Differenz, Dekonstruktion oder Gleichheit?

Welche der drei wesentlichen Paradigmen der Frauen- und Geschlechterforschung können substanzielle Chancengleichheit garantieren und verwirklichen? Wie funktionieren die drei Konzepte in ihrer praktischen Umsetzung? Wo liegen Stärken und Schwächen der Konzepte und wo schlagen sie sich in aktuellen Gleichstellungspolitiken nieder?

Gudrun-Axeli Knapp* versucht in ihrem Text „Gleichheit, Differenz, Dekonstruktion: Vom Nutzen theoretischer Ansätze der Frauen- und Geschlechterforschung für die Praxis“ Antworten auf diese Fragen zu finden, und kommt zunächst zu sehr nüchternen Ergebnissen: Noch immer dienen Erfahrungswissen und pragmatische Herangehensweisen als Grundlage von Gleichstellungspolitik für Frauen und Männer. Zu selten, und wenn überhaupt stark verkürzt, wird auf fundiertes Wissen der Frauen- und Geschlechterforschung bei der Gleichstellungsarbeit zurückgegriffen. Das führt nicht selten dazu, dass Gleichstellungspolitik in einer Sackgasse landet, nicht zielführend ist und zum Teil das Gegenteil erreicht: Eine Festschreibung von Geschlechterdifferenzen.

Sie plädiert für eine „theoretisch reflektierte Praxis“, die Wissenschaft und Politik nicht einander entgegenstellt, sondern beide als einander inkludierende und interdependente Vorgehensweisen betrachtet. Dabei genügt es nicht, aktuelle Erkenntnisse der Wissenschaft für Gleichstellungsarbeit zu operationalisieren: Für Knapp sind Erkenntnisse der Frauen- und Geschlechterforschung keine starren Patentrezepte für die Umsetzung von Chancengleichheit und Gleichbehandlung.

Diese können je nach Kontext, in den sie eingebettet sind, variieren und je nach (Anwendungs-)erfahrung und Betrachtungsweise eine gewisse Eigendynamik entwickeln. Auch Geschlechter- verhältnisse sind immer wieder im Wandel begriffen und Differenzen zwischen den Geschlechtern historisch gewachsen. Und können sich trotzdem in verschiedenen Gesellschaften und Gruppen unterschiedlich repräsentieren. Praxiserfahrungen von Gleichstellungspolitiken und wissenschaftliche Erkenntnisse beziehen sich also wechselseitig aufeinander, während sie sich selbst verändern und verändert werden.

Kritik äußert Knapp auch an der Tatsache, dass die Konzepte um Gleichheit, Differenz und Dekonstruktion selbst gegeneinander ausgespielt wurden und werden, indem sie als konkurrierend und unvereinbar zueinander konstruiert werden. Dies hat zur Folge, dass die Konzepte in den diversen Gleichstellungspolitiken ausschließlich und nicht gemeinsam verhandelt und umgesetzt werden. Als erschwerend und bremsend für eine effiziente Gleichstellungspolitik kommt für Knapp hinzu, dass Gleichstellungskonzepte selbst negativ besetzt und umgedeutet werden.

Sie verlieren so ihren Gleichstellungscharakter für die breite Öffentlichkeit, büßen an Akzeptanz ein und werden am Ende als Perpetuierung einer Geschlechterdifferenz angesehen, statt Hilfestellung und Motor für eine Aufweichung dieser. Sie skizziert das am Beispiel der Frauenförderung, die nach wie vor als Förderkatalog für Frauen angesehen wird, die Männer und strukturelle Gegebenheiten nicht in den Blick nimmt und Frauen als defizitäre Gruppe imaginiert, statt als „kritisches Korrektiv“ für „unausgewogene Verhältnisse und institutionelle Gewohnheiten, die Diskriminierung produzieren.“

Obwohl Knapp im weiteren Verlauf des Textes die Konzepte von Gleichheit, Differenz und Dekonstruktion nachvollziehbar und verständlich erklärt, deren Wirksamkeit und praktische Umsetzung, sowie bisherige theoretische Ansätze kritisch hinterfragt, wird dennoch deutlich, dass sie selbst einen verkürzten Blick auf mögliche und bereits praktizierte Konzepte von Gleichstellungspolitik einnimmt. Sie behandelt Gleichheit, Differenz und Dekonstruktion lediglich im Kontext von Frauenförderung und zeigt auf, inwiefern sich die drei theoretischen Paradigma in diesem Feld aufeinander beziehen, einander bedingen und beeinflussen. Neuere Ansätze wie Gender Mainstreaming, Managing Diversity sowie punktuelle Gleichstellungsansätze in Organisationen oder normative Gleichstellung qua Rechtssetzung durch Gleichbehandlungsgebote und Diskriminierungsverbote finden sich im Text von Knapp nicht wieder.

Zwar spricht sie am Beispiel von Gleichheitsansätzen auch von einer Politik der Antidiskriminierung, erwähnt aber die normativen Regelungen, die Gesetze bieten, nicht explizit. Der rechtliche Rahmen für Gleichstellung und Gleichstellungspolitiken bleibt somit außen vor und damit auch eine Betrachtung dessen unter den Gesichtspunkten von Differenz, Dekonstruktion und Gleichheit. RechtswissenschaftlerInnen wie Susanne Baer oder Beate Rudolf haben bereits an vielen Stellen auf die Notwendigkeit einer Einbeziehung feministischer Betrachtungsweisen auf verschiedene Rechtskontexte und die rechtswissenschaftliche Spiegelung von Frauen- und Geschlechterforschung hingewiesen.

