin ich auf euren Artikel im Feuilleton der SZ gestoßen…

    Hier mal ein wenig konstruktive Kritik:
    Mich als für Gleichberechtigung eintretenden Schülervertreter auf Landes -und Bundesebene (zwecks Programme zur Chancengerechtigkeit etc.) macht Ihr, liebe AlphamädchInnen und Mädchen mit einer eigentlich unnötigen Position über „modernen“ Feminismus beinahe wütend!

    Feministische Bewegungen gibt es seit dem 19. Jahrhundert und wir haben Ihnen insgesamt viel zum Thema Gleichberechtigung zu verdanken.
    Heute müssen wir eben nicht mehr Feminismus leben, sondern Gleichberechtigung. Ihr verwechselt da leider etwas und versucht euch an einer unbestreitbaren Definition für eine viele verschiedene, auch kontroverse Entwicklungen umfassende Frauenbewegung. „Der Glaube an die soziale, ökonomische und politische Gleichheit der Geschlechter“ – ist eben nicht der Feminismus, der von einem androzentrischem Gesellschaftsbild ausgeht, sondern schlicht – die Gleichberechtigung.

    Um die von mir nicht bestrittenen, immernoch bestehenden Rückstände endlich auzumerzen, bedarf es keiner Frauenlobby sondern einer Gleichberechtigungslobby!

    In kurzform:
    Indem ihr Fälle der Benachteiligung von Frauen als Argumentation für ein Anggleichen des jeweiligen Zustandes aus Blickrichtung der Frauen verwendet, verhindert Ihr ein tatsächlich gleichberechtigtes Denken, weil Ihr selber gar nicht aus der einseitigen Frauenrolle heraustretet!

    Schade, ich kenne derart viele Frauen und Mädchen die sich für Gleichberechtigung einsetzen und sie einfach ausleben, ohne das Bedürfnis in der eiegntlich bekämpften Rollenverteilung zu verbleiben.

    Ihr scheint mir aufgeweckte engagierte Menschen zu sein, aber Ihr verschreckt die, die es noch zu überzeugen gilt, die letzten eingerosteten Patriarchen. Und die bekommt man nicht durch „Feuchtgebiete“ und eine Kampfeinstellung die Ihr im Artikel eindeutig eingenommen habt.

    Übrigens, entschuldigt bitte den Genderingwitz am Anfang :P

    Liebe Grüße,
    Simon

  4. Pingback: PR Blogger
  5. Was Alice Schwarzer da macht, ist schon sehr traurig. Schon immer stört mich, dass sie so tut, als hätte sie den Feminismus gepachtet. Und ich dachte zwischenzeitlich schon, dass ich ihr damit Unrecht tue und sie nur von den Medien in diese Rolle gedrängelt wird… Mit ihrer Rede beweist sie jetzt das Gegenteil: Manche ihrer Auslassungen würde ich direkt chauvinistisch nennen („späte Mädchen“, what the hell?). Dann auch noch indirekt zu unterstellen, ihr würdet Zwangsprostitution nicht weiter schlimm finden, ist nicht nur geschmacklos, sondern schreiend absurd.
    Mir gefällt aber, dass ihr im Gegensatz zu Hensel & der anderen (grad keine Lust nachzugucken) nicht auf dieses aggressive Niveau eingestiegen seid.

    Ich verstehe nicht, warum sich Alice Schwarzer nicht freut, dass sich jüngere Frauen für Feminismus begeistern, sondern beleidigt ist, als wolle man ihr ihr liebstes Spielzeug wegnehmen („mich kann man nicht absetzen“). In diesem Verhalten ähnelt sie mehr ewigen Patriarchen, denen die eigene Person irgendwann wichtiger als die Sache wird.

    So läuft es auf „Zickenkrieg“ hinaus, und die Sexisten und Chauvinsten können sich genüsslich zurücklehnen.
    Entweder A. Schwarzer ist naiv, das nicht zu bemerken oder sie ist schon so machtverblendet, dass es ihr egal ist. Schade, irgendwie.

    PS. Eine sachliche Kritik von Schwarzers Seite hätte mich dagegen schon interssiert, und auch ich finde „Alphamädchen“ nicht den besten Titel, da er m.E. schon mit der Girlie-Bewegung und der damit verbundenen Niedlichkeit kokettiert.

  6. @ Simon: Feminismus kömpft für die Gleichberechtigung der Frau. Feministinnen wollen genauso wie du die Gleichberechtigung und nicht irgendwelche Sonderrollen. Wenn wir aber ohne diese unterschiedlichen Rollen denken werden wir uns der vorhandenen Missstände nicht bewusst.
    Es ist schön, dass du für Gleichberechtigung bist, aber das macht den Feminismus nicht überflüssig. Du lieferst auch keine Argumente, warum diese früher wichtige Bewegung ihre Bedeutung verloren haben soll. Vielleicht interessiert es dich, dass Frauen z.B. immer noch ca 25% weniger verdienen? Ich finde, dass allein berechtigt schon dazu Männer und Frauen in ihren gesellschaftlichen Rollen zu betrachten und dafür zu kämpfen, dass jedes Alphamädchen die Chance hat, zu einer Frau heranzuwachsen, die einem Mann in nichts nachsteht.

    @Topic: Eine schöne und sachliche Antwort, hat doch die vorhergehende Diskussion und Berichterstattung einen gewissen Mangel an echten Informationen entbehrt. Ich hoffe doch, dadurch ist jetzt die sich schon unheilvoll am Horizont abzeichnende Schlammschlacht vom Tisch, denn das dient der Sache am wenigsten. Vielleicht sollte man mal ein Interview machen, mit allen „Mädchen“-Feministinnen und der guten Alice, denn ich glaube, im Grunde genommen gibt es gar nicht so viele Unterschiede. Vom Mädchenblog habe ich aus der Emma erfahren! Und vielleicht sollten auch mal andere Emma-Feministinnen(Feministen??) zu Wort kommen, z.B. Lisa Ortgies die baldige Chefredakteurin, die ja irgendwie völlig untergeht.

    In diesem Sinne
    ina

  7. Entschuldigt bitte, dass ich mich nochmals zu Wort melden muss!

    Ich kenne mich zu wenig mit Alice Schwarzer aus um mir eine Meinung über ihr gesamtes Lebenswerk zu bilden. Aber hier wird schon wieder populistisch absichtlich etwas falsch verstanden!

    Alice Schwarzer hat ja gerade gesagt, sie sei nicht „abzusetzen“ weil sie eben NICHT den Anspruch erhebt als Stellvertreterin für den „Feminismus“ (den es, mit Verlaub, auch nicht so gibt) herzuhalten. Das heißt einfach nur, dass sie ihre Meinung ausdrücken kann ohne sich für niveaulose „fettige Grillzange in Vagina – ungereinigt wieder in Papa´s Besteckschublade“ (von von den AutorInnen gelobtes „Werk“ Feutchgebiete, Charlotte Roche) pseudo-femistische Statements zu entscheiden.

    Langsam beschleicht mich der Verdacht, einige der „Nachwuchsfeministinnen“ haben den wahren verbliebenen zu bewältigenden Notstand (bestehende Ungerechtigkeiten) aus dem Blick verloren und widmen sich jetzt der Provokation um der Provokation willen. Und das ist, mit Verlaub, kindisch und ineffiktiv im Bezug auf die plakatierten Ziele!

  8. Hi Simon. Ich frage mich, an welcher Stelle du das Gefühl bekommen hast, dass es jungen Feministinnen ausschließlich um die Provokation geht. Ganz grundsätzlich denke ich, dass sich jede junge Frau witzigere Dinge vorstellen kann, als sich für gesellschaftliche Belange einzusetzen – vor allem, wenn es um ein Zubeiß-Thema wie den Feminismus (du kannst die Anführungsstriche ruhig weglassen) geht.

    Aber dann schauen wir doch noch mal genau hin, was die jungen Feministinnen machen.

    Beispiel Missy : Mit einem feministischen Popkulturmagazin wollen die Macherinnen jungen Frauen neue Vorbilder zeigen, andere Themen als die „klassischen Frauenthemen“ Schminke, Mode, Sex und Wellness anbieten und einfach reflektierten Journalismus für Frauen machen.

    Beispiel Lady Bitch Ray: Man kann das, was sie macht, finden wie man will – aber sie macht etwas. Und das finde ich immer einen Grund, etwas zu beachten, jemandem zuzuhören. Einfach nur gemeckert wird ja schon genug.

    Beispiel „Feuchtgebiete“: Im Stern der letzten Woche erzählt ein Paar, dass sie das Buch gelesen haben, getrennt, um anschließend das erste Mal (!) in ihrer Beziehung offen über Sex zu sprechen.

    Beispiel Weblogs: Zum Beispiel hier, im Mädchenblog und im Genderblog wird darüber berichtet, wenn Gesetze anstehen, die uns Frauen betreffen. Es wird diskutiert, wie Rollenklischees für Frauen und Männer beseitigt werden können. Es wird auf Frauenschicksale in anderen Ländern und Kulturen aufmerksam gemacht.

    Und jetzt noch mal die Quizfrage an dich: Das ist Provokation um der Provokation willen?

    Kapier ich nicht.

  9. „Er ist nach wie vor notwendig, genau wie jede andere Form sozialer Kritik und gesellschaftlichen Engagements“
    Soziale Kritik schliesst gesellschaftliches Engagement aus.

    „aber sie macht etwas“
    Hauptsache irgend etwas machen war noch nie ein guter Ratgeber. Blinder Aktionismus führt mit Regelmäßigkeit ins Leere.

    Zudem finde ich es etwas verwegen, zu behaupten, es gäbe kein Patriarchat mehr. Es sollte schon Mindestmaß von Kritik sein, sich nicht nur auf das Offensichtliche zu beschränken, denn sonst ist sie bestenfalls rein instrumentell-vernünftiger Natur. Das die Gesellschaft an sich, der Kapitalismus, Frauenfeindlich strukturiert ist, habe ich hier noch nie gelesen und auch nicht bei Alice Schwarzer, die sich eh lieber auf Prostituiertenhass beschränkt.
    Würde sich der Feminismus verwirklichen, wäre damit die Abschaffung des Ganzen verbunden. Alles andere ist bullshit.

  10. @Simon

    Vor allem finde ich es witzig, dass du im ersten Post noch dezidiert auf den Pfad der „konstruktiven Kritik“ hinauswillst, den du im zweiten dann direkt wieder verlässt, wenn du von „[…] beschleicht mich der Verdacht, einige der “Nachwuchsfeministinnen” haben […]“ sprichst.

    Ich weiß ja nicht genau, was dein Anliegen ist: Ehrenrettung A. Schwarzers? Der „Unterlegenen“ Hilfe gewähren, im medialen Kreuzfeuer?

    Glaube mir, alles nicht so wichtig. Frau Schwarzer hat ihr eigenes Forum, Emma+Bild und die „Kontrahentinnen“ werden so oder so irgendwann in eine Richtung arbeiten. Spätestens wenn der erste Dämmlack im Feuilleton sich über den „Streit“ lustig macht und die gesamte Diskussion für überflüssig erklärt. Bis dahin dürfen sich ruhig alle Seiten auch mal ein wenig beharken und die Grenzen ihrer Positionen austarieren. Bis dahin ist Feminismus weiter in den Medien, was ja an sich nicht schlecht ist. (Vielleicht haben sich Schwarzer, Hensel und Haaf im Vorfeld abgesprochen um eine gemeinsame PR-Kampagne für den Feminismus anzuzetteln? Nichts genaues weiß man nicht^^)

    So oder so, bleibt als einziges, lesen, lesen und sich eine eigene Meinung bilden.

    beste Grüße
    d.

  11. @access denied
    „Soziale Kritik schliesst gesellschaftliches Engagement aus.“
    -Wie ist das denn gemeint? Kritik an Arbeitnehmersituationen (in Form von Streik, Unterschriftenaktion etc. pp.) und Engagement in einem Kinderhilfsprojekt ist nicht zu vereinen?

    „Würde sich der Feminismus verwirklichen, wäre damit die Abschaffung des Ganzen verbunden. Alles andere ist bullshit.“
    – Welches Ganzes? Du meinst alle Menschen sterben? Verhungern? Oder was? DAS ist völliger B.

  12. @ access denied:

    Lady Bitch Ray und „blinder Aktionismus“ passen für mich nicht in einen Satz.

    Niemand hat behauptet, es gäbe kein Patriarchat mehr. Es ist nur heute nicht mehr der augenscheinliche Feind.

    Wenn dein letzter Satz bedeutet, dass das letztendliche Ziel des Feminismus seine Überflüssigkeit wegen veränderter Verhältnisse ist: Ja.

  13. Ich habe auch nicht behauptet, dass Lady Bitchray blinden Aktionismus betreibt (die verkauft nur), sondern das die Aussage, hauptsache jm. tut etwas, solchen eben mit regelmäßigkeit begünstigt.

    „Welches Ganzes? Du meinst alle Menschen sterben? Verhungern? Oder was? DAS ist völliger B.“
    Verhungern, sterben? Was willst du jetzt genau wissen?
    Das ganze wird gemeinhin auch Gesellschaft genannt.

    „Wie ist das denn gemeint? Kritik an Arbeitnehmersituationen (in Form von Streik, Unterschriftenaktion etc. pp.) und Engagement in einem Kinderhilfsprojekt ist nicht zu vereinen?“
    Erstes ist keine Kritik, solange die Arbeit an sich nicht angeprangert wird oder sich die Gewerkschaften wnigstens nicht nur darauf beschränken, den „sozialen Frieden“ zu wahren, sondern wirkliche Interessensvertreter zu sein, zweites ist zwar ehrenwert und sicher zu unterstützen, letztendlich aber nichts anderes als sozialpädagogische Elendsverwaltung. Und das ändert nunmal nichts, sondern ist njur die Kosmetik auf dem hässlichen Antlitz der Welt.

