Das Internet ist manchmal wundervoll. Z.B. steht man morgens auf und auf einmal sind überall Videos von Mädchen, die mit ihren Steckenpferden tänzeln, springen, lachen. Das ganze nennt sich Hobbyhorse und in Finnland gibt es tatsächlich Meisterschaften. Nadia und Charlott waren gleich voll auf begeistert. Unseren Enthusiasmus wollen wir gern mit euch teilen. Darum nun hier zum Wochenende hin unsere Gründe, Hobbyhorse zu feiern:
1. „Hier können Mädchen frei sein. Hier gibt es keine Jungs, die ihnen sagen, was sie zu tun haben“, argumentiert Alisa Aarniomaki in einem Video. Denn auch wenn sich einige vielleicht lustig machen, beim Hobbyhorse haben sich Mädchen einen Raum geschaffen, den sie so ausgestalten, wie es ihnen gefällt.
2. Die kleine Reeta erzählt im Hobbyhorse Revolution-Trailer dass die meisten Leute ihr Hobby typischerweise als „Baby-like“ und „peinlich“ bezeichnen – eine typische Vorgehensweise wenn es darum geht eher Mädchen-besetzte Freizeitbeschäftigungen, Spielzeug und DIY zu deklassieren (etwas, worin auch vermeintliche Feminist_innen oft ganz groß sind). Die Hobbyhorse-Gang lässt sich davon nicht beirren, und auch wir finden: Feminitätsfeindlichkeit ist Dreck! Wir wollen lieber female Empowerment und Girl Power!
3. Hobbyhorse ist vielleicht ein Wettkampfsport, aber das hindert die Mädchen nicht daran, sich gegenseitig zu unterstützen, eigenes Wissen weiterzugeben und sich aufzubauen: „I am trying to bring out what is good in her. So she can see it, too.“
4. Hoch springen, ausgeklügelte Choreographien für die Dressur merken und dann basteln die Sportlerinnen ihre Pferde auch noch zu meist selbst. Anleitungsvideos auf Youtube können dann schon einmal über 28.000 mal angesehen werden.
5. „Hobbyhorse Revolution“ ist vor allem auch eine Ode an die Freund_innenschaft. „Du bist mit Deinen Freunden zusammen“, betont Elsa Salo, die nach der Scheidung ihrer Eltern jahrelang vor allem in ihrer Hobbyhorse-Squad Kraft und Halt gefunden hat. Wie sorgsam und unterstützend die Mädchen miteinander umgehen: Allein dafür haben wir ganz viel Liebe!
6. Mutig sein. Und einfach mal einen Scheiß auf alles geben: „Andere Leute finden das erstmal sehr bizarr, vor allem wenn sie es zum ersten Mal sehen“, erklärt Taija Turkki, die als Hobbyhorse-Coach aktiv ist. „Die denken, dass wir denken, dass die Pferde echt sind – was wir natürlich nicht tun.“ Mariam Njie, in Hobbyhorse-Kreisen sehr bewundert und fast schon eine Sport-Veteranin in diesem Feld, schämte sich lange für den Sport und betrieb ihn vorwiegend heimlich. Die Doku schildert ihren Weg von „Shame“ zu „Pride“ und steht damit stellvertretend für etwas, was viele junge Mädchen durchleben.
7. Keine strikten Regeln, keine pompösen Zeremonien, stattdessen volle Kraft voraus in den sozialen Medien und eine ordentliche Portion female bonding: Es geht beim Hobbyhorsing insbesondere um kreative Freiheit und eine außerordentliche Vorstellungskraft betont Alisa Aarniomaki. Mehr Witchcraft in einer Sportart geht eigentlich kaum noch!
8. Selbst die Filmemacherin Selma Vihunen, deren Kurzfilm Pitääkö mun kaikki hoitaa? 2015 für einen Oscar nominiert war, hat sich anfangs noch über Hobbyhorse kaputt gelacht – gleichzeitig wollte sie aber mehr über dieses Phänomen erfahren, was letzten Endes zu ihrem Filmprojekt führte. Kaum steckte sie in den Dreharbeiten, verfiel sie dem Charme der Bewegung: „It kind of opened a whole new universe. It just was like a therapy for me and a second life.“ Heute lacht sie nicht mehr über Hobbyhorsing, sondern ist selbst Fan der Community, und das merkt man der Doku an: „There’s some special freedom in the community, I think. Maybe it’s the skill of using your imagination and also allowing other people to use theirs and kind of interacting in the level of people’s imaginations. Maybe there’s something in that that develops people’s ability to accept difference and just to be more open-minded.“
Die Doku über den Sport und seine Subkultur von Vihunen lief Ende März in Finnland im Kino an. Wir können zumindest den Trailer schon Mal genießen: