Njuscha Zhaaleh ist schubladenfeindlich, queer Poverty-Class Aktivistin, hat Gender_Studies und Soziologie in Bochum studiert. Zhaaleh kotzt über gender_, class_, race_ and ethnicity_ and all other_ forms intersektionaler Diskriminierung. Njuscha sagt Fotze, nicht Muschi.
Die Herstellung und Normsetzung des „männlichen“ Subjekts in Sprachhandlungen innerhalb eines patriarchalen Systems bedeutet Ausschluss und Nicht-Einbezug von Frauen_Lesben_Trans*_Inter* Personen. („Generisches Maskulinum“ – was auch immer das sein mag!).
Es ist eine im queer_feministischen Umfeld weithin akzeptierte These, dass „gesellschaftlichen Normierungen auch immer wieder re_produzier[t]“ werden und damit für „Ausschlüsse und Machthierarchien“ sorgen und diese verfestigen (Lann Hornscheidt: feministische w_orte, Brandes & Apsel, 2012, Seite 40).
Im geschriebenen Wort stehen verschiedene Möglichkeiten zur Diskussion. Das Binnen-I oder die Beidnennung von „männlichen“ und „weiblichen“ Anreden wurden zu Recht als Reproduktion binärer „Geschlechter“zuweisung kritisiert.
Der „gender_gap“, die Lücke zwischen der „weiblichen“ und der „männlichen“ Schablone ist reale Repräsentation jenseits binärer Geschlechterlogik und sinnvolle Vermeidung von patriarchaler Repression. Geschriebene Sprachhandlungen erhalten so einen neuen und befreiten Ausdruck. Sternchen hinter repressierenden Begriffen wie Mann* oder Frau* können das Aufbrechen dieser hegemonialen (Schein-)Logik unterstützen. Zwangszweigeschlechtlichkeit und Heteronormativität kann in der geschriebenen Sprache sinnvoll bekämpft werden. An jedem einzelnem verdammten Tag des verdammten Jahres!
Schwieriger hat es die gesprochene Sprache. Im feministischen Diskurs hat sich in den letzten Jahren das generische Femininum durchgesetzt. Das ist eine Möglichkeit.
Sinnvoller erscheint es ein in der Wirklichkeit existierendes „gender_gap“ auch in der gesprochenen Sprache sichtbar zu machen. Wie kann dies vonstatten gehen? Wie kann ein langer, kantiger Unterstrich oder ein Sternchen hörbar werden, damit Frauen_Lesben_Trans*_Inter* Personen nicht nur wie im geschrieben Wort sichtbar, sondern auch im gesprochenen Wort im wahrsten Sinne des Wortes hörbar werden?
Es folgt ein Vorschlag. Hebräische Sprache kennt ihn. Arabische Sprache kennt ihn. Hawaianische Sprache kennt ihn. Deutsche Sprache kennt ihn nicht [Nachtrag: Gemeint ist die geschriebene deutsche Sprache]: Den Glottisschlag. Besser bekannt als Kehlkopfverschlusslaut. Das hebräische Aleph, das arabische Hemza und das hawaianische Okina sind Beispiele. In ungeschulten Ohren mögen diese Knacklaute etwas unbequem klingen. Gerade gut genug um Systemkritik unbequeme sprachliche Realität werden zu lassen. Der „gender_gap“ könnte zum deutschen Aleph, Hemza, oder Okina werden. Überall dort, wo er in geschriebener Sprache auftaucht, könnte er als stimmloser Knacklaut sprachlich abgebildet werden.
Ein Beispiel für den Glottisschlag:
Ein Beitrag zum Diskurs über Sprache.
Danke für diesen Beitrag.
Aber im Deutschen gibt es doch auch einen Knacklaut, nämlich den vor Wörtern, die mit Vokalen anfangen. Ich meine [ʔ], zum Beispiel bei Apfel [ˈʔapfl̩]. Das ist doch auch ein glottaler Plosiv, also ein Glottisverschluss, oder?
