Dieses Statement ist aus der Perspektive der weiß positionierten Autorinnen der Mädchenmannschaft geschrieben, da diese die Verantwortung für die Ermöglichung rassistischer Reproduktionen während der Jubiläumsfeier der Mädchenmannschaft tragen. Dennoch haben Nadia, Sabine und accalmie in den letzten Tagen intensiv ihre Ressourcen und vor allem Energie zur Verfügung gestellt, in dem sie in ausführlichen E-Mails Feedback gaben und Kritik äußerten, an Texten (mit)gearbeitet und an internen Diskussionen teilgenommen haben. Im Statement ist von verschiedenen „wir“ und „uns“ die Rede. In den bisher geführten internen Diskussionen wurde diese Problematik mehrfach von allen diskutiert, da dies eine Differenzierung zwischen den weiß positionierten und of Color Perspektiven darstellt, mit der nicht alle Women of Color innerhalb des Mädchenmannschaftskollektives zu jedem Zeitpunkt glücklich und einverstanden sind. Wie dieser Widerspruch, unsere verschiedenen Positioniertheiten in einem gemeinsamen „wir“ zu versammeln, gleichzeitg aber unterschiedliche Verantwortlichkeiten kenntlich zu machen, gelöst werden kann oder ob er überhaupt lösbar sein kann, dafür haben wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine abschließende Antwort finden können.
Am vergangenen Samstag kam es auf der Geburtstagsfeier der Mädchenmannschaft während der Podiumsdiskussion „Netzinitivativen“ zu wiederholten rassistischen Handlungen. Wir bitten um Entschuldigung für die Duldung dieser Vorfälle, unsere unangemessene Reaktion darauf und unsere Unfähigkeit, einen safer space für People of Color herzustellen. Das war vollkommen inakzeptabel und ein Zeugnis mangelnder awareness und Vorbereitung. Wir bitten auch dafür um Entschuldigung, dass es mehrere Tage gedauert hat, bis dieses Statement veröffentlicht werden konnte und dass wir uns auch erst am Dienstag an die Podiumsteilnehmerinnen Dr. Daniele G. Daude und Julia Brilling sowie an Noah Sow, die ursprünglich als Musikerin auf der Veranstaltung gebucht war, direkt gewendet haben, als uns bereits Kritik per E-Mail von Dr. Daniele G. Daude und Julia Brilling erreicht hatte.
Gedächtnisprotokoll zur Podiumsdiskussion „Netzinitiativen“
Auf dem Podium saßen Julia Brilling für Hollaback!BLN, Dr. Daniele G. Daude für Bühnenwatch und Sandra Steinitz für Sl*twalk Berlin (im Folgenden benannt mit SW bzw. SW Berlin). Moderiert werden sollte das Podium von Anna-Sarah von der Mädchenmannschaft (MM).
Nach der Vorstellung der Initiativen durch die Podiumsteilnehmerinnen äußerten Dr. Daniele G. Daude und Julia Brilling mehrfach Kritik am Umgang der SW-Organisator_innen mit den aktuellen Blackface- und Niqab-Vorfällen auf dem SW Berlin 2012, bezogen sich dabei auch konkret auf die Debatte bei Facebook, die am Tag der MM-Veranstaltung ein besonderes Ausmaß an Zurschaustellung weißer Überlegenheitsgesten und Rassismusverharmlosung erreichte (eine entsprechende Contentwarnung gilt für den verlinkten Facebook-Thread). Kritik wurde von beiden auch am Umgang der SW-Orga mit den Kritiken aus dem vergangenen Jahr geäußert, es ging z.B. um die Problematik der Aneignung des Wortes ‚Sl*t‘ (‚Schl*mp*‘), weiterhin um produzierte Ausschlüsse und die Ignoranz diesen gegenüber.
