Heute wurde ich gleich von zwei Leuten gefragt, wie ich denn die neue Sendung Frauenzimmer fände. Oh boy, ich konnte es gar nicht abwarten nach Hause zu kommen und mir die gestern erstmalig ausgestrahlte Folge online anzuschauen. Aha, eine neue Nachmittags-Talkshow mit einer bunt zusammengewürfelten Runde an Moderatorinnen, die ein nicht so neues Format präsentieren – nennt sich in den USA The View und ist dort u.a. mit Whoopi Goldberg und Barbara Walters recht erfolgreich. In Deutschland wird die Runde gleich von sieben Damen bestritten, von denen vier in den ersten Sendungen dabei sind: Yasmina Filali (Model, Schauspielerin und Moderatorin), Bettina Böttinger (Produzentin und Moderatorin), Maite Kelly (Sängerin) und Birgit Ehrenberg (selbsternannte (?) Liebesexpertin und Journalistin).
Ehrenberg stellte anfangs gleich eins klar: Auf die Kritik der BILD Zeitung, diese Runde sei doch nur weiblicher Klatsch&Tratsch, entgegnete sie, dies hier sei
„deutsches Qualitätsfernsehen mit vier Raketen. Männer können hier etwas lernen – wie Frauen im Innersten ticken, lieben und denken“.
Ja: sie denken auch – wie Ehrenberg mehrfach betont. Aber eben anders.
Filali führte thematisch durch die Sendung und hetzte etwas holprig von Thema zu Thema. Das erste “gewichtige politische Thema“ hieß dann auch “Wie sexy ist die neue Regierung?“, worauf Kelly Philipp Rösler (FDP) zum Gewinner kürte – wegen seinem „asiatischen Touch und Zen Ausstrahlung“. Da wo ich herkomme, nennt man solche Äußerungen Exotismus. Vielleicht bin ich langweilig, aber PolitikerInnen sollten primär auf Grund ihrer Kompetenzen anstatt ihrer Heiratsfähigkeit bewertet werden.
Thematisch bot die Sendung einen Rundumschlag der typischen Themen der privaten Sender: Prominenz, Schönheit (inklusive der Reproduktion von bekannten Dichotomien von schön/dünn/groß – hässlich/dick/klein) und Mode (so wurden bspw. 12cm hohe High Heels diskutiert, die man auch einfach beim kochen tragen kann – dann „fühle man sich auch zu Hause als Frau“, laut Ehrenberg)
Gast der ersten Sendung war Sänger Ross Antony, der über seinen Wunsch sprach, mit seinem Partner ein Kind adoptieren zu wollen – aber nur ein Mädchen, was die Moderatorinnen mit den Worten honorierten:
„Frauen sind ja auch besser!“
Antony setzt noch einen drauf und behauptete,
„für Mädchen könne man schöne viele Dinge kaufen, Puppen und so, und sowieso mehr mit ihnen anfangen als mit Jungs.“
Aha. Das kennen wir doch – und nennt sich Mütter- bzw. Differenzfeminismus – die weichgespülte Verfechtung der Aufgaben-Trennung basierend auf tradierten Vorstellungen von Geschlecht und Identität, welches die weibliche (Mutter-)Rolle glorifiziert.
Vielleicht verlange ich auch zu viel von einer klar auf Unterhaltung ausgelegten Sendung, aber eine Gesprächsstunde, die von (und für?) Frauen gemacht wird und den Anspruch hat, auch politische Themen zu behandeln, aber kontinuierlich Geschlechtsstereotype unhinterfragt reproduziert, ist für mich Teil eines backlash gegen durchaus existente Gleichstellungstendenzen in unserer Gesellschaft. Und diese Gegenbewegung, die man gesellschaftlich auf allen Ebenen spürt, wird insbesondere durch jene (sexistischen) Aussagen gestützt, die Frauen als die besseren Menschen darstellen.
Solche (falschen) Aussagen haben nur eine Konsequenz: Sie stellen Frauen ruhig. Und das zeigt die perverse Macht eines backlash.
„Frauen sind die besseren Menschen“
das ist schlicht & einfach chauvinismus.
Nein, das nennt sich NICHT Differenzfeminismus. Hört doch mal auf, immer diese alten Klischees weiterzuerzählen. Differenzfeminismus will der Geschlechterdifferenz eine freie Bedeutung geben und das ist das genaue Gegenteil vom Reproduzieren alter Geschlechter-Stereotypen. Natürlich kann man da über vieles streiten, aber bitte nicht so platt.
Ich denke, die mediale Interpretation der Emanzipation können wir langsam getrost vergessen.
Ausser Stereotypen nix gewesen.