  14. Ich lese nun seit ein paar Tagen diesen Blog interessiert mit und ich freue mich, dass es ihn gibt. Allerdings wundert mich diese aufgeregte Diskussion um Alice Schwarzer. Das Stichwort „Zickenkrieg“ ist nun schon öfter gefallen und auf mich als Unbeteiligte macht es auch genau diesen Anschein. Für mich wirkt es wie ein Generationenkonflikt, bei dem (klassisch) beide Seiten die jeweils andere beschuldigen. Ich habe nichts von Frau Schwarzer gelesen und sie ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal. Ich denke, dass wir Feministinnen sein können, ohne uns an ihr abarbeiten zu müssen. Übrigens kenne ich Feministinnen ihrer Generation, die durchaus Vorbilder sein können und sich freuen, mit uns zusammenzuarbeiten. Also, warum nicht einfach ignorieren und die feministische Debatte in der Öffentlichkeit, die Ihr fordert, einfach mal beginnen?
    Es sind allerdings andere Dinge, die mich in den Kommentaren mehr verwundern (und hier ist es Zeit für das zweite Geständnis: ich habe weder Alpha-, noch neue deutsche Mädchen gelesen): Irgendwo hier steht, dass es das Patriarchat wohl noch gebe, dass es aber nicht mehr der Hauptgegner sei. Liebe Leute, das Patriarchat war nie ein Gegner, der sich in konkreten Erfahrungen zeigte. Nur waren die Feministinnen der 2. Frauenbewegung klug genug, zu erkennen, dass hinter konkreten Diskriminierungen oder Gewalt oder schlagenden Ehemännern eben eine Machtstruktur liegt. Und das ist die gleiche, die heute immer noch wirkt. Und das ist das Patriarchat. Zu behaupten, dass es das nicht mehr gebe, wäre vielleicht so, wie zu sagen, es gebe keinen Kapitalismus mehr, weil wir alle Aktien besitzen können. Und diese Strukturen wirken an jeder Ecke. Ich fühle mich persönlich angegriffen, morgens an der Straßenbahn neben einer leichtbekleideten Dame in Fickmich-Pose zu warten, die für Unterhosen wirbt. Es macht mich zum Objekt. Ich fühle mich hilflos, wenn ich auf der Arbeit in Teamrunden nicht zu Wort komme. Ich fühle mich verzweifelt, wenn ich weiß, dass ich spätestens ab der nächsten Gehaltsstufe weniger verdiene als meine Kollegen. Ich fühle mich verarscht, wenn ein Mann nicht durch die Tür geht, die ich ihm aufhalte und ich fühle mich verletzt, wenn Mann fragt, ob er zusehen dürfe, wenn ich meine Freundin küsse.
    Ich weiß, dass dies auch Themen sind, um die es Euch geht, aber ich denke, die Perspektive ist entscheidend und dass es wichtig ist, politisch zu argumentieren und die Probleme nicht als welche zu benennen, mit denen wir uns rumzuschlagen haben, sondern als die strukturellen, die sie sind.
    Dazu kommt, dass die Beispiele, die ich oben genannt habe, aus einem Leben einer recht privilegierten Frau mit guter Ausbildung stammen. Anders sieht es bei Frauen mit schlechter oder keiner Ausbildung, in schlecht bezahlten Jobs (Pflege!) oder ohne Jobs aus und sowieso, sobald wir aus Westeuropa rausgehen. Ich stimme access denied zu, wer Feminismus ohne Kapitalismuskritik denkt, muss bei gender mainstreaming halt machen. Da waren Feministinnen schon mal weiter. Die Welt ist eben größer als die eigene Lebensrealität.
    In diesem Sinne, auf eine neue Frauenbewegung! Lasst uns einfach anfangen!

    P.S.: Ich muss Frau Schwarzer aber zustimmen, dass die Buchtitel Alphamädchen (wo es ein Alpha gibt, muss es auch den Rest geben?) und Neue Deutsche Mädchen (BDM!) etwas verfehlt sind… Also ich als Feministin fühle mich jedenfalls eher abgestoßen.

  15. „Verhungern, sterben? Was willst du jetzt genau wissen?
    Das ganze wird gemeinhin auch Gesellschaft genannt.“
    – Du willst also ausdrücken, dass die Gesellschaft sich selbst abschafft, wenn sich der Feminismus komplett verwirklicht?
    Absurd.

    „Erstes ist keine Kritik, solange die Arbeit an sich nicht angeprangert wird […]
    zweites ist zwar ehrenwert und sicher zu unterstützen, letztendlich aber nichts anderes als sozialpädagogische Elendsverwaltung. Und das ändert nunmal nichts, sondern ist njur die Kosmetik auf dem hässlichen Antlitz der Welt.“

    – Och, wir haben alle den Traum nochmal von Vorne anfangen zu dürfen. Einfach alles auslöschen. Reichtum, Wohlstand, Macht, Rechte und dergleichen völlig neuzuverteilen und nur noch „sinnvolle“ Arbeit zu betreiben, wie Lesen, Malen, Schreiben, Tanzen. Uns in den Armen liegen und Herzen und Umarmen.
    Sorry das wir die aktuell letzten Menschen auf diesem Planeten sind und mit dem Ergebnis von 10.000 Jahren Entwicklungen leben müssen. Und was die Erkenntnisse über uns selbst angeht, können wir eher froh sein, dass wir überhaupt noch da sind, uns über Probleme saturierter Gesellschaften (wie den Feminismus) Gedanken machen dürfen und eher darüber Nachdenken, wie wir eine geschlechtsneutrale Wertschätzung der Arbeit erreichen, als darüber, was wir morgen Essen können.

    Und bitte nicht vergessen, dem Herrgott zu danken, dass du Strom und einen Computer besitzt und dir nachher der Dönermann deiner Wahl gegrillten Käse in ein Fladenbrot steckt.

  16. Zora,

    letztlich läuft das immer auf eine Diskusison hinaus, was „Feminismus“ denn eigentlich ist. Ich denke, das ist ja auch einer der wesentlichen Punkt an einer „lebendigen feministischen Debatte.“ Auch wenn ich persönlich ja eher mit Thea Dorn übereinstimme und den Begriff „Feminismus“ für zu belastet halte, um ihn für eine zeitgemäße gesellschaftliche Diskussion zu verwenden, finde ich es dennoch höchst spannend, zu beobachten, wie hier versucht wird, das Label aus genau den problematischen ideologischen Fallen zu befreien, die Du für seine Wesensmerkmale hältst (vor allem eben die „nicht identifizierbaren Machtstrukturen“, die in der Konstruktion nur mit epistemischem Privileg erkannt werden können und nicht intersubjektiv zugänglich sind, und die problematische Nähe zum Marxismus, und nicht zuletzt die sich aus all dem denklogisch ergebende Opferrolle der Frau). Eine Bekannte war kürzlich reichlich irritiert, als eine Feministin ihr erklärte, ihre Aussage, „nicht unterdrückt zu sein“, sei eine Art „Stockholm-Syndrom“ im Patriarchat…

    Die zweite feministische Welle war genauso Ausdruck der gedanklichen Welt und der Lebensrealtität der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wie die jetzt vielleicht entstehende. Daß dabei versucht wird, einer Gruppenrechtstheorie eine individualistische Grundlage zu geben, ist vielleicht für jemanden, der die Welt von der Antwort her denkt, schwer zu verstehen – es ist aber letztlich logisch unabdingbar, wenn man sich zu Selbstgesprächen ins ideologische Schneckenhaus zurückziehen will. Daher kommt es dann zu Konflikten.

    Ich zitiere hier noch mal einen Absatz aus dem Zeit-Artikel über Simone de Beauvoirs „Das andere Geschlecht“ von Januar 2008, der wie ich finde, ein paar Punkte zum Thema philosophischem „Generationenkonflikt“ sehr gut aufgreift –

    „Liest man den Brocken heute, fallen bald zwei Dinge auf. Erstens: Die empirische Geschlechterwelt, die hier beschrieben wird, ist einfach nicht mehr unsere. Beauvoirs sachlich-sezierende Polemik gegen die bürgerliche Ehe beispielsweise verpufft in einer Zeit, die nicht mit der gesetzlichen Diskriminierung von Ehefrauen ihre Not hat, sondern mit undiskriminierten Menschen, die sich am Geburtstag selbst zuprosten und im Internet auf Partnersuche gehen. Zweitens: Das zeitlose Weiblichkeitstheorem »Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es«, dieser Kerngedanke des Anderen Geschlechts, er steht bis heute rumorend zur Debatte. Denn dieser Satz spukt durch die Kulissen, wann immer das Frauenthema oder einer seiner Aspekte auf der Bühne erscheint. Während das Problem des Heliozentrismus seit Galilei als erledigt gelten kann und das Problem, ob das Sein das Bewusstsein bestimmt oder umgekehrt, auf der Reservebank Platz genommen hat und die Halbzeitergebnisse der Pränatal- oder der Hirnforschung abwartet, hält uns das Problem, wie wir Mann und Frau sind und werden, wie sich Natur und Kultur, Biologie und Sozialisiertheit im Geschlechterentwurf jeweils durchsetzen, ziemlich auf Trab. Ob wir es merken oder nicht.“

  17. @Tobias

    „[…] letztlich läuft das immer auf eine Diskusison hinaus, was “Feminismus” denn eigentlich ist. […] finde ich es dennoch höchst spannend, zu beobachten, wie hier versucht wird, das Label aus genau den problematischen ideologischen Fallen zu befreien, die Du für seine Wesensmerkmale […]“

    – Um einem Begriff eine Bedeutung zu geben, der ihn modern und praktikabel werden lässt, braucht es drei Dinge: Erstens: Er muss eine Bedeutung oder Deutung der Vergangenheit zulassen, also eine Abgrenzung zulassen, auf etwas, dass vor dem Begriff war und was nach ihm kam. Zweitens: Er muss gegenwärtige Verhältnisse beschreiben oder zusammen fassen können. Drittens: Er muss einen Ausblick in die noch nicht erreichte Zukunft geben. (In der subjektiven Wahrnehmung wird die Gewichtung von V., G. und Z. unterschiedlich eingeschätzt.)

    Im Fall der Wiederauflebung eines eigentlich verbrannten Begriffes, muss man diese drei Teile neu aufladen. Und zwar nicht gänzlich, sondern zu den positiv bewertenden Teilen, weitere positive hinzufügen.

    Für den Blick in die Vergangenheit gilt nun nicht nur der positive Blick, dass Frauen anfingen für ihre Unabhängigkeit und Freiheit kämpften, sondern durch den Begriff (Susanne hatte ja letztens schon geschrieben, dass sie meine Position teilt) bewusst macht, welches Geschlecht die verkrusteten gesellschaftlichen Strukturen aufgebrochen hat.
    In unserer heutigen geschichtlichen Rückbetrachtung, kann man also nicht nur die Erfolge für das weibliche Geschlecht positiv anerkennen, sondern für die gesamte Gesellschaft, also auch für die Männer.

    Der Feminismusbegriff bekommt also (meiner Meinung nach) aktuell eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung. Und das nicht weil es ein Wunsch ist, weil das Feministinnen wollen, sondern weil der Begriff Menschen zusammenbringt, die die Gesellschaft zum Positiven verändern wollen. Es „passiert“ also einfach, dass sich ein J. Nicholson als Feminist bezeichnet und Männer neidisch über die scheinbaren Vorteile von Frauen im Berufsleben äußern (passiert hier immer wieder im Blog. Aber ich sehe es als positives Zeichen, dass Frauen ob ihrer Chancen beneidet werden, statt dass sich über ihre Chancenlosigkeit lustig gemacht wird).

    Und für die Zukunft verspricht er ein Gesellschaftsbild, dass Frauen und Männern eine nie gekannte Freiheit, jenseits wirtschaftsgeprägter Klischees, bietet. Anzeichen dafür sieht man daran, dass ein Medium, dass jahrzehntelang die öffentliche Meinungsbildung beherrschte (das Fernsehen) nicht mehr weiß, wie es ein Massenpublikum bedienen kann. Das Internet dagegen wächst immer noch zweistellig (k.A. wo, aber die Zahl ist sicher nicht verkehrt^^). Und wer sich im I-Net nicht selbst bilden kann, kann es auch nicht voll nutzen.

    Wenn sich die Nutzung des Begriffs „Feminismus“ also ausweiten lässt, werden automatisch alte Zöpfe abgeschnitten. Was aber nicht bedeutet, dass wir in zehn, fünfzehn Jahren nicht ebenso die ideologische Überkommenheit ebendieses Begriffes diskutieren können. Nur wir sind dann die „Alten“ und „Junge“ fordern eine definitorische Verwandlung oder Abschaffung. Vorher muss aber bewiesen werden, dass er nicht nur neu aufgeladen, sondern auch zu neuen, besseren Dingen benutzt werden kann.

  18. „Du willst also ausdrücken, dass die Gesellschaft sich selbst abschafft, wenn sich der Feminismus komplett verwirklicht?
    Absurd.“

    Absurd? Für eine Gesellschaft, deren grundlegende Strukturen Frauenfeindlich sind (Männerfeindlich übrigens auch, zumindest für den grossen Teil), kann Feminismus nur ihre Aufhebung bedeuten. Alles andere—>Sozialpädagogische Elendsverwaltung.

    Den Rest deines Post ignoriere ich mal, denn erstens hab ich das alles schon tausendmal gehnört, ohne das es je richtig geworden wäre oder nur ein Argument, zweitens ich über grundlegende Dinge nicht mit Leuten diskutiere, die schon nicht mal mehr in der Lage zu sind, mit Kritk an den Verhältnissen etwas anfangen zu können…

    „Wenn sich die Nutzung des Begriffs “Feminismus” also ausweiten lässt, werden automatisch alte Zöpfe abgeschnitten.“
    Schon allein empirisch ist festzustellen, dass ein Begriff, der sich ausweitet, seine Bedeutung verliert.

