Willkommen zum Selbermachsonntag. Was gab es in dieser Woche zu berichten, zu erleben, zu bloggen, was waren Aufreger und Jubelgründe? Die Kommentarspalte gehört euch!
Für Feminist_innen und alle, die es werden wollen
Betrieben von WordPress | Theme: Baskerville 2 von Anders Noren.
Ich war diese Woche vollkommen erschrocken, sauer, traurig und wieder ein Stück desillusioniert wegen Rehtaeh [Inhaltshinweis: r*pe (culture), Suizid]:
http://thechronicleherald.ca/metro/1122345-who-failed-rehtaeh-parsons
Der Deutsche Bundestag hat kürzlich still und leise ein Gesetz zur Regelung der sogenannten Bestandsdatenauskunft (BDA) beschlossen. Damit wird es in Zukunft wesentlich einfacher für Sicherheitsbehörden, Internetnutzer namentlich zu identifizieren, von Internetprovidern Namen
und Adressen und von Mobilfunkanbietern PINs und PUCKs abzufragen. Die Behörden sollen sogar eine eigene Schnittstelle für die Datenabfrage bekommen.
Der Bundesrat muss noch zustimmen.
Dieses Gesetz darf unter keinen Umständen in Kraft treten!
Bundesweit werden derzeit Proteste am 14. und 27. April mit Domonstartionen und Kundgebungen geplant.
Kommt heute, am Sonntag, den 14. April zur Demo!
Für Berliner_innen: Treffpunkt: 14 Uhr U Bhf. Hansaplatz. Demobeginn: 15 Uhr, geht übers Bundesinnenministerium, Hauptbahnhof, bis Reichstag.
Für andere Städte: http://bda.protestwiki.de/wiki/Orte#Wo_werden_Aktionen_stattfinden.3F
Was an der BDA zu kritisieren ist:
Es geht um Eure Passwörter.
Neben Bestandsdaten wie Name und Adresse können über eine elektronische Schnittstelle sogar Klartext-Passwörter (!), z.B. von E-Mail-Postfächern sowie PIN/PUK-Nummern von Handys u.ä., abgefragt werden. Indirekt könnten Behörden über die Passwort-Zurücksetzung auch Zugangsdaten für Dienste wie Facebook und Google abgreifen.
Keine wirklichen Hürden.
Nur bei der Herausgabe von Passwörtern und PIN/PUK ist ein Richtervorbehalt vorgesehen, welcher in der Praxis aber kein Schutz ist und oft umgangen werden kann (Beschlagnahme, “Gefahr im Verzug”). Bei allen anderen Fällen gibt es keine wirksame Prüfstelle außer den Behörden selbst.
IP-Adressen ungeschützt.
Jeder Internetnutzer, jeder Besucher einer Website, jeder Mail-Absender kann jederzeit namentlich identifiziert werden. Über die in diesem Gesetz vorgesehene Schnittstelle könnte für jede IP-Adresse jederzeit die Identität der Person abgefragt werden kann.
Schon bei Ordnungswidrigkeiten und Bagatelldelikten.
Der Zugriff auf die IP-Adressen und Personendaten darf bei bloßen Ordnungswidrigkeiten und ganz allgemein „für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben“ erfolgen. Dieser tiefe Eingriff in unsere Privatsphäre darf also nach Lust und Laune von Ermittlungsbehörden und Geheimdiensten erfolgen.
Per elektronischer Schnittstelle.
Über die vorgesehene elektronische Schnittstelle kann für jede IP-Adresse die Identität der Person abgefragt werden – was zu massenhaften Abfragen geradezu einlädt. Damit können z.B. Besucher einer Behördenwebsite dank Bestandsdatenabfragen ohne Richtererlaubnis direkt identifiziert werden. Langfristig ist zu befürchten, dass sich daraus eine automatisierte Datenabruf-Flatrate für Behörden entwickelt.
Auf Benachrichtigung ist kein Verlass.
