Für jede Idee gibt es auch einen militanten Flügel. Fast alle Staaten sichern ihre Idee eines Staatskonstrukts mit einer Armee ab. Teilweise werden Ideen für ein Staatskonstrukt nicht nur auch militant gesichert, sondern auch eingefordert: Mal gegen, mal mit dem Willen der Bevölkerung.
Ist die Idee nicht Teil der staatstragenden Institutionen, wird der militante Flügel gerne als Gegenargument genutzt – als wäre Pazifismus allgemein anerkannt, was er bei weitem nicht ist.
Kritiker_innen der Militanz vernachlässigen oft, wie schwierig es eigentlich ist, Gewalt grundsätzlich abzulehnen oder zu rechtfertigen. Wenn Menschen unterdrückt werden, darf dann eine Armee geschickt werden, um sie zu befreien? Dürfen Menschen die sich als unterdrückt empfinden, zu Waffen greifen? Gilt Widerstand als solcher, wenn er nicht organisiert verläuft? Wie viele Menschen müssen in einem Staat der Meinung sein, dass es etwas institutionalisiert schlecht läuft, bevor sie sich mit Gewalt wehren dürfen? Müssen sie dafür in einer Diktatur leben oder kann es solche Fälle auch in einer Demokratie geben?
Bevor ein militanter Flügel einer Idee kritisiert wird, muss sich der oder die Kritiker_in sehr viele Fragen zu Gewalt im Allgemeinen stellen. Ist die eigene Position stringent, was Gewalt betrifft?
Kommt die Rede auf linke Ideen, wird ziemlich schnell der „schwarze Block“ genannt und beim Feminismus der „militante Feminismus“. Dabei ist zu bedenken, dass „der“ Feminismus und „die“ Linken nicht so organisiert sind, dass sie eine eigene Armee institutionalisiert haben. Es ist eigentlich offensichtlich, dass die Ideen der Linken und des Feminismus schlicht Befürworterinnen und Befürworter haben, die bereit sind, diese Ideen auch mit Gewalt durchzusetzen.
Wäre ich Diktatorin und hätte eine Armee, kann mir diese vorgeworfen werden, schließlich steht die Existenz dieser unter meiner Befehlsgewalt. Als Feministin kann ich jedoch für militante Feministinnen und Feministen überhaupt nichts bzw. genauso wenig wie für andere Gewalttaten. Daher ist der militante Feminismus kein Gegenargument gegen Feminismus. Es fehlt schlicht die Struktur, welche erlaubt über die Selbstbezeichnung Feminist_in auf eine Mitverantwortung für den militanten Feminismus zu schließen.
Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen dem schwarzen Block und dem militanten Feminismus. Während der schwarze Block eine – zumindest zeitweise – handelnde Gruppe ist, ist der militante Feminismus ein theoretisches Konstrukt.
Mit „militanter Feminismus“ sind meistens Theorien gemeint (mir ist bisher kein Bezug zu irgendeiner anderen Verwendung des Begriffs begegnet), die sich in irgendeiner Form aufgeschlossen gegenüber der systematischen Ermordung von Männern zeigen. Die wohl bekannteste Vertreterin ist Valerie Solanas, mit dem „Manifest der Gesellschaft zur Vernichtung der Männer“. Darin führt sie detailliert aus, warum und wie Männer ihrer Auffassung nach vom Erdball entfernt werden sollen.
Kleiner Exkurs: Bei der Lektüre des Manifests tun sich interessante Parallelen zu aktuell populären Beziehungsratgebern auf: So schreibt Sherry Argov in ihrem Buch „Warum die nettesten Männer die schrecklichsten Frauen haben… und die netten Frauen leer ausgehen“ (Goldmann Verlag, 2004) als 67. Erkenntnis:
„Wenn Sie ihn dauernd dazu drängen, über Gefühle zu sprechen, lässt Sie das nicht nur bedürftig wirken, sondern er verliert früher oder später auch allen Respekt vor Ihnen.(…)“.
Dagegen Valerie Solanas ( S. 49, MaroVerlag):
„Das er völlig selbstbezogen und unfähig ist, sich mit irgend etwas außerhalb seiner selbst zu identifizieren, ist die Unterhaltung des Mannes, soweit sie sich nicht um ihn selber dreht, ein unpersönliches Geleier, weit davon entfernt, menschlich interessante Themen zu berühren.“
Beide Autorinnen nehmen also Bezug auf die Kommunikation über Persönliches, beide sehen einen Schwerpunkt von Frauen auf Persönliches und beide unterstellen Männern ein Desinteresse demgegenüber. Was sich massiv unterscheidet, ist die Schlussfolgerung aus ihren gemeinsamen Beobachtungen. Ob diese Beobachtungen stimmen oder nicht, ist eine andere Frage.
Die meisten Theorien sind irgendeiner Form aufschlussreich, so auch der militante Feminismus. In allen feministischen Strömungen entdecke ich Inhalte, die mich zum Weiterdenken anregen, z.B. Beziehungsratgeber über Valerie Solanas angreifen oder besser noch: Rechtfertigen! „Sherry Argov hat schon Recht, Valerie Solanas schreibt ja ganz ähnliches.“ oder wahlweise „Die dem militanten Feminismus nahe Sherry Argov…“. Das nenn ich subversiv!
Hmmm… fing interessant an, aber mir fehlt ein bisschen der Zielpunkt. Was ist denn jetzt deine wichtigste Aussage, Stephanie?
@Katharina
Das ist eine wichtige Frage – wie Du vllt. bemerkt hast, war mir alles ziemlich wichtig und ich habe daher einfach viel drinstehen :-).
Mir ging es einerseits darum, Seitenhiebe wie „Feminismus ist blöd, weil es militanten Feminismus gibt“ den Boden zu nehmen. Andererseits war es mir wichtig, den militanten Feminismus aus dem gedanklichen Knast zu holen, weil gerne auf Theorien die den Stempel „böse“ haben, nicht mehr draufgeschaut wird und damit viel verloren geht.