Bemerkenswert beim Text von Knapp ist ebenfalls, dass sie die Bedeutung von Männern in der Gleichstellungsarbeit nicht berücksichtigt. Der Fokus liegt klar auf der Gruppe der Frauen, worunter Knapps Argumentation zwar nicht leidet, weil keine festgelegte Rollenstereotype und die typische „Defizit-Argumentation“ bedient werden. Dennoch ist zu konstatieren, dass die Zielgruppe von Gleichstellung nicht ausschließlich Frauen sein sollten. Eine Enthierarchisierung von Geschlechterverhältnissen kann nicht allein dadurch erreicht werden, dass Benachteiligungen von Frauen und strukturelle Asymmetrien zwischen den Geschlechtern aufgehoben werden, ohne dass Männer zeitgleich an diesem Prozess mitwirken (können), ihr Rollenbild und ihre Vergesellschaftung auch von ihnen selbst hinterfragt wird und dadurch verändert werden kann.

Letztlich bleibt auch die Frage offen, ob eine Enthierarchisierung von Geschlechterverhältnissen substanzielle Chancengleichheit und Gleichstellung im Sinne von Gewährleistung gleicher Partizipationschancen zwischen den Geschlechtern erreichen kann. Gerade deshalb und trotz der eingeschränkten Sichtweise Knapps, ist der Ausblick am Ende des Textes von besonderer Bedeutung, in dem sie auf intersektionale Zusammenhänge im Geschlechterverhältnis hinweist und für eine paradigmatische Erweiterung der Frauen- und Geschlechterforschung plädiert. Ein intersektionaler Blick auf Gleichstellungspolitiken und das Verhältnis von Geschlecht sowie seine Repräsentation, stellen für Knapp die notwendige Dimension dar, um Praxen der Gleichstellung zu spezifizieren und bisherige Betrachtungsweisen mit den Konzepten Gleichheit, Differenz und Konstruktion aus ihren Schranken zu holen.

Insofern leistet der Text von Knapp einen wichtigen Beitrag zur einer verstärkten theoretischen Reflektion praktizierter Gleichstellungspolitiken und -instrumente einerseits , bei einer gleichzeitigen kritischen Hinterfragung des Genderdiskurses andererseits und verbindet damit Theorie- und Praxisebene im Kontext Gender und Diversity.

*Gudrun-Axeli Knapp ist seit 1990 Professorin am Psychologischen Institut der Unversität Hannover. Ihre dortigen Arbeitsschwerpunkte sind feministische Theorie und Methodologie, Geschlechterdifferenzen und -verhältnisse. Darüber hinaus forscht zusammen mit der Gesellschaftstheoretikerin Cornelia Klinger seit mehreren Jahren zu Intersektionalität und Ungleichheit. Die Publikationen „Achsen der Ungleichheit – Achsen der Differenz“ und „Über-Kreuzungen“ zählen zu den Standardwerken der Intersektionalitätstheorie im deutschsprachigen Raum.

Der Text von Gudrun-Axeli Knapp erschien zuletzt 2008 in „Chancengleichheit durch Personalpolitik“ von Gertraude Krell und ist als Einzel-PDF im Netz leider nicht mehr frei verfügbar.

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32 Kommentare zu „Differenz, Dekonstruktion oder Gleichheit?

  1. Ich finde es schön, wenn hier im Blog der Mädchenmannschaft auch ein bisschen „Uni-Theorie“ zum Thema gemacht wird, Danke!

    Den Text von Gudrun Axeli-Knapp kenne ich nicht, deshalb muss sich meine Kritik daran hier auf diese Wiedergabe stützen. Aber ich finde den Vorwurf des Uni-Feminismus an die Praktikerinnen aus der Gleichstellungsarbeit, sie würden zu wenig Theorie einbeziehen, etwas merkwürdig. Meiner Erfahrung nach ist die Ursache, warum feministisch-akademische Theoriearbeit und praktische Frauen-, Gender- und Gleichstellungspolitik in den letzten 20, 30 Jahren sehr auseinander gedriftet sind, eher darin zu suchen, dass sich der akademische Diskurs sehr selbstgenügsam war.

    Die Akademikerinnen haben sich viel zu wenig darum bemüht, ihre Ergebnisse in einer verständlichen, alltagsrelevanten Sprache zu vermitteln. Das wäre aber m.E. ihre Aufgabe. Von Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten, die angesichts von Effizienzsteigerun und Sparzwängen unter hoher Arbeitsbelastung stehen und – im Vergleich zu Uniprofessorinnen – wenig verdienen, kann man kaum erwarten, dass sie sich mit diesem akademischen Jargon vertraut machen und die komplizierten Texte der Wissenschaftlerinnen (in ihrer Freizeit) lesen.

    Wo ist denn die Wissenschaftlerin, die bloggt, die twittert, um ihre (von unseren Steuern bezahlten) wissenschaftlichen Erkenntnisse jenseits eines akademischen Fachpublikums bekannt zu machen und zu vermitteln? Die hier in der Mädchenmannschaft kommentiert und von ihren Forschungen erzählt? Dafür fühlen sich die meisten Wissenschaftlerinnen nicht zuständig. Dafür haben sie keine Zeit. Aber diese falsche Prioritätensetzung (und letztlich ist es Arroganz) ist ist aber ein altes, wie ich finde patriarchales Verständnis von Wissenschaft.

