Heute wird Angela Merkel AcademiaNet, das „Internetportal für herausragende Wissenschaftlerinnen“ vorstellen. Ähnlich wie etwa bei GeekSpeakr sollen dabei Frauen in Bereichen sichtbar gemacht werden, in denen sie oft übersehen werden. Statt um Vorträge und Konferenzen soll es auch um Vorschläge zur Besetzung von Spitzenpositionen, z.B. an Hochschulen und Forschungseinrichtungen gehen.
Die ZEIT bringt dazu ein Interview mit der Biologin Julia Fischer, die auch einige haarsträubende Negativbeispiele erzählt, geschuldet dem bis heute andauernden Geschlechterbildern an deutschen Hochschulen:
Einmal saß ich in einer Berufungskommission, in der wir die Bewerber auf unser Dual Career-Programm aufmerksam machten, das die Stellensuche auch für den Partner erleichtert. Die meisten Männer sagten so etwas wie: Meine Frau ist Technische Assistentin, die kommt einfach mit. Und auf die Frage, welche Vorschläge sie zur Frauenförderung hätten, meinte einer, sein Beitrag zur Gleichberechtigung bestünde darin, dass er seine Frau geheiratet habe.
Es bleibt ein äußerst fader Nachgeschmack. So ist es zunächst ein Armutszeugnis, dass es immer noch eines extra Webportals bedarf, damit herausragende Wissenschaftlerinnen wirklich wahrgenommen werden. Statt weiterer politischer Maßnahmen bleibt es dann auch bei genau einer neuen Webseite. Schließlich nützt diese Seite nur den „herausragenden“ Wissenschaftlerinnen – die mit dem Bachelor/Master-System entstandenen, vielfältigen Probleme werden ebenso ignoriert wie die sich stetig verschlechternden Bedingungen für Doktorand_innen und Post Docs im akademischen Mittelbau.
Der an sich elitäre Raum der Wissenschaft verkommt so langsam zu einem gesichtlosen Massenbildungsproletariat mit einer einzigen Hoffnung: Auf Teufel komm raus exzellent zu werden und zur Belohnung dann auf einer Webseite zu erscheinen. Mit Gleichstellung und Chancengleichheit hat das herzlich wenig zu tun. Mit echter Politik übrigens auch nicht.
Die Sichtweise finde ich ein bisschen zu pessimistisch. Seit die DFG ihre Mittel an Gleichstellungsziele knüpft und die besten Gleichstellungskonzepte prämiert wurden, sehe ich an mittlerweile mehr Unis auch, dass Wissenschaftlerinnen mehr Rückenwind bekommen.
Siehe auch http://www.gesis.org/cews/das-cews/
Oder z.B. http://www.chancengleichheit.uni-bremen.de/
ein weiterer schritt der symbolpolitik. nach dem motto: guck mal so viele spitzen-frauen, die in sich in der männer-domäne durchgesetzt haben.
vllt will Frau Merkel aber auch damit erreichen, dass Wissenschaftlerinnen so wie Wissenchaftler einen engen klüngel um sich scharen, der dann dafür sorgt, das man in der Hierarchie aufsteigt. Wissenschaftlerinnen werden dazu ermutigt die patriachalen strukturen anzunehmen, zu akzeptieren, sich anzupassen, um dann die ellenbogen auszufahren und selbst zu versuchen darin aufzusteigen. stattdessen sollten lieber wege gefunden werden, die die strukturen verändern.