Frauenverband Courage e.V. verliert Gemeinnützigkeit

Am 14. Dezember erhielt der Frauenverband Courage e.V. den Bescheid des Finanzamtes Wuppertal, dass rückwirkend ab 2010 die Gemeinnützigkeit entzogen wird. Das bedeutet für den Verband, dass Steuervergünstigungen zukünftig wegfallen und Nachforderungen gestellt werden (also Geld bezahlt werden muss). Außerdem können keine Spendenbescheinigungen mehr ausgestellt werden. Die sowieso schon immer schwierige Arbeit (und vor allem Finanzierung) eines feministischen Verbands wird also noch einmal verkompliziert.

Doch wie kam es überhaupt zu dem Entschluss des Finanzamtes? „Der Verein wurde im Verfassungsschutzbericht 2010 als Vereinigung erwähnt, bei der es belegbare Hinweise für eine Einstufung als extremistische Organisation gibt.“, zitiert der Verband den Bescheid. Der Verfassungsschutz entscheidet hier letzten Endes indirekt, welche Vereine als gemeinnützig gelten können und die damit einhergehenden Vorteile genießen. Und wie fast zu erwarten/befürchten, gerät da diesmal ein feministischer, linker Verband in den Blick. Das passiert wohl, wenn die Augen weitesgehend in eine Richtung (Tipp: es ist nicht nach rechts) blicken. Und wenn fragwürdige Extremismustheorien der gesamten Arbeit zugrunde liegen.

Courage e.V. hat angekündigt gegen den Bescheid vorzugehen. Ihr könnt sie dabei unterstützen, eurem Unmut Ausdruck verleihen und eine Öffentlichkeit schaffen. Bei change.org gibt es eine Petition zu unterzeichnen. Ihr könntet aber auch direkt an das Finanzamt Wuppertal schreiben, zum Beispiel über deren Kontaktformular. Es gibt dafür auch bereits ein Musterschreiben.

6 Kommentare zu „Frauenverband Courage e.V. verliert Gemeinnützigkeit

  1. Hm… so wichtig es ist, sich gegen die Verfassungsschutzklausel zur Wehr zu setzen, so möchte ich doch einige Punkte in dem Unterstützungsschreiben klarstellen, die mE irreführend formuliert sind. Das Unterstützungsschreiben erklärt zwar, dass Courage nicht die „MLPD-Frauenorganisation“ sei, faktisch aber gibt es zahlreiche personelle und ideologische Übereinstimmungen.
    – So haben zahlreiche der unter http://fvcourage.de/index.php?option=com_content&view=article&id=58&Itemid=61 genannten Kontaktpersonen in der Vergangenheit für die MLPD oder für Tarnlisten (meist unter der Bezeichnung AUF firmierend) kandidiert.
    – Courage ruft regelmäßig zu den Pfingstjugendtreffen der MLPD auf.
    – Courage wurde von Monika Gärtner-Engel, Mitglied im Zentralkomittee der MLPD gegründet.

    Persönlich erlebt habe ich, wie MLPD- und Courage-AktivistInnen Entrismus betrieben, z.B. die Montagsdemonstration für sich vereinnahmt haben, oder in einer Flüchtlings-Soligruppe zwar zunächst mitgewirkt, dann aber v.a. für die MLPD geworben haben. Ein Mädchenmannschafts-Artikel bzw. eine bei Indymedia veröffentlichte Presseerklärung berichten übrigens Ähnliches:
    http://maedchenmannschaft.net/courage_online_offline/
    http://de.indymedia.org/2005/01/104311.shtml

    Es ist also nicht „meine“ Variante von undogmatischem, emanzipatorischem Linkssein und Feminismus, die durch Courage propagiert wird. In meinem politischen Engagement lehne ich Bündnisse mit Courage bzw. der MLPD ab (allein schon wegen der Vorstellungen von politischer Freiheit, Staatsbegriff, Machtkonzeption), und würde allenfalls mit Einzelpersonen zusammenarbeiten. Solidarisch sein hinsichtlich der Verfasungsschutzklausel möchte ich trotzdem, denn Freiheit soll ja bekanntlich auch immer die Freiheit der Andersdenkenden sein.