Wobei mir manchmal schon lieber wäre, wenn Frauen tatsächlich die besseren Menschen wären- oder sagen wir’s mal so: Die sozial vernetzter denkenden Frauen….
Das ist halt immer so ne Sache.
@ Antje Schrupp:
Differenzfeminismus basiert auf dem Eingeständnis, dass es es so etwas wie zwei Geschlechtscharaktäre gibt, diese aber gleichwertig nebeneinander stehen sollen, was automatisch zur Aufwertung von Müttern führt – was generell kein schlechter Ansatz ist. Dennoch knüpft es m.E. biologisches Geschlecht zu sehr an soziales Geschlecht. Ein Feminismus, der sich wirklich mit Differenz auseinandersetzt und zwar in Form von Vielfalt und demnach Unterschiede zwischen Frauen eingesteht, ist erst ein Feminismus, der Menschen und ihrer Vielseitigkeit gerecht wird.
Tippfehler sind ja eigentlich keines Kommentars würdig, aber Whoppy… äh, oder ist das Absicht, und ich kapier’s nicht?
Danke Sonja, hab’s geändert.
„Solche (falschen) Aussagen haben nur eine Konsequenz: Sie stellen Frauen ruhig.“
Hm, wieso nur diese eine? Bei Dir hat das Ganze doch offenbar schon mal das Gegenteil von Ruhigstellen bewirkt. Kennst Du andere Frauen, die von so etwas „ruhig gestellt“ werden oder woher nimmst Du Deine Gewissheit? (Bei mir beobachte ich bzgl. solcher Sendungen übrigens noch eine dritte Reaktion: Bevor mich sowas ruhig stellt, stelle ich es aus. Oder gar nicht erst an. ;-)
@Magda, nein, Differenzfeminismus geht nicht von Geschlechtscharaktären aus (also irgend einer Art von weiblichem oder männlichem „Wesen“), sondern schlicht von der Tatsache, dass es (derzeit, mit dieser Geschichte auf dem Buckel) Frauen und Männer gibt und dass sie faktisch nicht gleich sind, woher auch immer das kommen mag. Und geht als eine feministische politische Praxis von dieser Gegebenheit aus, ohne von vornherein die Gleichheit als einziges akzeptables Ziel zu setzen. Erst dadurch, dass man sich nämlich vom Maßstab des Vergleichs mit den Männern löst, kann ja die Differenz unter Frauen und ihre Vielfalt überhaupt in den Blick kommen.
The View ist furchtbar, furchtbarer noch als Oprah. Dass jetzt auch deutsche Frauen gezielt verdummt werden, hätte man erwarten können, ist aber trotzdem schade.
@Antje Schrupp:
Ich habe zwei Probleme mit deinen Aussagen:
1. Es ist m.E. nicht richtig, zu behaupten, dass DifferenzfeministInnen per se davon ausgehen, das soziale Faktoren für die ungleiche Entwicklung von Männern und Frauen verantwortlich sind, sondern sie mischen häufig psychologische und neurobiologische Erklärungsmuster hinein, die höchst fragwürdig sind. Es finden sich in dieser Sparte auch die so genannten KulturfeministInnen (am bekanntesten ist hier Carol Gilligan, die in ihrer Studie „In a Different Voice“ schlußfolgerte, dass Frauen und Männer unterschiedliche Definitionen von Moral hätten). Diese argumentieren ziemlich dichotom und vergessen die Unterschiede unter Frauen (und Männern), was mich zu meinem nächsten Punkt führt:
2. Selbstverständlich gehe auch ich davon aus, dass Frauen strukturell benachteiligt sind – diese Benachteiligungen sind aber unterschiedlich und gestalten sich Männern gegenüber nicht so dichotom, wie häufig (von DifferenzfeministInnen) dargestellt. Achsen der Ungleichheit laufen eben nicht nur an Geschlechtslinien entlang, sondern auch an anderen Dimensionen (Klasse, „race“, Sexualität…). Also sind solche politischen Entitäten von „Mann“ und „Frau“ fast schon obsolet, da muss man meiner Meinung nach mehr differenzieren.
Das sind die Hauptprobleme, die ich meinem Verständnis nach mit dem Differenzfeminismus habe.
@Al
Abstellen ist die beste Lösung, da hast du Recht – das werde ich in Zukunft auch tun.