  19. Zora, auf die ersten paar Punkte überhaupt einzugehen, erspare ich mir weil das sinnlos ist und ich schon weiss in was das endet.

    Den einzig wirklich interessanten Punkt finde ich in den schlecht bezahlten Jobs (Geht ja schließlich schon mal weiter wie das „Frauen in die Elite“ getöse). Nur finde ich es falsch das nur auf Frauen zu beziehen und das unter dem Deckmantel der Gleichberechtigung zu verkaufen. Genauso wie, trefflich von Simon formuliert, einzig eine Anpassung an den Feminismus zu verlangen, was ja im Grunde genommen eine Anpassung an Frau bedeutet. Ganz schrecklich dabei finde ich wie dabei der Feminismus durchgepresst werden muss. Da werfe ich den Satz „Die Welt ist eben größer als die eigene Lebensrealität.“ zurück.

  20. „Schon allein empirisch ist festzustellen, dass ein Begriff, der sich ausweitet, seine Bedeutung verliert.“
    – wenn er sich entgrenzt ausweitet, stimme ich zu. In diesem Fall wäre es aber eine begrenzte Ausweitung. Man könnte auch von logischer Weiterentwicklung sprechen.

    „zweitens ich über grundlegende Dinge nicht mit Leuten diskutiere, die schon nicht mal mehr in der Lage zu sind, mit Kritk an den Verhältnissen etwas anfangen zu können“
    – Habe ich irgendwo zum Ausdruck gebracht, dass ich die Verhältnisse nicht kritisiere? Ich kritisiere bei dir nur die Maßstäbe. Alles wegwischen und neuaufbauen ist nun mal leider nicht friedlich möglich und ich will mir meine Hände nicht schmutzig machen. Da suche ich lieber andere Wege. Aber ich bin mir sicher, dass du in blutigen Revolutionen nur Positives erkennen kannst, ich sehe darin zuviel Negatives.
    Aber jedem seine Ideen für eine bessere Welt.

    „Für eine Gesellschaft, deren grundlegende Strukturen Frauenfeindlich sind (Männerfeindlich übrigens auch, zumindest für den grossen Teil), kann Feminismus nur ihre Aufhebung bedeuten.“
    – Gesellschaft kann nicht aufgehoben werden, Gesellschaft ist immer da wenn zwei Menschen zusammentreffen. Aber vielleicht haben wir unterschiedliche Definitionen von Gesellschaft?
    In jedem Fall haben wir unterschiedliche Ansichten von „feindlichen Strukturen“, die sehe ich nämlich bei weitem nicht geschlechtsspezifisch, sondern maximal gegen den Menschen.
    Aber ich sehe keinen realistischen Ausweg aus den bestehenden Strukturen, als a) anzuerkennen, dass meine Ideen einer anderen Welt, nur meinen Egoismus befriedigen und keinesfall allen Menschen zu Gute kommen kann, b) anzuerkennen, dass es noch Menschen gibt, die in den bestehenden Strukturen glücklich sind, die also von einem besseren System überzeugen werden müssten. Gewaltsam oder friedlich bleibt dann dem egoistischen Gewalteinsatz überlassen c) anzuerkennen, dass kapitalistische bzw. allgemein „Machtstrukturen“ Menschenfeindlich sind, weil sie in erheblichem Maße Segregation betreiben und mir als konkretem Einzelmenschen nur die shizophrene Flucht in eine positiv gedachte Zukunft bieten und Ideen von gesellschaftlichem Wandel soviel positive Energie zuzusprechen, dass ein Mehr an positivem Wandel herauskommt. d) anzuerkennen, dass die bestimmenden Kräfte nicht nur bestehen, sondern ihr Überleben auf lange Zeit gesichert haben und nur mit Ideen und dem nötigen Nachdruck verändert werden können, gleichzeitig aber das Scheitern vorherzusehen ist. Auch dagegen hilft nur die Shizophrenie des Punktes c).

  21. @Sven

    Möglich, dazu müsste man den Feminismus als klar Gesellschaftsfeindlich einordnen. Dazu sehe ich ihn aber, schon hier im Blog, viel zu sehr in der „Mitte“ angekommen.

    Der Widerspruch: „Proletarier an die Macht“ ist bei weitem größer gewesen, als „Frauen sollen auch an die Macht teilhaben“.

    Nun ja, aber man den Kampf um Gleichberechtigung sicher auch in Schlachtfeldern, Revolutionen, Werden und Vergehen von Gesellschaften denken.

    Für mich geht es nur noch um Kleinigkeiten in den Köpfen, mit großen Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben. Und genau die werden noch nicht weit genug erfasst. Gerade wenn es darum geht, dass der Feminismus im Schlepptau der gesellschaftlichen Veränderung den Mann seiner (sehr hochgestochen, ich weiß) „Identität“ beraubte, geht es ja auch darum, wie Mann seine Identität wiedererlangen kann, ohne sich das von Frau sagen lassen zu müssen oder alte Verhaltensmuster wiederaufleben zu lassen.
    Faktisch also: Wie der Mann selbstständig sein kann, ohne den Frauen dabei ihre Freiheit zu nehmen. Denn bisher basierte Selbstständigkeit auch auf Rücksichtslosigkeit.

    Nun ja, dass ist ein weites Feld, wir stehen am Anfang und man sollte die Sprünge nicht allzuweit wagen.

  22. d.: „Faktisch also: Wie der Mann selbstständig sein kann, ohne den Frauen dabei ihre Freiheit zu nehmen. Denn bisher basierte Selbstständigkeit auch auf Rücksichtslosigkeit.“

    Verstehe ich nicht. Was meinst Du hier mit selbstständig? Und was ist das Rücksichtslose daran?

    Fragt eine durch und durch selbstständige Frau.

  23. @Schnatterinchen

    In diesem Fall, wie er sich selbstständig definieren kann, sich also selbst eine Bedeutung geben kann.
    Und das geschieht (auf Geschlechterebene) nicht unter Rücksichtnahme des anderen Geschlechts. Frauenrechtlerinnen haben sich keinen Notfallplan ausgedacht, wie und ob Männer Bügeln, Kochen, Abwaschen können, sondern ihnen einfach die Brocken hingeworfen.

    Ist es aber jetzt umgekehrt frauenfeindlich, wenn ich der Frau bei einem platten Reifen lediglich das Werkzeug zur Verfügung stelle?
    Man bekommt dafür nicht unbedingt nen blöden Spruch zu hören und ne gute Begründung (Gleichberechtigung!) hat man auch, nur neutral wird es nicht aufgenommen.

    Umgedreht dagegen, wäscht eine Frau auf und ich stehe nur so nebenbei, wird implizit ausgedrückt: Schnapp dir ein Wischtuch und hilf mir!

    Mache ich mir als Mann also keine Gedanken, nehme ich schnell drei Rollenmodelle an a) Rücksichtslos von Gestern, gepaart mit der Gleichberechtigung von heute (trockne nicht ab und lasse die Frau das Rad wechseln) oder b) Frau definiert mich (ich wechsle das Rad und trockne selbstverständlich ab) oder c) ich ignoriere das Abtrocknen, weil ich das ja noch nie gemacht habe und mir immer was runterfällt und den Reifen wechsele ich dir schnell mal, hübsches Püppchen.

    Und für ein modernes Selbstverständnis würde ich mir, sobald ich die Lage erkannt habe, dass Wischtuch schnappen, ohne direkte oder implizite Aufforderung und würde beim Reifenwechseln zur Hand gehen mit Erklärungen zur Selbsthilfe.

    Aber solche Dinge kann man in fast unendlichen Szenarien durchspielen und höchst selten werden beide Seiten aneinander erkennen, wieviel Freiheitswille dahintersteckt.

    Und der erhöhte Freiheitswille führt halt manchmal zur Wahrnehmung als Rücksichtslosigkeit, denn warum wechsele ich nicht einfach den Reifen, wenn ich es doch kann?

  24. „Ist es aber jetzt umgekehrt frauenfeindlich, wenn ich der Frau bei einem platten Reifen lediglich das Werkzeug zur Verfügung stelle?“

    Nein, nicht frauenfeindlich, aber unmännlich. ;-)

    „a) Rücksichtslos von Gestern, gepaart mit der Gleichberechtigung von heute (trockne nicht ab und lasse die Frau das Rad wechseln) oder b) Frau definiert mich (ich wechsle das Rad und trockne selbstverständlich ab)“

    Ist es Zufall, dass Du in der Variante „Die Frau macht alles alleine“ den Mann als rücksichtslos bezeichnest, aber in der Variante „Der Mann macht alles alleine“ die Frau nicht als rücksichtslos bezeichnest? Oder bedeutet „Die Frau definiert mich“ das Gleiche wie rücksichtslos? Den Ausdruck „jemanden definieren“ kenne ich gar nicht.

  25. @Schnatterinchen

    Deine Antwort beschreibt doch das gemeinte Problem :-)

    Werkzeug zur Verfügung stellen ist unmännlich. Mit dem Zwinkern hinterher wird es in jede Richtung deutbar und der Lösungsansatz wird abgelehnt ;-)

    „jemanden definieren“
    – gute Frage woher ich das habe. Ich würde es dahingehend benutzen, dass wir in der Entscheidung, wie wir eine Person ansehen: fortschrittlich, altbacken, Arbeitstier etc. pp. eine bestimmte Anzahl an Handlungen zu Grunde legen und uns darauf ein Urteil bilden, ohne zu wissen, was diesen Menschen noch ausmacht. Und viel zu oft findet dieses „Definieren“ durch eine einzelne Aktion statt (bspw. beim Reifen wechseln).

    Und ja, dass ist Zufall. Ich bin mir in dieser Frage auch nicht sicher, ob ich meinen Geschlechtsgenossen dahingehend „Dummheit“, den Frauen „Schlauheit“ oder beiden „Idiotie“ unterstellen soll :-)

    Nehmen wir eine gedachte Konkurrenz von drei Männern (Typ b), Typ c) und meine Variante) um eine Frau an, dann sammele ich beim Reifenwechsel direkt Minuspunkte, obwohl hinter meiner Entscheidung das modernere Denken steht, weil Frau einfach nur den Reifen gewechselt haben will, egal aus welchem Motiv. Da ist dann nämlich leider Schluss mit dem Weiterdenken der Gleichberechtigung, sondern Beginn des Egoismus.

    Aber ich suche mir nicht die Frauen als Täter aus, sondern mache durchaus im mangelnden Selbstverständnis des Mannes einen Schwachpunkt aus.

  26. d., was soll denn daran „moderner“ sein? Und selbst wenn, „moderner“ ist eben nicht immer besser, und manchmal ist das Persönliche wirklich einfach nur das Persönliche. Und manchmal geht es beim Reifenwechseln einfach nur ums Reifenwechseln.

    Wenn DU ihr den Reifen wechsel willst, weil DU nett sein willst, wenn DU denkst, daß Du Hilfe leisten mußt, oder weil DU denkst, daß das die richtige Alternative ist, um bei ihr Pluspunkte zu sammeln, weil DU sie gerne näher kennen lernen möchtest, dann wechsele ihren Reifen. DU kannst für sie nicht das Denken übernehmen, DU kannst ihre Realität nicht konstruieren, DU hast nur einen sehr begrenzten Einfluß darauf, wie sie Dich wahrnimmt, was sie über Dich denkt, wenn Du ihr Werkzeug gibst, oder den Reifen wechselst. DU verlangst zu wenig von der Frau und überforderst Dich, wenn DU das Denken und die gesellschaftliche Konstruktion für sie gleich mitmachen willst.

  27. d., Du klingst manchmal ein bisschen wirklichkeitsfern. Falls Du aber gleichzeitig aussiehst wie Brad Pitt, finden Frauen das wiederum süß. Dann kannst Du Deiner Traumfrau auch ganz „modern“ das Werkzeug für den Reifenwechsel vor die Füße legen, sie wird Dich trotzdem umwerfend finden. ;-)

  28. @Schnetterinchen: auch wenn das alles mit ;) gesagt wird, muss ich dem mal widersprechen. Auch bei einem süßen Typen fällt es manchen Frauen auf, wenn er nen schlechten Charakter hat.
    @d: zu der Frage mit dem Reifenwechseln, würde ich einfach mal die Frau fragen, wie sie das sieht. Warum soll ihr das Werkzeug nicht ausreichen?

  29. @Tobias

    meine Güte, welch Polemik aus deinen Tasten. Ich muss dich ja ganz schön erzürnt haben, mit meinem kleinen konstruierten Beispiel.

    HEIDE OESTREICH schrieb:
    „Es ist schließlich noch genug Patriarchat für alle da.“ in:
    http://www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/von-frau-zu-frau
    (Im übrigen ein Artikel zum Thema.)

    Alles worüber ich mir Gedanken mache, ist die Situation für die Männer die verstanden haben. Die eben nicht warten wollen, bis Frauen den letzten Dorftrottel bekehrt haben.
    Wie eine emanzipierte Frau einen emanzipierten Mann identifiziert, ist nie ein Thema im Diskurs. (Ein herrliches Bsp. direkt von Schnatterinchen: Im Zweifelsfall sieht er aus wie Brad Pitt, dann ist es egal, was er von sich gibt.)

    Wenn wir die Bewusstseinsphasen des Mannes über unsere Geschlechter mal in Etappen einteilen, dann haben wir:

    a) Hat verstanden, dass es noch ein anderes Geschlecht gibt, dass durch herrschende Strukturen unterdrückt wurde/wird.
    b) Hat verstanden das er ein Teil dieser Struktur ist.
    c) Hat verstanden, dass er Verhaltensweisen an den Tag legt, für die er nicht selbst verantwortlich ist, die er aber sozialisiert bekommen hat.
    d) Interessiert sich für die Probleme des anderen Geschlechts und versucht sein Verhalten nach den Vorgaben auszurichten.
    e) Bemerkt an sich selbst gewisse Diskrepanzen, zwischen seiner Leidenschaft für Fußball, ihrem Schmollmund und den jeweiligen Ratschlägen. (Faktisch: Er merkt, dass es nicht ganz so einfach ist.)
    f) Bestimmte Attitüden werden toleriert (blöde Anmachsprüche, aufgepumpte Muckis, Reifenwechsel, Tür aufhalten, etc. pp.) und werden in das eigene Verhalten integriert.
    g) Eine, trotz aller Versuche, sich einstellende Überforderung findet statt, jetzt soll Baby gewickelt, Haushalt gemacht und trotzdem ordentlich Geld verdient werden. Wo bleiben Hobbys, Freunde, Familie?
    h) Verständnis dafür, dass es zwar weibliche Roll-Models gibt, aber keine Männlichen, was erklärt, warum an ihn so viele „Wünsche“ herangetragen werden.
    i) Er versucht sich weder dem Diktat des weiblichen Geschlechts zu ergeben, noch in alte Verhaltensweisen zurückzufallen, noch zu jammern, dass alles nicht so ist, wie es doch sein sollte und versucht sich selbst in der Gestaltung seiner eigenen Männlichkeit.
    j) Es wird bemerkt, dass sich seine Gedanken und sein Handeln ändern. Mann ist mit sich selbst sehr viel zufriedener, leistungsstärker, aufmerksamer, interessengeleiteter und legt dabei sogar überflüssige Hobbys wie Fernsehen, Computerspielen etc. pp. ab. Nur leider gibt es keine Möglichkeit des Ausdrucks dieser Weiterentwicklung, der von Frau akzeptiert wird.

    Die zentrale Frage ist doch: Wenn wir erkennen, dass das männliche Geschlecht ein Definitionsproblem hat, wie gewährleisten wir, dass er es lösen kann und wie erkennen wir, wann er auf dem richtigen Weg ist?

  30. d., ich habe Tobias‘ Beitrag überhaupt nicht als polemisch empfunden, sondern als gelungenen Versuch, das Private vom Politischen zu trennen in Deinen Beispielen.

    Man fragt sich, wie viel persönliches Erleben da reinspielt, wenn Du vom „männlichen Geschlecht“ sprichst, das ein Definitionsproblem hat. Interpretiere ich zu viel in Deinen Beitrag hinein, wenn ich vermute, dass Du selbst das Gefühl hast, Dich zu einem „modernen“ Mann entwickelt zu haben, aber Frauen (generell? Eine bestimmte?) erkennen das nicht so an, wie Du Dir das wünschst?

    Du fragst nach dem „richtigen Weg“ eines Mannes, des männlichen Geschlechts: Ich würde mal bei einem einzelnen Mann bleiben. Der paart sich ja normalerweise nur mit einer einzelnen Frau und nicht gleich mit der ganzen Gattung. Der „richtige Weg“ hat also in jedem Fall einen deutlich individuellen Charakter.

    Da treffen etwa in meinem Fall etliche Punkte aus Deiner Aufzählung gar nicht zu: Beispielsweise würde ich es nicht als Ausdruck einer „Weiterentwicklung“ meines Partners sehen, wenn er mir zuliebe seine Hobbys aufgäbe. Weil ich das umgekehrt auch nicht täte. Dazu sind mir meine Hobbys zu wichtig.

  31. d, sorry, aber ich verstehe nicht so ganz, was die Sache mit dem „Männlichkeitsdiskurs“ in diesem Zusammenhang bringen soll.
    Ich würde unterschreiben, daß „Maskulinität“ heute ein problematischer Begriff ist, zum einen über- und zum anderen unterdefiniert. Aber das, was Du da beschreibst ist, wieder sorry, für mich a) nicht notwendigerweise der Kern „neuer Maskulinität“ und b) hat wirklich nicht notwendigerweise mit Gleichberechtigung zu tun. Im Gegenteil. Wenn Du Deine eigenen Bedürfnisse nicht als gleichwertig erachtest (sondern schuldbewußt durch die Gegend läufst, Dich als Teil der von Dir angenommenen patriarchalen Matrix ansiehst), dann kannst Du auch keine Gleichberechtigung erreichen.

  32. „Da treffen etwa in meinem Fall etliche Punkte aus Deiner Aufzählung gar nicht zu: Beispielsweise würde ich es nicht als Ausdruck einer “Weiterentwicklung” meines Partners sehen, wenn er mir zuliebe seine Hobbys aufgäbe. Weil ich das umgekehrt auch nicht täte. Dazu sind mir meine Hobbys zu wichtig.“

    Das bedeutet schon mal einiges, wir nähern uns wieder der Mitte.

  33. Was heißt „wieder“? Ich denke, in liebevollen Paarbeziehungen war es schon immer so, dass man sich gegenseitig respektiert und nicht einer den anderen unterbuttert.

  34. yep! weil liebevolle Paarbeziehieungen eben schon immer die Sache (und vor Allem: Die Verantwortung) von Individuen waren, ist „das Private ist politisch“ schon immer geistiger Sondermüll gewesen.

    Ich verstehe beim besten Willen nicht, wie man sich überhaupt ernsthaft mit jemand auseinandersetzen kann der Frauen mit Juden vergleicht, und ihr dabei noch etwas Positives abgewinnen kann.

    Widerlich.

  35. P.S.: Das heißt natürlich nicht, daß an den Rahmenbedingungen Veränderungen notwendig waren und sind (auch im Sinne der Männer) – Aber das Pferd vom Schwanz her aufzuzäumen und die Mann/Frau Beziehungen als Wurzel des ganzen menschlichen Dilemmas zu begreifen war ein Irrweg des 2nd Wave – Feminismus. Wenn ein „neuer Feminismus“ mehr sein will als eine Wellnessbewegung, dann muß er in meinen Augen die Irrwege der Vergangenheit als solche erkennen – Und ein wenig mehr Gedanken leisten, als das als „historische Notwendigkeit“ begreifen.

    Da ist es wohl notwendig, daß Alice Schwarzer von ihrem Heroinenthron geschubst wird.

  36. (Edit: „Das heißt natürlich nicht, daß an den Rahmenbedingungen keine Veränderungen notwendig waren..“)

  37. @ Schnatterinchen & Tobias

    In gewisser Weise habt ihr schon Recht, wenn im Zweifelsfall (und da würde ich Meinungsverschiedenheit wie diese einordnen) individuell entschieden werden muss, dass macht die Sache ja kompliziert.

    Trotzdem ist es für die moderne Zeit zu einfach gedacht, wenn man weiterhin nur patriarchale Strukturen austreiben will, ohne sich über die Zeit danach Gedanken zu machen.

    Der neue Feminismus proklamiert doch für sich, veränderte Situationen vorzufinden, die nichts mehr mit der siebziger Jahre Ausgangssituation zu tun haben.

    Was ich an dem, nach wie vor konstruierten Fall (was daher nichts mit meiner persönlichen Situation [nein, es gibt nicht eine Frau die mich nicht versteht, es gibt tausende^^ {und gleichsam dutzende die mich verstehen ;-}] zu tun hat), immer noch verständlich machen will ist a) Es gibt zwar die Möglichkeit an bestimmten Verhaltensweisen emanzipierte Frauen wahr zu nehmen, aber es gibt keine Verhaltensweisen emanzipierte Männer wahr zu nehmen, b) es gibt scheinbar kein Bedürfnis eine realistische emanzipierte Mann-Frau-Konstellation zu kreieren.
    Vom emanzipiertem Kennenlernen etc. pp.

    Entschuldigung an alle die glauben, dass das hier nichts mit alledem zu tun hat, aber ich denke nach wie vor, dass es unwahrscheinlich günstig ist, wenn im Entstehen von Beziehungen emanzipatorische Basics erkennbar wären.

  38. d.: „(…) ich denke nach wie vor, dass es unwahrscheinlich günstig ist, wenn im Entstehen von Beziehungen emanzipatorische Basics erkennbar wären.“

    Ok, d., ich wandele mal Deine Liste so ab, dass Du mit dieser Hilfe eine aus meiner Sicht emanzipierte Partnerin erkennst:

    1) Sie hat verstanden, dass sie Verhaltensweisen an den Tag legt, die das Ergebnis von Sozialisation sein könnten (q.e.d.), aber für die sie trotzdem selbst verantwortlich ist.

    2) Sie interessiert sich für die Probleme des Partners, aber sie macht keine „Vorgaben“, nach denen Du Dein „Verhalten ausrichten“ musst.

    3) Sie schmollt nicht, wenn Du Fußball gucken will, sondern geht weg oder tut irgendwas anderes, wenn ihr Deine Fußballbegeisterung nicht passt.

    4) Wenn sie auf „blöde Anmachsprüche, aufgepumpte Muckis, Reifenwechsel, Tür aufhalten“ steht, ist das völlig in Ordnung. Die Frage ist, ob Du darauf stehst.

    5) Sie erwartet nicht von Dir, dass Du das Baby wickelst, den Haushalt machst UND auch noch ordentlich Geld verdienst.

    6) Sie trägt nicht andauernd irgendwelche Wünsche an Dich heran. Sie diktiert nicht und sie jammert nicht.

    7) Sie verlangt nicht von Dir, dass Du Deinen Fernseher und Deine Computerspiele wegschmeißt.

    Na ja, dann mal viel Spaß beim Suchen. ;-)

  39. Nils: „Ich verstehe beim besten Willen nicht, wie man sich überhaupt ernsthaft mit jemand auseinandersetzen kann der Frauen mit Juden vergleicht, und ihr dabei noch etwas Positives abgewinnen kann.“

    Ich habe auch geschluckt beim Lesen der Schwarzer-Rede, wie sie immer ein Ja!-das-geht-uns-Frauen-ganz-genauso! in den Kontext von Judendiskriminierung und -verfolgung einstreute.

    Wobei es natürlich immer subjektiv bleibt, was einer oder eine empfindet. Wenn Schwarzer dann auch noch hinzufügt, dass sie ja nur für sich selbst spricht, dann wundert’s mich kaum, dass sich niemand ernsthaft mit dem auseinandersetzt, was sie da sagte. (Lustig übrigens, wie ihr Laudator Harald Schmidt gestern bei Schmidt & Pocher feixend ein Einspielfilmchen brachte, in dem Alice Schwarzer nicht gut wegkam.)

    Über die schlimme Verfolgung und Unterdrückung der europäischen Frauenbewegung schreibt Katharina Rutschky (in: Emma und ihre Schwestern, S. 115):

    „Es fällt auf, es fällt generell bei Betrachtung der Geschichte der Frauenbewegung auf, daß die wüstesten Analysen und Denunziationen der Männerherrschaft samt provozierenden Aktionen und Demonstrationen nie dazu geführt haben, feministische Aktivistinnen irgendeiner Verfolgung auszusetzen, die auch nur entfernt der Verfolgung etwa von „RAF-Sympathisanten“ oder DKP-Mitgliedern im Zusammenhang mit dem Radikalenerlaß von 1972 undsoweiterundsofort ähneln. Haben die Brüsseler Thesen [gemeint ist u.a. die Definition von Männergewalt auf einem Brüsseler Kongress 1976], haben irgendwelche schrillen Anklagen von Alice Schwarzer – eine für alle – den Verfassungsschutz des Patriarchats auf den Plan gerufen? Nix und null.“

  40. ojeh Schnatterinchen,
    mein Mann könnte mich mit dieser Liste schon mal gar nicht überprüfen, weil ich mich mehr für Fussball interessiere als er, und er im Gegensatz zu mir noch nie einen Fernseher hatte.
    Dass er dabei -wie ich auch- Geld verdient u n d sich um den Haushalt kümmert, findet er, glaub ich auch ok.
    Und Wünsche hat er auch, jammert sogar hin und wieder.
    Naja, vielleicht entsprcht er auch nicht der GQ-Version eines „richtigen“Mannes, so ohne Fussball und Fernseher, oder?

  41. Na ja, Judith, die Liste sollte jetzt auch kein generelles Anforderungsprofil für eine emanzipierte Partnerin sein (jede Beziehung hat ihre eigenen Gesetze, und in Deinem Fall scheint das ja gut zu funktionieren!), sondern ich habe nur d.s Aufzählung, in der offenbar einiges Persönliche von ihm drinsteckt, mal ein bisschen abgewandelt. Seine Stichpunkte klangen in meinen Ohren so, als sei er bereits mehrfach und unverschuldet in Beziehungen der Marke feministisches Umerziehungslager geraten und will nun mal was anderes erleben, aber trotzdem den Feminismus nicht verraten… ;-)

  42. tourneuse: Bei „Alpha“ habe auch zumindest ich die Assoziation „alpha, das sind overachievers, die sind so gut, daß sie Beziehung, Job, usw. mal so nebenbei lösen (auch wenn es in einer fairen, postpatriachalischen Welt noch aufwandsloser wäre), und für die nur noch die Themen (zum networken) bleiben, die eine allein wirklich nicht stemmen kann, Politik, Gesellschaft, usw. — die können ja überhaupt nur radfem sein.“ ;) Oder anders gesagt, was sich „um die breite Masse kümmert“ (Artikel) kann eigentlich nicht „alpha“ im üblichen Sinn sein? Damit will ich nicht sagen, daß das schlecht wäre, sondern daß es unerwartet ist.

  43. Zu Verfolgung war mein erster Gedanke, „Naja, die RAF hatte ja auch programmbedingt einen höheren bodycount als die Rote Zora.“ So, und jetzt hör ich Born Dead. :)

  44. «Falls Du aber gleichzeitig aussiehst wie Brad Pitt, finden Frauen das wiederum süß.»
    Alle Frauen? Nein! Eine kleine gallische Frau — usw. Wie passt das denn mit der anderen Aussage, daß das alles so furchtbar individuell sei zusammen?