Sandra Steinitz verstrickte sich in Rechtfertigungsversuche und derailte die von Dr. Daniele G. Daude und Julia Brilling geäußerte Kritik, Unmut von Teilnehmer_innen of Color und von wenigen weiß positionierten Teilnehmer_innen aus dem Publikum folgte, sowie weiterhin Kritik von Julia Brilling und Dr. Daniele G. Daude an konkreten Aussagen von Sandra Steinitz.
Im Publikum gaben sich vier bis fünf weiß Positionierte als Organisator_innen von SW Berlin zu erkennen und skandalisierten den Diskussionsverlauf, ebenfalls mit Rechtfertigungen, Abwehrhaltung und Derailing, zum Teil mit Umkehrungsrhetoriken. Julia Brilling und Dr. Daniele G. Daude reagierten, ebenso Teilnehmer_innen of Color und wenige weiß positionierte Teilnehmer_innen.
Anna-Sarah lenkte die Debatte auf ein neues Thema, doch die anwesenden SW-Organisator_innen kommentierten weiter das zuvor Gesagte und unterbrachen mehrfach. Sabine stand auf und wies eine der Organisator_innen zurecht.
Die Organisator_innen von SW Berlin äußerten sich wiederholt rassistisch und reproduzierten weiße Dominanz und Abwehr. Einige Teilnehmer_innen of Color verließen den Raum.
Nach einem Signal von und Verständigung mit Sabine stoppte Magda den Verlauf der Podiumsdiskussion mit dem Verweis, dass gerade Women of Color den Raum verlassen haben und ein Weitermachen keinen Sinn ergäbe. Ein_e Teilnehmer_in kritisierte, dass Betroffene den Raum verlassen müssen und nicht die Sl*twalk-Organisator_innen. Nach der Beendigung der Podiumsdiskussion verließ die SW-Orga den Raum besonders sicht- und hörbar, indem sie sich zudem gegenseitig Mitleid aussprachen für die „schlimme Situation“.
Noah Sow sagte daraufhin ihr Konzert ab und gab die Bühne frei für ein spontanes Panel von WoC. Auf dem Panel: Dr. Daniele G. Daude, Noah Sow und die Mädchenmannschaftsautorinnen accalmie, Nadia und Sabine. Sie äußerten Kritik am Verlauf der letzten Veranstaltung, am weiß positionierten Teil der Mädchenmannschaft als Organisatorinnen sowie ungenügender Sensibilität für safer spaces für Menschen, die von Rassismus betroffen sind. Bis auf wenige Teilnehmer_innen waren alle noch dagebliebenen Teilnehmer_innen und Organisatorinnen der Veranstaltung anwesend (etwa 50). Nach etwa einer halben Stunde war dieses spontane Panel beendet und damit gleichzeitig die gesamte Veranstaltung.
Selbstkritik
Auf der Veranstaltung wurden Rassismen reproduziert, weiße Dominanzstrategien konnten ausgeübt werden und wurden von Seiten der weiß positionierten MM-Orgas bis zum Abbruch der Veranstaltung nicht unterbunden. Dr. Daniele G. Daude und Julia Brilling erfuhren bei ihren Interventionen von den Verantwortlichen unter uns keinerlei Unterstützung. Nicht alle weiß positionierten MM-Orgas waren für die Dauer der Veranstaltung anwesend und_oder intervenierten. Lediglich Magda intervenierte auf Sabines Handzeichen hin sicht- und hörbar mit dem Abbruch der Veranstaltung. Dieser viel zu späte Stopp der Podiumsdiskussion führte allerdings auch dazu, dass Dr Daniele G. Daude und Julia Brilling auf dem Podium ihre Kritik weder an die SW-Organisator_innen, noch an die Moderation und die Veranstalterinnen des Events richten konnten und ist somit mehrfach kritikwürdig: Nicht nur wurde zu spät von den Verantwortlichen unter uns interveniert, im Augenblick der Intervention wurde auch der Raum für Kritik an der Veranstaltung und den Veranstalterinnen geschlossen. Aufgrund der Unfähigkeiten weiß positionierter Mädchenmannschaftsautorinnen mussten sich Dr. Daniele Daude und Julia Brilling, die eigentlich von uns eingeladen worden waren, um die Arbeit von Bühnenwatch und Hollaback!BLN vorzustellen, in einer Rolle auf dem Podium wiederfinden, die mit der ursprünglich vorgesehenen und von ihnen akzeptierten kaum noch etwas zu tun hatte. Diese Unfähigkeiten haben auch dazu geführt, dass wir erst einige Tage nach der Veranstaltung (und erst nachdem uns das Feedback der beiden erreicht hat) an Dr. Daniele G. Daude und Julia Brilling persönlich herangetreten sind, um für diese Zumutungen um Entschuldigung zu bitten.