  2. Schlagwörter wie „feministischer, linker Verband“ helfen oft nicht weiter, bzw sind doch sehr sehr allgemeine Schubladen. Ich würde empfehlen sich die Objekte der eigenen Solidarität etwas genauer zu betrachten. Eher unfreiwillig konnte ich dies zuletzt am Internationales Tag gegen Gewalt gegen Frauen tun, als der Frauenverband Courage e.V. einen Redebeitrag auf einer Kundgebung der Palästinensischen Gemeinde Wuppertal anlässlich der militärischen Auseinadersetzung im Herbst letzten Jahren in Israel und Gaza hielt.

    Ich zitiere dazu der einfachheithalber aus einem Bericht zu dieser Kundgebung:

    „Ein weiterer Höhepunkt waren die Grußworte des Frauenverbandes Courage e.V., die gerade von einer eigenen Kundgebung anlässlich des morgigen internationalen Tages gegen Gewalt gegen Frauen kamen. Sie waren sich nicht zu blöd sich solidarisch zu erklären, weil vor allem Frauen und Kinder unter der Situation in Gaza leideten. Schuld daran: Natürlich Israel. Wer sonst? Die Dreistigkeit mit der hier Gewalt gegen Frauen, die vor allem in der Familie stattfindet, im Falle der innerpalästinensischen Gesellschaft zugunsten einer Parteinahme gegen Israel übergangen wird, ist erschreckend. Über Frauen und Mädchen in Gaza zu reden ohne die islamistische, patriarchale Ideologie der Hamas in den Blick zu nehmen, ist eine Unverschämtheit erster Güte.“

    Leider zeigte sich hier wieder einmal die Regel, dass große Teile der deutschen Linken ausschließlich dann mit Palästinenser*innen solidarisch sind, wenn man die Schuld Israel zu schieben kann, aber keinesfalls bei Gewalt, die durch muslimisch, arabische Menschen oder Staaten ausgeübt wird – sei es im Gazastreifen oder in den Nachbarländern.

    Das die Rede auf der Kundgebung kein Einzelfall war zeigt die Homepage des Frauenverbandes Courage e.V.. Dort findet sich ein Interview mit einer „Frauen- und Friedensaktivistin in Palästina“. Mit etwas Zeit und Muse (die ich gerade nicht habe) könnte man mit Leichtigkeit jeden einzelnen Satz des Interviews als Propaganda auseinandernehmen. Ich greife nur kurz ein Beispiel heraus:
    Es geht um die Situation in Gaza; hier zu – und indirekt zur Legitimation der Gewalt gegen Israel sagt sie: „Das Problem ist doch, sie wollen nicht über die Wurzeln der Gewalt reden, und das ist die Besatzung. Der Teufelskreis der Gewalt hat einen Anfang und dieser Anfang heißt Besatzung!“ Nun ist aber Gaza seit 2005 „judenfrei“ – alle israelischen Dörfer und Militätposten wurden geräumt. Das trotzdem im Zusammenhang mit Gaza von Besatzung geredet wird, ist nicht überraschend. Es liegt daran, dass nach der herrscheden palästinensischen Ideologie die Existenz von Israel die Besatzung ausmacht – Es geht um die Befreiung „Groß-Palästinas“ – und somit die Vernichtung des jüdischen Staates Israel.

    Wie gesagt das Interview birgt noch viel mehr solch hübsche Propaganda.

  3. Ich tue mich schwer damit, einen Verband für „gemeinnützig“ zu halten, dessen tätiger Schwerpunkt darin besteht, Großereignisse der MLDP zu organisieren. Auch meine ich, dass die Kennzeichnung als „Vorfeldorganisation der MLDP“ weitgehend zutriff. Das war zunächst mein erster Eindruck.

