Unter dem Motto „Take Back The Night – gegen jegliche Zustände, die unsichtbar machen – am Tag und in der Nacht“ ruft ein Hamburger Bündnis zu einer Demonstration und einem Aktionstag am 30. April in Hamburg auf und aktualisiert damit eine feministische Tradition zur „Walpurgisnacht“ gegen sexistische und sexualisierte Gewalt und Übergriffe zu protestieren. Das Bündnis will auf Sexismus und regressive Geschlechterverhältnisse aufmerksam machen, die Trans und Inter Personen, Frauen und Lesben täglich gewaltvoll zurichtet und_oder in die Unsichtbarkeit verbannt. Aktionstag und Demonstration finden unter Ausschluss von Cis-Typen statt.
Wir unterstützen hiermit den Aufruf des Bündnisses, merken aber kritisch an, dass es durch die Ausschlusspolitik zu Outing-Situationen kommen kann, die von allen Teilnehmer_innen einen sensiblen und respektvollen Umgang miteinander einfordert, die sich keinem Outing ausgesetzt sehen, wenn Räume für FLTI Personen gedacht werden. Der Schutzraum, der durch den Ausschluss von Cis-Typen geschaffen werden soll, ist nicht für alle Teilnehmer_innen gleich, weil Sexismus nicht dann aufhört, wenn Cis-Typen an diesem Tag nicht mitgedacht werden. Problematisch finden wir in diesem Zusammenhang die Türpolitik für die Party am Abend, nach der bei „Unsicherheiten“ der Einlasspersonen an manche Menschen Handzettel ausgeteilt werden mit dem Verweis auf das Motto des Abends. Nach welchen Kriterien werden diese Zettel verteilt? Wieso gehen die möglicherweise cissexistischen „Einordnungsschwierigkeiten“ des Türpersonals zu Lasten von Teilnehmenden? Wieso bekommen nicht alle Gäste einen Handzettel und eine kurze Einweisung an der Tür? Auf welche Schutzbedürfnisse von welchen Personen wird hier Rücksicht genommen?
Desweiteren wünschen wir uns von feministisch arbeitenden Gruppen einen sensibleren Umgang mit Sprache bezüglich rassistischen Verhältnissen. Das Wort „Migrationshintergrund“ sollte in diesem Zusammenhang nicht unkritisch zur Positionierung von Menschen wiederholt werden. Es impliziert, dass weiße Deutsche keine Migrationsgeschichte besitzen und weist dabei gleichzeitig Menschen, die nicht weiß sind, eine „nicht-deutsche“ Identität oder Herkunft zu. „Migrationshintergrund“ dient als sprachliches Klassifizierungsmuster, das über Zugehörigkeiten zu einem konstruierten rassifizierten Kollektiv entscheidet und ist keine „neutrale“ Positionierung, schon gar nicht dann, wenn diese von weißen Deutschen vorgenommen wird.