Salut aus Brüssel,
dieses Mal übernehme ich für die Kolumne in Ansätzen unsere Pressemitteilung, die wir vor zwei Wochen angesichts der Forderung nach mehr Frauen in den Vorständen und einer verbindlichen Frauenquoten formuliert haben.
Hintergrund war, dass das Europaparlament den Bericht „Frauen und Unternehmensleitung“ angenommen hat und darin die Wirtschaft auffordert, den Anteil von Frauen in Vorstandsgremien zu erhöhen oder verbindliche Quoten zu akzeptieren. Dazu lautete meine Erklärung:
Wir nehmen es nicht länger hin, dass gerade einmal 12 Prozent der Vorstände und 3 Prozent der Führungskräfte weiblich sind. Die Wirtschaft muss sich endlich von ihren Altherren-Clubs verabschieden. Sollten bis 2012 nicht spürbar mehr Frauen in Führungsgremien sitzen, brauchen wir verbindliche Quoten. Die Wirtschaft verliert sonst weiter Potential und der Staat viel Geld, das er in die Ausbildung von Frauen investiert, die es dann nicht in Spitzenpositionen schaffen. Einige Länder haben das längst erkannt, allen voran Norwegen und Frankreich, seit kurzem gehört auch Belgien dazu. Die Selbstverpflichtung der deutschen Wirtschaft zeigt seit zehn Jahren kaum Ergebnisse. Ohne gesetzliche Quote wird sich in deutschen Unternehmen nichts bewegen. Es wird Zeit, dass Brüssel handelt.
Es ist also einiges in Bewegung und ich werde euch auf dem Laufenden halten, wie es weitergeht. Bis dahin einen sommerliche Gruß!
Eure Franziska
Ich kann nur empfehlen, dieses Engagement voranzutreiben. Ich habe in Gesprächen versucht, das Thema „Diversity Management“ anzuschneiden bzw. anzubringen. Selbst die, die es in ihrer eigenen Agenda aufgenommen haben, sind dann doch eher sehr verhalten und bekunden „freundliches Interesse“. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass es trotz guter Absichtserklärungen traditionsverwurzelte Vorbehalte gibt.
Die Quote ist darüberhinaus ein wirksames Instrument, speziell das Wertesystem der Top-Etagen einzugreifen. Mittlerweile m.E. das letzte Mittel, in Machtverhältnisse einzuwirken. Denn der Einfluß und die Verstrickungen der Konzerne sind so groß, dass hierzulande die Politik in vielen Bereichen nur noch abnickend einknicken kann.
Ein kleines Beispiel am Rande:
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/10/0,3672,8239754,00.html
Die deutsche Automobilindustrie erwirtschaftet Milliarden:
http://www.faz.net/artikel/C30738/6-5-milliarden-euro-volkswagen-verdreifacht-seinen-gewinn-30474926.html
Ähnlich verhält es sich mit dem Fachkräftemangel-Chor.
Und die Ackermann-Story ist ein weiterer Beweis dafür, was der Corporate Governance Kodex in der Praxis wert ist:
http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/rechtliche-zweifel-an-ackermann-wechsel/4443060.html
Mit entsprechenden wirkungslosen Aussagen wie:
„Der Vorsitzende der Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach, forderte Konsequenzen für die gesamte deutsche Wirtschaft aus dem beabsichtigten Ackermann-Wechsel. „Am besten wäre es, es gäbe eine ernstzunehmende Selbstverpflichtung der Unternehmen..“. Man fragt sich, ob die überhaupt wissen wovon die reden.
Lediglich ein kompetenter Satz ist zu lesen:
„Denn grundsätzlich widerspricht solch eine Rochade den Richtlinien für gute Unternehmensführung („Corporate Governance Kodex“).“
Fazit: Eine EU-Zwangsverordnung muß her mit der Maßgabe „Umsetzen in nationales Recht bis…sonst…“. Alles wird wieder nur ein Weitermachen nach willkürlichem Gutdünken mit anschließendem Kasperletheater und Scheininszenierungen.