In jeder Folge der WWW Girls stellen wir euch eine Bloggerin und ihr Weblog vor. Heute:
Wie heißt du?
Ich blogge unter dem Namen C. Rosenblatt.
Seit wann bloggst du?
Der erste Artikel, in dem ich offen zum Thema DIS [Anm.: dissoziative Identitätsstruktur] schrieb, erschien am 26.1. 2010, doch tatsächlich zu bloggen, wurde mir erst im Sommer 2012 wirklich möglich.
(c) Frl. Zucker, fraeuleinzucker.blogspot.com
Warum hast du damit angefangen?
Den Urausschlag gab es bei mir nach einem Konflikt mit einem Menschen, der nicht so wie ich von Gewalt betroffen ist. Mehr oder weniger plötzlich wurde mir klar, wie unterschiedlich die Perspektiven der Menschen sein können, wenn sie unter bestimmten Umständen wahrnehmen und leben müssen.
Ich rang nach Worten und wühlte mich durch das Internet und Literatur, um eine Darstellung meiner Erlebniswelt und eine Möglichkeit der Vermittlung zu finden. Doch ich wurde nicht passend fündig- während in mir die Worte schon langsam Platzprobleme bekamen. Also fing ich an sie rauszulassen. Und damit andere Menschen in meiner Lage evtl. Worte für sich finden können, tat ich es in Form eines Weblogs.
Worüber schreibst du?
Über mich und meine Lebensrealität. Meinen Weg mich zu finden und zu entdecken, nachdem ich, bis ich 21 Jahre alt wurde, ein Leben voller Gewalt und Ausbeutung überlebte.
Ich bin ein weiblicher Mensch der aufgrund von Gewalterfahrungen seine Identität(s- und Umweltwahrnehmung) auf- und abgetrennt hat. Das Leben mit DIS wird meiner Meinung nach von den (Massen)Medien unnötig aufgehyped, verzerrt und gleichsam falsch wie fast alle Themen rund um (die Gesichter, die Folgen und Ursachen von) Gewalt aufgenohmmen. Ganz ursprünglich begann der Blog rein mich (und meine „Innenpersonen“) selbst- darstellend. Inzwischen greife ich die gesamte Breitseite rund um das Thema „(sexualisierte) Gewalt“ auf.
Trotz aller Artikel, welche die dissoziative Identitätsstörung näher erklären bzw. aus einer Innenansicht beschreiben und gewaltbegünstigende Faktoren aufzeigen (zum Beispiel in Disneyfilmen), schreibe ich nachwievor über mich, über meine Therapie (und die Schwierigkeiten der Finanzierung, des Opferausgleichs bzw der Entschädigung etc ) und darüber wie es ist sich das Leben selbst und von verschiedenen Stimmen erklärt, beizubringen.
Was dir ohne Internet nicht passiert wäre:
Ein Großteil dessen, was mich heute hält, stützt, aufrichtet, verbündet, wachsen und Anteil haben lässt, habe ich durch das Internet gefunden.
Gäbe es dieses Medium nicht, wäre ich eine Frau von 26, die am Fenster ihrer Wohnung sitzt und den ganzen Tag in den Himmel schaut. Sich fragend, ob ein Weiterleben lohnt.
Wovon braucht das Internet mehr:
Sicherheit durch (auch juristische) Klarheit, bessere Übersetzungstools, deutlichere Meldemöglichkeiten für Gewaltinhalte, mehr Humanismus- vielleicht auch schlichte Philanthropie- doch wo brauchen wir die nicht?
Frauen* im Web…
sollten sich nicht nur dort zusammenfinden, denn viele von ihnen würde ich gern im Realleben auch kennenlernen.
Deine tägliche Weblektüre:
– alles ab der fünften Seite im Googledelta
– Twitterlinks
– verschiedene Blogs
– die Philosophiezeitschrift „hohe Luft“
Tipps und Bewerbungen für die WWW Girls an post(at)maedchenmannschaft.net.