Mir geht es ähnlich wie Katharina und auch deine Erklärung, Stephanie, ist für mich nicht erhellend… Schade, auch ich fand den Anfang interessant…
@Miriam
Es würde mir erleichtern, das Problem zu lösen, wenn ich ein Indiz hätte, woran die Verständigung scheitert. Wie Du dir vorstellen kannst, finde ich mich super nachvollziehbar :-).
Vielleicht hilft’s wenn wir’s drehen: Was fandest Du denn interessant und worauf hattest Du gehofft?
Militanten Feminismus gab’s schon, nur nicht auf der Schwanz-ab-Männer-Töten ebene, die du theoretisierst:
http://de.wikipedia.org/wiki/Rote_Zora_%28Gruppe%29
Ich hoffe, ich bewege mich mit dem folgenen noch innerhalb der Netiquette, deshalb vorneweg: Ich will Stephanie nicht beleidigen.
Mir kommt der ganze Artikel so ein bisschen ‚laut gedacht‘ vor. Ein Potpourie aus Gedanken zur Gewalt im feministischen Kontext.
Interessant fand ich den ersten Absatz, der fragte, wann ist Gewalt gerechtfertigt und welches Verhältnis haben wir zu Gewalt. Allerdings hab ich dann scheinbar die Kurve nicht gekriegt zu Valerie Solanas und den Beziehungsratgebern. Die Analogie fand ich interessant, aber wie genau ist der Bezug zum ersten Abschnitt?
Wie du ja selber schreibst, war dir vieles wichtig, aber ich denke, bei solchen Texten ist es wichtig, dass man seine Argumentation so aufbaut, dass es, auch wenn man viele Aspekte beleuchten möchte, immer wieder auf eine Kernaussage herausläuft, ansonsten wirkt das ganze eben wie eine Skizze für einen zukünftigen Artikel.
@Katharina
Das war doch ganz prima und nicht beleidigend formuliert!
Ich wollte nicht einen Text über die Ethik der Gewalt schreiben, sondern es ging mir im ersten Abschnitt vor allem darum, eine gewisse Offenheit im Denken zu schaffen, damit auch der militante Feminismus nicht verstanden wird, als Theorie von moralisch verwerflichen Irren. Es ging mir also darum zu zeigen, dass Gewalt allein nicht zwangsläufig verwerflich sein muss.
Damit hatte ich eine Basis um zu zeigen, dass sich auch die militant feministische Theorie für „alles mögliche“ nutzen lässt, z.B. zum Vergleich mit Beziehungsratgebern.
Ich erlebe häufig starke Ressentiments gegen über dieser feministischen Strömung – diese ein bisschen aufzulockern war mein Ziel.
Soweit auch meine Beobachtung:
In den seltensten Fällen muss man automatisch Pol Pot oder sowjetische Gulags rechtfertigen, wenn man sich als „links“ outet, Abtreibungsgegner müssen nicht jedes mal erklären, dass sie Anschläge auf Kliniken und Ärzte auch nicht so super finden, und die liebe Tierschutz-Omi muss sich nicht dauernd von den entsprechenden militanten Fanatikern distanzieren.
Darum find ich das hier in dem Blog auch immer etwas anstrengend, wenn immer wieder erklärt werden muss: Nein, wir halten Frauen nicht grundsätzlich für bessere Menschen als Männer, und nein, Kastrationsphantasien gibt’s auch keine.
Miriam, sachlich vorgetragene, begründete Kritik (&Verbesserungsvorschläge) ist immer willkommen!
vielleicht sollte man den unterschied zwischen militanz und radikalität in solchen diskussionen betonen. gewalt ist auch ein dehnbarer begriff. sabotage fällt für viele auch darunter. sachbeschädigung bzw vandalismus wird teils härter bestraft als gewalt gegen menschen. notwehr ist wiederum keine verwerfliche gewalt, wobei sie durchaus tödlich sein kann…
@Judith: ich finde es dafür ziemlich anstrengend mich immer wieder von „der lieben tierschutz-omi“ distanzieren zu müssen ;)
Was oft in Diskussionen ignoriert wird, ist auch der Umstand, dass man, alleine weil man sich auf einen bestimmten Ansatz beruft, nicht zu 100% hinter dem Gesamtkonzept stehen muss. Um zu verdeutlichen: wenn man z.B. auf Marx verweist, muss man doch nicht seine komplette Theorie schätzen oder gleich Marxist sein. Trotzdem kann man vielleicht die ein oder andere gute Idee daraus beziehen. Mir scheint, dass es oft nur ein Entweder-Oder zu gibt (Andererseits ist das Problem so einer Haltung, dass man dadurch auch Autoren/Einstellungen relativieren kann, die eindeutig rassistisch/sexistisch/… sind, denn auch wer sowas vertritt kann ja eventuell einen brauchbaren Ansatz, unabhängig des ansonsten fragwürdigen Gedankenguts, entwickeln…).
Hi,
in meiner Beobachtung gibt es zwei immer wieder auftauchende Probleme mit Militanzvergleichen. Antiautoritäre oder linksradikale Militanz beruht auf einer lange traditionell erarbeiteten Gesellschaftskritik und richtet sich gegen ein System. Militanz, die sich aus biologistischen/völkischen oder z.B. religiösen gegen die Menschenwürde aller richtet unterscheide ich in meiner Bewertung von der ersteren. Selbsternannte Extremismusforscher_innen nehmen diese Unterscheidung ebenso wenig vor wie konservative Politiker_innen.
Der zweite Punkt ist die Definition von Militanz selbst. Ist es militant sich z.B. einer Nazidemo in den Weg zu setzen oder sich vor ein Bordell mit Zwangsprostituierten zu stellen um Freiern den Zugang zu erschweren? Oder liegt hier nur die Definitionshoheit bei den falschen Menschen?