    Eine befreundete feministische Verlegerin etwa, die urprünglich mal genau mit diesem Ziel angetreten war, feministische akademische Forschung breiter bekannt zu machen, klagt schon lange darüber, dass die meisten Uni-Wissenschaftlerinnen überhaupt kein Interesse an intensivem Lektorat haben. Ihnen sei es nicht wirklich wichtig, verständlich für ein breites Publikum zu schreiben, sondern es gehe nur darum, einen weiteren Titel mehr auf der PUblikationsliste stehen zu haben.

    Ich werde sehr häufig von Gleichstellungsbeauftragten zu Veranstaltungen und Vorträgen eingeladen. Ich kann sagen, dass sich die meisten von ihnen sehr wohl mit feministischer Theorie beschäftigen (wobei die Bandbreite sehr groß ist und von DER Gleichstellungsbeauftragten schlechthin nicht die Rede sein kann) und dafür interessieren. Sie finden aber das Gros dessen, was aus den deutschen Universitäten dazu kommt, entweder praxisfern oder unverständlich geschrieben. Und nicht ohne Grund.

  2. Liebe Antje,

    danke für die Einblicke in deine Erfahrungswelt.

    Tatsächlich ist es so, wie du sagst, aber eben auch wieder anders. Es liegt nicht nur an der Arroganz einiger WissenschaftlerInnen, sondern in meinen Augen in erster Linie an vorhandenen Strukturen. Noch immer haben Gender Studies in der deutschen Wissenschaftslandschaft keinen guten Stand: http://www.freitag.de/1013-k-l-eine-unterschiede/, was u.a. dazu führt, dass es an allen Ecken und Enden fehlt, vor allen Dingen an Personal. Ich kann das für meinen Studiengang bestätigen. Ist aber zum Teil nicht nur den Vorurteilen geschuldet, sondern dem aktuellen Hochschulsystem ganz allgemein. Diese Theorieferne ist ja auch in anderen Kontexten zu beobachten.

    Ich verstehe deine Kritik und teile sie. Andererseits ist mir auch schon aufgefallen, dass deutsche Gleichstellungspolitik sehr stark begrenzt ist und in vielen Teilen Frauenförderpolitik macht, statt Gender Mainstreaming oder Diversity-Ansätze zu verfolgen. Und in der Politik, wo solche Bestimmungen geplant und umgesetzt werden sollen, kann mir niemand weiß machen, es würde keinen Austausch mit der Wissenschaft geben und die Theorien wären zu unverständlich. Auch hier sehe ich eher wieder Strukturen als Individuen als Bremser.

    Die Frage ist für mich: will die Praxis wirklich sinnvolle Gleichstellungsarbeit machen, die theoretisch reflektiert ist oder will man das umsetzen, was man irgendwie noch mit seinen festgefahrenen Stereotypen im Kopf halbwegs gendertechnisch auf die Reihe kriegt? Wer versteht was unter Gleichstellungsarbeit? Wer sitzt in den Entscheidungspositionen? Wer will mit wem reden oder nicht und warum oder warum nicht?

    Ich sehe mehrere Aspekte, die dazu führen, dass Praxis und Theorie nicht wirklich vereinbar sind, momentan. Ich wundere mich täglich über das urzeitliche Wissen, das noch immer Diskurse und Politik bestimmt, obwohl die Ressourcen vielfältig sind. Und trotzdem glaube ich wie du, dass Wissenschaft aus der Selbstgenügsamkeit heraustreten muss. Schaden kann es auf jeden Fall nicht.

    Viele Grüße

  3. @Nadine – klar, da hast du völlig recht, es ist kein spezielles Problem von Gender Studies, sondern eines der Universitäten überhaupt. Wahrscheinlich ist es in den meisten anderen Fächern sogar noch schlimmer. Allerdings würde ich von Wissenschaftlerinnen, die einen feministischen Impuls haben (wollen) doch erwarten, dass sie diese vorgegebenen Strukturen auch versuchen, zu unterlaufen. Wer, wenn nicht die immer noch – im Verhältnis zu anderen Berufsgruppen – gut abgesicherten Uni-Professorinnen sollten das denn machen?

    Und: Die Kritik vieler Gleichstellungsbeauftragten (und früheren Frauenbeauftragten) an der Politik des Gender Mainstreaming ist durchaus ernst zu nehmen und kommt aus der Praxis heraus. Wenn das „Gender“-Argument zum Beispiel benutzt wird, um Geld aus Frauenprojekten abzuziehen oder explizit feministische Ziele aus der Agenda zu streichen mit dem Argument „jetzt müssen die Männer auch mal wieder gefördert werden“. Ihnen hilft es dann nichts, zu sagen, dass „Frauenförderpolitik“ theoretisch überholt ist, denn in der Praxis ist es eben (aus historischen Gründen) dieses Label, unter dem dissidente, systemkritische Projekte von Frauen am Leben gehalten werden. Und wie wir aus der Männerrechtler-Szene wissen, gibt es starke Kräfte, die feministische, von Frauen getragene Initiativen am liebsten weg hätten mit dem Argument, das sei doch alles nicht mehr „zeitgemäß“. Für viele Frauenprojekte in den letzten zwei Jahrzehnten hat das das Aus bedeutet (was ich persönlich nicht immer nur schlimm finde, weil ich aus ganz anderen Gründen skeptisch bin, wenn feministische Projekte sich von staatlicher Finanzierung abhängig machen. Ich wollte nur sagen, dass in der Praxis das Problem nicht ein Theoriedefizit der Gleichstellungsbeauftragten ist, sondern ein politischer Kontext, in dem Argumente, die in der Wissenschaft plausibel sein mögen, instrumentell verwendet werden, um Machtpolitik zu treiben).