Die Benachrichtigung kann stark zeitverzögert erfolgen oder ganz ausbleiben, wenn »überwiegende schutzwürdige Belange« Dritter dem entgegenstehen. Betroffene können ohne Benachrichtigung später nicht die Rechtmäßigkeit von Eingriffen überprüfen.
Zugriff durch Geheimdienste und andere Behörden.
Der Zugriff auf die Daten durch Geheimdienste wie den Verfassungsschutz und den BND ist inakzeptabel.
BKA wird zur Internetpolizei.
Durch das neue Gesetz bekommt das Bundeskriminalamt neue Befugnisse und entwickelt sich zunehmend zu einer Art Internet-Polizei, obwohl das gar nicht deren Aufgabe ist.
In Recklinghausen findet ab Mittwoch eine Veranstaltungsreihe zu weiblicher Genitalverstümmelung statt. Als Rahmen dient eine Ausstellung von Terre de Femmes.
In der Ankündigung heißt es: „„Sie versprachen uns ein herrliches Fest“ – unter diesem Titel beginnt am Mittwoch, 17. April, um 11 Uhr, eine Ausstellung über weibliche Genitalverstümmelung im Rathaus in Recklinghausen. Das sensible Thema wird jenseits von Voyeurismus und rassistischen Vorurteilen dargestellt, und soll ein Zeichen gegen die Gewalt an Mädchen und Frauen setzen.
Die Ausstellung zeigt 20 Druckfahnen mit Bildern, Zitaten und Texten, die über Fakten und Hintergründe weiblicher Genitalverstümmelungen informieren. Außerdem stellt sie afrikanische Aktivistinnen und ihre Initiativen vor. Entwickelt worden ist die Wanderausstellung von der Menschenrechtsorganisation „Terre des femmes“. Auf Initiative der Ratskommission für Gleichstellungs- und Frauenfragen wurde die Ausstellung nach Recklinghausen geholt. “
Die Veranstaltungen im Überblick:
Mittwoch, 17.4. Ausstellungseröffnung
11.00 Uhr Begrüßungskaffee
11.15 Uhr Begrüßung
11.30 Uhr Lesung „Schwester Löwenherz“ von Fadumo Korn
12.30 Uhr Vorstellung des „Runder Tisch NRW gegen Beschneidung von Mädchen“
13.00 Uhr Diskussion
14.00 Uhr Ende der Veranstaltung
Donnerstag, 18.4. Filmvorführung: „Hibos Lied“ mit Renate Bernhard
19 Uhr VHS Recklinghausen
Sonntag, 21.4. Film: Wüstenblume
11 Uhr Cineworld Recklinghausen
Montag, 22.4. Medizinischer Fachvortrag mit Dr. Christoph Zerm
16 Uhr VHS Recklinghausen
Donnerstag, 25.4. Vortrag: Körperbild und weibliche Lust mit Dr. Christina Gathmann
18.00 Uhr VHS Recklinghausen
Alle Veranstaltungen, bis auf die Filmvorführung „Wüstenblume“ im Cineworld, sind kostenlos.
Bitte weitersagen… Manchmal gibt es eben doch auch gute Nachrichten:
Bundes“verteidigungs“minister de Maizière konnte seine Bundeswehr-Werbungs-Rede an der Humboldt-Universität nicht halten und verließ die Veranstaltung nach einer halben Stunde. (Mittwoch,10. April 2013)
Seine geplante Rede hieß „Beitrag der Bundeswehr zum gesellschaftlichen Zusammenhalt“. Unser Vorbild war Leipzig gewesen, wo die Studierenden seine Rede erheblich mit Klatschen und Jubel gestört hatten:
http://www.youtube.com/watch?v=QNqO6U1aesU
Am Mittwoch an der HU war es jedoch (laut Medienberichten) das erste Mal, dass er kein einziges Wort sagen konnte und die Veranstaltung komplett abgebrochen werden musste.