Im Vorfeld der Party hatten wir Richtlinien formuliert, die in dem Veranstaltungsprogramm, welches am Samstag ausgehängt war und auch für die Besucher_innen zum Mitnehmen bereit lag, abgedruckt waren. In diesen versuchten wir deutlich zu machen, dass es sich bei #MMwird5 um eine feministische Veranstaltung handelt, die einen herrschaftskritischen Anspruch erhebt, dass wir als Veranstalterinnen diskriminierende (Sprach)Handlungen nicht dulden und im Fall von solchen Interventionen erfolgen müssen. Diese Guidelines wurden von den weiß positionierten Organisatorinnen nicht beachtet/nicht in Anspruch genommen.
Die MM-Organisatorinnen hatten bereits vor Beginn der Planungszeit für die Veranstaltung Kenntnis von den Kritiken an der SW-Bewegung, auch speziell an der SW Berlin Orga von 2012 und aus dem vergangenen Jahr. Dies war für uns jedoch kein Grund eine Einladung von SW Berlin zu #MMwird5 nicht in Erwägung zu ziehen. Auch am Tag des SW selbst hatten wir bereits Kenntnis von den Blackface und Niqab-Vorfällen. Auch das war für uns kein Grund, SW Berlin wieder auszuladen, die einen Tag später ihre definitive Zusage zur Podiumsdiskussion bekundeten. Aus der Nachfrage seitens der SW-Orga, ob sie mit zwei Vertreter_innen auf dem Podium sitzen könnten, ergab sich für uns keine interne Problematisierung dieser Forderung. Wir lehnten die Bitte der SW-Orga ab, danach kommunizierte die Moderatorin weiter mit den Podiumsteilnehmerinnen.
Am Tag der Veranstaltung erreichte uns mehrfach die Frage, ob wir nach den aktuellen Vorfällen auf dem SW und den Rassismus reproduzierenden Äußerungen die Podiumsteilnehmerin der SW-Orga nicht wieder ausladen wollen_könnten. Wir diskutierten diese Hinweise mehrfach in verschiedenen Personenkonstellationen, auch wenige Stunden vor der Podiumsdiskussion (Anna-Sarah, Sabine, Nadine), diese Diskussionen führten aber zu keinen konkreten Ergebnissen. Eine Ausladung wurde von uns in Betracht gezogen, aber nicht weiter verfolgt.
Den weiß positionierten MM-Orgas hätte klar sein müssen, dass auf der Podiumsdiskussion Rassismen reproduziert werden könnten. Die Vorfälle während des Panels kamen also für keine von uns überraschend. Wenn schon keine Ausladung von unserer Seite erfolgte, hätte also eine Erklärung, welchen Zweck wir der Diskussion in der vorliegenden Konstellation zugedacht hatten, sowie sofortige Intervention (und ggf. Ausschluss_Raumverweis) durch die weiß positionierten MM-Orgas bei den ersten problematischen Sätzen erfolgen müssen. Ersteres ist nicht passiert (weder gegenüber den Teilnehmerinnen auf dem Podium, noch gegenüber dem Publikum), letzteres erst viel zu spät. Dieses Feedback wurde auch direkt nach der Podiumsdiskussion an uns herangetragen sowie als Kritik in unserer Feedbackbox formuliert.