LG Jasmin
*die mit anlautenden Vokalen anfangen, meinte ich
Danke für den schönen Vorschlag. Ich nutze den Glottisschlag ebenso wie viele Menschen aus meinem Umfeld schon eine Weile, allein schon um einen hörbaren Unterschied zwischen „Lehrerinnen“ und „Lehrer_innen“ zu machen.
Kleine Korrektur zum Text: Das die deutsche Sprache den Glottisschlag nicht kennt, stimmt leider nicht. Im Gegenteil: Dass die deutsche Sprache als „hart“ wahrgenommen wird, hat neben anderen Gründen u.a. damit zu tun, dass Vokale im Anlaut bei uns immer einen Glottisschlag bekommen (im Gegensatz bspw. zum Italienischen oder Russischen). – Wir schreiben ihn nur nicht.
Ich sehe das aber als einen Vorteil: Da wir den Glottisschlag ohnehin verwenden, müssen wir ihn nicht erst erlernen, sondern nur an neuer Stelle benutzen.
Das stimmt so meiner Meinung nach nicht. Der subglottale Plosiv wird in der deutschen Sprache nicht geschrieben, aber jedes Wort (und fast jede Silbe), die mit einem Vokal am Anfang geschrieben wird, bekommt ein Glottisschlag davor. ‚Apfel – ‚ab’arbeiten – ver’ärgern.
Ist es für die – begrüßenswerte – Intention des Artikels jetzt wirklich relevant, ob der_die Autor_in F***e statt Muschi sagt? Markiges Statement, mir ist auch klar, dass es dabei um eine symbolische Positionierung geht (die sich tatsächlich ausgerechnet in dieser Bezeichnungspraxis äußert?). Für mich aber ein Begriff, der Schmerzen bereitet und dahingehend bin ich ja sicherlich nicht die Einzige. Bißchen mehr Sprachsensibilität wäre angebracht. Klappt hier doch sonst auch immer gut.
Ansonsten: ja, mein Eindruck ist, dass viele Personen Gap und Sternchen so aussprechen. Mach ich selbst seit Jahren, scheint sich ziemlich rumgesprochen ;-) zu haben.
Danke für all eure Hinweise, liebe Kommentator_innen :)!
Die Autorin hat noch eine kurze Ergänzung im Text gemacht (siehe Nachtrag).
Ich mache einfach den Unterstrich hörbar, in dem ich eine mikro-Sekunde Pause einfüge. Bei Schüler_innen also z.B. das Innen so spreche, als sei es am Wortanfang. Also nicht „Schüler-rinnen“ sondern „Schüler Innen“, etwa.
Hallo!
Ich habe mir das inzwischen auch immer mehr in meinem 3d-Leben angewöhnt. Für viele Muttersprachler_innen ist es am einfachsten sich das als „eine kurze Lücke lassen“ zu merken. Den Glottisschluss können wir zwar sprechen, aber nicht als bewusst wahrgenommenes Phonem.
Mit den Sternen hinter bestimmten gegenderten Wörtern („Mann*“, „Frau*“ etc.) ist es gesprochen schwerer. Klar ginge auch hier ein Glottisschluss, der aber dann in einer deutlich ungewohnteren Position ist – also schwerer zu sprechen und auch herauszuhören.
Allerdings habe ich mit dieser Schreib- und Sprechpraxis *im letzteren Kontext* etwas meine Probleme. Denn das „Mann*“ bzw. „Frau*“ usw. wird oft nicht definiert, wofür der Stern hier gerade steht.
a) Für ausdrückliche Inklusion (also z.B. alle, die Mann *sind* egal wie sie gelesen werden oder früher zugewiesen wurden – ggf. auch alle non-binary, die *teilweise* Mann sind)?
b) Für Lesart (also z.B. „Frau*“ = Frauisierte)?
c) Für die Konstruiertheit der Kategorien?
Zumindest die Verwendung b ist auch problematisch, weil sie faktisch dann doch Misgendering reproduziert („Mann*“ auch wenn es z.B. um eine trans Frau oder eine_n nichtbinäre_n Person_Menschen geht, wo „Mann“ misgendering darstellt).