Ich finde schon, dass es in Mainstream-Medien keine so richtige Debatte über diese schrecklichen Sterotype gibt und dass sich viele Menschen damit zufrieden geben, dass Frauen ja wenigsten für die angeblich so typisch weiblichen Fähigkeiten wie soft skills und ihr Fürsorge gelobt werden, oder dass sie sich ab und zu mal für die besseren Menschen halten dürfen (was im Übrigen sofort kritisiert werden würde, wenn Männer dies von sich behaupten würden). Das beruhigt m.E. viele und hält sie davon ab, eine wirkliche Debatte zu führen, nämlich das Geschlechtssterotype allen schadet.
hey das ließt sich ja ganz so, als sei das die erste gelungene kopie eines US-formats ins deutsche Privatfernsehen! m.E. ist the View ähnlich unanschaubar wie das hier beschriebene, wenn auch aus anderen Gründen…
@Magda:
Müttermanifest 1987? Ich würde das eher auf 1975 datieren:
http://en.wikipedia.org/wiki/Radical_feminism#Criticisms
3. Absatz
Die Sendung hört sich ja so richtig schlimm an.
Dieses „Frauen sind die besseren Menschen“ finde ich auch immer ziemlich ätzend und, da stimme ich Magda zu, dient dazu um Frauen ruhig zu stellen und ncihts zu hinter fragen.
Hmm, ich trage ja selbst sehr gerne High Heels – aber ich fühle mich auch ohne 12cm-High heels beim kochen als Frau. :)
Es ist schon interessant, wie manche Frauen sich erst weiblich fühlen, wenn sie bestimmte Klamotten tragen, ein bestimmtes künstliches Verhalten an den Tag legen.
@ Mat
du beschreibst die ersten Strömungen in den USA, die wie du richtig zitierst, schon Mitte der 70er entstanden. Im verlinkten Lexikon-Artikel befinden wir uns allerdings im deutschen Kontext, wo das Müttermanifest tatsächlich im Jahre 1987 veröffentlicht wurde (hier noch mal zum Nachlesen).
Inhaltlich würde ich meinen, dass die deutsche Differenzbewegung eher politisch und die amerikanische eher theoretisch war – da würden mich aber mögliche Gegenargumentationen mit Quellen interessieren, denn so richtig „beweisen“ kann ich das nicht.
Hey,
sehe ich das richtig, dass ihr euch bei der Frage zum „Differenzfeminismus“ um ein Wort und nicht um den Inhalt streitet? Weil es halt solche Feministinnen gibt, die der Meinung sind, dass es momentan aufgrund von Sozialisierung Unterschiede gibt, und dass diese dann politisch auch eine Bedeutung haben sollen (siehe z.B. Quote etc.) und auch solche Feministinnen gibt, die der Meinung sind, dass es biologische Unterschiede gibt, und dass das auch gut ist, und so bleiben soll, etc. Ob mensch die jetzt beide als Differenzfeministinnen oder nur eine Gruppe davon so bezeichnet, macht ja keinen wirklich inhaltlichen Unterschied.
Es reicht eben auch nicht, in Differenz/Gleich einzuteilen, weil es auch noch andere Kategorien gibt, in die sich Feministinnen einteilen lassen. Und es sich eben nicht nur an der Kategorie Differenz/Gleich messen lässt, ob eine Feministin jetzt „cool“ bzw. auf der gleichen Linie ist, wie mensch selbst, oder „uncool“.
Dann noch etwas, was ich einfach nicht verstanden hab:
„Differenzfeminismus basiert auf dem Eingeständnis, dass es es so etwas wie zwei Geschlechtscharaktäre gibt, diese aber gleichwertig nebeneinander stehen sollen, was automatisch zur Aufwertung von Müttern führt“
Ich glaub dir, dass es so ist (also dass du weißt, was du da schreibst), aber warum führt das automatisch zur Aufwertung von Müttern?
Liebe Grüße
@Magda:
Die Geschichte des deutschen Feminismus kenne ich weniger als die US-Amerikanische, ich denke aber letztere hat die deutsche sehr geprägt.
Alice Echols u.A. stellen ja gerade darauf ab, dass der radikale Feminismus mehrheitlich ab 1975 sich in seinen einflußreichen Strömungen zum „cultural Feminism“ entwickelt hat, mithin also „differenzfeministisch“ war.
„eher Unpolitisch“ trifft es schon ganz gut, da ja im Zuge der allgemeinen Entpolitisierung in den USA ab ca. 1975 der radikale Feminismus in die Richtung ging, eine feministische subkultur zu entwickeln, mit dem entsprechenden Separatismus und der entsprechenden Dichotomie. (Daher ja auch der Name „cultural Feminism“)
Worauf ich eigentlich hinaus wollte: Was so oft als „radikaler Feminismus=Gleichheitsfeminismus“ (als Gegensatz zu „Differenzfeminismus“) daher kommt ist eben antithetisch zum radikalen Feminismus vor 1975.