Der SW Berlin war zu der Diskussion eingeladen worden, weil wir Organisationen dabei haben wollten, die den Brückenschlag zwischen Online-Gründung_Planung und Offline-Aktionen schafften. Außerdem sollte es Raum für die (notwendigen) Kritiken geben. Eine Ausladung schätzten einige weiß Positionierte von uns als Paternalismus gegenüber Kritiker_innen ein. Diese Einschätzung war falsch, weil wir damit den weißen Dominanzstrategien der SW Berlin Orga Raum gegeben haben. Der Raum für Kritik wurde auf dem Rücken von PoC und anderen Betroffenen von Rassismus unsererseits bereitgestellt, weshalb die weiß positionierten MM-Veranstalterinnen Verantwortung für die ausbleibenden Interventionen und mehrfachen Wiederholungen von Rassismen und weißen Dominanzen tragen. Das Panel hätte auch ohne die Slutwalk-Orga stattfinden können. Letzten Endes lag der Fokus stärker darauf, das Panel zu organisieren und zu besetzen, als darauf, eine entsprechende awareness-Struktur zu schaffen. Das Stattfinden der Diskussion stand im Vordergrund und wir haben in Kauf genommen, dass dies auf Kosten eines halbwegs sicheren Raumes für PoC geschieht.
Unabhängig von dem Panel zeigte sich unsere geringe awareness auch darin, dass wir einen Workshop durch eine Mädchenmannschafts-Kolumnistin zugelassen haben, in dem alleinig aus einer weißen Position über Frauen in der ägyptischen Revolution gesprochen wurde und – nach Berichten – die Diskussion sich fast ausschließlich um das Thema „Kopftuch“ drehte. Keine von uns war in diesem Workshop anwesend und intervenierte. Einige weiß positionierte Autorinnen und Nadia aus dem MM-Team hatten den Workshop bereits im Vorfeld diskutiert, nachdem der erste Titelvorschlag der Referentin durch das Orgateam abgelehnt worden war. Es hatte also auch in diesem Fall Bedenken gegeben, die nicht zu einschreitenden Aktionen geführt haben.
Trotz der internen Bedenken auch bei weiß positionierten Organisatorinnen der Veranstaltung bezüglich der Reproduktion von Rassismen und der Gefährdung eines in Ansätzen „sicheren“ Raumes für PoC und Betroffene von Rassismus, auch – aber nicht nur – im Kontext der Podiumsdiskussion und des Workshops zur ägyptischen Revolution, wurde nur zeitweise oder im Fall des Workshops gar nicht über eine Umbesetzung der jeweiligen Veranstaltungen mit einer anderen Initiative/einer anderen Workshop-gebenden Person nachgedacht.
Insgesamt gab es keine internen Diskussionen und Arbeitsprozesse zur Gestaltung eines „sicheren“ Raumes für People of Color und Betroffene von Rassismus. Die weiß positionierten Organisatorinnen von uns erwarteten nicht, dass sich dieser Raum von selbst schaffen würde, unternahmen dennoch nur wenige Anstrengungen diesbezüglich. Zwar konzipierten sie die Veranstaltung insgesamt mit einem rassismuskritischen Anspruch, wurden diesem aber nicht gerecht, weil sie ihn nicht konsequent dauerhaft und intensiv mitgedacht hatten, dementsprechend keine konkreten Maßnahmen überlegt und umgesetzt wurden.
Die weiß positionierten Organisatorinnen haben keine Struktur geschaffen, in der sich weiß positionierte Teilnehmer_innen in der (Mit)Verantwortung sahen zu intervenieren. Die Veranstaltung war trotz der Erfahrungen, dass dies nötig sein würde, nicht so vorbereitet/konzipiert, dass sich alle, die partizipieren, als verantwortlich begreifen müssen. Es gab zwar Verhaltens-Guidelines, doch wurde auf diese weder konsequent und regelmäßig hingewiesen, noch gab es genügend Personen, die konkret auf die Einhaltung geachtet haben.