  4. Ihnen sei es nicht wirklich wichtig, verständlich für ein breites Publikum zu schreiben, sondern es gehe nur darum, einen weiteren Titel mehr auf der PUblikationsliste stehen zu haben.

    Das ist in allen Wissenschaftsdisziplinen so. Die Karriere von Wissenschaftlern hängt davon ab, wieviel sie publizieren. „Publish or perish!“ („Veröffentlichen oder untergehen!“), nennt man das. Die Anzahl der Publikationen ist ein Maßstab des Erfolgs. Jungwissenschaftler bekommen nur befristete Arbeitsverträge und müssen sich ständig neu bewerben. Zudem müssen beständig Drittmittel eingeworben werden. Da ist es wichtig, möglichst viele Publikationen vorweisen zu können. Hinzu kommt ein steigender Konformitätsdruck, denn Publikationen werden in der Regel begutachtet. Wissenschaftler, die sich eine gute Stellung erworben haben, überwinden diese Hürde, indem sie den Gutachter systematisch mit komplexer und fachterminiüberfrachteter Argumentation überfordern. So kann man die Gutachter über die Schwäche des Inhalts täuschen. Das alles kann dann zu einer Schwemme von Publikationen mit eher schwachem Inhalt führen.

    Ich sehe mehrere Aspekte, die dazu führen, dass Praxis und Theorie nicht wirklich vereinbar sind, momentan. Ich wundere mich täglich über das urzeitliche Wissen, das noch immer Diskurse und Politik bestimmt, obwohl die Ressourcen vielfältig sind. Und trotzdem glaube ich wie du, dass Wissenschaft aus der Selbstgenügsamkeit heraustreten muss. Schaden kann es auf jeden Fall nicht.

    Das kommt davon, daß niemand Zeit und Lust hat, sich mit den Elaboraten zu beschäftigen, die bei diesem Um-die-Wette-Publizieren zustandegekommen sind.

    Übrigens, von der Ausdünnung sind nicht nur Gender-Studies betroffen, sondern z.B. auch Elektrotechnik (etwa an der TU Berlin). Im Prinzip ist alles von Ausdünnung bedroht, von dem ausgeht, daß Arbeitgeber nichts damit anfangen können. Mit der erstarkenden Männerrechtsbewegung hat das nichts zu tun.

  5. @Antje

    ja ich kann das alles schon irgendwie nachvollziehen, sehe aber die strukturen, die selbst guten willen verhindern können. es ist schwierig, zumal noch dazu kommt, dass es nicht nur eine frage der argumentation und verständlichen ausdrucksweise ist, sondern wer bereit ist, diese inhalte aufzunehmen und in andere diskursfelder einzubringen.

    wenn ich mir so überlege, ist der öffentliche diskurs über gender stark von den medien geprägt, die gelinde gesagt, alles was mit gender und feminismus zu tun hat, mit argwohn betrachten. nicht umsonst haben (theoretisch fundierte) gleichstellungspolitiken einen schweren stand und sind so oder so schwierig zu argumentieren, es sei denn, es handelt sich um die belange von männern und jungen. und auch da bin ich ganz der meinung von knapp – das ist alles viel zu kurz gedacht. schröders jungenpolitik weist nichts von theoretisch reflektierter gleichstellungsarbeit auf, die allen mitgliedern einer gesellschaft möglichst große partizipationsmöglichkeiten bei gleichen chancen bieten soll. eher das gegenteil. mag man zu von der leyen stehen, wie man will, sie hatte das bessere händchen dafür. ich glaube nicht, dass da soviel daran lag, dass wissenschaftlicher input missverständlich aufgefasst wurde.

    gewiss, GM ist kein patentrezept. schafft aber bei rigider umsetzung schnell sichtbare veränderungen. und muss permanent weiter entwickelt und verbessert werden, auch im hinblick auf intersektionalität. gender als einzige analysekategorie greift für viele menschen zu kurz. und selbst im wissenschaftlichen diskurs ist da noch nicht das letzte wort gesprochen, was aus dem eingangstext auch gut hervorgeht. völlig richtig, dass gleichstellungspolitiken instrumentalisiert werden, wie du das ja auch schon ausführst. hier muss mehr „aufklärungsarbeit“ geleistet werden. wie ich aber bereits weiter oben schon schrieb, stößt das manchmal und vielleicht oft an entscheidenden stellen mit gründen auf taube ohren, da kann man noch so einen verständlichen duktus bemühen.

    ich könnte mir vorstellen, dass ein intersektionalerer und interdisziplinärerer (sic!) ansatz helfen könnte, um gleichstellungskonzepte nach bedürfnissen auszurichten und nicht nach starren sozialtheorien oder stereotypen vorstellungen von geschlecht. so macht man sich auch weniger angreifbar für instrumentalisierungen und machtspielchen.

