Kennt ihr die?

Dieser Text ist Teil 14 von 45 der Serie Muttiblog

Sie ist immer schon vor den anderen da. Im Kindergarten meldet sie sich schon bevor überhaupt freiwillige HelferInnen gesucht werden. In ihrer Schwangerschaft hat sie sich tonnenweise Lachsöl eingeflößt und natürlich niemals Kaffee getrunken. Sie hat einen Halbtagsjob („für die kleinen Extras“) von 10-14 Uhr, genug Zeit um nebenbei noch den Haushalt zu schmeißen und nachmittags die Kinder zu diversen Freizeitaktivitäten zu kutschieren.Frau in High Heels und Bluse, Minirock und Leggins, die eine Aktentasche, Pfanne und Staubwedel mit drei Armen hält, sowie ein Baby in einem kleinen Wagen hinter sich herzieht

(C) Eva Hillreiner, www.evahillreiner.de

Die Rede ist von der „perfekten Mutter“. Ich nenne sie so, weil diese vom Perfektionismus getriebenen Wesen mir Angst machen. Deshalb weil sie anscheinend immer alles (besser) wissen, was ich schon immer wissen wollte und weil sie organisatorisch vieles schaffen, wovon ich nur träumen kann: Sie sind immer lieb und auf Augenhöhe mit ihren Kindern, sie sehen immer gut aus, egal wie kurz ihre Nacht war, und sie verteilen ihr über Jahre angehäuftes elitäres Mutterwissen häppchenweise an Auserwählte, ohne dabei arrogant zu wirken. Ich werde neidisch, neidisch auf so viel geballte Außenwirkung, neidisch auf „immer gut drauf“.

Doch dann denke ich darüber nach, wie es dazu kommen konnte, dass die „perfekte Mutter“ zu dem wurde, was sie heute ist. Sie musste und muss einiges entbehren: die Kinder sind ständig unter ihrer Betreuung, denn andere Menschen (im schlimmsten Fall inklusive des Vaters der Kinder) können ja nicht richtig auf die Kinder und ihre Bedürfnisse eingehen. Ihre Partnerschaft ist eigentlich auch seit Jahren im Eimer und echte Freundinnen hat sie auch keine mehr, weil sie immer nur über ihre Kinder geredet hat. In ihrem Job wird sie zwar akzeptiert, aber ihre Karriere wird allenfalls stagnieren und wenn sie mal älter ist und die Kinder aus dem Haus, was wird sie dann tun? Vielleicht wird sie sich dann erinnern, dass es eine Zeit gab, in der sie anderen Bedürfnissen nachgegangen ist, und zwar ihren eigenen, und es wird dann für sie ein ziemlich schwerer Weg sein, sich daran zu erinnern, welche Bedürfnisse das eigentlich waren.

Ihr lieben Mütter, die ihr nach Perfektion strebt (mich eingeschlossen): lasst mal fünfe gerade sein, denn die Jungs wollen auch was vom Mutterkuchen und eure Kinder wollen eine coole Mutter, die auch mal unterwegs ist und dann mit einem Blitzen in die Augen wieder nach Hause kommt, weil sie weiß, dass sie auch noch ein eigenes Leben hat. Ich versuche unperfekt zu bleiben, PeKip-Kurse kann ich eh nicht leiden und wenn ich das nächste mal um einen Gefallen gebeten werde, der irgendwas mit basteln, Kuchen backen oder saubermachen zu tun hat werde ich ganz mutig NEIN sagen.

6 Kommentare zu „Kennt ihr die?

  1. Kenn ich! Kenn ich! Das ist die Frau, die in meinen Alpträumen auftaucht, wenn ich über Kinder nachdenke. Was vielleicht helfen könnte: das Buch „Mütter, euer Feind ist weiblich“ von Cornelie Kister. Die nimmt diesen ganzen Perfektionismus-Terror auseinander.