Dauerhafte Arbeits- und Kritikprozesse während der Organisationsarbeit für die Veranstaltung mit den Autorinnen of Color der Mädchenmannschaft wurden nicht in Betracht gezogen, weil die weiß Positionierten nicht die Ressourcen von Betroffenen in Anspruch nehmen wollten. Wir erkennen an, dass diese Haltung eine Überschätzung unserer Kompetenzen in Sachen Rassismuskritik, Inklusions- und Raumpolitik, Unterstützungs- und Interventionspraxis darstellte, wie die Realitäten zeigen. Wir haben darüber hinaus zu spät erkannt, dass „Raum geben für Kritik am SW“ und „sicheren“ Raum für Betroffene von Rassismus schaffen sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern dass es Aufgabe der weiß positionierten MM-Veranstalterinnen gewesen wäre, diesen Ort für Artikulationen möglichst frei von Rassismen zu halten oder im schlechtesten Fall sofort zu intervenieren. Wir waren nicht dazu in der Lage, einen solchen Ort zu schaffen. Dafür und für die Konsequenzen, die dies für nicht weiß positionierte Teilnehmer_innen auf dem Podium und im Publikum hatte, bitten wir um Entschuldigung.
Letztlich konnten sich auf #MMwird5 lediglich weiß positionierte Personen halbwegs sicher bewegen, eine antisexistische Infrastruktur haben wir in Teilen ermöglicht, eine antirassistische und rassismuskritische jedoch nicht. In einigen Sexismus reproduzierenden Situationen haben wir interveniert, in anderen, die wir im Nachhinein zugetragen bekamen, nicht. Diskussionen und Gespräche mit einigen Betroffenen haben wir bereits vor Ort geführt. Auch wurde auf der Veranstaltung offensichtlich, dass Themen und Positioniertheiten bezüglich der Überlagerung verschiedener Machtverhältnisse unsichtbar waren und_oder nicht genügend Sensibilität und Beachtung erfuhren.
Schlussfolgerungen
Wir haben uns in den letzten Tagen intern intensiv mit der Veranstaltung auseinandergesetzt. Dieses Statement verstehen wir nicht als Abschluss, sondern als Beginn weiterer Auseinandersetzungen mit weißen Dominanzstrategien, Privilegien und Machtverhältnissen, auch innerhalb der Mädchenmannschafts-internen Strukturen. Für uns stellen sich zum jetzigen Zeitpunkt folgende Fragen: Welche sozialen Positioniertheiten erhalten in der Konsequenz welchen und wieviel Raum bei uns? Wem ist es überhaupt möglich ohne die Gefahr weiterer Verletzungen an der Mädchenmannschaft zu partizipieren? Welche Ressourcen werden zur Verfügung gestellt, welche werden in Anspruch genommen? In welchen Situationen und in welchem Ausmaß kommen gesellschaftlich hergestellte und zugewiesene Privilegierungen zum Tragen? Wie können wir anderen Positioniertheiten mehr Raum geben bzw. Raum, den wir uns als weiß Positionierte nehmen, abgeben, ohne weiße Dominanzstrategien und Privilegierungen fortzuschreiben, Verantwortung oder Aufgaben an andere zu delegieren? Wie können interne Strukturen so gestaltet werden, dass sich die Autorinnen, die bereits Teil des Teams sind, wohl_er fühlen?
Uns ist bewusst, dass diese Fragen noch sehr allgemein gehalten sind, sie sollen erste Erkenntnisprozesse spiegeln und ständiger Anstoß für praktische Überlegungen sein. Nachfolgend haben wir uns Gedanken gemacht, wie ein erster Entwurf dieser Überlegungen aus weiß positionierter Perspektive aussehen könnte.
