Ich persönlich zähle ja schon die Tage bis zum 20. Oktober. Dann nämlich soll – so weit ich informiert bin – die erste Ausgabe des Missy Mag erscheinen, das Chris Köver, Sonja Eismann und Steffi Lohaus derzeit produzieren.
jetzt.de hat mit Chris darüber gesprochen, was Missy will, wie es aussehen wird, warum positive Diskriminierung weiblicher Künstler wichtig ist – und über den sog. Konflikt alter Feminismus gegen neuer Feminismus.
Was hältst du von der aktuellen Diskussion „alter Feminismus gegen neuer Feminismus“?
Ich finde diese ganze Diskussion sehr problematisch. Es gibt weder den alten, noch den neuen Feminismus. Es hat schon immer im Laufe der Geschichte unendlich viele feministische Positionen gegeben, die auch massiv gegeneinander argumentiert haben – sei es während der ersten Welle um die Jahrhundertwende oder während der zweiten Welle in den 60er/70er Jahren. Deswegen finde ich es problematisch, von dem alten und dem neuen Feminismus zu sprechen. Auch heute gibt es nicht den neuen Feminismus. Es gibt ganz viele verschiedenen Feminismen. Derjenige, den beispielsweise die „Alphamädchen“ Autorinnen vertreten, ist ein anderer als derjenige den wir im Missy Magazin vertreten, als derjenige den Lady Bitch Ray vertritt und so weiter. „Der Alte vs. der junge Feminismus“ knallt zwar eher, weil man durch diese Aufteilung eine Generationendebatte aufziehen kann, aber es wird der Sache einfach nicht gerecht.Welche Art von Feminismus machst du mit deinem Magazin?
Ich glaube, wir stehen dem Feminismus der Alphamädchen schon sehr nahe, aber gleichzeitig gibt es auch bestimmte Statements mit denen wir nicht einverstanden sind.Zum Beispiel?
In der Einleitung des Buches steht: „Uns ist bewusst, wir schreiben aus unserer Perspektive als gebildete, weiße, deutschstämmige Frauen, aber die Probleme über die wir sprechen, sind die der Mehrheit der Frauen in Deutschland“. Das glaube ich nicht. Ich bin mir relativ sicher, dass die Probleme, über die wir auch im Zuge der neuen Feminismusdebatte sprechen, zu einem großen Teil Probleme sind, die vor allem wir als privilegierte, gebildete, weiße, Mittelklasse-Frauen haben. Migrantinnen oder Lesben haben noch ganz andere Problem. Wir können uns nicht hinstellen und sagen: Wir sprechen hier für die Mehrheit. Das würden wir uns gar nicht erst auf die Brust heften.
Ich glaube ja auch, dass Lesben oder Migrantinnen oder arme Frauen noch andere Probleme haben, als in den Alphamädchen angesprochen wird. Gleichzeitig gibt es ja wohl doch einige gemeinsame Nenner, auf denen man aufbauen und von denen aus man weiter arbeiten kann, oder? Auf jeden Fall werden wir dieses Thema so schnell nicht los – aber so lang wir es produktiv beackern, ist das ja auch gut so.
Hallo Meredith.
Was ich meinte ist Folgendes: Ihr schreibt in „Wir Alphamädchen“ aus eurer Perspektive als junge, weiße, deutsche, heterosexuelle Frauen mit Hochschulabschluss. Das finde ich völlig legitim und sogar wichtig, weil es viele andere junge, weiße, deutsche, heterosexuelle Frauen mit Hochschulabschluss gibt, die sehr ähnliche Probleme haben wie ihr und sich unter Umständen gar nicht bewusst sind, dass diese Probleme nicht sie allein betreffen. Ich würde allerdings nicht behaupten, dass ihr damit für die Mehrheit der Frauen in Deutschland sprecht. Ich finde, das habt ihr gar nicht nötig, um eurem Buch Relevanz zu verleihen.
Natürlich gibt es gemeinsame Nenner – zum Beispiel sind alle Frauen von Sexismus im Alltag betroffen und auch die Lohnunterschiede ziehen sich von unten bis oben durch. Ja, alle Frauen haben es schwer in einer nicht-gleichberechtigten Gesellschaft – aber sozial schwache, lesbische oder nicht-deutschstämmige Frauen sind noch auf Arten benachteiligt, die ihr oder wir in unserer ansonsten privilegierten Position gar nicht kennen. Die fühlen sich in „Wir Alphamädchen“ sicher zu Recht nur bedingt angesprochen.
Ich bin auch gespannt, wie lange sich das Heft halten wird. Die Erläuterungen waren allesamt ambitioniert aber im Kern ein wenig weltfremd.
Wie Mode in Zeitschriften inszeniert wird entscheiden faktisch die Marketingabteilungen der Textilproduzenten. Wenn eine Zeitschrift hier öfters aus der Reihe tanzt und z.B Modestrecken bringt mit molligen schwarzen Frauen, die bequeme Alltagskleidung in Konfektionsgröße 42 präsentieren, gibts es eben keine Premiumanzeigen mehr. Da sind die Modemarketingchefinnen (Frauenquote nahezu 100%) sehr konsequent.
Beauty- oder Fitness-Tipps ohne den Subtext „oberstes Ziel ist es möglichst schlank, braun und faltenlos zu sein“ sind nutzlos. Es geht bei dem Aufwand, den Frauen mit Beuty und Fitness treiben, nicht darum Krähenfüße zu verdecken oder zwei Besenreisser am Bein zu übermalen. Es geht um eine Gesamtinszenierung die fast zwangsläufig ein unerreichbar ambiotiniertes Ziel (den Subtext) benötigen, andernfalls würde sich selbst für Frauen ganz schnell die Frage nach dem Aufwand-Nutzen-Verhältnis bei „Beauty und Fitness“ stellen.
Und dann die Erläuterung zur „Positiven Diskriminierung“: Die schwankt immer etwas zwischen Opfergetue, Neid und pseudofeministischen Trotz. Z.B bei der Aussage „Aber so lange auch in den Redaktion vor allem Männer sitzen, ist es uns wichtig, besonders Frauen zu fördern.“ Der Frauenanteil in den Redaktionen der entsprechenden Zeitschriften hat mittlerweile die 50% Marke überschritten -> Argument unglaubwürdig.
Tut man den Leserinnen einen Gefallen, wenn man krampfhaft versucht eine fast reine Frauenwelt herbeizuschreiben? Also wenn eher Berichte über grottenschlechte Girlie-Bands erscheinen anstatt Berichte über angesagte männliche Bands?
Diese „Positive Diskriminierung“ führt hier ruckzuck in ein Geschlechter-Ghetto in der die darin befindlichen Frauen dann geistig im eigenen Saft schmoren.
Naja, wers mag…