Den US-Einfluß in der BRD erkennt man an den Themen, die der 2nd-Wave Feminismus überwiegend besetzt hat, nämlich die Problematisierung von männlicher Sexualität (PornNo etc)
Alice Schwarzer ist in meinen Augen eine lupenreine „cultural feminst“, mit allen Widersprüchen. Es wäre zu schauen, was es jenseits dessen hier in den 70ern und 80ern noch so gab.
Deine Erklärung:
..triftt es aber auch ganz gut, finde ich. So ergibt sich eine Geschlechterdichotmie, die zwar essentialistisch, aber nicht unbedingt biologistisch begründet wird.
Nur: ist die Idee des universellen Patriachats nicht gerade eine radikalfeministische?
@Magda: Ach so ich vergaß: Einen Beleg fürs unpolitische in den USA ab 1975 findest Du mit der Historikerin Alice Echols, die in „Daring to be Bad“ die Geschichte des US-Feminismus akribisch untersucht.
Naja man muss sich die Seite doch nur ansehen und was für ein Klientel dort sein Unwesen treibt, um zu wissen, was Sache ist. Dazu kommt, dass der Kram auf Vox läuft, wo seit Wochen die Sendungen wechseln, weil eine nach der anderen floppt.
oh, wie enttäuschend. ich ziehe es weiterhin vor, barfuß zu kochen. meine füße schreien bislang nicht nach high heels vorm herd, wenn sie sich weiblich fühlen wollen.
high heels am herd überhaupt. sad story. die sendung scheint alles mögliche auszutreten, was es zu überwinden gilt. thematische auseinandersetzung von frauen in der öffentlichkeit mit politik, kultur, von mir aus auch mode, nur bitte mit know-how und ohne kätzchenschema.
nundenn, ich denke ich verzichte.
aber danke für die anregende unterhaltung zur mittagspause, schöner artikel :)
@zoe:
Richtig, mit der Dichotomie „Differenz/Gleich“ kommt man nicht sehr weit.
„Frauen sind die besseren Menschen“ kann man eben höchst unterschiedlich begründen, auch z.B. damit dass Frauen „anders sozialisiert“ oder per se „unterdrückte“ sind (nicht zu den „Unterdrückern“ gehören)
@ Mat
ich stimme mit all deinen Punkten überein und meine Frage bezog sich in der Tat eher auf Deutschland (also, ob die Bewegung in Deutschland eher politisch als akademisch war, denn ich kenne mich auch besser bei den amerikanischen feministischen Bewegungen aus), aber meine Frage hast du ja jetzt beantwortet ;-) Leider waren die politischen feministischen Bewegungen in den USA ja tendenziell immer liberal (und zwar im historischen Sinne von „liberal“), was eine grundanständige Geschlechts-Analyse (die Klasse und „race“ berücksichtigt) unterbindet.
Zu der Frage:
Ich glaube, das fast alle Feminismen ein universelles Patriarchat anerkennen (oder?), tendenziell am wenigsten allerdings die oben angesprochenen liberal feminists, die Diskriminierung häufig individualisieren (siehe Naomi Wolf). Aber da gibt es auch viele liberale feministische Strömungen, die strukturelle Diskriminierung und Patriarchat stark thematisieren. Also ist nicht so einfach zu sagen. Was denkst du?
@ Zoe
Meine Behandlung mit dem Thema und die gängigen Definitionen von Differenzfeminismus im akademischen Raum legen in der Tat die Schlußfolgerung nahe, dass der Differenzfeminismus sich nicht eindeutig von (neuro)biologistischen Erklärungsmustern distanziert. Klar gibt es sicherlich solche DifferenzfeministInnen, die soziale Erklärungsansätze benutzen, aber wenn man sich mit dem (kontroversen) Label des Differenzfeminismus identifiziert, sollte man sich auch positionieren und die soziale Konstruktion von Geschlecht eindeutig anerkennen. Sonst läuft man Gefahr, mit jenen fraglichen Differnz- und KulturfeministInnen in einen Topf geworfen zu werden.
Zu deiner Frage:
Wenn man die traditionelle Rolle der (Mittel- und Oberschichten) Frau betrachtet – Mutter&Hausfrau – und ihre Tätigkeiten als wertvoll für die Gemeinschaft einschätzt und anerkennt, dass Frauen zwar (aus welchen Gründen auch immer) „anders“ sind, diese Andersartigkeit aber nicht in ein hierarchisches Verhältnis zum Mann einordnet, wird die Rolle der Frau automatisch aufgewertet. Simpel formuliert: Frauen werden mit ihrer sozialen Rolle als Frau genauso anerkannt wie Männer und ihre Rolle als Familienernährer. So zumindest interpretiere ich den Ansatz von DifferenzfeministInnn. Dass ich mit dieser Argumentation ein Problem habe, hatte ich ja oben schon dargestellt.