    @georgi

    verständlich deine argumentation, greift mir aber zu kurz. gerade feministische ansätze, forschung und der bereich der gender studies sind von diesen sparmaßnahmen betroffen oder werden marginalisiert bzw. kommen andere forschungszweige gar nicht erst auf den sprichwörtlich grünen zweig. das hat nicht allein mit kürzungen zu tun, die vermeintlich an jeder stelle gleich angesetzt werden. naturwissenschaftliche und ingenieurswissenschaftliche bereiche werden nicht so sehr mit sparmaßnahmen belegt wie andere wissenschaften.

    zum anderen: wie ich bereits schrieb, ist natürlich ein grund die unverständliche sprache, andererseits die tauben ohren, die sich lieber auf stereotypen und vorurteile verlassen, statt auf blickfelderweiterung.

  6. naturwissenschaftliche und ingenieurswissenschaftliche bereiche werden nicht so sehr mit sparmaßnahmen belegt wie andere wissenschaften.

    Auch dort gibt es Fachrichtungen, die nicht unmittelbar der Wirtschaft nutzen und deshalb kaputt gespart werden.

  7. @Irene

    Natürlich. Ich wollte kein versus aufmachen. Schlimm genug, dass bei Bildung und Forschung Sparzwang herrscht. Es sind schon ganze Studiengänge abgeschafft worden. Das kennen wir ja alles. Mein Hinweis galt lediglich in die Richtung, dass Prioritäten nach fragwürdigen Kriterien gelten.

  8. Inwiefern ist es denn Anspruch der Gender Studies die Praxis zu verändern?
    In der Regel haben ja Wissenschaftler_innen erstmal den Anspruch Wirklichkeit zu beschreiben und zu erklären. Könnte es sein, dass der Anspruch der Gender Studies da höher ist als bei anderen und sie daher stärker unzufrieden sind, wenn ihre Lösungen nicht beachtet werden, weil sie nicht verstanden werden.

  9. Das ist glaube ich generell ein Problem der Geisteswissenschaften: Sie verkaufen sich einfach nicht gut.

    Die Ingenieurwissenschaften sagen: „Hey, schaut mal, wir haben hier was entdeckt, das könnte euch helfen. Wenn ihr uns Geld gebt, forschen wir da weiter.“

    Die Geisteswissenschaften sagen: „Was seid ihr alles für Kulturbanausen, dass ihr Euch nicht dafür interessiert, was wir machen!“

    Und ganz schlimm wird es bei Genderstudies. Ich habe mich nie richtig mit GS beschäftigt, ich weiß also gar nicht, was in GS alles so gemacht wird, womit sich GS genau beschäftigt. Schon wenn ich diesen Text hier lese, nach ein paar Zeilen, bzw. schon beim Titel denke ich mir: „Och nee, was für ein Uni-Elfenbeinturm-Geschwätz.“ Und dann kommt noch von GS der Vorwurf, alles, was GS nicht berücksichtigt ist „unreflektiert, festgefahren, stereotyp“.

    Wenn ihr wollt, das GS mehr Fördermittel bekommt und das GS mehr gehört wird und einen besseren Stand hat, dann zeigt doch mal, was GS wirklich geleistet hat. Was haben wir heute, was wir ohne GS nicht hätten? Außer den Vorwürfen, meine ich jetzt. Warum soll ich ein Buch über GS lesen?

  10. Johannes, wir wären dir sehr verbunden, wenn du deine Gedanken und deine Kritik zum Text sachlicher formulieren könntest (nein, „Geschwätz“ ist keine sachliche Wortwahl).

    Und was mich ja immer irritiert sind – egal in welchem Kontext – Aussagen wie „ich hab mich nicht damit beschäftigt, ich weiß nicht, worum es geht, aber ich finde es doof“. Ein bisschen Offenheit sollte man schon mitbringen, wenn man sich mal mit neuen Themen beschäftigen möchte, egal ob das nun die Gender Studies sind oder Tomatenzucht.

  11. @Anna: Du hast mich da missverstanden:

    Ich habe mich nie mit GS beschäftigt, weil das was mir so an GS automatisch über den Weg läuft, sieht alles doof („Geschwätz“) aus, so dass ich keinerlei Motivation habe, mich damit zu beschäftigen. Ob es wirklich doofes Geschwätz ist … keine Ahnung. Dazu müsste ich mich eben weiter damit beschäftigen.

    Ein bisschen Offenheit sollte man mitbringen, wenn man sich mit neuen Themen beschäftigen möchte. Ich möchte mich aber nicht mit GS beschäftigen. GS möchte, dass die Welt sich mehr mit ihr beschäftigt. Also ist es Aufgabe von GS, sich so zu verkaufen, dass die Welt aufgeschlossener ist gegenüber GS.

    Ich versuche hier ja das zu spiegeln, wie GS bei mir ankommt. Wenn euch das nicht passt, kein Problem für mich. Ich brauche GS für gar nix, ich habe nicht den Hauch einer Idee, inwieweit GS für mich nützlich sein könnte. Also nochmal. Warum sollte ich ein Buch über GS lesen?

    Verkauft’s mir.

