Es ist immer wieder gut, festzustellen, dass wir nicht alleine sind. Überall auf der Welt basteln Frauen an ihrem feministischen Output. Grrrl Zines sind dabei nur ein Bestandteil der Do-It-Yourself-Kultur und mit Verbreitung des Internet auch eine großartige Gelegenheit, Schere und Klebstoff online zu verwenden.
Die Frauen vom Wiener Projekt fiber. werkstoff für feminismus und popkultur, geben seit 2002 nicht nur ihr Magazin fiber heraus. Sie organisieren Kulturveranstaltungen, unter anderem das rampenfiber-Festival und zeigen online Präsenz.
Als ihr erklärtes Ziel nennen die Macherinnen die kritische Auseinandersetzung mit Dominanzkulturen und Machverhältnissen durch Sichtbarmachung des Verborgenen oder des an den Rand-Gedrängten. Die Populärkultur ist ihr Terrain; die darin transportierten Werte hinterfragt fiber. und bemüht sich um Entwürfe neuer Bedeutungsmuster:
Selbstbehauptende und selbstbewusste Weiblichkeitskonzepte, die herkömmliche Geschlechterkonzeptionen unterwandern, sollen fokussiert und bewusst gestärkt werden. Wir verstehen Feminismus als umfassende Lebensweise und Praxis.
Als Printmagazin erscheint fiber. zweimal jährlich mit einem bestimmten Themenschwerpunkt, neben diversen anderen Features, Interviews und Rezensionen. Über den Themenschwerpunkt entscheidet das Kollektiv – wie überhaupt fiber. großen Wert legt auf die Einbeziehung und Berücksichtigung zahlreicher Personen für die Produktion. Im Interview mit der Mädchenmannschaft erzählen die MacherInnen, wie ihre Hefte entstehen:
Aufgebaut sind wir als basisdemokratisches Redaktionskollektiv mit aktuell neun Personen plus drei Gestalter_innen. Nach der Themenfindung im Redaktionskollektiv wird ein Call über verschiedene Mailinglisten geschickt und aus dem, was dann eingesandt wird, entsteht dann die neue fiber. Wichtig und besonders an der fiber ist also, dass es nicht nur Beiträge der Personen aus dem Redaktionskollektiv gibt, sondern dass viele, immer wieder verschiedene Personen in Form von Artikeln und Bildbeiträgen an den Inhalten und dem Aussehen des Magazins beteiligt sind.
Den Rest des Interviews, die neue fiber mit dem Schwerpunkt „dazwischen“ und mögliche Weihnachtsgeschenke, lest ihr nach dem Klick
Wen wollt ihr ansprechen und seid ihr manchmal selbst überrascht, wer euch alles liest?
Grundsätzlich wollen wir alle ansprechen, die sich abseits vom Mainstream für feministische, popkulturelle Themen interessieren. Richtig überrascht sind wir von unserem Publikum bisher noch nicht geworden, was uns aber schon freut ist, wenn z.B. ein Vater für seine Tochter ein Abo bestellt mit der Begründung, dass er unbedingt findet, dass sie ein Magazin wie unseres lesen sollte.
In eurer Eigendarstellung sprecht ihr es an: Es ist uns bewusst, dass die aufgezählten Bereiche für die Lebenspraxis der Betroffenen unterschiedlich relevant sind und eine Aufzählung von Unterdrückungskategorien nicht vollständig sein kann und auch hier lückenhaft erscheint.
Ja, das ist eine auf Erfahrung beruhende Einstellung – sowohl praktisch, was die eigene Erfahrung im Alltag angeht, als auch theoretisch in Form von eigener/anderer wissenschaftlicher Arbeiten dazu. Un ja da stößt man_frau sehr schnell an Grenzen. In mehrerer Hinsicht. Aber gerade, dass die fiber nicht nur unsere eigenen Erfahrungen und Meinungen transportiert, sondern aus der vieler verschiedener Personen mit ihren eigenen Erfahrungen und Perspektiven, macht es so spannend. Letztendlich gibt es das Magazin auch deswegen, um gegen solche Grenzen, auch die eigenen, anzurennen und sie brüchig werden zu lassen.