In meinen Augen kann es also gerechtfertigte feministische Militanz geben. Sie sollte jedoch keinesfalls auf biologistischen Annahmen oder Verallgemeinerungen basieren. Meine Kritik an Solanas bezieht sich also eher darauf, als auf eine subtile Angst vor Militanz.
Dieser Ansatz fehlt ein mir in deinem Artikel.
Zur aktuellen relativierenden Extremismusdebatte gab es vor einiger Zeit eine interessante Ausgabe der Zeitschrift Lotta. Leider steht nur ein Artikel online.
http://projekte.free.de/lotta/pdf/33/extremismusformel.pdf
Viele Grüße, Thomas
(vielleicht könnt ihr meinen Link aufhübschen, ich weiß nicht wie man den integriert)
oh, das mit der Verlinkung ging automatisch *freu*
@Red Riding Hood
Ja, auch unserer Rechtssystem hat eine, zumindest, differenzierte Sicht auf Gewalt (gegen Menschen, Dinge usw.), deren Stringenz ich teilweise bezweifeln würde oder aber auch wo ich mir einen andere Gewichtung wünschen würde.
@Wondergirl
Wenn ich alle Autor_innen aufgeben müsste, die eben auch sexistisch sind, würde mir schon einiges fehlen… Aber ich sehe darin auch ein Problem.
@Thomas_Düsseldorf
Danke das Du diesen Ansatz miteingebracht hast.
@Thomas_Düsseldorf Aber oft ist die Rechtfertigung nicht so einfach, wie im Umgang mit Nazis oder Zwangsprostitution. Z.B. wenn aus Protest gegen Kapitalismus und/oder Gentrifizierung Privatautos angezündet werden, oder wenn im Rahmen der Hochschulproteste Universitätseigentum zerstört oder besetzt wird. Da gibt es dann zwei Seiten, die legitim im Recht sind.
wondergirl, das ist mir auch schon oft aufgefallen, dass der Entweder-Oder-Ansatz nicht viel weiterbringt. Ich neige aber auch dazu und muss es mir mit viel Mühe abgewöhnen.
Ein Beispiel habe ich gerade in dem Kopftuch-Thread direkt vor diesem: Ich bin überzeugt, dass die Angst vor dem Fremden (Xenophobie ist so ein hässliches Wort) bei der Ablehnung des Kopftuchs eine Rolle spielt. Aber das ist möglicherweise nur ein kleiner Anteil, der Rest der Argumente ist ev. viel besser – werden die durch den Anteil an Xenophobie jetzt wertlos gemacht? Ganz wertlos oder nur ein bisschen?
Das gleiche gilt für Militanz/Gewaltbereitschaft: Nur weil jemand zur Bombe greift, heißt das ja nicht, dass er keine Argumente hat. Aber vielleicht muss man mit seinen Argumenten um so vorsichtiger umgehen, je militanter oder xenophober jemand ist? Vielleicht hilft das, dein zuletzt angesprochenes Problem der Relativierung zu lösen.
Hallo Stephanie,
bis zu dem „Exkurs“ deiner Ausführungen konnte ich dir durchaus folgen und las den Artikel vor mich hernickend. An manchen Stellen fehlte mir noch die ein oder andere Ausführung, aber ich verstand worauf du hinaus wolltest. Den zweiten Teil für sich betrachtet, ist mir auch noch möglich nachzuvollziehen, nur bekomme ich die Verbindung zwischen beiden nicht ganz hin. Also ich sehe wie du das zu verknüpfen dachtest, aber dazu sind beide Teile meiner Meinung nach nicht genug durchdacht. Das ist ein bisschen schade, weil beide Teile interessante Ansätze bieten, aber für sich betrachtet sich nur als anfängliche aneinandergereihte Ideenkonstrukte lesen.
@Mens
Danke für die Rückmeldung – du hast schon Recht, da ist ein Bruch drin. Ich wollte nur schlicht kein Buch hier veröffentlichen, sondern eben ein „paar Gedanken“ zu militantem Feminismus. Dabei waren mir beide Abschnitte wichtig und für die nicht-akademische Beschäftigung damit bzw. der Anregung von Gedanken auch ausreichend?!
Hallo @Wondergirl,
ja, der Grad zwischen Vandalismus mit vermeintlich politischem Hintergrund und politischer Militanz ist oft nicht so genau auszumachen.
Genau damit spielen diejenigen, die sich selber eine Extremismusdefinition gebastelt haben, die z.B. linke oder libertäre Ideen mit rechtsextremen in einen Topf schmeißen.
Deswegen habe ich auch kein entweder/oder Szenario aufgebaut, sondern die Deutungshoheit hinterfragt. Das ist ein Teil meines Problems. Habe ich eine Art „Grundsolidarität“ mit Menschen, die gute theoretische Ansätze haben, sich jedoch in der Wahl der Mittel von meinen moralischen Vorstellungen weit entfernt haben? Die Frage ist schon etwas überholt, aber die Antworten gerade der jüngeren Leute dazu sind interessant: Es klingelt an deiner Tür und ein dir bekannter Mensch sagt: „Versteck mich, ich bin in der RAF“ Wie reagierst du? Die Rote Hilfe sagt dazu, dass die staatliche Terrorismusdefinition eine Erfindung des bösen Systems sei und deswegen sei Solidarität angesagt.
Aber kann ich diese Frage so ohne weiteres für mich so beantworten? Ich jedenfalls nicht.
Aber wenn ich mit der Idee einer anderen Gesellschaft liebäugle, ist das Mittel zwischen fundametalistischer Meinung (Biologismus/völkisches Denken/religiöser Wahn) und ethisch und herleitbarer Systemkritik zu unterscheiden ein guter Ansatz, denke ich.