  45. Hallo Gallierin ;-) Das passt nur dann zusammen, wenn man das mit Brad Pitt nicht so ernst nimmt.

    Trotzdem ist es aber grundsätzlich so, dass man mehr Frauen finden wird, die auf Brad Pitt stehen, als Frauen, die auf [Hier-einen-Mann-einsetzen-den-frau-total-unattraktiv-findet] stehen. Wer kennt nicht diese regelmäßig erscheinenden Umfragen, wonach eine große Zahl, wenn nicht die Mehrheit aller deutschen Frauen von einer Nacht mit Til Schweiger träumt. Es gibt da schon überindividuelle Präferenzen, die sich nicht wegdiskutieren lassen.

    Wo beißt sich das jetzt mit Aussagen von mir über Individualismus?

  46. Pingback: TomK32
  47. @Schnatterinchen

    Danke für deine Liste, aber auch wenn ich immer von einem konkreten Einzelmenschen spreche, stecke darin nicht ich. Fußball, Bier, Radwechsel und Fernsehen sind Klischees, die ich aufgegriffen habe. Und ich habe auch keine Angst vor emanzipierten Frauen, wenn dann habe ich Angst emanzipierte Frauen mit meiner Emanzipation zu verschrecken ;-) Aber das scheint dann wohl vielleicht wirklich kein Genderproblem zu sein (solange das nur mir so geht ;-), sondern ein individuelles. Und bisher bin ich dieser Schwierigkeit auch eher durch die Fixierung auf Äusserlichkeiten entgangen, weil ich im Hinterkopf hatte, dass man zur Not auch die Freiheit anerziehen kann. Funktioniert aber nicht :-(

    Für Feministinnen scheint sich die Freiheit lediglich auf die Freiheit vom anderen Geschlecht zu beschränken. Und das problematische dabei ist ja, dass ein emanzipierter Mann sich seine Freiheit nicht vom anderen Geschlecht erobern kann (in einer solchen Knechtschaft wähne ich die Männer nun wirklich nicht), sondern „lediglich“ als gedankliche, geschlechterunabhängige Freiheit. Scheinbar eine recht große Differenz.

    Aber nun ja, ich geniesse weiterhin meine Weltentrückung :-)

  48. d,

    da Du Dich ja auch an mich gewandt hast, hier noch meine Antwort –

    „Trotzdem ist es für die moderne Zeit zu einfach gedacht, wenn man weiterhin nur patriarchale Strukturen austreiben will, ohne sich über die Zeit danach Gedanken zu machen.“

    Das wesentliche Problem an dieser Aussage ist ja, daß es keine wirkliche Definition von „patriarchalen Strukturen“ gibt, die allgemein akzeptiert wird – akzeptiert werden kann. Das liegt, wie ich ja schon ein paar Mal erwähnt habe, an den konzeptionellen Fehlern der feministischen „Epistemologie“, die sich wiederum aus der Ideengeschichte der Frauenbewegung erklären lassen.

    „Der neue Feminismus proklamiert doch für sich, veränderte Situationen vorzufinden, die nichts mehr mit der siebziger Jahre Ausgangssituation zu tun haben.“

    Ist ja auch so. Hast Du den Artikel zu „Das andere Geschlecht“ gelesen, den ich weiter oben verlinkt habe.

    „Es gibt zwar die Möglichkeit an bestimmten Verhaltensweisen emanzipierte Frauen wahr zu nehmen, aber es gibt keine Verhaltensweisen emanzipierte Männer wahr zu nehmen, b) es gibt scheinbar kein Bedürfnis eine realistische emanzipierte Mann-Frau-Konstellation zu kreieren.
    Vom emanzipiertem Kennenlernen etc. pp.“

    Hmm, wenn Du Emanzipation so verstehst, wie ich denke, daß Du sie verstehst, dann ist doch die „Nicht-Erkennbarkeit“ von Rollen eine gewollte Konsequenz. Vielleicht solltest Du mal erklären, was Verhaltensweisen „emanzipierter Männer“ für Dich eigentlich sind. Und was soll es denn eine ‚realistische emanzipierte Mann-Frau-Konstellation“ sein? Und was ‚emanzipiertes Kennenlernen‘? Ich bin ja auch der Meinung, daß „der Feminismus“ in seiner Konzentration auf „Macht“ Sexualität als unabhängige Variable der Gleichung ausgeblendet hat – ausblenden mußte. Aber hier verstehe ich einfach nicht, was Du meinst. Soll man beim emanzipierten Kennenlernen in der Bar darauf hinweisen, daß man sich ja eigentlich den ganzen „Paarungstanz“ sparen kann?

    „Entschuldigung an alle die glauben, dass das hier nichts mit alledem zu tun hat, aber ich denke nach wie vor, dass es unwahrscheinlich günstig ist, wenn im Entstehen von Beziehungen emanzipatorische Basics erkennbar wären.“

    Mit Alice S. Rede hat das für mich nicht so besonders viel zu tun. Aber generell finde ich nicht uninteressant, welche „emanzipatorischen Basics“ Du im Entstehen von Beziehungen erkennen möchtest…

  49. @Tobias

    Ich habe den Titel: „Für eine lebendige feministische Debatte“ einfach mal beim Wort genommen.

    „Das wesentliche Problem an dieser Aussage ist ja, daß es keine wirkliche Definition von “patriarchalen Strukturen” gibt […]“
    – Es gibt vielleicht keine allgemeingültige Definition, aber doch ein paar Grundkonsense, was man, je nach eigener Einschätzung auch als p. Strukturen benennen kann. Das ist natürlich eine Vereinfachung, aber ich kann ja nicht zu jedem Post einen Header hinzufügen, in dem ich jeden Begriff soweit wie möglich ausdefiniere. Da müssen wir uns schon gegenseitig ein wenig Vertrauen, dass wir im Grunde dasselbe meinen, auch wenn wir an der einen oder anderen Stelle mehr Vereinfachungen vornehmen.

    Nehmen wir mal an, wie du ja schon mehrmals erwähntest, dass p. Strukturen nur aus einer feministischen Position heraus erkannt werden können, wie sähe dann eine (objektive?) Position aus, die die Merkmale einer p. Struktur in einem ganz anderen Kontext deutet? Denn wenn unsere Gesellschaft keine p. Strukturen aufwieß/aufweißt, siehst du dann mehrheitlich individuelle Benachteiligungen?
    Für mich ist es gleich, ob ich in ganz großen geschichtlichen Dimensionen denke (also 10.000 Jahre Menschheitsgeschichte), die kapitalistische Gesellschaft zu Grunde lege oder elitäre Machterhaltung, ich komme immer zum Ergebnis, dass die jeweilig herausgebildete Struktur patriarchalische Züge aufweißt. Also eine Benachteiligung der Frau beförderte (und zwar strukturell) oder mindestens in Kauf nimmt.

    Wir können ja erstmal an diesem Punkt stehen bleiben und uns später den weiteren Punkten zuwenden.

  50. Och menno, eigentlich hatte ich unter die Rede von Alice gedanklich ein „tl;dr“ geklebt und es gut sein lassen, aber jetzt muß ich die womöglich doch noch lesen. Vielleicht hat sie da ja tatsächlich versagt, aber so ein Äpfel-und-Birnen-Vergleich, so er nicht zu absurd ist, ist ja nichts grundsätzlich schlechtes. „So lernt man die Unterschiede zwischen den Früchten kennen.“ Ich könnte mir das gut als tagesaktuellen Aufreißer für den Unterricht vorstellen — „Ist das vergleichbar? Wenn Ihr jüdische Menschen diskriminieren wolltet, wärt Ihr sicher, daß Ihr sie erkennen könntet? (Wie sieht das mit Frauen aus?) Wer ist überhaupt jüdisch (mihu yehudi etc.)? Antisemitismus v Antizionismus. Intersection of privilege. Wer glaubt Ihr ist von dem Vergleich angepestet? Frauen? Juden? Philos? Normale Leute? Und wenn der Busen die Olympiade der Brüste ist, ist ‚pro-porn Feminismus‘ dann ‚Jews for Jesus‘?“ TGIF

  51. Lethal wurde Othering in der Geschichte immer dann, wenn eine Gruppe sich als Opfer der Anderen deklariert hat.

  52. Nil, ich weiß nicht ganz, was Du uns sagen willst? Wir sollen die Männerrechtler erwischen, bevor sie versuchen uns Madagaskar anzudrehen? Ist das ein Aufruf zur Gewalt? Was ist für Dich drin, verkaufst Du Munition?

  53. d,

    „Da müssen wir uns schon gegenseitig ein wenig Vertrauen, dass wir im Grunde dasselbe meinen, auch wenn wir an der einen oder anderen Stelle mehr Vereinfachungen vornehmen.“

    Dann hätten wir ja zumindest eine implizite Definition. Ich glaube ehrlich gesagt eher nicht, daß wir das gleiche meinen.

    „Nehmen wir mal an, wie du ja schon mehrmals erwähntest, dass p. Strukturen nur aus einer feministischen Position heraus erkannt werden können, wie sähe dann eine (objektive?) Position aus, die die Merkmale einer p. Struktur in einem ganz anderen Kontext deutet? Denn wenn unsere Gesellschaft keine p. Strukturen aufwieß/aufweißt, siehst du dann mehrheitlich individuelle Benachteiligungen?“

    Ob und wie man „Patriarchat“ definiert hängt logischerweise damit zusammen, was man als gesellschaftlichen Grundkonflikt betrachtet. Im Marxismus war/ist das der Gegensatz von Arbeit und Kapital, im Feminismus das erst das Geschlecht, und dann später teilweise das „kulturelle Geschlecht“. Dieses Patriarchat muß man sich wie die „Matrix“ vorstellen, die alles umgibt, und die niemand außer ein paar Auserwählten erkennen oder definieren kann. Da jede individuelle Handlung in der Matrix denklogisch von dem Gesamtsystem – das dem Ziel der Unterdrückung der Frau gewidmet ist – beeinflußt ist, gibt es ebenso denklogisch keinen freien Willen – eigentlich für niemanden, aber Männern hat man den dann manchmal doch zugestanden, genauso wie ihn sich diejenigen zugestanden haben, die behaupten, die Matrix erkannt zu haben und die richtige Pille geschluckt zu haben. *Dieses* Patriarchat ist epistemologisch nicht zu begründen und ein reiner Glaubenssatz. Wer daran glaubt, hat es danach natürlich einfach, die ganze Welt in das so konstruierte Konfliktschema zu pressen.

    Das bestehen von gesellschaftlichen Strukturen, die – aus welchen Gründen auch immer – die Freiheit von Individuen (die ggf. über Gruppenmerkmale identifizierbar sind, sich über Gruppenzugehörigkeit definieren) einschränken, hat mit dieser klassischen feministischen Patriarchatsdefinition eigentlich nur begrenzt zu tun.

    „dass die jeweilig herausgebildete Struktur patriarchalische Züge aufweißt. Also eine Benachteiligung der Frau beförderte (und zwar strukturell) oder mindestens in Kauf nimmt.“

    Easy, vor der „Erfindung“ der Landwirtschaft bestanden generell andere Bedingungen und das Zusammenleben und Wirtschaften menschlicher Gruppen war so variabel, daß man mit solchen Definitionen eher vorsichtig sein sollte. Aus anthropologischer Sicht – und ich bin da wirklich kein Experte – ist die männliche Peripheralität im Bereich der Fortpflanzung ein echtes gesellschaftliches Problem: Anders formuliert: Zivilisation bedeutet immer – was macht man mit den Männern die man aufgrund der Tatsache, daß Frauen die knappe reproduktive Ressource besitzen, mit den eigentlich überzähligen Männern, und wie gehen diese mit ihrer – zumeist nicht rationalisierten, aber wohl doch erfahrbaren – Peripheralität um? Da gibt es eine Menge, aber alle indigenen Gesellschaften scheinen sich mit dem Problem herumzuschlagen. Also werden Mythen geschaffen, die die Bedeutung aller Männer für die Gemeinschaft allgemein etablieren – diese liegen aber der Natur nach in einem öffentlicheren Raum als die immer eher private reproduktive Zentralität von Frauen. Dieser öffentliche Raum bot darüber hinaus eine Arena für die männliche Konkurrenz um Reproduktionsmöglichkeiten. Die Landwirtschaft hat dann die Effizienzvorteile geschlechtlicher Arbeitsteilung besonders belohnt und erfolgreiche Gesellschaften wuchsen – und mit ihnen der „öffentliche Raum“ , der sich zunehmend Hierarchisierte und strukturierte. Am bisherigen anderen Ende der Entwicklung steht die geistige Entwicklung, die die Aufklärung, ein humanistisches Ideal und die industrielle Revolution hervorgebracht hat – und damit die Grundlagen gelegt hat für das Ende der Effizienzvorteile geschlechtlicher Arbeitsteilung und das (tendenzielle und langsame) Ende von Strukturen, die eine solche Begünstigen. Diese würde ich als Patriarchat definieren. Aber mit der oben erwähnten Matrix hat diese Definition natürlich nichts mehr zu tun.

  54. Nein, Azundris. Der Vergleich von Frauen mit Juden ist kein harmloser „Äpfel mit Birnen Vergleich“. Sondern einer der geeignet ist, die übelsten Eigenschaften von Menschen hervorzurufen.

  55. @Tobias

    hoppala, da unterscheiden sich unsere subjektiven Wahrnehmungen der Geschichte der Menschhheit aber diametral, was erklären würde, warum wir die Wirklichkeit nicht gleich beobachten (die Idee mit den emanzipatorischen Basics würde ich an dieser Stelle auch gleich mal einkassieren, weil sie nur einer literarischen Idee nach dem Vorbilde der ‚Brave New World‘ entstanden sein können^^).