  2. Ich kenn die nicht. Ich glaube, die gibts auch nicht.

    Mir geht diese Häme völlig ab, einer perfekten Mutter mangelnde Freundinnen, Karriereende unds owieso das baldige Ende der Ehe zu unterstellen. Ich freu mich über jede Frau, die alles so hinbekommt, wie sie es möchte.

  3. Klar, jede Frau, die alles auf die Reihe kriegt, hat meinen Respekt, aber hier geht es doch um die scheinbar „perfekte“ Mutter, oder verstehe ich das anders?! Da glaube ich – wie du – dass es die gar nicht gibt. Aber manche Mütter spielen sich ja als solche auf; und die geben dann immer kluge Ratschläge, wie man alles richtig machen würde. Und das finde ich absolut daneben. Weil doch sowieso jede Frau Angst davor hat, ab und zu als Mutter zu versagen. Und da machen mir die selbsternannten Supermütter schon Angst.

  4. hmm. schwieriges thema. ich kenne diese frauen sehr wohl. bei mir lösen diese damen allerdings immer eher mitleid als neid und häme aus. so ähnlich wie bei diesen dauer-diätenden mega-schlanken damen.
    diesen spezifisch weiblichen perfektionismus (schön, schlank, wohlerzogenekinder gebährend und betüdelnd und dann vielleicht auch noch am besten beruflich mega-erfolgreich) seh ich eher als folge denn als ursache eines gesellschaftlichen problems.

    eine reaktion à la „ätschbätsch, ich bin aber trotzdem n o c h perfekter als ihr, weil meine karriere nicht stagniert, ich mehr freundinnen hab als ihr, meine partnerschaft nicht im eimer ist, und ich überdies noch mit einem „blitzen in den augen“ nach hause komme“ ändert am grundproblem nicht.

    bitte keine mommy wars! wie wär’s mit der kleinen portion solidarität unter frauen?

    schauen wir doch eher, dass wir bedingungen schaffen dass wir alle unseren weg mehr so gehen können, wie wir lust drauf haben, und dieser weg darf dann auch bei jeder frau ein bisschen unterschiedlich aussehn darf.
    ich fürchte, dass wir alle daran scheitern müssen die perfekte partnerin, freundin oder gar mutter zu werden. und wisst ihr was? – das ist auch gut so.
    ich krieg noch nicht mal die sache mit der perfekten feministin hin ;-)

  5. … mein erster Kommentar überhaupt bei diesem Blog … und die Stimme einer alleinerziehenden berufstätigen Mama: ich muss sagen, ich bin auch eher (wenn auch unfreiwillig) auf der Neid/Häme-Seite. Von 10-14 Uhr arbeiten? Das wäre schön. Für die schönen Dinge nebenbei? Noch besser, klingt nach wenig existenziellen Sorgen. Kinder wohlerzogen? Schön! Und wenn nicht: dann muss man das wenigstens nicht nur mit sich selbst ausmachen. ABER: ich glaube trotzdem nicht, dass es die beschriebene ‚perfekte Mutter‘ gibt. Wenn man sich so ein groll-Bild geschaffen hat, ist doch der nächste Schritt, sich zu fragen: welche Sehnsüchte stecken dahinter, was kann ich ändern?

  6. Hmm, also wenn ich ehrlich sein soll, grade als unser Kleiner frisch auf der Welt war, häuften sich die Auftritte der Experten – die nicht selten der eigenen Familie entstammten. Perfekte Besserwisser, wie ich das empfand. „Das ist nicht so gut …“, „vielleicht solltet Ihr besser …“ etc.

    Und, ja, geb ich auch zu, kaum das andere Familienmitglieder Ihre Kinder zur Welt gebracht hatten, deutlich nach uns, traten wir in Erscheinung als Experten … bäh! Ja, ok, war doof – vielleicht steckt das in vielen von uns drin, dieses Gefühl, sein Expertenwissen mitteilen zu müssen. Und, ja, ich musste einsehen lernen, dass auch die, die wirklich „alles falsch“ gemacht haben, am Ende zu guten Lösungen gekommen waren …

    Das Leben scheint ein Lernprozess zu sein … .-)

    rk-f

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