Neulich unterhielt ich mich mit einer jüngeren Kollegin, die gerade in Gehaltsverhandlungen mit einem neuen Arbeitgeber steckte. Wir sprachen über dies und anderes, scherzten ein wenig und in einem Zusammenhang, der nicht weiter wichtig ist, sagte sie lachend folgenden Satz: „Nein, das mach ich mal lieber nicht, sonst denkt die neue Chefin noch, ich sei so eine Emanze!“ Ich grinste ein wenig schief und erwiderte: „Pfft, na und?!“, was sicherlich nicht die souveränste Reaktion war.
(C) Eva Hillreiner, www.evahillreiner.de
Und jetzt frage ich mich: Wann ist der Punkt in einem kollegialen Verhältnis, in einer neuen Freundschaft, sich als Feministin zu outen? Und zwar nicht verschwurbelt verschämt, sondern mit der klaren Aussage: Ja, ich bin Feministin und eine Emanze sowieso!
Ich selber war noch nicht so oft in der Verlegenheit, das noch mal klarstellen zu müssen. In der Schule hatte ich in der 8ten Klasse mal einen Aufsatz über Gleichberechtigung geschrieben und in der Klasse vorgelesen. Es ging um gleichen Lohn für gleiche Arbeit, darum, dass Mädchen Schlampen sind während Jungs sich die Hörner abstoßen und darum, dass Frauen meist nicht die Wahl haben, ob sie zu Hause bleiben oder nicht. Nichts besonders aufregendes, keine Schwanz-ab!-Parolen, aber es reichte, um mir einen „Namen“ zu machen. Das störte mich nicht so sonderlich, verwirrte mich aber. Irgendwie dachte ich bis dahin immer, was ich da vorgetragen hatte, wäre sozusagen ein allgemeines Wissen. Dass es Menschen gab, die diese Dinge nicht wussten oder anzweifelten, Frauen gab, die mit dem Wort Feminismus wohl etwas anrüchiges verbanden, erstaunte mich. So selbstverständlich war das alles bis dahin für mich gewesen. Ab da lebte ich in der Schule nach dem Motto „ist der Ruf erst ruiniert“… Besagter Ruf eilte mir die gesamte Schulzeit voraus und noch in der Oberstufe wurde ich, obwohl ich tatsächlich nicht mehr wirklich auffällig geworden war in dieser Hinsicht, mal von jemand mir völlig unbekannten aus dem anderen örtlichen Gymnasium mit „ach, Du bist doch die Emanze von der XY-Schule“ begrüßt.
Man kann wohl (aus diesem und anderen Gründen) meine Erleichterung verstehen, als ich endlich dort weg ziehen konnte. Ab da hatte ich vor allem durch die Uni ein Umfeld, das eher links und (in der Folge?) unter anderem auch feministisch orientiert war. Ein völlig neues Gefühl, da dachten endlich mal Leute so wie ich und sahen mich nicht nur mit einem Blick irgendwo zwischen immerhin interessiert bis total schief an.
Das alles hat sich nun zum Uni-Ende wieder geändert. Kollegen kann man sich nicht aussuchen und viel Gelegenheit für private Gespräche oder politische Diskussionen (in denen dann doch sehr schnell klar ist, wie ich zu manchen Dingen stehe) hat man nicht. Leicht ist es noch, wenn zwischen Bratkartoffeln und Schnitzel der Klassiker „ich bin ja keine Feministin, aber …“ fällt. Hier kann man leicht reagieren, zum Beispiel einfach mal fragen „und warum bist du keine Feministin?“. Leider bekommt man nicht immer so eine Vorlage und ich frage mich, wie andere Feministinnen (und noch spannender: Feministen) das handhaben, im beruflichen wie privaten?
Etwa so: „Hallo liebe neue Kollegen/Chefs/Schwiegereltern, ich bin Marlene und ich bin Feministin!“?
Wohl eher nicht, oder?
Also, Ihr da draußen, nun sagt, wie habt ihr’s mit dem Feminismus?