Da ich morgen in Nürnberg, am 29.10. um 19 Uhr mit Meredith Haaf von den Alphamädchen öffentlich über
Gestern radikal – heute fast normal?: Bewegte Frauen von ’68 bis zu den neuen Alphamädchen‘ Streitgespräch Do, 29.10.2009 19:30 – 21:00 frei
diskutiere, schaute ich zwecks Information auf die mädchenmannschaftsseite.
wie gut, daß es Euch überhaupt gibt.
zu Frauenzimmer finde ich den Kommentar :Abschalten, bzw. gar nicht anschalten. Für mich ist Verdummung das Gegenteil von Feminismus.
Der Differenzfeminismus der Italienerinnen wollte auf eine andere Philosophie hinaus, wie Antje Schrupp ja auch.
Für uns radikale Feministinnen, die es ja tatsächlich überall gab, bedeutete es etwas ganz Anderes, nämlich -uns nicht darin zu bescheiden, wie die Männer zu werden. Das heißt, wir wollten uns nicht in einem Karrierefeminismus den dominierenden Verhältnissen anpassen. Wem die Sozialisierungsunterschiede besser nützen, ist aus den verschiedenen Wirklichkeiten bekannt.
Daß außer Alice Schwarzer die feministische Frauenbewegung so wenig bekannt ist, ist sowohl EMMA als auch allen anderen zuzuschulden.
Deswegen sind auch Frauen immer wieder damit beschäftigt, die Welt neiu zu entdecken. entsprechend sieht sie auch aus.
freundlichst halina.bendkowski@gmx.de
agentin für feminismus&geschlechterdemokratie
@Magda: Da haben wir uns vielleicht mißverstanden? Ich meinte dass die Idee eines universellen Patriarchates ja zwangsläufig auch eine universelle Weiblichkeit / Männlichkeit beinhaltet.
@ Mat
ich würde sagen, dass die Idee eines Patriarchats eher eine Ideologie von universeller Weiblichkeit&Männlichkeit beinhaltet. Und dieser Idee treten FeministInnen ja verschiedenartig entgegen:
Die einen rechtfertigen diese mit biologistischen oder sozial fundierten Argumentationen, plädieren allerdings dafür, dass „Männlichkeit“ nicht über „Weiblichkeit“ steht. Sie erkennen also eine Differenz der Geschlechter an.
Andere entlarven „männlich“ und „weiblich“ als eng definierte, historische und ideologische Konstruktion, die kaum allen Männern und Frauen gerecht wird und versucht, Zweigeschlechtlichkeit ganz und gar zu dekonstruieren.
(etc. etc. es gibt natürlich noch mehrere Ansätze, das waren jetzt die zwei Extreme.)
Patriarchat beinhaltet m.E. nämlich nicht die automatische und immer gleich empfunde Unterdrückungs-Erfahrung von Frauen einerseits und die immer ähnliche Unterdrücker-Erfahrung von Männern andererseits, was die Ideologie des binären Modells „weiblich“ und „männlich“ in der Konsequenz als falsche soziale Analyse entlarvt: Denn Frauen machen absolut unterschiedliche Erfahrungen im Patriarchat. Priviligierte, weiße Frauen bspw. profitieren mitunter sogar vom rassistischen, kapitalistischen und sexistischen System: In ihrem Buch Global Woman: Nannies, Maids, and Sex Workers in the New Economy spricht Barbara Ehrenreich z.B. von den Frauen der Oberschicht, die es sich leisten können, eine Nanny aus den so genannten Entwicklungsländern zu bezahlen, aber auch nur, weil sie auf Grund ihr spezifischen Stellung in der Gesellschaft (ökonomisch priviligiert&weiß) fürsorgende Aufgaben „nach unten“ weitergeben können. Das Patriarchat ist also sehr lebendig – und jene Frauen profitieren in gewissem Maße sogar davon.
Kurz und bündig: Binäre Einteilungen des Patriarchats müssen als Ideologie verstanden werden. Wie FeministInnen mit dieser umgehen, ist ja bekanntermaßen verschieden.
@magda – Es gibt halt nicht den Differenzfem. per se. Ja, manche argumentieren biologistisch, das find ich auch falsch. Und wir ja hier schon andere geschrieben haben, halte ich es ebensuch für fraglich, wie sinnvoll es ist, unterschiedl. feministische Ansätze grad an dieser Stelle zu unterscheiden. Soweit ich es sehe, ist „Differenzialistinnen“ ein von Alice Schwarzer erfundener Kampfbegriff gewesen zur Diffamierung Andersdenkender. Halina hat ja geschrieben, wie das war. Deshalb fand ich es ja so ärgerlich, dieses olle Stereotyp hier auch wieder zu finden. Und noch eins zu Gilligan: ich stimme dir zu, dass die viel zu dichotom argumentiert. Trotzdem waren ihre arbeiten sehr wertvoll für den Feminismus, weil sie uns darauf hingewiesen hat, dass das angeblich so neutrale ethische Subjekt unserer westlichen Kultur in Wahrheit ziemlich männlich war. Wir können eben auch von solchen Frauen was lernen, mit denen wir nicht 100% übereinstimmen. Das find ich besser.