Ausschnitt:
http://www.youtube.com/watch?v=KAPJIMnAwEQ
Bitte weitersagen/weiterleiten, da der Typ eine PR-Tournee für die Bundeswehr durch dt Städte macht in diesen Monaten (und das wird sich nicht so schnell ändern), um Menschen anzuwerben und die Rolle des Militärs in der Zivilgesellschaft akzeptierter zu machen (nachdem in Schulen längst die Bundeswehr Werbung macht, kommen nun eben die Unis dran).
Am Ende sagte er zur Presse: „Ich mache das gern weiter. Berlin ist nicht überall.“
Sorgen wir dafür, dass Berlin in diesem Punkt überall sein wird!!!
http://www.jungewelt.de/2013/04-12/037.php
PS:
Wir (die Jubelnden und Rufenden) wurden während der Veranstaltung als „neue SA“, später als „rote SA“ und „rote Faschisten“ bezeichnet, und etliche fühlten sich erheblich an die Anfänge des Dritten Reiches erinnert („wehret den Anfängen“… „erinnert mich an die dunkelsten Tage eines Regimes, das ich nicht erleben möchte..“)
Uns wurde – auch von linker Seite – vorgeworfen, dass wir unseren Widerspruch in einer Diskussion hätten führen sollen. Dazu: die Veranstaltung war nie als nette Diskussionsrunde gedacht, sondern sollte ein PR-Überzeugungs-Event für die Bundeswehr sein.
Geplant war ein einseitiger Vortrag, anschließend ein paar Minuten für Fragen, auf die zu antworten sich de Maiziere in bester Politiker_innenmanier sowieso nicht verpflichtet fühlen muss.
Und schließlich ist der Typ Bundesverteidigungsminister, Politiker. Kritische Fragen bringen ihn nicht aus dem Konzept. Er ist geschult (Profi), sie ständig zu beantworten, abzulenken, Inhalte zu verdrehen etc, und wer glaubt tatsächlich, dass er einsichtig und nachdenklich seine Meinung überdenken und sie ggf. ändern würde durch ‚unsere‘ Argumente? Das alles war nicht als Diskussion unter Gleichen geplant, das massive Polizeiaufgebot auf dem Gelände & im Saal war nur ein Indiz dafür…
Und es ist nun wirklich nicht so, als ob er keine Stimme hätte in der BRD und wir keine Ahnung (und auch bei Interesse nicht erfahren könnten!), was er von der Bundeswehr hält.
Hätte er sprechen können, kritische Fragen hin oder her, hätte er die BW beworben, und eben das wollten wir nicht.
By the way: zusätzlich zur routinemäßigen Werbung in Schulen und nun auch Unis macht die BW neuerdings auch in der Bravo Werbung und für Action/-
Abenteuer-Camps für Teens. Gleichzeitig stirbt jede 14 Minuten ein Mensch aus Heckler & Koch-Waffen. Deutschland ist der drittgrößte Waffenlieferant der Welt. Diese ganzen Fotos aus Kriesengebieten – die Waffen zum Töten kommen auch aus Dt, und de Maiziere ist (nett gesagt) auch nicht ganz unbeteiligt daran. Seine Rede sollte all dies und mehr als sinnvoll darstellen.
Aus dem Bericht der Berlin-Brandenburg-Zivilklausel:
Die kriegführende Seite bekommt die Möglichkeit, eine Veranstaltung zu gestalten. Menschen, die hingegen Bundeswehr-Transporte blockieren, wie die “Raytheon 9” Waffenproduktion behindern oder auf andere Weise versuchen, für eine waffenfreie Außenpolitik einzutreten, würden wohl kaum eine Veranstaltung im Audimax mit Grußwort des Uni-Präsidenten bekommen können. Sieht so ein gleichberechtigter Dialog aus?
Hallo Anastasia,
tolle Aktion und Danke für die Links!
Liebe Grüße
Magda
@Anastasia
Vielen Dank für die Berichterstattung und die vielen Links und Information. Sehr coole Aktion/en.