Ist hier ja auch schon oft angeklungen: Wenn man unbedingt an diesem Begriff festhalten will, darf man sich nicht wundern, wenn man schief angeschaut wird. Ihr habt Euch so entschieden und jetzt kommt halt damit klar, dass ihr schief angeschaut werdet.
Und ich kann dir eines sagen: Lieber als Emanze schief angeschaut als wegen Vertretens von Männerinteressen in die rechtskonservative Ecke gedrängt zu werden.
@Johannes
es geht gar nicht um den Begriff alleine. Ich habe oft das Gefühl, dass Frau, nur weil sich sich ein wenig mit dem Thema beschäftig und auch einsetzt, gleich „den Ruf“ weg hat.
In meinem „Geschichte der Technik“ – Seminar habe ich als Thema „Frauen und -Kinder Arbeitsrechte “ als Thema gewählt, nicht nur, weil ich es spannend war, sondern weil es eines der wenigen Themen war, bei der es NICHT nur um die Erklärung einer Technischen Erfindung ging (ich hatte die Veranstaltung gewählt, um mal etwas in meinem Studium zu machen, dass nicht nur um Technik geht–) – und schon war ich wieder die „Emanze“.
Gleiches gilt für die Hochschulpolitik, natürlich habe ich mich auch hier ein wenig mit dem Thema befasst, weil ich es immer wieder spannend finde. Aber ich habe auch noch andere Interessen und eine ganz und gar andere Einstellung, als mir – nur weil ich mich mit der Thematik beschäftigt habe- oft unterstellt wurde (und ich habe den Begriff feministin recht selten Benutzt) – und das Interesse an anderen Bereichen wurde mir dann gar nicht mehr zugetraut..
Das nervt ganz schön. Ich bin -leider – sehr vorsichtig da geworden, um nicht den Stempel zu bekommen- Emanze,mit der man über eh nichts anderes reden kann…
Ich sehe das zum einen so wie Johannes. Zum anderen denke ich, daß „Emanze“ nicht gleich „Feministin“ ist. „Emanze“ steht für mich nicht für Unabhängigkeit und Gleichberechtigung und Freiheit oder auch nur eine Diskussion darüber, sondern für lila Latzhose und ständiges Rumgenöle über das Patriarchat – Alice halt. Bei Feministin muß man halt immer nachfragen, was das denn bei der betreffenden Person bedeutet.
Also ich habe es lange aufgegeben, mich selbst zu labeln. Mensch ist immer viel mehr als ein Label und gerade das macht die Zugänglichkeit zu anderen Menschen aus. Wenn man sich selbst so auf einen Begriff reduziert, dann besteht die Gefahr von anderen auf, dass was sie mit diesem Begriff her assoziieren, reduziert zu werden. Ich fühle mich viel freier, wenn ich auf so etwas verzichte, ohne dass ich das Gefühl hätte mit meiner Meinung zurückhalten zu müssen.
Bedeutungsinhalte können sich verschieben. Jeder, der sich selbst mit bestimmten Etiketten ausstattet und sich dann über komische Reaktionen wundert, hat die Chance, die Assoziationspakete, die hinter den Begriffen stecken, aufzuschnüren und mit denjenigen, die komisch reagieren, zu diskutieren.
Wenn man dabei dann souverän mit Andersdenkenden umgeht, sich selbst auch mal infrage stellt und man statt „Och menno!“ zu sagen gegnerische Argumente mit dem kleinen Zeh entkräftet, wird es spannend. Vorher nicht.
Nach meiner bescheidenen Erfahrung sind mir diese Züge bisher nicht bei Frauen aufgefallen, die das Label „Emanze“ vor sich her und durch die Welt tragen. Aber das kann sich ja ändern.