@ Antje Schrupp:
Lernen von einander finde ich immer wichtig – aber man sollte sich bei dieser Debatte schon bewusst sein, mit welchen Begriffen man wie umgeht und welchen Ursprung sie haben. Differenzfeminismus wurde nicht von Alice Schwarzer erfunden und ist in der akademischen Debatte immer kontrovers diskutiert worden, da dieser Feminimus (wie eigentlich alle) Feminismen das männlich universelle Subjekt hinterfragt, sich aber so sehr mit dieser Zweigeschlechtlichkeit aufhält.
Ich finde es schon wichtig, dass wie verschiedene feministische Ansätze erkennen, da sie sich teilweise fundamental unterscheiden. Das soll einem generellen Kampf für Geschlechtergerechtigkeit nicht im Wege stehen. Es ändert aber eben die Betrachtungsweise und teilweise die Ansätze, Ungerechtigkeiten zu bekämpfen.
@Mat: Männer sind die besseren Menschen, einfach bei Esther Vilar nachlesen.
@Patrick 2: Ich verstehe nicht ganz, was Du damit sagen willst. Aber Esther Vilar hat für mich mit „Der Dressierte Mann“ eine herrliche Polemik geschrieben. Auch Männer werden bei ihr nach Strich und Faden verrissen, ganz und gar nicht die besseren Menschen.
@Magda: Wir kamen ja von „Frauen sind bessere Menschen“, und diese Haltung kommt nach meiner Aufassung – neben der urbürgerlichen Geschlechterideologie des vorletzten Jahrhunderts – auch aus manchen Feminismus, der sich gerade nicht als Differenzfeminismus versteht. Das klingt paradox, aber das ist es ja auch ;)
So eine weitgehende Diskussion wollte ich eigentlich nicht führen, da werden wir uns sowieso kaum einig werden..
Noch einmal zu den besseren Menschen: wie sollen Frauen die besseren Menschen sein, so ein Quatsch. Wir alle existieren, wer soll da von vornherein beser sein? Wenn, dann geht es nur um Kultur, die unter bestimmten Leuten zu bestimmten Zeitpunkten existiert. Und es könnte sein, dass durch historische und gesellschaftliche Gegebenheiten, möglicherweise in Kombination mit gewissen biologischen Momenten MOMENTAN das, was sich unter Frauen als weibliche Kultur entwickelt hat lebensfreundlicher und zukunftsweisender aussieht als die entsprechende historisch männlich geprägte Kultur. Genauso wie es zu einem anderen Zeitpunkt umkehrt aussehen KÖNNTE.
@magda Ich hab mich nur eingemischt, weil ich ja eine Differenzfeministin bin (wenn man schon in diesen Labels denken will), und ich fände es halt schöner, wenn ich mit Feministinnen anderer „Richtungen“ wie dir über die Dinge streiten könnte, an denen wir tatsächlich unterschiedlicher Meinung sind (wovon es sicher viele gibt) anstatt mich gegen solche Behauptungen wie die aus deinem Artikel, dass diese Gaga-Sendung auf meiner Art Feminismus beruhen würde., verteidigen zu müssen. Das ist so gaga, dass ich das einfach kommentieren musste. Aber ich habe den Eindruck, deine Meinung über „den Differenzfeminismus“ (oder was du dafür hältst) steht ohnehin schon fest.
Eine Frage hätte ich aber noch: wie willst du ohne die Geschlechterdifferenz das universale männliche Geschlecht hinterfragen? Wenn es keine verschiedenen Geschlechter gibt, gibt es nur ein Geschlecht. Eingeschlechtlichkeit ist männlich. Meine ich ganz logisch und biologiefrei.