  12. Johannes, aus der Werbepsychologie weiß man, dass es ziemlich schwer bis unmöglich ist, bei einem Konsumenten, der so eingestellt ist wie du, überhaupt nur Interesse für ein Produkt zu wecken, geschweige denn, es ihm zu verkaufen.
    Du hast deine (Kauf-)Entscheidung betreffs GS schon lange getroffen. Was durchaus legitim ist. Nicht legitim ist deine seltsame Anspruchshaltung uns gegenüber „ich finde es zwar blöd, aber kommt doch, los, kommt doch und verkauft es mir trotzdem!“

    Natürlich kann und muss man darüber reden, wie sich Geisteswisseschaften besser verkaufen können. Aber jemand mit deiner Einstellung ist defintiv nicht Zielgruppe.

  13. @Johannes

    so sieht man sich also wieder ;-) Wusste gar nicht, dass du so festgefahren bist. Wie Anna bereits schreibt, bist du mit dieser Haltung gar keine Zielgruppe. Wer keine Lust auf ein simples Googlen hat, was Gender Studies sind und was sie in den letzten Jahrzehnten bewegt hat, der kann auch mit Fug und Recht behaupten, Geisteswissenschaften wären unfähig, sich zu vermarkten!

    Was mit Fug und Recht – Unfug ist.

    Uni-Elfenbeinturm-Geschwätz: Wer ein Interesse hat, sich für neue Themen zu begeistern und sein Denken zu erweitern, der lässt sich nicht von ein paar Fremdworten abschrecken. Wenn ich den Text verstehe, kannst du ihn auch verstehen. Wenn du möchtest. Deutsche Wissenschaftssprache ist keine Hängematte, das stimmt schon, aber auch kein unüberwindbares Hindernis für Leute, die gern mit dem Kopf unterwegs sind.

  14. @Nele

    Ist es nicht Anspruch jeder Wissenschaft, Anstöße für die Wirklichkeit zu geben, einfach, weil sie sich mit Realitäten beschäftigen?

    Ich verstehe gerade nicht so recht, was du meinst. Gender Studies werden doch gar missverstanden. Und wenn doch liegt es sicherlich daran, dass ein paar Menschen nichts mit Geschlechtergerechtigkeit anfangen können.

  15. @Nadine und Anna:

    Ich bin gerne mit dem Kopf unterwegs und immer wieder auf neuen Feldern. Festgefahren bin ich auch nicht. Da machst du es dir mit deinem Urteil zu einfach. Wieder ein Grund sich nicht mit GS zu beschäftigen, wenn man da so einfach abgeurteilt wird. Es gibt so viele andere Dinge, die mir spannender erscheinen als GS.

    Klar könnt ihr jetzt sagen, ich bin keine Zielgruppe. Habe ich kein Problem mit. Aber dann beschwert euch nicht darüber, dass der Kreis derer, die sich für GS interessieren, so beschränkt ist und GS so einen schweren Stand hat.

    Es ist auch keine Anspruchshaltung Euch gegenüber, mir etwas zu verkaufen. Nur wenn ihr wollt, dass es gekauft wird, dann müsst ihr auch was dafür tun, es zu vermarkten. Wie ist es denn nun? Wollt ihr, dass sich mehr Leute für GS interessieren, oder sind alle, die sich nicht für GS interessieren, von vornherein keine Zielgruppe?

    Oder anders gefragt: Wer ist eure Zielgruppe, außer denen, die schon Kunden sind?

  16. Johannes, gerne nochmal:
    du hast schon eine Meinung zu unserem „Produkt“ und zwar eine schlechte.
    Wenn ich etwas verkaufen will, dann sind meine Zielgruppe einmal die, die vielleicht sogar schon positiv eingestellt sind und dann noch die, die noch keine Meinung haben, aber offen für neuen Input sind.

    Wenn ich mir sicher bin, dass Waschmittel XX mich eh nie die Waschkraft bieten wird, die ich erwarte, dann wird auch die beste Werbung mich nicht von Waschmittel XX überzeugen. Wahrscheinlich wird selbst wunderbar duftende und völlig saubere Wäsche mit nicht davon überzeugen, dass Waschmittel XX doch etwas taugt. Meine Meinung steht fest.
    Eine Werbeagetur wäre dumm, wenn sie Zeit und Geld in eine Kampagne investieren würde, die mich zu einer Einstellungsänderung bewegen sollte. Also nimmt sie in Kauf, dass es Menschen wie mich gibt und konzentriert ihr Kampagne auf die Leute, bei denen es eine Chance gibt, dass sie sich von den Qualitäten von Waschmittel XX überzeugen lassen.

    Die Agentur macht es sich nicht einfach. Sondern sie handelt klug und wirtschaftlich. Denn mit dem Aufwand (und Geld), die sie brauchen würde, mich doch noch von XX zu überzeugen, kann sie ein vielfaches mehr an Leuten der Zielgruppe dazu bringen, XX zu kaufen.

    Und so geht es uns mit dir:
    Warum soll ich weiter auf deine Fragen und „Argumente“ eingehen, wenn deine Meinung eh schon fest steht? Ich werde sie nicht ändern können.

    Wenn aber jemand anders hier vorbei kommt und schreibt „hej, was ihr da macht interessiert mich, aber ich verstehe den dritten Absatz nicht, könnte das mal jemand für mich umformulieren?“ dann nehme ich mir diese Zeit sehr gerne.