Hast du/habt ihr Infos darüber, wo de Maizière die nächsten Vorträge halten wird? Dann könnte ja in den jeweiligen Städten auch zum Protest aufgefordert werden.
Jedenfalls: super Sache.
@Magda: Danke, voll lieb, das freut mich zu hören!
@Maya: Auch an Dich: ganz herzlichen Dank!!
Ich wünschte, ich wüsste, wann und wo er das nächste Mal auftritt! Die Planenden machen sowas nämlich meist erst sehr kurz vor dem Termin an den jeweiligen Unis öffentlich, damit „wir“ nicht so viel Zeit haben, etwas auf die Beine zu stellen. An der HU z.B. wurde es erst eine Woche zuvor über den Newsletter angesagt.
De Maizière hatte bereits im Oktober sprechen sollen – mir wurde gesagt, dass die Leute damals ein Massensterben im ganzen Raum geplant hatten – und sehr kurzfristig wurde die Veranstaltung dann abgesagt („aus Krankheitsgründen“ – jemensch sagte mir allerdings, dass er am gleichen Tag woanders gesprochen habe).
Ich glaube, es ist gut, aufmerksam Uni-Newsletter zu lesen, die Website der Uni mit Neuigkeiten anzuschauen etc um von sowas überhaupt mitzubekommen. Aber vielleicht (hoffentlich!) schaffen es Leute/Gruppen an Unis, gerade Zivilklausel*-Initiativen, in der Zukunft, sich auch zu vernetzen und auszutauschen.
Abgesehen davon glaube ich, dass jetzt im Zuge der Bundestagswahlen und den damit einhergehenden Wahlveranstaltungen es viele Möglichkeiten für Jubel-Flashmobs geben wird. Solche Auftritte werden ja auch immer sehr publik gemacht.
http://www.sueddeutsche.de/politik/flashmobs-im-wahlkampf-yeah-das-letzte-mittel-gegen-merkel-1.42062
*Zum Hintergrund der Zivilklausel: Viele Unis haben ohne Wissen der Studierenden/Lehrenden Geheimverträge mit dem Militär, dass die dort gemachte Forschung dem Militär zugute kommt. Die Bundeswehr fördert die oft unterfinanzierten Unis mit Geld, im Gegenzug profitiert sie von neusten Erkenntnissen aus so ziemlich allen Bereichen – also nicht nur Technik, sondern z.B. auch Verhaltensforschung etc. Zivilklauseln sollen solche Verträge verbieten, an manchen Unis ist das bereits der Fall.
Ich hab Gedanken zu Liebe & Freu_ndinnenschaften, die mir heute durch den Kopf geschwirrt sind, kurz verbloggt >> http://medienelite.de/2013/04/14/liebe-freu_ndinnenschaft/
@ nadine
total spannend… leider kann ich nicht direkt auf deiner seite kommentieren.
ich habe in letzter zeit viele tolle und schöne auseinandersetzungen mit freundinnen (alle cis weiblich) zu diesem thema und letztens eben auch ein langes gespräch mit einer engen freundin zu unserer mittlerweilen 7-jährigen „paarbeziehung“. sie bezeichnet sich selbst als hetera und ich definiere mich nicht weiter. schon seit jahren frage ich mich, was eine partner_innenschaft ausmacht und wozu wir all diese hierarchien in beziehungen brauchen. und stelle fest, dass ich mit ihr mehr partnerin bin als in jeder anderen (auch sexuellen) beziehung die ich je hatte. die liebe ist die selbe, auch das verliebtsein, wenn mensch sich lange nicht gesehen oder menschen neu gefunden hat, die aufgeregtheit wenn mensch sich etwas zeigen oder mitteilen will.
es macht mich unsagbar glücklich diese intensiven beziehungen ach außerhalb von normativen konzepten und definitionen leben zu können. im prinzip geht es bei beziehungen ja um ein zugehörigkeitsgefühl und den rest gestaltet mensch eben wie es bedürfnismäßig zusammenpasst.