    Andererseits lohnt es sich, die beiden organisatorischen Schwerpunkte von „Courage e.V.“ in den letzten Jahren genauer genauer anzuschauen. Sowohl der „Frauenpolitische Ratschlag“, als auch die Basisfrauen im Rahmen „Weltfrauenkonferenz“ sind schwerlich als Veranstaltungen zu begreifen, von denen eine Bedrohung der verfassungsmäßigen Ordnung bzw. unserer Demokratie ausgehen.

    Teil des dort vertretenden Spektrums ist ganz normale bürgerrechtliche Aktivität von Frauen (z.B. gegen Stuttgart 21), und nicht zuletzt ist es Arbeit für die Völkerverständigung (Anmerkung: eindeutig gemeinnützig), mit einem erkennbaren Schwerpunkt auf ein politisches Spektrum, das sich unter „demokratischer Sozialismus“ und „demokratisch kapitalismuskritisch“ wohl am besten fassen lässt. Es finden hier auch keine Planungen von gewalttätigen revolutionären Aktivitäten im Rahmen eines „demokratischen Zentralismus“ (d.h. kommunistische Kaderstruktur wie in Nordkorea oder innerhalb der MLDP) statt, sondern nicht zuletzt Tätigkeiten wie die internationale Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen!

    Zwar mag aus Sicht des Verfassungsschutzbehörde in NRW wirklich sehr bedauerlich sein, dass diese beiden Großveranstaltungen kein „Welttreffen der Karrierefrauen“ oder „Welttreffen der katholisch-konservativen Frauen“ waren, aber die vom Verfassungschutz NRW vertretene Auffassung, dass hier Tätigkeiten zum Sturz unserer Demokratie vorlagen, ist absolut lachhaft.

    Ich sehe sehr gute Aussichten für den „Frauenverband Courage“, erfolgreich gegen den Entscheid der Finanzbehörde vorgehen zu können.

    Und so seltsam es sein mag, wenn ein ganzer Frauenkongress zum Abschluss das vom Text her ganz nette MLDP-Lied „Wir rufen die Frauen aller Länder“ singt: Wenn solche Dinge schon aussreichen, um als „verfassungswidrig“ gekennzeichnet zu werden, dann verstößt mutmaßtlich jeder Mensch, der schon einmal gesungen hat, gegen „die Verfassung“.

    Liedtext:

    Frauen werden ausgebeutet, Frauen werden unterdrückt,
    überall auf dieser Erde, stets das gleiche Lied!
    Wenn wir uns zusammen schließen, um dagegen anzugeh’n,
    setzen wir ein Zeichen, wir machen nicht mehr mit!
    Wir rufen die Frauen aller Länder!
    Hand in Hand umspannen wir die Welt!
    Woll’n wir Frauen was verändern, gibt’s für uns nur eine Wahl:
    Frauen verbinden Welten, kämpfen international!

  4. Ich stimme Skepsis an dieser Stelle in allen Punkten zu. Auch wenn das Vorgehen des Verfassungschutzes (nicht nur in diesem Fall) mehr als abstrus und ablehnenswert ist, ist meiner Meinung nach trotzdem Vorsicht geboten, wenn die MLPD auftaucht.
    Parteirichtlinien wie „Unterordnung des Einzelnen unter die Partei“, „Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit“ und „Unterordnung der unteren Ebenen unter die höheren“ stoßen mir da sehr bitter auf.
    Schade, dass Courage gerade auch trotz der guten Arbeit, die sie leisten, mit der MLPD verstrickt sind.

  5. Vielen Dank für die Kommentare. Ich bin heute mehr eingebunden als gedacht und komme darum nicht zum ausführlich antworten. Als ich meinen Text geschrieben habe, wollte ich erst auch noch detaillierter auf den Verband eingehen, hab das dann aber auch nicht so gut hinbekommen (und mein Erschrecken darüber, welchen Einfluss der Verfassungsschutz hat und welche Vorstellungen ja auch beim Verfassungsschutz vorherrschen, blieb natürlich). Umso dankbarer bin ich für die detaillierte Ergänzung.

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