    Leider ergibt die Verlinkung deines Namens nur einen internen Server Error, trotz allem sollten/könnten wir uns besser per e-mail austauschen.
    E-mail: hollatobias@web.de

  56. Und um ebenso einen geistigen Input zu schaffen:

    Die sich strukturell einschleifende Arbeitsteilung und damit die Struktur des Patriarchats hatte erst wirklichen Erfolg mit der Bildung der ersten Staaten gehabt. Nur a) aus welchen Gründen haben sich die ersten Staaten gebildet? b) aus welchen Gründen haben sie Kriege miteinander angefangen? c) aus welchen Gründen brauchte man eine bedeutende Menge männlicher Staatsmitglieder?

    Für mich ergaben sich patriarchaliche Strukturen nur aus der Notwendigkeit des Militarismus und die kann man nicht irgendwelchen Mythen zuordnen.

    Man mag jetzt mit Vorstaatlichen Gesellschaften anfangen, aber a) haben wir kaum Informationen über die damalige Zeit (weswegen man eine Gesellschaftsform des Matriarchats nicht nachweisen konnte) b) haben die bekannten Urgesellschaften deutlich differenzierte Züge, als Patriarchat oder Matriarchat c) haben auf dem Weg der Urgesellschaften zu den ersten Staatsgesellschaften erhebliche Transformationen stattgefunden.

  57. d,

    „Für mich ergaben sich patriarchaliche Strukturen nur aus der Notwendigkeit des Militarismus und die kann man nicht irgendwelchen Mythen zuordnen.“

    Hmm. „Militarismus“ ist auch so ein unsauber definierter Begriff, insbesondere, wenn es um kriegerische Auseinandersetzungen früher Gesellschaftten/Kulturen geht. Da stellt sich aus meiner Sicht viel eher die Frage, welche (kultur-)anthropologischen Variablen einen aggressiven Wachstumsdruck auslösen können – Konkurrenz um Nahrungsmittel, Proteinmangel, genetische Varietät, etc. Wie gesagt, „Militarismus“ und „männliche Aggressivität“ (also die Erklärung „Männer machen sich durch Agression gegenüber anderen als Beschützer für die eigene Gruppe unabdingbar) bedingt eine aus meiner Sicht problematische Sicht der Evolution, weil sie arbiträr einen Anfangspunkt setzt und die Frage ausblendet, wieso sich Menschen durch vor allem sexuelle (und erst später und daher nachrangig, kulturelle) Selektion so entwickelt haben, wie sie sich entwickelt haben.

  58. Jetzt wieder nüchtern.

    „die männliche Peripheralität im Bereich der Fortpflanzung ein echtes gesellschaftliches Problem: Anders formuliert: Zivilisation bedeutet immer – was macht man mit den Männern die man aufgrund der Tatsache, daß Frauen die knappe reproduktive Ressource besitzen, mit den eigentlich überzähligen Männern, und wie gehen diese mit ihrer – zumeist nicht rationalisierten, aber wohl doch erfahrbaren – Peripheralität um?“

    – Die Entwicklung patriarchaler Strukturen aus der Mystifizierung der Männlichkeit, auf Grund ihrer genetischen Ungleichbehandlung bei der Aufgabe der Reproduktion zu erkennen, ist aus zwei Gründen höchst problematisch: a) Erfahren wir ja eigentlich erst in der Jetztzeit unsere Bedeutungslosigkeit bei der Reproduktion. Ich kenne kein einziges Schriftstück aus dem Altertum, dass Zeugniss liefern würde, dass Männer mit ihrem geringen Anteil unzufrieden waren, was es unglaubwürdig macht, dass auf Grund dieser Peripheralität eine Mystifizierung statt gefunden haben soll. b) War damals der Reproduktionsakt selbst, Gegenstand von Mystifizierungen, die die Rolle des Mannes sehr viel höher eingeschätzt hat (inklusive seiner Leistungen bei der Ernährung, Schlachtfeld und Göttergaben). Ebenso war es für die Frau deutlich gefährlicher ein Kind auszutragen, weil die Sterblichkeit bei Komplikationen deutlich höher lag, als heute.

    Ich glaube da befindest du dich auf einem Holzweg, wenn du die heutige Wahrnehmung der Peripheralität beim Reproduktionsakt ebenso in die (unbewusste) Wahrnehmung der Urgesellschaften oder frühen Hochkulturen transferierst.

    Das Interesse an Partnerschaft und Teilhabe an der Aufzucht dürfte damals auch eher schwach ausgeprägt gewesen sein. (Also in den Urgesellschaften)

    Was ich meinte, mit Staatsgründungen, Militarismus usw. fußt auf einer Analyse von Hubert Markl: „Ökologie des Menschen“, der die Notwendigkeit von festen Partnerschaften erst bei sesshaften Menschen (und damit die Vorläufer von Staaten) ausmachte, weil der Mann durch die feste Bindung zu einer Frau erst sicher gehen konnte, dass auch seine Erbmasse später seine Felder erben wird.

    Ich lese also aus den ersten sesshaften Menschen, die Agrarwirtschaft betrieben, den entscheidenden Anstoß für unsere heutige Zeit, da gleichzeitig Besitz, Partnerschaft, Vererbung, Verteidgung und Eroberung von Besitz und der gesamte Neid darüber aufkam :-)

    Im Grunde wurde eine Komplexitätsstufe des Miteinanders erreicht, den wir heute kaum überschritten haben und nur durch strenge Regeln gelöst werden konnte. Für mich ist das auch eine viel logischere Erklärung für patriarchale Strukturen.
    Mit dem Besitz von Reproduktionsgütern, deren gerechte Verteilung (bei mehreren Kindern), deren Verteidigung gegen Konkurrenten etc. pp. haben sich die frühen Gesellschaften ein Bündel aufgeladen, dass extrem viele Möglichkeiten zu Scheitern bot und nur mit überaus strengen Regeln die Sicherheit zu Überleben bot.

  59. Damit ich jetzt nicht völlig den Faden verliere, was hat das Patriarchat mit Feminismus zu tun? Ist doch eigentlich völlig altbacken das überhaupt noch in solchem Kontext zu nennen.

  60. @Goofos:
    Glaubst Du etwa, wir hätten diese DIskussion, wenn wir uns gerade vom Matriachat befreien würden?

    Auch wenn wir vielleicht von den Gesetzen her das Patriachat langsam abgeschafft haben, ist es doch an allen Ecken und Kanten zu spüren. Wenn etwa „Du Mädchen“ oder „Bist du schwul“ noch Beleidigungen sind, Frauen schlechter bezahlt werden und Männer schief angeguckt werden, wenn sie Hausmann sind, dann ist das nicht altbacken vom (heteronormativen, christlich-geprägten, weißen) Patriachat zu reden.

  61. Ich kann dir absolut nicht folgen was du überhaupt meinst. Ich dachte man wollte weg von solchen Klischees oder nicht auf Basis solcher Klischees diskutieren wie dem Patriarchat und Matriarchat.

    Zumindest kann ich festhalten, dass es ganz sicherlich nicht hier diskutiert wird ob wir uns vom Matriarchat befreien würden/müssten.

  62. „Matriarchat“ ist ein Klischee, seit es für die Verklärung der angeblich freien und egalitären „Urgesellschaft“ verwendet wird.

    „Patriarchat“ ist ein Klischee, seit inflationär alles Böse auf der Welt unter diesem Begriff subsummiert wird.

  63. Ja, wir wollen weg von den Klischees. Nur ist das Patriachat kein Klischee, genauso wenig wie „Auto“ „Baum“ oder „Fahrrad“ ein Klischee ist. Ein Klischee wäre etwa „Männer mit langen Haaren sind schwul“, „Leute in Reihenhäusern sind alle Spießer“ oder „jeder Student hat ein Fahrrad“.

    Warum es nun nicht mehr zeitgemäß sein sollte, darauf zu verweisen, woher das Klischee stammt (heteronormatives Patriachat im 1. Fall, Einkommenssituation unter Studenten im 3.). entzieht sich mir.

    Wenn jetzt also ein Ort versuchen würde zu zeigen, dass die Reihenhausbesitzer nicht auf Einheitszäunen bestehen und bei einer Grillparty nicht sofort die Polizei rufen, dürften die also nicht daraufhin weisen, man wolle sich vom Spießertum abgrenzen? Oder anmerken, dass es einen Ort weiter sowas immer noch gäbe?

    Und wenn ein Ehepaar beschließen würde, nach patriachalischen Vorgaben zu leben (er arbeitet, sie kümmert sich um die Kinder, er entscheidet, wo der Urlaub hingeht), dann können die das gerne machen, der Feminismus kämpft ja dafür, dass jedem alle Möglichkeiten offen stehen.

  64. Daß Spießer in Reihenhäusern wohnen und Jägerzäune haben – Wenn das mal kein Klischee ist. Es gibt sehr tolerante Menschen im Jägerzaunreihenhaus, und übelste SpießerInnen die Rot, Grün oder Lila daherkommen.

    Ebenso wie es ein Klischee ist, daß bei Paaren wo die Frau sich nur um die Kinder kümmert der Mann die Urlaubsentscheidung trifft. Das war individuell schon immer sehr unterschiedlich. Schon seit es die Idee gab, in Urlaub zu fahren.

    Macht nix, für einen wahrhaft gläubigen Christen ist Satan auch so real wie ein Fahrrad ;)

    Die Frage ist in meinen Augen, wie man sich die Rollenzuschreibungen erklärt. Die Idee, diese seien nur von Männern (was der mehr als schwammige Begriff „Patriarchat“ in seiner mainstreamfeministischen Verwendung als „Männermacht“ impliziert) ist ja insofern absurd, da es bis in die 70er Jahre als Privileg betrachtet wurde, wenn Frauen nicht erwerbstätig sein mussten. Von der Mehrzahl der Frauen.

    Natürlich alle Opfer ihrer Sozialisation, schon klar.. Klischee halt.

  65. @nils

    Du bringst in deinen Beschreibungen die Sache immer wunderbar auf den Punkt und weigerst dich doch immer der Erkenntnis:

    „ist ja insofern absurd, da es bis in die 70er Jahre als Privileg betrachtet wurde, wenn Frauen nicht erwerbstätig sein mussten. Von der Mehrzahl der Frauen.

    Natürlich alle Opfer ihrer Sozialisation, schon klar.. Klischee halt.“

    Du beschreibst die Lage bis in die 70er Jahre schon ganz richtig: es wurde als Privileg betrachtet, wenn Frauen nicht arbeiten mussten. Und das sahen nicht nur Frauen, sondern auch Männer so. Es war also, ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, dass Frauen geachtet wurden, wenn sie sich dem Arbeits- und damit auch Geistesleben verweigerten.
    Aus heutiger Sicht mag es mancher immer noch als Privileg betrachten, nicht arbeiten zu müssen, aber dass ist dann doch meißt nur ein Randschichten- und Ausbildungsphänomen. Wenn die meißten Menschen ein paar Jahre wirklich gearbeitet haben, können sie es sich kaum vorstellen, nicht mehr arbeiten zu dürfen.

    Das „Privileg“ der Nichtarbeit führte aber zu mehreren wichtigen gesellschaftlichen Ausgrenzungen: a) Die Frauen, die arbeiten mussten, um sich ihr Überleben zu sichern, wurden sozial ausgegrenzt; als minderwertig eingestuft. b) Die Frauen, die nicht arbeiten brauchten (auf Grund ihrer sozialen Stellung) aber dennoch einen ernsthaften Beruf anstrebten, wurden ihrerseits sozial ausgegrenzt; von ihren Freunden, Familien, Lebenspartnern. c) Führte die allgemeine Nichtarbeit von Frauen dazu, dass sie in bestimmten Berufszweigen überhaupt nicht vorkamen, also wieder ausgegrenzt worden, wenn sie diese Berufe wahrnehmen wollten (Wie höhere Leitungsebene etc.pp.) d) Bedingte die mangelnde Nachfrage an hochqualifizierten Arbeitsplätzen für Frauen ein Entstehen von einem Niedriglohnsektor für Frauen, wo sie vor allem als Krankenschwester, Friseurinnen, Stewardessen oder Putzkräfte niedrig bezahlte Arbeit finden konnten. (Du magst Fragen: Warum niedrig? Weil Frauen eben nirgendwo mitentscheiden konnten, weil sie nirgendwo Führungskräfte waren und die schwächsten Mitglieder im Kapitalismus nun mal immer ausgebeutet werden. Das ist heute nur nicht mehr unbedingt am Geschlecht zu definieren. Die damalige Zeit wird aber derzeit wieder in der Verrentung alleinstehender Frauen widergespiegelt. Wer damals wenig verdienen konnte, kriegt nun auch weniger Rente.) e) Das „Privileg“ der Nichtarbeit führte gleichsam zu einer Mangelerscheinung an höherer Bildung unter Frauen. Studentinnen waren wirklich rar.

    Nun ja, wie es zu dieser Situation gekommen ist, müssen wir noch klären. Wie Männer ihre Macht in höheren Positionen ausnutzten, können wir auch mal bei Gelegenheit beschreiben und Summasummarum sind wir mittlerweile schon so weit, dass Frauen alles dürfen, sich diese Freiheit weiter erobern und man langsam anfangen kann, ein Gesellschaftsbild zu entwerfen in dem Männer und Frauen gleichberechtigt ihre jeweiligen Freiheiten erobern. Denn im Zuge der letzten vierzig Jahre wurde auch das Männlichkeitsbild zum einstürzen gebracht und man muss sich jenseits von Macho, Softie oder sonstigen Klischees irgendwo einordnen dürfen. Im besten Fall als emanzipierter Mann, was zur Grundlage hat, dass man die Emanzipation der Frauen anerkennt, begreift und toll findet :-)

    Begreife also deine eigene Freiheit, folge bewusst deinem Herzen, gegen alle Widerstände aus deinem sozialen Umfeld (bspw. ein Heavy Metal Konzert oder eine Kunstausstellung), richte dein Leben nach deinen tiefsten inneren Wünschen aus und du wirst einen Weg bestreiten, den du nie wieder rückgängig machen kannst und der dir immer wieder innere und äußere Konflikte beschert. Was irgendwann dazu führen könnte, dass du die Freiheitsbestrebungen der Anderen, egal wie absurd sie scheinen mögen, immer eher akzeptierst, als die Querulanten und ewig Gestrigen, die meinen, dass doch alles nur Zickenkriege wären.
    Aber der Kampf um die Freiheit so zu leben wie man es fühlt, sind immer Revolutionen oder Zickenkriege. Entweder findet man die Summe der einzelnen Teile so störend, dass man alles auf einmal umstürzen will oder es ist ein permanenter Zickenkrieg um jeden Zentimeter Freiheit.