(Die Sachbeschädigungen in den Hochschulen hielten sich so sehr in Grenzen, dass ich sie eigentlich schon vergessen hatte. Hier ist meines Erachtens ein ganz anderes Problem vordergründig, dass wieder ein Spiegel zum Ausgangspunkt ist: Gerade in der Bildungsstreikbewegung fehlt ein theoretischer Überbau bei vielen Teilnehmer_innen. Wenn du sie fragst, was genau denn „Freie Bildung“ eigentlich sei und welche Folgen es dann habe, wenn alle Menschen selbst entscheiden dürften, ab welchem Zeitpunkt ihrer freien Bildung sie denn nun Herzchirurg_innen sein könnten, wirst Du wahrscheinlich nicht soo viele schlaue Antworten hören)
@Katharina
Denke auch, dass ein vorsichtigerer Umgang helfen kann, bin aber nicht sicher, wie alltagskompatibel so etwas ist. Man müsste dann bereits vor einem Meinungsaustausch abstimmen, ob es akzeptabel ist, bestimme umstrittene Autoren zu erwähnen, wie man damit umgeht und ob es Grenzen gibt und wenn ja, wo.
Ich kenne es (aus Seminaren) so, dass man fragwürdige Positionen als Frage formuliert und ggf gemeinsam klärt, wo das Problem liegt. Vielleicht hilft es auch, vorab (oder anschließend) klar zu benennen, wo der Autor/die Haltung ihre „faulen“ Stellen hat. Oder das man klar zwischen Theorie und Praxis differenziert. Unabhängig von richtig und falsch einer Sache, kommen real ja noch andere Aspekte und fremde Interessen hinzu.
Hallo mal wieder –
zwei Jahre und eine, wie ich finde, interessante Entwicklung –
31.05. 2008
http://maedchenmannschaft.net/ist-es-sinnvoll-das-ding-auch-in-zukunft-feminismus-zu-nennen
19.05.2010
http://maedchenmannschaft.net/die-feministische-armee
?
@jj
Dem „?“ würde ich mich anschließen. Würdest Du ausformulieren, was Du meinst?
Hi Stephanie,
mit militanten Feminismus sind nich nur diejenigen Feministinnen gemeint die sich aufgeschlossen gegenüber der systematischen Ermordung von Männern zeigen, sondern auch solche die aktiv mittels Gewalt und Bedrohung gegen Feminismuskritiker vorgehen. Es gibt und gab da schon aktiv handelnde.
Mal nebenbei: Wie kommt es das über diese Frauen so Wertneutral hier gesprochen wird? Immerhin haben sie ähnliche anliegen wie die Nationalsozialisten mit den Juden haben???
@Steffi
Ich habe, wie im Blog geschrieben, noch nie eine andere Verwendung des Ausdrucks „militanter Feminismus“, als in Bezugnahme auf Theoretikerinnen gehört. Daher habe ich z.B. die „Rote Zora“ nicht darunter gefasst. Der Ausdruck wird dann auch schwieriger, weil die jeweiligen Aktiven sich vermutlich anders definieren, weil der Ansatz ein anderer ist.
Was Deinen Vergleich betrifft, wird’s auch schwieriger. Valerie Solanas lässt sich auch als Ausdruck des Aufgebens lesen, bei Christa Reinig würde ich sogar abstreiten, dass sie eine militante Feministin ist, weil sie, meines Wissens nach, nicht mehr tat, als in einem Roman die Möglichkeit anzusprechen („Entmannung“).
Na klar, mit jedem Biologismus ist ein Vergleich mit den Nazis sinnvoll (EDIT: hab quatsch geschrieben), aber nicht immer fair.
Stephanie,
ich sehe da eine leider eine Akzentverschiebung von einem inklusiven Diskursansatz zu einem exklusiven Diskursansatz, eine Art „Radikalisierung“, wenn Du so willst.
Hallo jj
dazu besteht, wie du aus vielen, vielen Diskussionen auf dieser Seite bestimmt ahnst, kein Anlass.
1. Stephanie ist eine Gastbloggerin bei maedchenmannschaft.net und wie ja schon zu diversen Gelegenheiten erklärt wurde, vertreten Autorinnen und Autoren der Seite nicht zwansgläufig die Meinung all ihrer Kolleginnen und Kollegen.
2. Ist hier auch deutlich geworden, dass Stephanie keine normativen Überlegungen anstellt. Und anders als du schreibst, ist ihr „Diskursansatz“ eher reichlich inklusiv, oder nicht?
Nach deiner Definition, Stephanie, finde ich militanten Feminismus völlig indiskutabel. Sowohl theoretisch, als auch praktisch. Auch nach zwei Jahren (danke fürs aufmerksam sein, jj) schliesst mein feminismus diese richtung aus. Es geht mir nicht darum (und der Vorwurf kam damals lautstark von aussen, auch zu diesem Blog) kuscheligen Feminismus zu propagieren. Aber auch ohne Gewaltfantasien kann man lauten, effektiven Feminismus in die Welt tragen. Ich diskutiere wahnsinnig gerne mit sog. „Alt-Feministinnen“, aber sobald das Wort „Schwanzträger“ fällt, wo Mann gemeint ist ist für mich der Dialog beendet. Grundsätzlich kann Militanz (wobei das natürlich sehr dehnbar, wie Thomas_Düsseldorf schon gesagt hat) an manchen Stellen sinnvoll sein. Aber wenn mit feministischer Militanz Gewalt gegen einen Teil der Menschheit gemeint ist, oder eine Gruppe aufgrund von Biologismen diffamiert wird, ist bei mir eine Grenze überschritten.
