Vom 08. bis 13. März wird die Berlin Feminist Film Week stattfinden. Im Vorfeld habe ich mit der Organisatorin Karin Fornander über Filmtipps, „starke“ Frauenfiguren und den Ideen hinter dem Filmfestival gesprochen.
Wie bist du darauf gekommen so ein Festival zu organisieren?
Feminismus und Gleichberechtigung sind schon lange sehr wichtige Fragen für mich. Freund_innen von mir betreiben in Berlin das „Mobile Kino“,ein mobiles Kino, das regelmäßig abwechselnde Programme mit unterschiedlichen Themen an verschiedenen Orten vorführt. Ich bin selber in das Projekt involviert und hatte zuerst nur vor, eine Reihe feministischer Kurzfilme zu zeigen. Als ich dann meinen Job gekündigt hatte und Lust sowie Zeit für ein neues Projekt hatte, haben wir beschlossen ein ganzes Festival daraus zu machen. Da die meisten Filmfestivals eher wenige Filme von Filmemacherinnen hervorheben, fanden wir das Thema noch spannender und stellten fest, dass es wahnsinnig viel Potenzial hat.
Was ist das explizit feministische an dem Festival? Was wäre der Unterschied zu einem „Frauenfilmfestival“?
Wie schon erwähnt sehe ich ein klares Bedürfnis die Geschlechtsverhältnisse in der Filmbranche auszugleichen.
Zum einen ist Feminismus ist für mich ein absolut positiver/sehr schöner Begriff, scheint aber viele andere fast zu provozieren. Deswegen fände ich es schön, wenn es gelingen würde das Wort von dieser negativen Konnotation etwas zu befreien. Das geht natürlich nur wenn man sich mit der Thematik befasst und etwas positives damit verbindet. Zum Zweiten und eigentlich noch wichtiger für mich ist, dass Feminismus auch ein politisches Agenda hat. Darüber hinaus ist mir die Darstellung der weiblichen Charaktere im Film sehr wichtig, diese müssen vor allem eine aktive Hauptrolle spielen und die Filme sollen gerne ein politisches Agenda haben.
Der Unterschied zu einem Frauenfilmfestival liegt darin, dass das Festival nicht nur ein Festival für und mit Frauen ist, sondern sich vor allem mit der Problematik der Gleichberechtigung beschäftigt. Zwar habe ich mich dieses Jahr auf Filme von Frauen konzentriert, weil die Filme der meisten Festivals zu 80% von Männern gemacht worden sind, aber zukünftig möchte ich mich nicht unbedingt auf Frauen begrenzen. Ich würde gerne weitere Themenbereiche miteinschließen, sowie Trans-, Queer- und Maskulinitätsfragen. Dann reicht das Wort „Frau“ nicht aus, sondern schließt viele Problematiken der Gleichberechtigung aus.
Organisierst du alles allein?
Ich bin hauptverantwortlich für das Festivalprogram, die Gestaltung und das Design des Festivals und den Hauptteil der Organisation. Ich mache vieles alleine, allerdings mit Unterstützung von Mobile Kino, wo wieder rum ich auch mitarbeite. Außerdem habe ich großes Glück und in meinem Umfeld ganz tolle talentierte Menschen, die mir sehr viel geholfen und mich unterstützt haben. Ich bin auf sehr viele positive Reaktionen gestossen und das macht es dann natürlich auch viel leichter!
Wie wurden die Filme ausgewählt? Was waren die Leitlinien?
Der Fokus liegt vor allem auf Filmen, die ein Frauenbild jenseits des Hollywood-Mainstreams aufzeigen und problematische Themen des Frauseins aufgreifen. Wichtig für mich war vor allem, dass die Frauenportraits möglichst vielfältig und komplex waren und sich nicht auf Genderklischees begrenzt haben.
Ich habe mich auf drei Hauptthemenbereiche konzentriert. Zum einen geht es um Politik bzw. Frauen die sich politisch engagieren, dann sind es körperpolitische Themen, als weiterer inhaltlicher Schwerpunkt geht es um Beziehungen. Ich habe ganz viele tolle Filme gefunden, und hätte wahrscheinlich noch eine weitere Woche füllen können.
In der Beschreibung heißt es, es soll in den Filmen um „strong female characters“ („starke weibliche Charaktere“) gehen. Was bedeutet das genau für dich?
Weibliche Charaktere, die aktiv statt passiv sind, die Hauptrollen statt Nebenrollen spielen, die nicht notwendig alles richtig und perfekt macht und sich nach den Vorstellungen anderer richten. Als „Starke Frauen“ bezeichne ich natürlich auch die, die sich erlauben Fehler zu machen. In einem Großteil der Filme die heutzutage produziert werden, spielen Frauen oft Nebenrollen, quasi nur „die Freundin“, „die Ehefrau“ oder „die Tochter“ und sind oft da, um die männlichen Helden zu komplementieren. Das wollte ich unbedingt vermeiden. In den Filmen, die ich ausgewählt habe, dreht es sich vor allem um Frauen, um deren Kampf, um Frauen die vielfältig sind, Frauen die nicht „perfekt“ sind oder der herkömmlichen Norm entsprechen.
Auf welche Programmpunkte freust du dich am meisten?
Ich bin mit allen Programmpunkten sehr zufrieden und freue mich in diesem Rahmen die ausgesuchten Filme präsentieren zu können. Ganz besonders freue ich mich Laura Méritt dabei zu haben. Im Rahmen des Kurzfilmprogramms ”My body belongs to me” wird sie über Feminismus, Porn und Sexualität sprechen. Ich freue mich auch sehr, dass wir als zweites Festival nach der Berlinale Josephine Decker’s „Thou Wast Mild and Lovely“ zeigen können. Der Film hat, zurecht, für viel Aufmerksamkeit gesorgt und Decker ist eine sehr talentierte Regisseurin.
Soll das Festival weiter stattfinden?
Ja, auf jeden Fall! Das erste Mal ist ja auch immer sowas wie ein Testlauf und deshalb freue mich schon auf das nächste Mal. Mit ein bisschen mehr Erfahrung in der Tasche, können wir dann das Zweite Feministische Filmfestival im kommenden Jahr weiterentwickeln.
Hast du noch Filme, die nicht beim Festival laufen, die du unseren Leser_innen ans Herz legen würdest?
Ein persönlicher Favorit für mich ist Jennifer Lawrence Debutfilm „Winter’s Bone“. Im Film spielt sie die 17-jährige Ree, die gegen Armutkämpft um für ihre Familie zu sorgen. Obwohl, das Sorgen tradtionell gesehen eher weibliche Werte sind, gelingt es dem Film, Genderklischees zu vermeiden. Ree ist als die tragender Charakter dieses Filmes sowohl komplex, interessant als auch proaktiv. Debra Granik ist auch eine grossartige Regisseurin. Diesen Film kann ich wirklich jedem empfehlen, auch stilistisch gesehen ist der Film sehr gut.