Antje,
„Eingeschlechtlichkeit ist männlich.“
Einfach nur – warum? Eingeschlechtlich ist natürlich Blödsinn, aber nur so theoretisch, warum wäre es männlich? Was wäre denn dann noch männlich? Das ist doch der perverse Slogan aus dem SPD Wahlprogramm – „wer die menschliche Gesellschaft will, muß die männliche überwinden.“
Man kann ja von Connell halten was man möchte, aber die Analyse einer universalen Männlichkeit und Weiblichkeit hat er schon in den 1980ern sehr gründlich widerlegt. Solche Analysen reihen sich für mich nahtlos in die urbürgerliche Geschlechterideologie von 1800 ein, Biologie oder Nichtbiologie spielt für die dazugehörige Naturalisierung keine Rolle. (Nicht, dass ich einen Vergleich anstellen möchte, aber analog dazu redet ja heutzutage fast kein Rassist mehr von „Rasse“, da muss mittlerweile auch die Kultur in Form von Religion, Sozialisation etc. herhalten. „Ich rede doch nicht von Biologie, also bin ich doch kein Rassist“ heißt es dann immer)
Beinahe jede Forschung zeigt, dass die Unterschiede innerhalb der Geschlechter größer sind als zwischen den Geschlechtern, auch oder gerade was den sozialen Status betrifft. Und das alles in der realen Welt, nicht nur „eigentlich“ in irgendeiner Utopie. „Gemeinsame Unterdrückungserfahrung“ bringt es also auch nicht wirklich weiter. (Strukturelle Diskriminierung ist übrigens keine Unterdrückung)
Wenn Frauen a priori „anders“ sind, dann sind sie zwangsläufig irgendwie „besser“, dann braucht man sich auch nicht von so einer Schrottsendung zu distanzieren.
Wenn man eine Gesellschaft möchte, in der vermeintlich weibliche Eigenschaften einen höheren Stellenwert haben, dann muss man direkt für eine solche Anliegen kämpfen, und nicht für eine „Aufwertung des Weiblichen“.
@jj Weil das Männliche sich selbst als das Eine definiert hat (homme=homme, Mann=Mensch). Alles Andere (Frauen, aber auch Trans oder Intersex, eben alles andere) ist dann entweder nicht menschlich oder aber minderwertig und untergeordnet oder aber, wenn es sich das nicht mehr gefallen lässt – wenigstens nicht mehr ANDERS.
@Mat Exactly my point. Früher sprachen die Rassisten von Negern und ihrer Natur, heute nicht mehr. Früher sprachen die Sexisten von Frauen und ihrer Natur, heute nicht mehr. Früher war die Parole „Ich seid ja keine (richtigen) Menschen“ Heute ist die Parole „Wir sind doch alle Menschen.“ Das heißt aber eben gerade nicht, dass es um die Freiheit von nicht-weiß-männlichen Menschen gut bestellt ist. Weil sie sich entweder assimilieren, oder aber andere, also Nicht-Menschen bleiben.
BTW: Ich will nicht „weibliche Eigenschaften“ in der Gesellschaft mehr zu Gehör bringen, weil ich nicht wüsste, was das sein soll. Es gibt keine weiblichen und männlichen Eigenschaften, sondern nur Frauen und Männer (und möglicherweise noch ein paar andere Geschlechter). Zumindest bin ich mir sicher, dass es Frauen gibt, denn ich selber bin eine. Das ist aber keine akademische Analyse, sondern eine politische Praxis: Meine Freiheit, die Freiheit einer Frau, hängt daran, dass ich frei handeln kann, ohne dauernd den Einmannmenschen beschwichtigen zu müssen, indem ich ihm versichere, dass ich ja gar nichts ANDERES bin als er, sondern auch nur ein ganz normaler Eins-Mensch-Mann bin. Nein, bin ich nicht.
Denn ich bin Differenzfeministin: Ich bestehe darauf, dass es das Eine nicht gibt (das im übrigen auch das Eine-Viele sein kann, wie die bunte Vielfalt von Merci – schmeckt alles unterschiedlich, ist aber doch alles Schokolade). Sondern es gibt immer Anderes. Ganz anderes. Und die Eins-Mann-Menschen können mich ihrer Logik nicht einverleiben. Denn ich bin kein Mann, ich bin eine Frau.
@Antje Schrupp: I am absolutly not convinced, und ich spreche gerade nicht davon dass Alle „Eins-Mann-Menschen“ zu sein haben. Die Vielfalt von Merci, nur eben nicht strikt in zwei verschiedenen Verpackungen sortiert.
„Wir sind doch alle Menschen“ ist in meinen Augen ein sehr großer Fortschritt, denn dies ermöglicht überhaupt erst jedem zu sagen „Moment mal, ich bin grundsätzlich nichts Anderes als Du, also habe ich die gleichen Rechte!“. „Wir sind doch alle Menschen“ ermöglicht imho auch erst Empathie, denn nur wenn ich annehme dass mein Gegenüber ein mir ähnliches Wesen ist wie ich kann ich mich „Einfühlen“.