Übrigens kann ich die Militanz von einigen Feministinnen sogar ansatzweise nachvollziehen. Nach einen langen Tag, der voll mit Berichten über sexuelle Gewalt durch Männer war, so wie heute, ertappe ich mich dabei, wie ich jedem Mann auf der Strasse an die Gurgel springen will. Und dann treffe ich meine Freunde, meine Brüder, meine Väter und weiß dass es eben nicht DIE Männer sind. Sondern eben manche, vielleicht auch viele, Menschen. Ich glaube, dass Problem bei Frauen die viel mehr Gewalt von Männern erlebt haben (ob direkt oder indirekt), durch z.B. mehr Lebenserfahrung, mehr Jahre im Beruf oder bei freiwilliger Tätigkeit, ist, dass die Wut irgendwann Überhand nimmt und nicht mehr kritisch hinterfragt wird.
Meredith –
Ich wollte in meinem letzten Kommentar schon darauf hinweisen, daß solche Beiträge eben ein Hinweis darauf sind, daß Helgas Aussage auf der Republika, daß Dein „Heul doch“-Beitrag ein Ausreißer gewesen sei, auf den sich alle stürzen, eben so nicht so ganz stimmt. Da gibt es eine Entwicklung – woran auch immer sie liegen mag.
„2. Ist hier auch deutlich geworden, dass Stephanie keine normativen Überlegungen anstellt. Und anders als du schreibst, ist ihr “Diskursansatz” eher reichlich inklusiv, oder nicht?“
Sie stellt *keine* normativen Überlegungen an? Sie stellt die Frage, unter welchen Bedingungen man nicht-staatlich-monopolitische Gewalt auch in Demokratien nicht als Verbrechen oder Terrorismus sondern als legitimen Kampf gegen Unterdrückung sehen kann/sollte. Ist wahrscheinlich nicht gleich ein Fall für den Verfassungschutz, aber wenn das *keine* normativen Überlegungen sein sollen, was sind denn dann normative Überlegungen?
Und *inklusiv*? Ernsthaft? Soll man dann auch mal abstrakt über potentielle Vorteile von Euthanasie für die Krankenversicherung diskutieren dürfen, oder was? Und dann wundern sich FeministInnen, wenn ihnen die Solanas vorgehalten wird. I don’t get it.
wenn ich richtig verstehe geht es 1. um die unterscheidung, ob man feminismus als „gegen sexismus, gegen patriachalische strukturen, etc..“ begreift oder einfach nur „gegen die männer“, und 2. um die wahl der waffen?
hallo jj,
wie du dem text entnehmen kannst, stellt sie ihre meinung zur debatte, dass man sich jede theorie einmal anschauen sollte, und dass es ihrer meinung nach in jeder theorie irgendetwas interessantes zu entdecken gibt.
zum beispiel findet sie es interessant, dass ein beziehungsratgeber genauso männerfeindlich sein kann, wie ein militant feministisches manifest.
da steht aber nirgends, dass feminismus militant sein soll (normativ) oder ähnliches. und die frage, wie und ob man gewalt rechtfertigen kann ist doch eine wichtige, würde ich sagen. ich hoffe, das jetzt alles geklärt ist.
wegen dem zitat einer gastbloggerin auf einem deutschen feministischen blog, das dir nicht gefällt, sollen sich „die“ feministinnen nicht wundern, wenn man ihnen solanas vorwirft?
im ernst? weil stephanie als unsere päpstin hier ex cathedra gesprochen hat?
oder weil wir allesamt vertraglich an unseren höchst offiziellen geheimen heiligen feminismus-initial-ritus gebunden sind, indem wir auf unsere hohepriesterin solanas eingeschworen wurden?
Obwohl ich Stephanies Beitrag nicht zustimmen kann und Militanz in Form von Gewalt (weil auch Mittel zur Repression) als solche ablehne, spricht sie doch ein paar bemerkenswerte Punkte an. Eben nicht von Normativität von Begriffen auszugehen. Und die Idee, sich sein Gedankenkonstrukt aus verschiedenen Theorien herauszuziehen, finde ich auch super. Auf jeden Fall einen Denkanstoß wert, vielen Dank.
Ich würde es im übrigen begrüßen, wenn wir die Diskussion zurück zum Thema bewegen könnten. DER Feminismus hat nämlich so einen Bart. Vielen Dank.
Judith,
Lustig. Nein, weil es offenbar aus feministischer Sicht legitim ist, sich mit derartigen Gedankengängen auseinander zu setzen, und sich dabei noch nicht mal explizit davon zu distanzieren. Klar ist es für eine Frau, die ihren Feminismus anders definiert, unschön mit Solanas in einen Topf geworfen zu werden, aber wenn solche Gedankengänge selbst im vermeintlich modernen Feminismus (und dieses Blog ist sicher eine der Hauptdiskussionsräume des modernen deutschen Feminismus) immer noch als zulässig sind, dann sollte sich jene Feministin nicht wundern, wenn man mal nach ihrer Haltung zu Solanas fragt, bevor man sich mit ihr unterhält. Ich will halt nicht mit jemandem reden, für den/die mein gewaltsamer Tod ein Teil der Lösung des Geschlechterverhältnisses ist. Wenn solchen Ansichten Raum gegeben wird, ist eine – auch teilweise – Identifikation ja zumindest möglich. Und das geht eben gar nicht.
jj,
es verbietet dir auch niemand, jede feministin zu fragen, wie sie zu solanas steht.. und umso erfreulicher, wenn sie dann eine meinung dazu hat, weil sie sich damit auseinander gesetzt hat, oder nicht? kann dir halt passieren, dass die ein oder andere feministin darauf ziemlich genervt reagieren wird und genauso wenig mit jemandem reden möchte, der ihr mörderische absichten unterstellt. aber das sind eben so die konversationellen hürden, die man im alltag meistern muss.
insgesamt ist es wohl aus jeder hinsicht legitim, sich intellektuell mit theorien auseinander zu setzen. egal was das für welche sind. ob sich das immer lohnt und ob man darin etwas für sich suchen will, ist doch wieder eine ganz andere frage.