In der nächsten Zeit werden wir das Gespräch mit Teilnehmer_innen von #MMwird5 suchen und Feedback und Kritik in unsere Aufarbeitungs- und Reflexionsprozesse einbeziehen. Wir wollen uns konkret mit den Privilegien und Machtprozessen, die auch der (Zusammen)Arbeit der Mädchenmannschaft zu Grunde liegen, auseinandersetzen und uns vor allem auch hinsichtlich Interventionsmöglichkeiten von privilegiert Positionierten schulen. Die Ergebnisse dieser Arbeitsprozesse sollen nach Möglichkeit transparent und offen für Kritik_Interventionen gestaltet werden.
Bezüglich des Workshops „Frauen in der ägyptischen Revolution“ werden wir die Kolumnistin der Mädchenmannschaft, die den Workshop gegeben hat, mit der Kritik konfrontieren und eine Stellungnahme einfordern. Sollte sich die Verantwortungsübernahme der betreffenden Workshopgeberin als weiß Positionierte in diesem Aufarbeitungsprozess nicht wiederfinden, halten wir personelle Konsequenzen nicht für ausgeschlossen.
Wir wollen zukünftig mögliche Ausschlüsse von bestimmten Personen und Initiativen schon vor politischen Veranstaltungen konsequenter diskutieren, aber auch insgesamt unsere Bündnispolitik sensibler gestalten. Dabei wollen wir transparent machen, warum wir bestimmte Initiativen/ Organisationen/ Aktionen unterstützen und warum andere nicht.
Auf zukünftigen Veranstaltungen der Mädchenmannschaft müssen wir für die Anwesenheit von Personen sorgen, die sich kontinuierlich dafür verantwortlich fühlen, diskriminierende Aussagen und Handlungen zu ahnden (Awareness-Team). Entsprechend wollen wir selbst uns nicht nur auf Mädchenmannschafts-eigenen Veranstaltungen als aktive Teilnehmerinnen in der Verantwortung und Lage sehen, zu intervenieren.
Eine Möglichkeit, uns entsprechend zu sensibilisieren, sehen wir in einem Critical Whiteness Training für die weiß positionierten Autorinnen unter uns, um uns hinsichtlich eigener Privilegien stärker zu sensibilisieren und an Interventionsmöglichkeiten und -verantwortlichkeiten praktisch zu arbeiten. Über weitere Handlungsansätze werden wir uns in der kommenden Zeit informieren und austauschen.
Abschließend wollen wir uns für die Kritik_en und Rückmeldungen, die wir im Zuge von #MMwird5 bekommen haben, bedanken, weil diese bestimmte Erkenntnissprozesse ermöglicht oder angeregt haben. Wir sind uns darüber im Klaren, dass diese Erkenntnisprozesse auf dem Rücken von People of Color und anderen von Rassismus betroffenen Personen angestoßen wurden und möchten deswegen nochmals um Entschuldigung bitten.
Anna, Anna-Sarah, Charlott, Helga, Magda, Nadine, Viruletta
Ich möchte mich für eure Stellungnahme bedanken, und für die Zusammenfassung der Ereignisse, und dass ihr einen Einblick in den Ablauf „hinter den Kulissen“ gewährt habt. Das hilft mir auch bei den Überlegungen weiter, die der Event bei mir persönlich angestossen hat.
eine andere wichtige frage fände ich-ganz untheoretisch:wie verhindert man sowas in zukunft.
aus meinen eigenen erfahrungen im bezug auf, sagen wir zivilcourage in fällen wo es andere oder mich selbt betraf (ich trage kopftuch, bin aber weiß) weiß ich, dass es einem selbst sehr schwer fällt in solchen augenblicken den mund aufzumachen.
warum? ich denke sowas müsste man wissen und das ganz allgemein denn das problem besteht denke ich insgesamt-dass man sich nicht traut aufzustehen und laut für die grenzen und positionen einzustehen die man vertritt, egal ob man übergriffiges *istisches verhalten beobachtet oder selbst Opfer wird.