    (Für eine Einführung in der Werbepsychologie empfehle ich: Kroeber-Riel: „Konsumentenverhalten“)

  17. @Johannes

    ich finde das schon irgendwie witzig, mit welcher widersprüchlichen Haltung du in diese Konversation gehst. Du hast weder Ahnung von Gender, noch Lust auf Gender. Ok. Es sei dir unbenommen.

    Trotzdem drängst du mich und Anna in eine Rechtfertigungsposition, dir Gender schön zu reden, dich zu überzeugen und deine Vorurteile abzubauen, die auf Unwissen basieren. Obwohl du eh nix von Gender hältst?

    Und zurück zum Thema ging es niemals darum, dass sich bitte mehr Menschen für Errungenschaften der Gender Studies oder Gender allgemein interessieren sollen, sondern, dass theoretische Erkenntnisse zu wenig in gleichstellungspolitische Praxis einfließen.

    Dass Gender Studies oder Geisteswissenschaften ggü. Ingenieurswissenschaften ressourcentechnisch einen schlechteren Stand haben, liegt doch nicht daran, dass niemand um die Erkenntnisse weiß oder dass sich Vertreter nicht anstrengen, das alles irgendwie gut zu verkaufen. Sondern, dass sie nicht gewürdigt werden, weil es Vorurteile gibt, die auch mit dem Objektivitätsmythos von Naturwissenschaften zu tun haben. Allerdings ist das und das Thema des Textes ein ganz anderes Feld, als du gern besprechen willst. Und dazu kann ich dir sagen: Keine Lust.

  18. es stinkt nach troll

    (derailing for dummies: 1. Wenn du mir nichts beibringen willst, wie soll ich dann lernen!? „[…] Darüber hinaus gibst du außerdem noch den Anschein, als ob du wirklich lernen möchtest, sie dich aber nicht lassen! Genau indem du diese Taktik anwendest, suggerierst du, dass Einsicht und Verständnis das ist, wonach du dich sehnst – du willst ein besserer, mitfühlender Mensch sein – aber es ist nicht deine Schuld, dass du es nicht schon bist! Niemand hat dir je das nötige Wissen vermittelt! Und nun, wo jemand da ist, der dazu offensichtlich qualifiziert ist, verweigert dir diese Person dein Privilegiertes Recht® alles zu bekommen, was du willst, auf einem Teller serviert.[…]“)

    johannes ist doch überhaupt nicht an einer diskussion interessiert, er stiehlt euch nur eure zeit, ich würde ihn ignorieren, wenn nicht löschen.

  19. Red Riding, keine Sorge, wir haben die Sache im Griff (und heute einfach mal einen guten Tag mit viel Geduld ;) ).

  20. Du hast weder Ahnung von Gender, noch Lust auf Gender. Ok. Es sei dir unbenommen.

    er ist hier im blog und postet. folglich interessiert(e) er sich auch dafür.
    aber so von oben herab behandelt – nun vermutlich nicht mehr.

  21. blockhouse, ich wage zu bezweifeln, dass sich alle, die hier lesen und posten tatsächlich auch für die Inhalte interessieren.

    Im Übrigen würde ich gerne mal wieder zum Thema zurück kommen. Es ging jetzt lang genug um Johannes.

    Danke.

  22. ich glaube ja dass, das problem tatasächlich darin liegt das die meisten deutschen forschenden nur für andere forschende schreiben, und dass das dann auch interresierte laien nicht oder nur selten lesen weils einfach zu anstrengend ist.
    Ich würde gerne mehr theoretisches lesen auch gerade im hinblick auf meine arbeit im stura (für die wessis asta) aber neben bachelor und gremien arbeit, ist meine toleranz gegenüber sprachlich verschwurbelter theorie leider enorm klein geworden, weil ich mit meiner zeit haushalten muss.

  23. Ich schließe mich Neles Frage an: „Inwiefern ist es denn Anspruch der Gender Studies die Praxis zu verändern?“
    A, Soll Gender Studies Beschreiben werden, wie es derzeit ist – also eher philosphisch-wissenschaftlich?
    B, Oder will Gender Studies quasi die Welt verändern und eine „Lösungsweg“ für Genderprobleme aufzeigen?

    Wenn A der Fall ist, dann bedarf es doch auch hier eine wissenschaftlichen Sprache um Tiefer in die Materie einzusteigen. Warum sollte man die Erkentnisse in „Alltagssprache“ übersetzen? Würde dann nicht viel verloren gehen und verfälscht werden?

  24. hallo nadine,

    also ich hätte da noch ein paar nachfragen als durchaus interessierte und wohlgesinnte laiin was gender studies betrifft.
    jetzt bin ich mir allerdings nicht ganz sicher, ob du mir empfiehlst doch noch eine weile zu googlen und begriffe nachzuschlagen bevor ich mit doofen fragen komme oder ob es für dich ok wäre ein paar sachen ein bisschen idiotensicherer zu erklären.

    ok, mein problem ist vielleicht grundsätzlich auch, dass ich gehofft hatte, beim weiteren lesen deines textes zu erfahren, welche antwortversuche frau knapp auf die spannenden eingangsfragen („Welche der drei wesentlichen Paradigmen der Frauen- und Geschlechterforschung können substanzielle Chancengleichheit garantieren und verwirklichen? Wie funktionieren die drei Konzepte in ihrer praktischen Umsetzung? Wo liegen Stärken und Schwächen der Konzepte und wo schlagen sie sich in aktuellen Gleichstellungspolitiken nieder?“) unternimmt.
    gibt’s dazu vielleicht beipiele?

    wär super, wenn du dazu noch was schreiben magst!