  66. Moment mal, lieber d., ich habe das Rollenmodell (wie die ganze Spießergesellschaft) der 50er Jahre nicht als Ideal hingestellt.

    Du machst in meinen Augen den gleichen Fehler wie viele Feministinnen: Du nimmst das heutige westliche Ideal von individeller Freiheit zum Maßstab zur Bewertung der individueller Freiheit in der Vergangenheit, und klammerst dabei aus, daß es diese Freiheit für Männer auch nicht gab. Ein Mann, der „aus der Reihe tanzen“ wollte, war auch nicht viel besser dran als eine ebensolche Frau. Die Freiheit von Männern war graduell größer, sieht man mal davon ab, daß Männer in der Vergangenheit die „Freiheit“ hatten, auf Schlachtfeldern verbluten zu dürfen.

    Man muß bedenken, daß damals de facto zwangsläufig ein Kind nach dem anderen geboren wurde, und all diese Kinder ernährt und erzogen werden mussten. Da war kein Platz für individuelle Freiheit.

    Du beschreibst die Ausgrenzung von Frauen, die Arbeiten mussten, unterschlägst aber die Ausgrenzung der Männer, die ihre Frau nicht miternähren konnten.

    Bis in die 70er Jahre waren es insgesamt nur ca. 10% der Bevölkerung, die Zugang zu höherer Bildung hatten, und selbstverständlich haben die „höheren Töchter“ damals Studiert. Nicht, um zu Arbeiten – Sondern um sich schöngeistig kulturell zu betätigen.

    Merkwürdig, sobald feministische Ideologeme hinterfragt werden, wird sofort die Schulblade „ewiggestriger“ aufgemacht. Ich lehne Freiheitsbestrebungen anderer nicht ab, ich habe nur keine Lust als Mitglied einer Unterdrückerklasse dargestellt zu werden.

    Die Demarkationslinie „privilegiert / nichtprivilegiert“ verlief schon immer noch am geringsten entlang der Genderlinie.

  67. ..Da haben wir eben einen anderen Begriff von „Patriarchat“. In meinen Augen ist der Patriarch der Vertreter eines Clans – In einer Gesellschaft, die von hinten bis vorne nach dem „Führerprinzip“ organsiert ist.

    Wenn also ein Patriarch ein gesellschaftliches Privileg hat, dann hat eben sein ganzer Clan dieses Privileg.

    Man kann sich nun natürlich hinstellen und behaupten: „Männer haben die Macht“, nur wird man mit einer derart reduzierten Analyse nicht sehr weit kommen. Es ist schließlich wurst, ob eine Frau oder ein Mann eine Machtposition dazu benutzt, um die Gesellschaft zugunsten seines oder ihres Clans zu gestalten. Das Nachsehen (und damit die Unfreiheit) haben all jene, die nicht dem Clan angehören.

    Es ist völlig in Ordnung, wenn Rollenzuschreibungen aufgebrochen werden, nur sollte man mit dem Begriff „Macht“ etwas differenzierter umgehen.

  68. d.: (what, like the vampire hunter?)
    Wenn ich nicht mehr arbeiten „darf“, weil es sich für eine Dame meines Standes nicht geziemt, ist das eine Einschränkung meiner agency. Wenn ich agency gegen Schmerzensgeld abtreten, vulgo arbeiten, muss, ist das ebenso eine Einschränkung. Wenn ich für das „Privileg des Nichtarbeitens“ auf die Arbeit eines Gatten angewiesen bin, den ich ja verlieren kann, ist auch das Abhängigkeit. Aber wenn ich mit Aktien den Reibach mache, oder die Glücksspirale gewinne und niemand weiß es? Während ich Deinem weiteren Punkt vermutlich durchaus zustimme, scheint mir diese spezielle Formulierung ungünstig — aber vielleicht bin ich ja Mitglied einer „Randschicht“? :)

  69. ..und genau dieses Ideal von Unabhängigkeit gab es damals nicht – Weder für Männer noch für Frauen.

    Frau verlassen? Das war damals nicht drin.

  70. @SoE, ich hab extra nochmal nachgeschaut, es wird so geschrieben: Patriarchat und Matriarchat. ;P

    Ich schließe mich Nils an. Es ist ein Klischee da irgendetwas der Begriff angehaftet wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwo die Patriarchen an einem runden Tisch hocken und planen wie sie die Frauen am besten unterdrücken und die Matriarchen abwehren können. Gewissen Feindbildern wird eben einfach das Klischee Patriarchat aufgedrückt. Halte ich alles andere als sinnvoll, denn schließlich wird dabei jemandem etwas vorsätzlich unterstellt.

    Außerdem glaube ich schon, dass ein Paar das sich entscheidet nach patriachalischen Vorgaben zu leben hier zerissen wird.

  71. @Nils

    „Du nimmst das heutige westliche Ideal von individeller Freiheit zum Maßstab zur Bewertung der individueller Freiheit in der Vergangenheit, und klammerst dabei aus, daß es diese Freiheit für Männer auch nicht gab. Ein Mann, der “aus der Reihe tanzen” wollte, war auch nicht viel besser dran als eine ebensolche Frau. Die Freiheit von Männern war graduell größer, sieht man mal davon ab, daß Männer in der Vergangenheit die “Freiheit” hatten, auf Schlachtfeldern verbluten zu dürfen.“

    – Dem ist wieder mal durchaus zuzustimmen, nur leider gabe es keine nennenswerte männliche Bewegung, die sie aus ihrer Lage befreien wollte, sondern Frauen haben gegen ihre Unfreiheit gekämpft. Und das du den Freiheitsunterschied nur graduell nennst, ist eine Bewertung, die dir gar nicht zusteht.

    Ich lege im Übrigen nicht einen speziellen Freiheitsgedanken zu Grunde, sondern das utopische (gedachte) Ideal der persönlichen Freiheit durch Selbstverwirklichung, postuliert in der Zeit der Aufklärung. Heute spricht man dabei von Individuum und individueller Freiheit.

    Und der Denkfehler bei dir liegt in der Nichtanerkennung von Geschichtlichkeit. Eines folgt dem Anderen.
    Der Feminismus ist aus einer gefühlten Notlage der Frauen entstanden, ob dass im Einzelfall auf jede Frau zutraf, ist dabei müßig zu untersuchen. Vierzig Jahre hat es unsere Gesellschaft geprägt und vieles (im übrigen inklusive der Innenstädte voller Warenläden für Frauen) verändert.

    Die Frage, ob der Feminismus richtig oder falsch war, stellt sich für jede Person nur in der Frage, ob es den Menschen mehr Freiheit gebracht hat oder nicht und ob man mehr Freiheit will.

    Nehmen wir an, dass du für die individuelle Freiheit einstehst und deine eigene Freiheit für positiv erachtest, dann bleibt dir gar keine andere Wahl als positiv über den Feminismus zu denken, weil dich der Feminismus prägte (soziale Prägung halt… Klischees ;-).

    Und wenn du anerkennst, dass du nicht du selbst wärst ohne den Feminismus, wie du auch nicht du selbst wärest ohne den Antifaschismus, wie du auch nicht du selbst wärest ohne demokratische Ideale, dann kannst du anfangen die einzelnen Dinge zu kritisieren, ohne dessen Bestand zu hinterfragen.

    Anfangen kannst du dann bspw. damit, warum du im Feminismus etwas zwingend Weibliches entdeckst. Gibt es für dich keinen Bestandteil, den auch du teilst? Als Mann?
    Und falls du etwas entdeckst, berührt es dich dann versehentlich, ungewollt, periphär?

  72. Lieber d.,

    nur leider gabe es keine nennenswerte männliche Bewegung, die sie aus ihrer Lage befreien wollte, sondern Frauen haben gegen ihre Unfreiheit gekämpft.

    Ja, kann es denn Aufgabe der Männer sein, Frauen aus der maßgeblich von Frauen konstruierten bürgerlichen Frauenrolle zu befreien? Wäre das nicht eine ziemliche Bevormundung und Pädagogisierung? Fakt ist doch wohl eher, daß Frauen definiert haben, wie Frauen zu betrachten seien. Der männliche Widerstand gegen Feminismus hielt sich ja nun historisch weiß Gott in Grenzen – Der Feminismus hatte schon immer mehr weibliche als männliche Gegner.

    Und das du den Freiheitsunterschied nur graduell nennst, ist eine Bewertung, die dir gar nicht zusteht.

    Standpunktepistemologie. Welcher Frau stünde es dann zu, den Freiheitsgrad von Männern zu beurteilen? Wenn ein Mann die Unterdrückungsgrad von Frauen nicht beurteilen kann, dann kann doch konsequenterweise eine Frau nicht den Unterdrückungsgrad von Männern beurteilen? Eine Aussage über Relationen von Freiheitsgraden stünde demzufolge niemand zu. Es ist also eine pure Glaubensfrage, wer nun das „unterdrückte“ Geschlecht ist.. Gehen wir also in die Kirche und beten für die heilige Jungfrau, shame on us?

    Wir müssen uns schon soweit respektieren, daß wir dem Anderen Empathiefähigkeit und Urteilsvermögen zugestehen – Und mit Argumenten argumentieren, anstatt mit einer auf sekundäre Geschlechtsmerkmale begründete höhere Erkenntisfähigkeit. Sonst brauchen wir nun wirklich nicht zu diskutieren.

    Ich lege im Übrigen nicht einen speziellen Freiheitsgedanken zu Grunde, sondern das utopische (gedachte) Ideal der persönlichen Freiheit durch Selbstverwirklichung, postuliert in der Zeit der Aufklärung. Heute spricht man dabei von Individuum und individueller Freiheit.

    Ein Gedanke, der eben in unserer Geschichte keinen feuchten Kehrricht wert war. Worauf ich ja hinaus wollte. Es ist also albern, nur die spezifische Unfreiheit von Frauen zu betrachten und zum Maßstab für „Frauenunterdrückung“ zu machen – Wenn diese Freiheit für so gut wie niemand existiert hat. Anachronistisch eben.

    Und der Denkfehler bei dir liegt in der Nichtanerkennung von Geschichtlichkeit.

    Inwiefern? Ich habe historisch agrumentiert, könntest du konkreter werden?

    (im übrigen inklusive der Innenstädte voller Warenläden für Frauen)

    Und vor dem Feminismus gab es nur Werkzeugläden? Wer hat Art. 3 GG gestaltet? Alice Schwarzer etwa, damals 76?

    dann bleibt dir gar keine andere Wahl als positiv über den Feminismus zu denken, weil dich der Feminismus prägte (soziale Prägung halt… Klischees ;-).

    ..dann bliebe einem Ossi also nur, positiv über den Kommunismus zu denken? Weil der ihn so doll prägte?

    Und wenn du anerkennst, dass du nicht du selbst wärst ohne den Feminismus, wie du auch nicht du selbst wärest ohne den Antifaschismus, wie du auch nicht du selbst wärest ohne demokratische Ideale, dann kannst du anfangen die einzelnen Dinge zu kritisieren, ohne dessen Bestand zu hinterfragen.

    Da frage ich mich eher, wo Alice Schwarzer ohne den Faschismus wäre – Hätte sie doch sonst nicht Helmut Newton so übelst beleidigen können. Jemand, der seine halbe Familie durch den Faschismus verloren hat als Faschist und Zeremonienmeister des Todes zu bezeichenen ist in meinen Augen so ziemlich das mieseste, was ein Mensch verbal von sich geben kann. Ausgezeichnet mit Bundesverdienstkreuz, darf diese Dame dann auch von der „Islamistischen Unterwanderung unseres Rechtssystems“ schwadronieren (und ihre Unkenntnis unseres Rechtssystems entblößen)

    Super Ideale, die der Feminismus teilweise so hervorbringt. Und du meinst, ich hätte kein Recht, das zu kritisieren.

    Kotz.

  73. So, lieber Nils, jetzt haben wir dich mal wieder eine Weile hier spielen lassen. Aber nun doch auch gerne wieder der Hinweis darauf, wozu dieses Blog da ist: für eine Debatte darüber, wie Feminismus heute funktionieren kann. Für die Diskussion darüber, ob Feminismus grundsätzlich eine gute oder schlechte Idee ist, musst du dir ein anderes Forum suchen. Natürlich kann hier der Feminismus kritisiert werden. Aber allen hier Anwesenden immer wieder schon lang relativierte Extreme des Feminismus vor die Füße zu knallen, das ist schlicht Trollerei. Weil du den Ton und die Positionierung dieser Runde hier offensichtlich (& absichtlich?) verkennst.

    Du kennst diese Webseite nun schon so lange und dir ist sicher auch schon aufgefallen, dass es hier keinesfalls darum geht, radikalfeministische Extrempositionen und Anti-Männer-Politik zu verbreiten. Hier muss sich beispielsweise beim Thema „Patriarchat“ kein Mann pauschal angegriffen fühlen. Deswegen ist deine anti-feministische Haltung nicht nur überflüssig, sondern auch unerwünscht, weil sie die Diskussionsrunden immer wieder auf das gleiche Thema „Feminismus ja oder nein, gut oder böse?“ dreht. Das ist sehr langweilig. Wenn dir das Spaß macht: Richte bitte dein eigenes Blog ein.