ich weiß z.b ich schon schwierigkeiten hätte in einer veranstaltung aufzustehen-was sage ich, wie sage ich, wie reagiere ich adäquat(wenn ich sauer werde habe ich schlechte impulskontrolle) wie unterdrücke ich die Nervosität und das sich scheiße fühlen um anderen menschen oder mir selbst sicherheit zu geben.
es geht also auch denke ich, im grunde um Selbstbehauptung, „das maul aufmachen“, Deutungshoheit zurückfordern.
für solche veranstaltungen wäre es wohl wichtig, nicht nur mit den moderatoren sondern mit allen soetwas durchzugehen-vielleicht in einer begrüßungsveranstaltung in der man klar macht, was unerwünscht ist und vor allem welche zeichen ein publikum geben kann.
vielleicht kann man eine rote karte verteilen die man heben kann-das kann bei schüchternen oder einfach unsicheren menschen schon helfen. ich hab die erfahrung gemacht dass es meist einen anfang braucht und dann viele menschen einsteigen-in der gruppe ist man stark aber diesen anfang zu machen ist das, was schwer fällt weil man sich damit exponiert, angreifbar und vor allem bewertbar macht.
derjenige der die rote karte zeigt-oder sagen wir, wenn es mehr als 2,3 leute tun, könnten dann gebeten werden kurz zu erklären was das problem ist, zu kritisieren. in diesem fall der ja sehr eindeutig liegt hätte das, denke ich, bzw hoffe ich inständig, dazu geführt dass mehr menschen sich positioniert hätten und dann in der gruppe agiert hätten. gemeinsam stärke gezeigt.
auch hätte man in der Begrüßung sagen können, welche Verhaltensweisen in solchen eskalierenden Situationen erwartet werden oder eben von den Moderatoren durchgeführt würden, man könnte allen ZuhörerInnen und ModeratorInnen vorstellen, welche Sanktions und Reaktions/Interaktionsmöglichkeiten es gibt und darauf verweisen, dass TeilnehmerInnen der veranstaltung oder des vortrages verwiesen werden können wenn sie dauerhaft *ismen reproduzieren oder sich anderweitig scheiße verhalten.
also ein gemeinsames hallo, Karten* austeilen und dann besprechen, was geschieht wenn es brennt-denn auch wenn man gemeinsam hofft eine gute sichere zeit zu haben muss man leider damit rechnen, dass andere egoistisch genug sind ihr scheißverhalten allen anderen aufzudrücken. dann erklärt man welche Interventionsmöglichkeiten moderation und Publikum haben.
un vielleicht wäre ein moderationsseminar oder so etwas nicht verkehrt.
ich weiß nur aus meiner erfahrung wie schwer es ist zu moderieren und zu verhindert dass man sich z.b auf ein Thema fokussiert oder menschen durch fehlerhafte moderation ausschliesst.
Man könnte es so regeln, dass zuerst jeder sein Thema vorstellt, sodass jeder erst mal garantierte feste zeit hat ums ich und das thema vorzustellen und danach beginnt man mit der Diskussion, dazu könnte es einfach eine feste Redezeitregelung geben(jeder nur 3 oder 5 minuten redezeit, doppelte Meldungen erst nachdem alle, die sich gemeldet haben etwas sagen konnten-dazu kann man eine liste führen) damit nicht einzelne Menschen die, wie ich zu lange reden (ohne das zu bemerken)und damit andere stören oder verdrängen, eingeschränkt werden können ohne irgendwie unfair zu werden.
*die karten könnten 2 Seiten haben-eine weiße auf der eine Nummer steht (hilft bei einer Redezeitliste wenn man die Namen der TeilnehmerInnen nicht kennt)
und auf der anderen seite könnten sie rot sein damit man wenn soetwas wie hier genannt passiert sich eindeutig positionieren kann ohne sich, sagen wir zu entblößen(indem man eben sichtbar wird)zu müssen oder sich durch aufstehen und rufen verletzlich zu machen.