@jj: 1. Die Frage wer sich wovon distanzieren muss, geht mir gewaltig auf den Keks. Dass sollen nämlich immer Muslim_innen oder Feminist_innen, wenn es um christliche Extremist_innen geht aber nicht mehr die Christ_innen und wir verlangen hier z.B. auch nicht von jedem Kommentator, sich von den Maskulisten explizit zu distanzieren.
2. Wenn Du Dich nicht mit „solchen” Leuten unterhalten willst – lass es! Und damit zurück zum Thema, alle weiteren unpassenden Beiträge werden gelöscht.
@Meredith
ich glaub es ist einfach ein unterschied, ob mir jemand die ansichten oder absichten einer anderen person „vorwirft“, oder mich jemand zu meiner einschätzung dieser befragt.
mir geht es um dieses zitat von stephanie, dem ich nur zustimmen kann:
„Es fehlt schlicht die Struktur, welche erlaubt über die Selbstbezeichnung Feminist_in auf eine Mitverantwortung für den militanten Feminismus zu schließen.“
Einen entscheidenden Unterschied zwischen dem schwarzen Block und dem Konstrukt des militanten Feminismus erkenne ich darin, dass sich die radikale Linke nicht vom schwarzen Block distanziert (und dazu auch eine rege Militanzdebatte führt und Dokumenatation betreibt), während nichtmilitante Feministen und Feministinnen (mir fällt gerade kein anderer Begriff ein) sich schon von der Idee distanzieren, ohne deren evt. praktischen Erfolg, Daseinsformen und Ziele überhaupt durchdacht zu haben.
;-)
Eine Diskussion über feministische Militanz finde ich überfällig und angebracht, nur ist Solanas Manifesto keine gute Basis, denn da steht das Ergebnis ja schon fest. Es sollte bitte ergebnisoffener sei und bitte auch nicht mit breiter Ablehnung beginnen, bevor auch nur eine Auseinandersetzung stettgefunden hat.
@Thomas_Düsseldorf
Nein, die RAF-Frage könnte ich auch nicht beantworten. Allerdings finde ich das mit der guten Theorie auch schwierig. Dass völkischer, rassistischer und sexistischer Kram keinen Platz hat, ist für mich schon mal klar. Aber allein die Annahme einer guten, richtigen Theorie setzt voraus, dass es auch falsche Ansätze gibt, schlimmstenfalls alle außerhalb dieser Theorie. Und das verträgt sich nicht mit der pluralistischen Gesellschaft, in der wir (trotz Kulturindustrie usw. ;)) mittlerweile leben. Dass auch ethisch-herleitbare Systemkritiken Schaden anrichten und Freiheiten beschränken können, ist ja nicht neu.
Andererseits gibt es natürlich auch genug Gruppen, die in dieser Gesellschaft zu kurz kommen. Wer z.B. strickt antikapitalistisch ist, hat es weit schwerer, ihr/sein Leben, nach ihren/seinen Vorstellungen leben zu können. Mit der Frage, wie radikal man dafür kämpfen kann, bin ich dann quasi wieder am Ausgangspunkt der Diskussion. Es ist schon ein Dilemma (Und vermutlich auch bisschen am Thema vorbei, in einem feministischen Blog).
„Dabei waren mir beide Abschnitte wichtig und für die nicht-akademische Beschäftigung damit bzw. der Anregung von Gedanken auch ausreichend?!“
Ah natürlich, da hast du Recht, ich werd momentan vielleicht auch einfach nur zu sehr auf solche Sachen gedrillt. Hatte den Exkurs als Vertiefung des ersten Gedankengangs verstanden, und da ergab sich dann der Hä? Moment. ;)
ich möchte mal ein konkretes Beispiel in die Debatte werfen, in dem es um Feminismus und Militanz geht, jedoch ebenso um die konkreten Umstände und Praxen emanzipatorischer Transformation von Gesellschaft, allerdings „eher vom Rande“ her. Die Revolutionären Gesetze der Frauen der Zapatistas von 1994 in Mexico bezieht sich in zwei Punkten auf die „Gewaltfrage“ im weiteren Sinne: Artikel 1 fordert die uneingeschränkte Partizipationsmöglichkeit aller Frauen am „revolutionären Kampf“, während Artikel 9 Führungspositionen sowie militärische Ränge reklamiert. Alle anderen Artikel beziehen sich auf die materiellen, kulturellen und sozialen Bedingungen, die allein ein Leben „in Würde“ sicher stellen.
Ich finde den zapatistischen Aufstand total interessant, weil er (neben vielen anderen Punkten) die „Dialektik“ des (eben auch bewaffneten) Kampfes um soziale Verbesserungen zeigt. Einerseits ist die Bewaffnung angesichts von paramilitärischer und staatlicher Bedrohung unerlässlich, gleichzeitig reflektieren die Zapatistas von Beginn an die anti-emanzipatorsiche Sogwirkung, die militärische Organisationen auf die zivilen Menschen und Strukturen ausüben.
Und jetzt sagt nicht: Jaja, in Mexico, da muss vielleicht bewaffnet kämpfen, aber hier in Mitteleuropa??? Effizienz in Auseinandersetzungen jedweder Art und die Einhaltung emanzipatorischer Standards sind oft zwei Paar Schuhe, meiner Erfahrung nach. Und die allgemeine scheinbare Schwäche der Linken allenthalben mag das auch belegen…Jedenfalls führt mich das zu zwei Fragen an diejenigen von euch, die sich mit der Theorie des militanten Feminismus schon beschäftigt haben: Werden dort ggf. auch diejenigen (auch histroisch gegebenen) Asueinandersetzungen reflektiert, in denen Frauen militant Kämpfen (die indischen Naxalitinnen sind ein weiteres aktuelles Beispiel)?
Und zweitens: Könnte noch mal jemand zusammenfassen, was die akademische Beschäftigung mit militantem Feminismen für die eigene Praxis bringt?
