Berliner Politik zückt den Rotstift: Gesundheits- versorgung von Frauen, Lesben und Trans* gefährdet

Der Lesbenberatung Berlin sollen mitten im laufenden Haushaltsjahr Gelder in der Höhe von 15.000 Euro gestrichen werden. So entschied vor einigen Tagen die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales nach einem Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses. Zusammen mit weiteren 15.000 Euro, die dem Familienplanungszentrum Balance gekürzt werden, sollen die Zuwendungen einem neuen Projekt zur psychologischen Betreuung von wohnungslosen Frauen zur Verfügung gestellt werden.

Somit treffen die Einsparungen ausgerechnet zwei Projekte, die ihre Angebote insbesondere auf Frauen/Lesben/Trans* Gesundheit ausrichten, obwohl Mittel beispielsweise aus der Wohnungslosenhilfe zur Förderung des neuen Projektes herangezogen werden könnten. Die Lesbenberatung Berlin schreibt zur Situation in einer offiziellen Mitteilung:

Die Berliner Abgeordneten vernachlässigen mit ihrer Entscheidung die Gesundheitsversorgung von Lesben, bisexuellen Frauen und Trans* und schränken die schon jetzt nicht ausreichenden finanziellen Mittel massiv ein. Gerade auch für LBT*, die Mehrfachdiskriminierung erfahren, ist die Lesbenberatung Berlin e.V./ LesMigraS mit ihrem Angebot und dem Fokus auf Rassismus, Trans*Diskriminierung und Homophobie, und ihrer Arbeit gegen strukturelle Diskriminierung und Gewalt auf vielen gesellschaftlichen Ebenen in Berlin und anderen Bundesländern diese Landes nahezu allein stehend. Klient_innen und Nutzer_innen suchen gezielt die Lesbenberatung auf, weil sie unsere Arbeit und unsere Ansätze schätzen. Diese, sich über 30 Jahre bewährte Arbeit wird nun, durch die Kürzungen des Senats für Gesundheit und Soziales und den Berliner Abgeordneten, mit Füßen getreten.

[…]

Da das neue Projekt des Abgeordnetenhauses z.T. die gleiche Zielgruppe bedient, werden Gelder nur umverteilt und nicht neu zur Verfügung gestellt. So muss eine lesbische wohnungslose Frau womöglich auf ihr wöchentliches Gruppenangebot in der Lesbenberatung verzichten, das dazu beiträgt, soziale Isolation zu
überwinden, die durch die Folgen von Diskriminierung und Gewalt hervorgerufen wurde. Die beiden Einrichtungen können sich also nur ergänzen. Beide Einrichtungen sind aufeinander angewiesen und können nur als Netzwerk funktionieren. Identität kennt kein Entweder-Oder. Krisenarbeit auch nicht. Ohne die Finanzierung der Lesbenberatung wird diese Zusammenarbeit untergraben. Die Lesbenberatung als unverzichtbare Schnittstelle zwischen Präventions- und Krisenarbeit in Berlin wird ausgehebelt.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband, ein Dachverband, dem die Lesbenberatung angehört, formuliert ebenfalls drastisch:

Frei nach dem Motto „Frauen sollen für Frauen blechen“ sollen jetzt beide Organisationen ihre psychosozialen Angebote für Frauen zusammenstreichen, damit woanders ein neues Angebot für wohnungslose Frauen entstehen kann. Sowohl die Lesbenberatung als auch das Familienplanungszentrum unterstützen unter anderem Frauen in Krisensituationen, um sie vor Obdachlosigkeit zu bewahren. Wenn nötig vermitteln sie in Einzelfällen Plätze in Krisenwohnungen. Will man durch die Streichungen Klientinnen für die neue Beratungsstelle schaffen?

Skandalös ist die Entscheidung der Berliner Politik neben den genannten Gründen auch vor dem Hintergrund der schleichenden Kürzungen im psychosozialen und Antidiskriminierungs-/Antigewalt-Bereich der letzten Jahre, obwohl der Bedarf solcher Anlaufstellen stetig zunimmt. Das Vertrauen in staatliche Institutionen zur Bekämpfung von Diskriminierung und Betreuung von Betroffenen ist gering, wie kürzlich eine Studie, die die Lesbenberatung/LesMigraS durchgeführt hat, bestätigte. Umso deutlicher stehen Politiker_innen in der Verantwortung, die bestehenden Angebote mit weiteren Ressourcen auszustatten.

Die betroffenen Projekte wollen die geplanten Kürzungen nicht hinnehmen und setzen derzeit alle Hebel in Bewegung, die drohende Finanzierungslage abzuwenden. Oppositionsparteien in Berlin haben bereits ihre Unterstützung zugesichert. Auch Rechtsmittel werden aktuell geprüft.

Die Lesbenberatung hat eine Online-Petition eingerichtet, die ihr mitzeichnen könnt, um den öffentlichen Druck auf die Berliner Politik zu erhöhen. Außerdem sammelt die Organisation 1000 Gründe für die Berliner Politiker_innen, warum die Arbeit der Lesbenberatung wichtig ist und auf keinen Fall gekürzt werden darf. Mehr denn je ist die Lesbenberatung auf Spenden angewiesen.

Ein Kommentar zu „Berliner Politik zückt den Rotstift: Gesundheits- versorgung von Frauen, Lesben und Trans* gefährdet

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