==derjenige der die rote karte zeigt-oder sagen wir, wenn es mehr als 2,3 leute tun, könnten dann gebeten werden kurz zu erklären was das problem ist, zu kritisieren.===
Erstens: der_diejenige der_die die rote karte. Soviel Zeit sollte gerade hier sein!
Zweitens: Warum soll die_derjenige der_dem Gewalt widerfährt auch noch dem_der Täter_in erklären müssen, warum sie_er jetzt die Notbremse zieht und sie_er nicht möchte, dass der_die Täter_in weiterhin gewaltsam ihr_ihmgegenüber ist. Es kann nicht die Aufgabe des_der Betroffene_n sein Rassist_innen ihren Rassimus auch noch erklären zu müssen. Der_die Täter_in muss da sein_ihr Verhalten schon selbst reflektieren!
Gerade in einem non safe space wie dem oben beschriebenen müsste dann ein_e people of color einem vermutlich mehrheitlich weiß positionierten Plenum erklären, warum sie_er gerade viktimisiert wird und müsste damit rechnen, dass weißes Dominanzgebahren die ihr_ihm widerfahrene Gewalt in Frage stellt.
Und warum 2-3 rote Karten? Eine rote Karte muss reichen. Gewalt wird nicht erst gewaltsam wenn sie mehreren people of color widerfährt. Deine Idee führt nur zur weiteren Festigung der dominanzstrategien der weiß positionierten und gegenseitiger Versicherung kein_e Rassist_in zu sein.
== Gerade in einem non safe space wie dem oben beschriebene müsste dann ein_e people of color einem ==
1. person of color. Soviel Zeit sollte gerade hier sein.
paternalistischer macker!
ich als sog. p.o.c. muss jetzt echt mal was loswerden<. ich bezeichne mich als "ausländerin" und mach dann die anführungsstriche mit den händen. oder auch als deutsche wie ich grad bock hab. ich kenn critical whiteness theorien und seminare… die dt. gesellschaft ist rassistisch. wie sollen WEISSE diesen raum schaffen? als orga team sollen sie verantwortlich sein dies zu tun? wenn sie so etwas versuchen ist es ok. wenn sie dann in derselben absicht für "p.o.c." das wort ergreifen ist es dann wirklich paternalismus oder ist es den raum verteidigen? p.o.c ist akademisches gelaber, die z.b. meine ausländische mutter gar nicht checkt. how about that for ausschluss?
Ich war nicht anwesend und habe Mühe, aus diesem Text zu lernen, was dort genau passierte. Wo gibt es eine Zusammenfassung der Ereignisse (vielleicht mit neutralem PoV)
Ich habe nämlich Mühe mit Deutsch und solche Texte sind für mich sehr schwer.
Hallo Jelena,
accalmie hatte etwas dazu geschrieben, auf Englisch (ich hoffe, das ist hilfreich).
@janine – soweit ich weiss, ist dieses sog. WoC (und PoC) eine selbstbestimmte definition von menschen.
hierzu können für mich lediglich die menschen, die sich selbst so definieren etwas sagen.
m.E.n. speziell und generell eine der inhalte von sog. autonomer frauenbewegung (neusprech : feminismus) – thema selbstbestimmung :
„This tribe called “Women of Color” is not an ethnicity.
It is one of the inventions of solidarity, an alliance, a political necessity that is not the given name of every female with dark skin and a colonized tongue, but rather a choice about how to resist and with whom.“
– Aurora Levins Morales
@Maedchenmannschaft : eure stellungnahme habe ich mehrmals gelesen. nur eines darf ich dazu vllt. sagen, weil es mir positiv aufgefallen ist – thema sprache, wirkung und umgang damit.
„Wir bitten auch dafür um Entschuldigung, …“
genau dies macht für mich den unterschied zu den vielen vorfällen, die sonst im dt. malestream (und medien-neusprech) dieses jahr stattgefunden haben und was von „sich entschuldigen“ gelabert wurde und wird.
danke.