Solidarische Grüße aus dem mexikanischen Süden
Comandanta Ramona
Hier noch zwei Artikel über die Situation von zapatistischen Frauen:
„We Learn As We Go“ – Zapatista Women Share Their Experiences
The Zapatista Women: The Movement from Within
@Wondergirl
„Ethisch herleitbare“ Systemkritiken richten keinen Schaden an. Nur komische Handlungen, die daraus abgeleitet werden, oder?
Die Kritische Theorie gibt hier einen schönen Ansatz, finde ich.
Echter Pluralismus ist ja schön, aber wenn er darin besteht, dass mensch jeder Kritik sanft entfleuchen kann indem er_sie sagt, dass sei seine_ihre Sicht der Dinge, auch wenn er_sie sie nicht Begründen kann, dann ham wir den Salat: postmodernes Wischiwaschi.
Deswegen war mir eine „ethisch herleitbare“ Theorie wichtig. Im Gegensatz zu einem festen Weltbild, dass nicht hinterfragt werden kann.
Die Frage wie radikal mensch ist, stellt sich auch nicht, wenn man von der schönsten Definition der Radikalität ausgeht, die ich kenne:
„Radikal sein ist die Sache an der Wurzel fassen. Die Wurzel für den Menschen ist aber der Mensch selbst. [..] Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“ Karl Marx (Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, MEW 1:380)
Es kann also ohne weiteres sein, dass Instanzen, die in einer patriarchalen Gesellschaft als normativ gelten und festlegen, was als „zu radikal“ gilt falsch liegen, oder? Das gilt auch für einen Verfassungsschutz oder ein Verfassungsgericht, die ja nicht gottgegeben normativ sind, sondern einfach durch die Zuschreibung der unterdrückenden Gesellschaft.
Deswegen ist ersteinmal wichtig herauszufinden, was als legitime Militanz angesehen werden kann und was nicht, glaube ich. Und da beißt sich die Katze in den Schwanz.
Um den Bogen zurück zu spannen: Ich bezweifle ganz stark, dass ich Ideen von Solanas gutheißen muss, denn ihren theoretischen Überbau hat sie ja auch irgendwoher und nicht aus dem Ärmel geschüttelt. Sollten sich bei Solanas für mich verwertbare, also nicht biologistische oder sexistische Elemente finden, finde ich sie bestimmt auch anderswo.
Kaum bin ich mal ein paar Stunden abgelenkt, kommen 20 neue Kommentare. Ich versuch mal hinterher zu kommen.
@Erna
Gerade diese vielen Möglichkeiten, warum ein Dialog beendet wird, bereiten mir Kopf zerbrechen. Z.B. kenne ich zumindest eine Feministin, die sich auch als militante Feministin begreift. Sie sieht den militanten Feminismus als eine Form von Provokation, welche ihr ermöglicht, die Dringlichkeit ihrer feministischen Anliegen (hier eher autonomer Feminismus) hervorzuheben.
Das Provokationsanliegen kann ich sehr gut nachvollziehen, hätte ich jedoch den Dialog beendet, als ich nur „militanter Feminismus“ hörte, hätte ich viel verpasst.
Ähnlich geht es mir mit vielen anderen potentiellen Ausschlusskriterien: Klar, moralisch einwandfrei sind viele Wendungen nicht, ich weiß nur nicht, warum Feministinnen in einer moralisch nicht einwandfreien Welt, besser sein müssen. Da möchte ich lieber erstmal verstehen, woher diese Wendungen kommen, z.B. die Verwendung des Begriffs „Schwanzträger“.
@Wanda Lismus
Das Thema „feministische Militanz“ fände ich durchaus auch interessant, ist jedoch irgendwie ein anderes Thema. Ich muss mir dazu mal ein paar Gedanken machen und recherchieren, inwiefern Militanz aus feministischer Perspektive anders ist, als z.B. aus linker. Mhh..
@Comandanta Ramona
Danke, dass Du diesen Ansatz miteingebracht hast.
Die Spannung zwischen Zielerreichung und Ziel ist so komplex, dass sich dabei in meinem Kopf immer alles dreht. Als Pazifistin bemühe ich mich keiner Fliege etwas zu leide zu tun und trotzdem möchte ich ab und zu nach der Bewaffnung schreien. Es ist tatsächlich schwierig gegen etablierte Systeme, sei es das Patriarchat oder ein Staat, ohne Gewalt anzukommen, vielleicht sogar unmöglich. Mir fällt keine friedliche „Revolution“ ein, die nicht auch durch äußeren nicht-friedlichen Druck erfolgreich war. Nur weil kein Beispiel da war oder mir einfällt, heißt das ja nicht, dass es nicht möglich ist, aber…
Zu Deinen Fragen:
Bei der Frage nach der Reflektion anderer militanter Kämpfe: Ich weiß es nicht.
Zur Frage nach dem Nutzen für die eigene Praxis: Z.B. kann eine Herangehensweise wie an Brecht viel bringen. Brecht zeichnet ja auch keine Lösung vor, sondern zeigt das Scheitern. Valerie Solanas lese ich ähnlich: Das Manifest zeigt mir, wie eine Frau aufgibt, zu glauben, dass es „besser“ werden kann. Für meine Praxis heißt das: Wenn ich aufhöre zu glauben, dass Engagement für die Gesellschaft etwas bringt – ich keinen Ausweg mehr sehe – werde ich wohl enden wie sie. Sie dient mir als Warnung, auch das Positive zu sehen und trotzdem nicht aufzuhören dafür zu streiten, die „Welt“ zu erschaffen, die ich mir als lebenswert vorstelle. Ganz ähnlich wie @Erna schreibt, nämlich bevor ich allen Männern an die Gurgel gehe.
Es gibt natürlich noch viele andere Möglichkeiten, den militanten Feminismus für sich selbst auszuschlachten.
