Über die Interview-Reihe mit den europäischen Kommissarinnen berichteten wir bereits – die Interviews mit den letzten drei Damen gestalten sich allerdings schwierig. Bisher vertrösteten die Pressestellen Prune Antoine nur oder reagierten gar nicht. Mit dem Weggang Margot Wallströms seien nun auch die Bemühungen der Kommission, direkten Kontakt mit den EU-Bürger_innen herzustellen, weitestgehend eingeschlafen. Wallström betrieb sogar einen eigenen Blog, der inzwischen leider nicht mehr erreichbar ist.
Zum Glück haben aber die meisten Kommissarinnen geantwortet. Da die Interviews auf Englisch oder Französisch sind, hier die nächste Übersetzung, von Julien Frisch.
„Ich glaube nicht, dass Brüssel mehr ‚macho‘ ist als Bordeaux, Berlin, Bratislava oder Birmingham!”
Im zweiten Teil ihrer Serie „Komische Frauen” interviewte Prune Antoine Máire Geoghegan-Quinn – 59 Jahre, waschechte Irin, gelernte Grundschullehrerin und EU-Kommissarin für Forschung, Innovation und Wissenschaft.
Spielt die Tatsache, dass Sie eine Frau sind, eine Rolle bei ihrer täglichen Arbeit als Kommissarin? Wenn ja, wie?
Natürlich sind Männer und Frauen unterschiedlich – daher ja, es spielt eine Rolle. Ich denke, dass Frauen besser darin sind, ihre eigene Position vehement zu verteidigen und gleichzeitig weiterhin gut zusammenzuarbeiten. Das ist auch mein Ansatz, denn in Europa kann man alleine nichts erreichen. Frauen sind auch gut im Multi-Tasking – sie können eine Menge Sachen gleichzeitig machen und ihre Zeit effektiv organisieren: Viele von uns müssen ja in der Tat sehr anspruchsvolle Jobs mit den Ansprüchen von kleinen Kindern zusammenbringen. Aber man kann das auch nicht verallgemeinern – ich habe gut mit vielen männlichen Politikern zusammengearbeitet, und die waren nicht alle Machos!
Mit nur 9 weiblichen EU-Kommissaren ist die Gleichheit von Männern und Frauen in der zweiten Barroso-Kommission nicht erreicht worden. Warum? Wie ist es möglich, dass es nur so wenige Frauen in die höchsten EU-Jobs schaffen?
In dieser Kommission gibt es mehr Frauen als in der vorherigen. Präsident Barroso hat dafür gekämpft und er setzt sich persönlich stark für Chancengleichheit auf allen Ebenen ein. Die Kommission war auch erfolgreich darin, Frauen für höhere Leitungsebenen zu gewinnen. Ich glaube, dass das bestehende Ungleichgewicht einfach die Tatsache widerspiegelt, dass es in Europa und im Rest der Welt noch eine Menge Fortschritt in Hinblick auf die Chancengleichheit von Frauen geben muss. Das gilt für die ganze Gesellschaft, nicht nur für die Politik.
Glauben Sie, dass man die EU-Institutionen als „macho” bezeichnen könnte? Hatten Sie Probleme in Ihrer Karriere, sich durchzusetzen?
Ich bin ziemlich gut darin, mich durchzusetzen, sonst hätte ich keine 22 Jahre in der Politik überlebt! Aber man muss dafür nicht rumbrüllen und mit den Füßen stampfen oder noch mehr ein Macho sein als die Männer. Klar gibt es in den EU-Institutionen – wie überall – bestimmte Hürden für Frauen. Arbeitszeiten, Glasdächer usw. Aber ich glaube nicht, dass Brüssel mehr ‚macho‘ ist als Bordeaux, Berlin, Bratislava oder Birmingham.
Wenn Sie etwas an der EU ändern könnten, was wäre das?
Ich bin überzeugt, dass ich etwas verändern kann! Wie brauchen mehr Frauen in der Wissenschaft und ich bin in der Position dies voranzutreiben. Ganz allgemein hoffe ich, dass ich in den fünf Jahren hier dazu beigetragen werde, dass wir in Europa eine Innovations-Kultur entwickeln und etwas schaffen, dass ich „i-conomy” genannt habe. Ich werde aber nur Fortschritte erzielen, wenn ich mit vielen anderen zusammenarbeite, sowohl Frauen als auch Männer – also mit Kommissionskollegen, EU-Abgeordneten, Wissenschaftlern, Führungskräften aus der Wirtschaft – und auch, indem ich ganz normalen Europäern zuhöre. Aber zusammen können wir einen Unterschied machen, davon bin ich überzeugt.
Könnten Sie Europa in 3 Worten definieren?
Frieden, Wohlstand, Vielfalt.
hier ein schönes video mit Abgeordneten, die für mehr EU Kommissarinnen demonstrieren