Ihr konzentriert euch aber nicht nur aufs Publizieren, sondern organisiert auch Festival und Kulturevents.
Wichtig is uns, dass in Wien queerfeministische Räume schaffen und auch längerfristig etablieren kann und wir dort auch den Künstler_innen eine Bühne bieten, die Aufgrund des Formates nicht über das Printmedium sichtbar gemacht werden können. Zusätzlich geht es auch immer um Netzwerken, Diskussionen, Lesungen aus der neuen Ausgabe, Workshops – und feiern selbstverständlich auch.
Welche Rolle spielt der D.I.Y.-Gedanke?
Der spielt bei uns schon deshalb eine relativ zentrale Rolle, weil wir alle keine ausgebildeten Journalist_innen oder Ähnliches sind. Wir erwarten uns auch von den Beitragenden keine „Professionalität“ und wollen, wie auch bei den Veranstaltungen, Menschen und ihre Perspektiven sichtbar machen, die woanders aufgrund von Professionsnormen oder ähnlichem an Grenzen stoßen.
Ähnlich versucht ja auch das Missy Magazine seit vergangenem Jahr in Deutschland die Popkultur feministisch neu zu lesen. Habt ihr das Gefühl, dass Gender und Feminismus dadurch zunehmend in den Mittelpunkt öffentlicher Wahrnehmung gelangen?
Wir sehen schon, dass Gender und Feminismus – zum Glück! – vermehrt auch in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Das ist aber sicherlich nicht nur auf einzelne Magazine zurückzuführen. Obwohl es davon nicht genug geben kann.
Welche Reaktionen – positiv wie negativ – auf fiber habt ihr selber im Verlauf der vergangenen Jahre erfahren?
Unsere Veranstaltungen sind immer besser frequentiert, beim letzten rampenfiber waren sehr viele Leute da, was uns auch sehr gefreut hat. Und auch außerhalb von Österreich sind wir immer mehr im Gespräch. Sonst sind die Reaktionen meistens auf die Themenschwerpunkte bezogen und können damit, je nach Thema, sehr unterschiedlich ausfallen.
Noch kurz, was erwartet uns in der neuen fiber? Schwerpunkt ist, glaube ich, „Dazwischen…“?
Die aktuelle fiber setzt sich mit dem Thema „Mannschaft“ und damit mit sehr klar benennbaren Fronten auseinander, die stets einem binären Schema folgen: Frauen*, Männer*, links, rechts, und so weiter. Die ‚Realität’ hatte uns damals eingeholt, der Wut über hegemoniale und heteronormative Machtstrukturen und deren Verschärfungen wollte Raum gegeben werden. In der kommenden fiber wollen wir uns diesen Sicherheiten entziehen und uns das anschauen, was sich jenseits von klaren Benennbarkeiten vollzieht und doch nicht ohne Benennungen auskommt. In der Diskussion zur neuen Ausgabe sind wir immer wieder auf eines zurück gekommen: DAZWISCHEN. Als ein Zustand, als ein Raum, als eine Praxis. Dazu wird es einerseits viele Beiträge zum rampenfiber-Festival geben und Beiträge zu „dazwischen“ wie einen Bericht vom ersten Queer-Festival in St. Petersburg oder einen Artikel über Hierarchiebildungen in Trans*Szenen. Und noch stärker als in den letzten Ausgaben viele Illustrationen, Fotografien und Grafiken.
Die neue fiber. erscheint in den kommenden Wochen. Das Heft ist an ausgesuchten Stellen erhältlich oder im Internet. Dort auch als Abo bestellbar und wer noch ein Weihnachtsgeschenk sucht oder jemandem sonst eine Freude machen will, der schickt schnell eine Email an abo{at}fibrig.net und bestellt ein fiber-Abo.