Was willst Du uns jetzt mit diesem Artikel sagen?
Judith,
„mir geht es um dieses zitat von stephanie, dem ich nur zustimmen kann:
“Es fehlt schlicht die Struktur, welche erlaubt über die Selbstbezeichnung Feminist_in auf eine Mitverantwortung für den militanten Feminismus zu schließen.”“
ich kann nur raten, mal darüber nachzudenken, bei welchen anderen politischen Konzepten Du das auch so sehen würdest, und warum bzw. warum nicht.
@Martina
Inwiefern unterscheidet sich der Subtext Deiner Frage von den Antworten und Fragen der etwa ersten 10 Kommentare?
@jj
Könntest Du aufhören zu orakeln und schreiben, wovon Du sprichst? Ich bekomme Deine Radikalität zur Perfektion von „politischen Konzepten“ schon mit, aber dann sag doch mal, was Du gern hättest. (Die sokratische Methode eignet sich nur bedingt für eine Kommentardiskussion und für politische Praxis.)
Nachdem ich endlich mal ein paar zig der Beiträge dazu durchgelesen habe:
Wäre es eigentlich schon militant mal mit 1000 Feminist_innen in die Piratenpartei einzutreten und bei ihrem Inhalteparteitag ihre „Basisdemokratie“ zu nutzen um die Partei feministisch auszurichten? ;-)
Thomas,
was sollte daran militant sein? Das wäre ein absolut legitimer demokratischer Vorgang. Andererseits – wozu? Es gibt doch schon eine feministische Partei, die sich um Bürgerrechte kümmert – die Grünen.
jj,
ah, ja. Militanz kann also kein demokratisch legitimer Vorgang sein?
(gehört hier nicht her, zeigt mir aber warum du so argumentierst, wie du es tust: Und die Grünen sind schon lange nicht mehr feministisch. Die Chancengleichheit oder sogar nur Chancengerechtigkeit der Grünen hat nix mit feministischer Praxis zu tun)
Thomas,
was sollte daran militant sein? Das wäre ein absolut legitimer demokratischer Vorgang. Andererseits – wozu? Es gibt doch schon eine feministische Partei, die sich um Bürgerrechte kümmert – die Grünen.
Die Auseinandersetzung finde ich hochinteressant und die Analyse der dahinterliegenden Annahmen in einem Beziehungsratgeber und Valerie Solanas bemerkenswert. So hatte ich dies noch gar nicht gesehen, wie die gängigen Klischees Männer sind vom Mars und Frauen von der Venus etwas Männerabwertendes haben.
Bedauerlich finde ich, dass die ursprünglich gute Idee des Feminismus mit seinen berechtigten Anliegen (wie de Beauvoir sie beschrieb) schwerpunktmässig mit weiblicher Militanz in Zusammenhang gesehen wird.
Ohne in die Tiefe zu gehen, war ich ja ebenfalls diesem gängigen Vorurteil aufgelaufen.
Ich denke, Menschen, die 900 Seiten de Beauvoir studieren sind eher die Ausnahme und so transportieren die Medien des Mainstreams die medialen Auffälligkeiten. Berechtigte Anliegen gingen dabei m.E. unter, was ich sehr schade finde.
Nach dem Lesen div. Literatur kann ich das, was die Frauen damals bewegt hat und auch seine militanten Auswirkungen sogar irgendwie nachvollziehen und verstehen. Der Psychoanalytiker Otto Gross formulierte ja zu Beginn des 20. Jh., die „gewöhnliche Ehe basiert auf der Vergewaltigung der Frau“, noch bevor auch Simone de Beauvoir dies m.E. sehr gemäßigt u.a. auf S. 206 oder S. 466 ihres Klassikers aufgriff.
(Quelle : Love me or leave me, Guth/Hammer, S. 192).
Dass jedoch neue Ideen sehr schnell von extremeren Menschen vereinnahmt und schnell dominiert werden können, war schon oft genug zu beobachten wie z.B. linksliberale ausgleichende und kapitalismuskritische politische Ansichten. In der Männersache war die Extremisierungstendenz ja auch schon recht schnell beobachtbar.
Ich denke, es ist wichtig so gut es geht allgemein darauf zu achten (vorausgesetzt man hat die Möglichkeiten dazu) dass gute Ideen und Visionen nicht von Menschen extremisiert werden, die der Sache insgesamt schaden und eine Verbesserung der Verhältnisse somit boykottieren.
@Thomas
Was den „Beziehungsratgebervergleich“ betrifft, gibt es, wie mir im Nachsinnen über Deinen Kommentar ins Auge fiel, einen wichtigen Unterschied zwischen Solanas und Argov.
Natürlich sind beide Übergriffig, wenn sie Menschen qua Geschlechts Eigenschaften zuschreiben. Während aber Solanas eine gewisse Form der Ermächtigung von Frauen vorschlägt, empfiehlt Argov die Anpassung von Frauen an die „männliche Realität“ (Die Ratschläge sehen meist so aus, dass Frauen sich anders verhalten/ändern sollen – egal ob zugeschriebene Eigenschaften oder persönliche Eigenschaften.)
Dementsprechend Männerabwertend ist sicher für beide Autorinnen wahr, aber direkt frauenfeindlich ist nur Argov.
@Stephanie : Diese beschriebene Anpassung an die „männliche Realität“, die von Männern selbst nicht selten auch schonmal schmerzhaft beschrieben wird, habe ich bemerkenswerter Weise auch in der „feministischen Bibel“ recherchiert. Ich hoffe es ist ok, wenn ich dies hierunter eingestellt habe :
http://maedchenmannschaft.net/simone-de-beauvoir-zum-100/#comment-28542
Scheinbar und bedauerlicherweise stehen diese Ratschläge in einer alten Tradition, m.E. begründet in gegebenen Wertvorstellungen.