„Freiheit“ ist ein sehr weiter Begriff, das müsste man erstmal konkretisieren. Freiheit hat imho für die meisten Menschen keinen großen Wert, Sicherheit und sozialer Status ist den Meisten viel wichtiger.
Mag sein, dass es tatsächlich essentielle Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt, nur sind sie ja offenbar nicht so weitgehend wie es die meisten Geschlechterideologien glauben machen wollen.
@ Antje Schrupp
Ich dachte, dass wir das hier gerade tun.
Mit Verlaub, aber das ist nicht meine Meinung. In der akademischen Welt und in der politischen Arena gibt es verschiedene feministische Strömungen, die sehr wohl relativ klar definiert werden können (und wurden). Genauso wie der marxistische Feminismus die Kategorie Geschlecht um die Kategorie Klasse erweitert, steht der Differenzfeminismus für eine klare Differenz der Geschlechter, ohne gleichzeitig und explizit auf die Unterschiede zwischen den Geschlechtern hinzuweisen. Völlig klar, dass man dem Label Differenzfeminismus neues Leben enhauchen kann und es völlig neu definieren kann, aber der Ursprung lässt sich nicht verleugnen.
Für alle Interessierte hier eine kleine (aber nicht vollkommen ausgeschöpfte) Zusammenfassung der verschiedenen Feminismen.
Und noch einmal, um meinen Kritikpunkt zu verdeutlichen:
Ich glaube in der Tat, dass es Ideen und Ideologien von Männlichkeit und Weiblichkeit gibt und in der Konsequenz auch das „universale männliche Geschlecht“, welche enormen Einfluß auf unsere Lebenswelten haben (und jegliche Rechts- und Sozialstaatlichen Systeme in der Vergangenheit bis heute strukturierten), aber dass man diese Ideologie nicht reproduzieren muss, in dem man sie fortwährend anerkennt. Denn sie ist eine Ideologie und lebt von all denjenigen, die diese reproduzieren.
@ Mat
Sprichst du von R.W. Connell? Dann ist deine Analyse von Connell’s Grundaussage nicht ganz richtig. Er sagt zwar, wie du richtig feststellst, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern viel größer sind als zwischen den Geschlechtern, aber er spricht ganz eindeutig von so etwas wie (ideologisch fundierter) universeller „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“. In seinem Buch Gender (2002) steht: „Dichotomous gender symbolism is very strong in Western Culture, so it is not surprising that when reserachers think about sex and gender, what they ’see‘ is difference.“
Mit dem ersten Teil stimme ich überein. Viele Feminismen reproduzieren bis heute Zweigeschlechtlichkeit, weil es eine übersichtliche Analyse ist, allerdings der wahren Komplexität unserer Gesellschaft kaum gerecht wird. Aber es gibt durchaus feministische Strömungen, die sich solch einer komplexen Analyse annehmen. So uneinig sind wir uns nicht, oder?
@Magda:
„Sprichst du von R.W. Connell? Dann ist deine Analyse von Connell’s Grundaussage nicht ganz richtig. Er sagt zwar, wie du richtig feststellst, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern viel größer sind als zwischen den Geschlechtern, aber er spricht ganz eindeutig von so etwas wie (ideologisch fundierter) universeller “Männlichkeit” und “Weiblichkeit”.“
(Das mit den Unterschieden hatte ich jetzt nicht von ihm)
Ideologisch fundiert mag sie ja sein, die Dichotomie. Nur: Wenn man das Ganze analysiert, dann sollte man nicht haargenau den gleichen Fehler machen.
Aber ich denke, da sind wir uns tatsächlich einig :)
@Magda:
„dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern viel größer sind als zwischen den Geschlechtern“
Hä??
@ Emily
sorry, ich meine, dass die Unterschiede zwischen Frauen (beziehungsweise Männern) größer sind als die Unterschiede zwischen Mann und Frau per se.
(das lösen die Amis irgendwie besser mit „between“ und „among“ ;-)
@Magda:
Hab ich mir gedacht, dass du das so meinst. Deckt sich dann nämlich mit dem, was ich so bisher gehört hab. Wollte trotzdem nur noch mal sichergehen.
ich muss gestehen, die erste folge hab ich nicht gesehn. aber ich hab letzte woche mal reingezappt, verzeiht mir, dass ich weder datum noch die entsprechenden kommentatorinnen reproduzieren kann.
es ging um hausarbeit. und ganz gegen meine erwartung kam sinngemaess der kommentar „mein mann buegelt seine hemden dann schon, wenn er sie braucht“. eine andere (von mir nicht identifizierbare) anwesende meinte dann, dass ihr mann immer staubsaugt, er macht das halt gerne. und eine dritte erklaerte etwas spaeter, dass sie nun mal nicht kochen kann und mag, macht ja nix.