  25. @steve, the pirate

    wer sagt denn, dass Gender Studies philosophisch sind? Ich habe das in meinem Studiengang sehr praxisorientiert erfahren. Unter philosophisch verstehe ich z.B. Butler. Aber was die macht, ist eher diskurs- und systemtheoretisch mit Gender-Perspektive.

    ich glaube, dass Gender Studies schon ihren Beitrag dazu leisten wollen, bisher Unhinterfragbares und Unhinterfragtes in Frage zu stellen und zu dekonstruieren bzw. einen neuen Blickwinkel zu ermöglichen. Von daher, ja, die Praxisperspektive liegt auch immer im Auge des/der Betrachter/in.

    @Judith

    also: Knapp zeigt anhand von Gleichstellungspolitik in Deutschland, wie diese drei Paradigmen von verschiedenen Akteuren umgesetzt werden. Sie analysiert alle diese Konzepte auf ihre Wirkung und Wirksamkeit und stellt fest, dass die Paradigmen für sich allein gesehen Schwächen haben.
    Differenztheoretische Konzepte laufen Gefahr, Unterschiede zu manifestieren und damit Stereotypen festzuschreiben, siehe Frauenförderung.
    Gleichheitskonzepte laufen Gefahr, Antidiskriminierung auf individueller Ebene zu behandeln und systemimmamente Ungleichbehandlung auszublenden.
    Dekonstruktionstheorie läuft Gefahr beides auszublenden und damit Antidiskriminierungs- und Gleichstellungskonzepten die Grundlage zu entziehen, indem sie Kategorien wie Mann/Frau generell in Frage zu stellen, obwohl sie nach wie vor real relevant sind.
    Sie plädiert deshalb dafür, alle Paradigmen integrierend zu betrachten und danach Konzepte für Gleichbehandlung und Gleichstellung auszurichten und gibt dazu noch einen Hinweis auf Intersektionalitätstheorie, die nicht allein eine Kategorie wie Geschlecht betrachtet. Jeder Mensch ist aufgrund seiner (zugeschriebenen) Merkmale unterschiedlich in unterschiedlichen Kontexten betroffen. Alle drei Paradigmen betrachten das für sich gesehen nur unzureichend. Sie sind in Teilen zu pauschal angelegt. Eine Muslimin hat andere Bedürfnisse als eine weiße deutsche Frau. Ein behinderter Mann ist anders verortet und beeinträchtigt als ein schwuler Geschäftsführer. Reicht das als Erläuterung?

  26. @ Nadine
    Vielen Dank für diesen theoretischen Input.
    Nach Deinen letzten Erläuterungen, fange ich auch an, den Text zu verstehen. Allerdings ist mir die Zusammenfassung ohne Lesen des Originaltextes zu kurz geraten.

    Obwohl Knapp im weiteren Verlauf des Textes die Konzepte von Gleichheit, Differenz und Dekonstruktion nachvollziehbar und verständlich erklärt, deren Wirksamkeit und praktische Umsetzung, sowie bisherige theoretische Ansätze kritisch hinterfragt, wird dennoch deutlich, dass sie selbst einen verkürzten Blick auf mögliche und bereits praktizierte Konzepte von Gleichstellungspolitik einnimmt. Sie behandelt Gleichheit, Differenz und Dekonstruktion lediglich im Kontext von Frauenförderung und zeigt auf, inwiefern sich die drei theoretischen Paradigma in diesem Feld aufeinander beziehen, einander bedingen und beeinflussen. Neuere Ansätze wie Gender Mainstreaming, Managing Diversity sowie punktuelle Gleichstellungsansätze in Organisationen oder normative Gleichstellung qua Rechtssetzung durch Gleichbehandlungsgebote und Diskriminierungsverbote finden sich im Text von Knapp nicht wieder.

    Zu diesem Abschnitt hätte ich gerne ausführlichere Informationen. Ich würde den Text gerne selber lesen, aber 56,-E sind mir doch etwas zu teuer ;)

  27. Ich würde den Text gerne selber lesen, aber 56,-E sind mir doch etwas zu teuer ;)

    Ein Gang in die örtliche Stadt- oder Unibibliothek könnte da vielleicht helfen, selbst wenn das Buch dort nicht vorhanden ist, kann man es dann über Fernleihe bekommen. Mutet im digitalen Zeitalter zwar reichlich archaisch an, aber open access publishing ist leider (noch) nicht sehr weit verbreitet.

  28. @Miriam

    vielen Dank für den Hinweis.

    @Gerda
    mach von dieser Möglichkeit (Fernleihe, Unibibo) Gebrauch, ich kann deiner Anfrage nämlich unmöglich nachkommen, ohne Knapps Text in seiner Gänze hier reinzuposten ;-)

  29. @Nadine

    Jetzt hätte ich Deine Antwort doch fast übersehen. Danke für Deine zusätzlichen Ausführungen. Jetzt ist mir doch verständlicher um was es geht.

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