Sprache schafft Welt, stützt Strukturen, re_produziert diese und macht unsichtbar, schließt aus und übt Gewalt aus. Jede Diskriminierung durch Sprache ist ein Marker dafür, wer in der Lage ist, diese Diskriminierung auszuüben, wer davon betroffen ist und wer keine Worte für eine angemessene Reaktion hat. Sprache und wer sie wie benutzt gibt Auskunft über gesellschaftliche Machtverhältnisse und machtvolle Diskurse. Das Buch „Feminismus schreiben lernen“ vom Arbeitskreis Feministische Sprachpraxis versucht auf dieser Grundlage sprachliche Ansätze zu entwickeln, die eine Grundlage für Interventionen in diskriminierende Sprachhandlungen bieten und hat spannende dekonstruktivistische Ansätze der Gesellschaftsanalyse im Gepäck. Vor allem Sexismus wird als Strukturkategorie neu ausgeleuchtet und ausdifferenziert, so dass verschiedenste soziale Positionierungen, die durch Sexismus hervorgebracht werden sicht- und sprechbar gemacht werden.
„Feminismus schreiben lernen“ und die intensive Auseinandersetzung mit den Inhalten durch Student_innen waren das Fundament für mehrere kreative Interventionsprojekte, die mittlerweile auch online zu bewundern sind. Nachfolgend stellen wir einige davon vor.
in_frage_stellen: Wie der Name bereits anklingen lässt, fokussiert sich dieses Projekt auf das Stellen von Fragen. Fragen die zum Denken anregen, die intervenieren, die Strukturen sichtbar machen, die Fassungslosigkeit_en sprechbar machen wollen. Fragen, die „in_frage_stellen“. Das Projekt verfügt über ein Glossar, das regelmäßig erweitert wird und eine ausführliche Sexismus-Definition, um möglichst vielen diese Form des Widerstandes und der Kritik zugänglich zu machen. Partizipation in Form von Kommentaren, Kritik und Anregungen, Gedichten, Bildern, Fragen ist ausdrücklich erwünscht und wird mit Freude erwartet.
tuRbulente w_ORte: Dieses Projekt versammelt Gedichte und gesprochene Versatzstücke, die sich unter anderem kritisch mit Migratisierungsprozessen auseinandersetzen. Wie werden Menschen als „Migrant_innen“ vor- und hergestellt, zu „Migrant_innen“ gemacht? Wie schreibt sich diskriminierende Sprache in das Selbst und in die Strukturen, von denen wir umgeben sind, ein? Was haben Akzente, Dialekte und rollende Rs damit zu tun?
Who is missing and why?: Die Student_innen sind der Frage nachgegangen, welches Bild von Wissenschaft und Wissenschaftler_innen durch die Ausstellung von Skulpturen und Portraits im und um das Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin herum hergestellt wird. Sie haben Recherchen zu 93 repräsentierten Personen durchgeführt, die Ergebnisse in einer Broschüre veröffentlicht, die auch auf der Webseite heruntergeladen werden kann. Zu 9 Personen (u.a. Alexander von Humboldt und Otto Hahn) fertigten sie Kärtchen an und klebten sie neben die offiziellen Darstellungen oder auf die Skulpturen, legten Flyer und Broschüren aus. Nach nicht mal 48 Stunden waren alle Kärtchen verschwunden und die Broschüren lagen im Müll. Die Uni-Leitung ließ die Interventionen entfernen und verwischte die Spuren ihrer eigenen Normierungen, Ausschlüsse und Weglassungen. Sehr bezeichnend.
Sprache und Diskriminierung: Als Interventionsform hat sich dieses Projekt zum Ziel gesetzt, Textauszüge aus verschiedenen, wissenschaftlichen Texten auf sprachliche Diskriminierungsformen und auf Realisierungsformen von Sexismus zu untersuchen und auf diese aufmerksam zu machen. Ebenfalls sollen Alternativen zu diesen diskriminierenden Sprachhandlungen vorgestellt werden.
Alltagsalternativen: Die Student_innen hatten es satt ständig mit sexistischen Sprüchen konfrontiert zu werden und haben sich schlagfertige Antworten überlegt. Diese können bereits im entsprechenden Format für Sticker und Flyer auf der Seite heruntergeladen werden und sind somit perfekt zum Weiterverteilen und Intervenieren im Alltag geeignet.