Sie ist ein Er

Ihr habt es im Selbermachsonntag schon fleißig verlinkt: die aktuelle Modestrecke im Zeit Magazin mit dem männlichen Model Andrej Pejic in Frauenkleidung. Ich wollte noch mal darauf eingehen und zwar aus zwei Gründen: Zwar ist der Australier mit serbischen Wurzeln das erste Top-Model, das sowohl Frauen- als auch Männerkollektionen präsentiert, aber sowohl in den Fotos von Juergen Teller als auch im begleitenden Interview bestätigen sich die gängigen Klischees, wie sich Models als männlich oder weiblich darzustellen haben.


Andrej Pejic - hier mal als Frau ohne Zwangslächeln. Foto via jezebel

Wie LLaura im Selbermachsonntag kommentiert, sie fände die Modestecke deshalb so spannend, weil sie „eine so ’neutrale‘ Projektionsfläche offenbart, wie sehr anscheinend geschlechtertypische Gestik/Mimik dazu verleitet, ein Geschlecht feststellen zu wollen. Also Model lächelt = Mädchen. Model guckt hart = Typ. Geht Euch das auch so??“

Ja, mir geht es auch so! Vor allem, weil ich tags zuvor die Dokumentation The Codes of Gender gesehen habe, die  Haltung, Mimik und Körpersprache in Werbebildern hinsichtlich Geschlecht analysieren. Egal ob es Frauenhände sind, die Gegenstände mit den Fingerspitzen berühren oder Männerhände, die fest zupacken können, ob es der in die Ferne verträumte Blick von Frauen oder der souverän in die Kamera blickende Mann ist, die Beispiele sind zahlreich und den meisten von uns wahrscheinlich ein Begriff. Und genau diese Codes wendet auch Fotograf Juergen Teller mit seinem männlichen Model an, das  – sobald es in Frauenkleider steckt – die unterwürfigen, sexuell verfügbaren Haltungen einnimmt, auf die Frauen in der Werbung abonniert sind.

Im Interview bestätigt Andrej Pejic, er wisse, welche Erwartungen an ihn in den wechselnden Rollen gestellt würden: „Als Frau bin ich sinnlich und sexy. Als Mann bin ich eher – schlicht.“

Sagen wir so: Schön, dass ein Mann auch in Frauenkleidern über den Catwalk laufen darf und schön, dass er damit auch in konservativen Medien für Aufmerksamkeit sorgt. Schade, dass es dabei trotzdem nur darum geht, dem doing gender in Frauenkleidern zu entsprechen.

13 Kommentare zu „Sie ist ein Er

  1. Also Model lächelt = Mädchen. Model guckt hart = Typ. Geht Euch das auch so??”

    In keinster Weise. Es ist ja eine offensichtliche Tatsache, dass weibliche Models heute kaum weibliche Attribute aufweisen und oftmals auch nicht lächeln.

  2. Das mit dem Lächeln finde ich jetzt auch nicht so überzeugend. In den meisten Editorials lächelt doch keiner, weder Frau noch Mann, nicht mal Kinder. Dem Aspekt der Passivität und Unterwürfigkeit würde ich schon eher zustimmen. Das ist eine Darstellung, die häufiger den weiblichen Models zukommt, obwohl auch das sich schon seit einer Weile dahin entwickelt, dass auch Männer mehr und mehr zu passiven Sexualobjekten stilisiert werden, und nicht nur extrem androgyne Männer wie Pejic. Die Objektifizierung des Mannes schreitet voran; wenigstens in der Hinsicht sind wir alle bald „gleichberechtigt“.

  3. Das mit dem Lächeln habe ich jetzt auch noch nicht so bemerkt, aber diese Drapieren. Wie schöne Dekostücke liegen Frauen über irgendwas, auf irgendwas, und das auch noch so, dass komplett offensichtlich ist, dass jemand sie dort hingelegt hat, um es mal so zu sagen. Es sind nie Posen, die jemand selbständig einnehmen würde, es ist nie Aktivität beim Posieren.

  4. Ich kann selbst auf diesen Fotos kein Lächeln sehen, nur eher unhübsche Kleidung… aber das ist ja Gott sei Dank Geschmackssache. ;) Weiterhin finde ich etwa die Hälfte der Posen nicht sonderlich unnatürlich, gerade im Vergleich zu den Beispielen aus der Reportage, muss ich sagen. Und ich kann auf keinem der Bilder einen Vergleich zwischen (projezierter) Männlichkeit oder Weiblichkeit erkennen.

    Den Ansatz, dass ein Mann auch Frauenmode präsentiert, finde ich toll, aber in dieser Fotostrecke wurde ich nicht vom Konzept überzeugt.

  5. Ich habe mir bem ansehen der Fotostrecke gedacht: Das ist doch die logische Fortführung des Magermodel-Looks: Da werden dünne Models mit möglichst wenig Brust und Hüften durch einen Mann ersetzt, der erst gar keine Anlagen für beides mitbringt.

  6. oups, danke Verena für den beitrag ;)

    ich weiss aber wirklich nicht, was ich von „nem typen“ als sog. model halten soll. für mich sehen „die“ irgendwie alle gleich (langweilig) aus – egal ob jetzt mit xx- oder xy-chromosomen

    @flo – genau !

    (von wg. „lächeln“ : frauen werden m.E.n. / IMO ja zu sog. freundlichkeit sozialisiert; diese erwartungshaltung begegnet mir täglich.)

  7. ich kann flos kommentar nur zustimmen. genau das habe ich auch gedacht. ob das ein typ oder eine frau ist, ist mir erstmal egal, wenn ich durch die bilder nur wieder vermittelt bekomme wie wenig mein körper mit der existierenden körpernorm zu tun hat.

  8. Punkt 12 auf RTL hatte glaube ich letztens einen Beitrag über ihn. Ich war sehr erstaunt, als es hiess, es stecke ein Mann in diesem abgefahrenen Hochzeitskleid, fand es aber dann echt toll! (Ich habe echt erst an eine Frau gedacht) Auch wenn er offenbar nur Frauenkleidung präsentiert (vielleicht, weil es den Modezaren gerade so gefällt…), finde ich es echt klasse, das sich ein Mann in diese „Rolle“ traut (bzw wohl eher „getraut wird“). Beängstigenderweise hebt er sich so überhaupt nicht von den Magermodels ab! Die scheinen echt ein drittes Geschlecht zu bilden… mager, keine Geschlechtsmerkmale, kein Lächeln, blasse, farblose Charaktere an die man teure Kleidung hängt wie an Puppen :/

  9. Vor kurzem habe ich eine Fotoserie gesehen, da hat das offensichtlich nicht mehr ausgereicht. Die Models wirkten, als seien sie gerade von der Chemotherapie weg zu Set entführt worden.

  10. p.s. ich konnte mir endlich die zeit nehmen, mal die fotostrecke anzugucken *achnööö

    das video „the codes of gender“ finde ich seeeeehr gelungen (habe es gebooked und werde es weitermailen wann immer moglich :-)) und mir auch nochx angucken.

    danke Verena für die links !

  11. Pingback: Codes of Gender |

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