    *Ansage off*

  74. nur kurz zu diesem einen in Frage gestellten Fakt:

    „dann bliebe einem Ossi also nur, positiv über den Kommunismus zu denken? Weil der ihn so doll prägte?“

    – Erstens ist „Ossi“ ein Schimpfwort. Zweitens herrschte in der DDR ein totalitäres sozialistisches System. Drittens muss man den Sozialismus im Osten zusätzlich zum politischen Umbruch ’89 und der daraufhin stattfindenen völligen Entwertung und zu den übermäßigen Repressalien des Staatsapparates in Beziehung setzen.

    Prinzipiell ist jeder Ostdeutsche durch den Sozialismus mitsozialisiert worden, ob er wollte oder nicht. Und bis ’89 haben nur wenige die Summe der Repressalien derart zusammengezählt, dass sie eine Revolution wollten, viele wollten Reformen, hin zu einer stärkeren Demokratie mit mehr Freiheit und mehr Selbstbestimmung. Aber das war wohl in sich selbst eine Utopie die durch die ideologische Überfrachtung des Sozialismus schlicht unmöglich war und eine Revolution begünstigte.

    Wenn du das Beispiel Kuba nimmst, sollte es schon noch eine Mehrheit der Bevölkerung geben, die ihre Sozialisation durch den Sozialismus positiv bewertet. Wie wir das von außen sehen ist dabei unerheblich.

  75. Die Frage war nicht, ob Feminismus oder nicht, sondern:

    Damit ich jetzt nicht völlig den Faden verliere, was hat das Patriarchat mit Feminismus zu tun? Ist doch eigentlich völlig altbacken das überhaupt noch in solchem Kontext zu nennen.

  76. @d.

    – Ossi: lt. Wikipedia „ein teilweise abwertender Begriff“

    Er wird durchaus oft positiv besetzt.

    Prinzipiell ist jeder Ostdeutsche durch den Sozialismus mitsozialisiert worden, ob er wollte oder nicht. Und bis ‘89 haben nur wenige die Summe der Repressalien derart zusammengezählt, dass sie eine Revolution wollten, viele wollten Reformen, hin zu einer stärkeren Demokratie mit mehr Freiheit und mehr Selbstbestimmung. Aber das war wohl in sich selbst eine Utopie die durch die ideologische Überfrachtung des Sozialismus schlicht unmöglich war und eine Revolution begünstigte.

    Ich sehe, du hast meine Analogie verstanden.

  77. ..und im übrigen, liebe Susanne, hat d. mir durchaus in gewisser Weise die Berechtigung abgesprochen, den Feminismus historisch zu Kritisieren.

    Und was euch betrifft: Eure Haltung zur historischen Rolle von Alice Schwarzer finde ich reichlich indifferent.

    Und die „Islamistische Unterwanderung“ ist ja nun so alt nicht. (2006 war das, glaube ich)

  78. @nils

    Das personalisierte Patriarchat, also die Identifizierung von einzelnen Personen die als Patriarch auftreten, ist in der Tat mittlerweile obsolet geworden. (Erfolg des Feminismus?)

    Nichtsdestotrotz haben sich bestimmte Handlungsmuster und Strukturen erhalten, deren Ursprung dem Patriarchat (als Sozialstruktur, mit dominierender männlicher Gesellschaft, etc. pp. siehe Wiki) zuzurechnen sind.
    Dazu zählt unter anderem eine bestimmte Form von weiblichem Ideal (zu dem sich eine bestimmte Form von männlichem Ideal gesellt hat), was hier öfter kritisiert wird.

    Nicht mehr und nicht weniger.
    Weswegen man auch nicht nachvollziehen kann, warum diese Kritik immer wieder in eine generelle Überlegung, ob Feminismus überflüssig ist, gezogen wird.

    Ausgehend von dem Interesse für Geschlechterbilder in unserer Gesellschaft findet man dann natürlich immer mehr Dinge, die kritisiert werden können.
    So wie dein Interesse für den (als zu stark [im doppelten Sinne]) eingeschätzten Einfluss des Feminismus immer wieder zur Identifizierung von „überflüssiger“ Kritik führt.

  79. Also mal ehrlich, woher nimmt ihr in diesem Thread die angeblich von mir geäußerte generelle Ablehnung jedes Feminismus?

    Ein paar Beiträge weiter oben habe ich geäußert:

    Es ist völlig in Ordnung, wenn Rollenzuschreibungen aufgebrochen werden, nur sollte man mit dem Begriff “Macht” etwas differenzierter umgehen.

    Merkwürdig. Einerseits wird behauptet, Feminismus sei hier lediglich „Die Idee der Gleichberechtigung der Geschlechter“, andererseits wird die Schublade „Antifeminist“ aufgemacht, wenn der Patriarchatsbegriff des Mainstreamfeminismus in Frage gestellt wird. Ja was denn nun? Vielleicht sollte man sich mal entscheiden und sich klar zum Rattenschwanz feministischer Ideologie positionieren.

    Von einer Debatte kann keine Rede sein, wenn aus dem Paläolithikum des Feminismus die Idee hervorgekramt wird, die Unterdrückung von Frauen sei nur von Frauen beurteilbar. („Und das du den Freiheitsunterschied nur graduell nennst, ist eine Bewertung, die dir gar nicht zusteht.“)

    Und solchen Ideen erteile ich eine klare Absage, der real existierende Marxismus – Leninismus hat hinreichend gezeigt, wohin es führt wenn sich Gruppen als privilegiert in der Erkenntnisgewinnung verkaufen.

  80. Nils,

    das ist eben das Problem mit dem Inhalt von „Feminismus“.

    Ich tendiere ja auch eher zu der Auffassung daß „Feminismus“ nicht von den epistemologisch problematischen Auffassungen zu trennen ist, die ja auch an anderer Stelle hier schon ausführlich diskutiert wurden. Aber die Autorinnen vertreten – und das ist bei der Lektüre des Blogs schon ersichtlich – offenbar eine deutlich andere Sichtweise. Sie haben ihre Gründe, sich als Feministinnen zu bezeichnen, und die liegen außerhalb des Argumentationspektrums, das Du ansprichst. Feminismus ist eben ein nicht klar definiertes Konzept, wie so manches andere auch.

    Ich bezeichne mich vor allem aus den angesprochenen epistemologischen Gründen und der für mich problematischen Ideengeschichte nicht als Feminist und denke dennoch, daß ich mit den Autorinnen in wesentlichen Aspekten übereinstimme. Mal sehen, ob ich das nach der Lektüre des Buch auch noch denke ;)

  81. @Nils

    Die Aussage: „Der Freiheitsgrad der Männer war nur graduell größer“ stellt eine Grundlage des Feminismus in Frage.

    – Das erklärt zum einen meine harsche Zurückweisung, dass du solchen Unsinn nicht einfach verbreiten sollst, ohne ihn genauestens zu prüfen und der nicht zur Grundlage hatte, dass nur Frauen die Lage von Frauen beurteilen können.
    Und zum anderen liest man aus solchen Aussagen (inklusive: „sieht man mal davon ab, daß Männer in der Vergangenheit die “Freiheit” hatten, auf Schlachtfeldern verbluten zu dürfen“), dass du ganz gehörige Probleme mit den Freiheitsbestrebungen von Frauen hast.

    Aber bitte, belehre uns eines Besseren und lass dir einmal einen Kommentar einfallen, der nicht diffamierend, beleidigend oder alles in Frage stellend ist, sondern zur Abwechslung Gedanken präsentiert, die keinen Widerspruch, sondern Zustimmung hervorrufen.

  82. ..die Diskussion bezog sich ursprünglich nicht auf die Blogbeiberinnen. Wenn allerdings die Schublade „Antifeminist“ aufgemacht wird..

  83. @nilso

    Ist mir zu anstrengend dir die Welt zu erklären, wenn du nicht mal verstehst, was eine geistige Grundlage ist und das man die nicht so einfach aufgeben kann.

  84. Ja, genau das meinte ich.

    Da wird dann die Frauenfage zum „Hauptwiderspruch“, und Zwagsrekrutierung zum Tabu.

    Den ganzen Feminisumus würde ich allerdings nicht über einen Kamm scheren.

  85. «einer der geeignet ist, die übelsten Eigenschaften von Menschen hervorzurufen.»
    Kommt da jetzt noch was, oder war das jetzt das ganze „Argument“?

  86. Insgesamt stimme ich Simon zu: Auch ich habe manchmal das Gefühl, dass es einigen, die sich Femistinnen nennen, darum geht eine „Frauenwelt“ zu erschaffen, so wie die Männer vorher eine „Männerwelt“ erschaffen haben, getreu dem Motto „Jetzt sind wir mal dran“. Davon halte ich reichlich wenig!
    Hier muss man ganz klar aufpassen, dass die eigenen Bestrebungen zur Gleichberechtigung nicht in einen Racheakt ausarten, der wiederum den Krieg zwischen den Geschlechtern zur Folge hätte (wenn auch dieses Mal wohl mit vertauschten Rollen).
    Wer nach Rechten schreit, muss zum Beispiel auch die damit verbundenen Pflichten in Kauf nehmen wollen (Beispiel: Recht der Frauen zur Bundeswehr zu gehen = Pflicht Wehrdienst oder Zivildienst zu leisten), aber davon ist bislang kaum die Rede in feministischen Schriften.

    Und zu dem Thema „Provokation um der Provokation willen“. Was sollen denn verschenkte Mösensekrete, herzförmige Ausschnitte am Arsch (Lady Bitch Ray) im Fernsehen sonst bezwecken?! Aber wenn Bushido ein (herzförmiges )Loch in die Vorderseite seiner Hose schneidern würde, dann wäre das Geschrei wahrscheinlich groß…klar: Macho blabla…

    Ich finde es einfach wenig förderlich „Gleiches mit Gleichem“ zu vergelten, das nachzuahmen, was man beim anderen verachtet…

  87. Und zur Rede von Alice Schwarzer: Nein, ich finde Selbstbezeichnungen junger Feministinnen wie „Alphamädchen“ auch nicht sonderlich originell und obendrein noch diskriminierend!

    Wo es ein Alphamädchen gibt, da gibt es doch auch ein Beta-, Delta- etc..Mädchen. Und wer sollen letztere sein? Jene, die nicht Karriere gemacht haben, oder/und nicht Jura o.ä. studiert haben? Ist man dann automatisch Mensch/Frau 2.Klasse?

  88. @Jassy: Alphamädchen ist ein Wortspiel mit Alphamännchen. Das ist Ironie. Die Autorinnen rennen bestimmt nicht durch die Gegend und erzählen anderen, dass sie Alphamädchen sind. Sie sagen aber schon, dass sie wissen was sie sie wollen, und dafür eintreten.
    Und ist es verkehrt, zu wissen, was man will? Und dafür zu kämpfen?
    Übrigens ist das alles im Vorwort des Buches erklärt, damit es eben NICHT zu solchen Missverständnissen kommt. Aber das nur am Rande.

  89. Gut, aber mach das mal der blöden Allgemeinheit (wie mir), die das Buch nich gelesen hat, klar: Hingegen das Titelblatt vom Spiegel, wo die ganzen Frauen mit ihren super-tollen Berufsbezeichnungen drauf abgebildet waren (Titel wie gesagt „Alphamädchen“), wird der Allgemeinheit schon eher vertraut sein und dann kommt es automatisch zu entsprechenden Assoziationen….

  90. (weeks later..???)

    Azundris, wenn du den Vergleich zwischen Juden und Frauen harmlos findest, dann ist dir mir Argumenten auch nicht zu helfen, fürchte ich. Nur soviel, vielleicht: Der Massenmord an Juden wurde damit gerechtfertigt, man sei ja Opfer der heimtückischen Juden und handle nur in Notwehr.

    Glücklicherweise werden solche Vergleiche nur von sehr wenigen Feministinnen als unproblematisch erachtet..

  91. Der Massenmord an Juden wurde damit gerechtfertigt, man sei ja Opfer der heimtückischen Juden und handle nur in Notwehr.

    Die Form der Rechtfertigung erinnert mich irgendwie an die guten, alten Hexenverbrennungen…in dem Falle: score für azundris…

  92. Feindbilder dem Feindbilder nützen – insbesondere wenn der andere sich wg. erfolgreich eingeredeter Schuldgefühle nicht wehrt und sich alles gefallen lässt.

  93. @Jassy: Ja, nur war es im Fall der Hexenverfolgung keine Verschwörung der Frauen, ihre angeblich größere Schwäche für den Satan war Ursache für die höheren weiblichen Opfer. (In manchen Regionen wurden auch mehr Männer Opfer)

    Warum die Tatsache der Hexenvervolgung dazu legitimieren soll, Sexismus und Antisemitismus auf eine Stufe zu stellen will sich mir nicht erschließen.

    Aufschlußreich zur Mythenbildung über die Hexenverfolgung (und der Rolle der Nationalsozialisten dabei):

    http://www.historicum.net/themen/hexenforschung/thementexte/rezeption/art/Neun_Millionen/html/ca/0e43e9dea3/

    Jede Parallelisierung der Hexenverfolgungen mit den langfristigen und großräumig organisierten Vernichtungsprogrammen der NS-Zeit ist unhaltbar.

  94. P.S.: Womit ich natürlich nicht Schwarzers „Feminismus“ auf eine Stufe mit Nationalsozialismus stellen will – Das Argument war vielleicht auch etwas unglücklich. Nur sollte man aufpassen, wen man für große Menschheitskatastrophen die Schuld in die Schuhe schiebt.

  95. ..und vor allem sollte man aufpassen, in wessen Tradition man sich begibt, wenn man die Hexenverfolgung als feministisches Thema entdeckt.

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