Ha, mein Lieblingsthema! Meine „Lieblings“-Geschichte dazu handelt von einer Bekannten (Anfang dreißig, Bankerin, verheiratet), die mit ihrem Gatten in ein Möbelhaus ging und sich bei der Sofa- und Schrankauswahl nicht weiter einmischte, damit (achtung, Zitat:) „der Verkäufer nicht denkt, ich sei so ´ne Emanze, die zu Hause die Hosen anhat.“
Ich war so platt ob dieser Aussage, dass ich ihr darauf nichts antworten konnte, noch nicht mal schief grinsen. Seitdem bezeichne ich mich selbst mit Vorliebe als Emanze, die Reaktionen sind immer wieder erstaunlich….
Keine Ahnung, warum sich Frauen vor dem Wort „Feministin“ oder „Emanze“ so fürchten. Wahrscheinlich ist es die tief verankerte, von Mütter-, Oma- und Mitschülerinnengenerationen eingeimpfte Furcht, „keinen abzukriegen“ und als gesellschaftliche Versagerin dazustehen. Also lieber Maul halten, Kopf schief legen, süß lächeln und Männe den Teppich aussuchen lassen – selber schuld!
also ich habe mit beiden begriffen kein problem, warum soll feministin okay sein aber emanze bäh? weil der begriff für andere negativ konnotiert ist? emanzipation heißt schließlich freilassung, weiß nicht was daran falsch sein soll oder in der frauenfrage nicht passend. kritik am patriarchat finde ich auch toll. schließlich kann ich mich sehr wohl mit anderen noch über viele andere themen unterhalten, obwohl ich den „ruf“ weg habe. und das ist noch mal ein ganz anderes problem, dass alle menschen in schubladen gesteckt werden, bzw. wir das mit anderen auch tun, weil es uns die welt eben einfacher macht. bis die menschen raffen, dass feminismus eben keine schublade, sondern eine demokratische frage, die jedeN angeht, kann noch viel zeit vergehen.
mal ne andere frage an die mädchenmannschaft:
komme mit eurem mail programm auf der seite nicht zurecht, würde euch gern nächstes jahr zu einer lesung in unsere stadt einladen. könnt ihr mir vielleicht eine mail diesbezüglich schicken bzw. falls es über den verlag geht, an wen ich mich dort wenden soll? bin gerade ratlos.
danke!!!
lisa
Mir fallen drei Möglichkeiten ein, diesen Begriffs-Vorurteilen gegenüber zu begegnen, bzw. trotz dieser zu den eigentlichen Themen Stellung zu beziehen:
(„Man“ im folgenden auch durch „Frau“ zu ersetzen)
– Man „provoziert“ ganz bewusst, benutzt die Bezeichnungen Emanze, Feminist(in), und bringt damit (optimalerweise) eine Diskussion in Gang, in der man nebenbei vielleicht auch mit ein paar Vorurteilen aufräumen kann. Das schlimmste, was dabei passieren kann, ist, gar keine unmittelbare Reaktion zu bekommen aber einen bestimmten „Ruf“ auf lange Zeit weg zu haben.
– Man vermeidet diese (leider) negativ konnotierten Begriffe, nimmt eher allgemein anerkanntere wie Gleichberechtigung, äußert sich aber dennoch eindeutig zu den Themen. Und wenn man dann immer noch in einer vorurteilsfreien u. konstruktiven Diskussion ist, kann man die Begriffe ja immer noch verwenden.
– Man benutzt diese Begriffe um z.B. jemandem, der Gleichberechtigungsansichten äußert/beipflichtet, ohne sich selbst als Feminist bezeichnen zu würden, ein „Lob“ auszusprechen. Also z.B. zu sagen: „Mensch, das ist ja toll/interessant, du bist ja ein(e) richtige(r) Feminist(in)!“
Das wird oft Überraschung / manchmal Ablehnung hervorrufen, aber vielleicht auf Lange Sicht die Begriffe wieder positiv besetzen, bzw. wieder unters Volk bringen.
Jede(r) hat eine andere Persönlichkeit, und kann nicht jede von diesen Wegen gut umsetzen. Ich tendiere vor allem zu zweitem, finde es aber toll, wenn Leute auch die anderen Möglichkeiten ausschöpfen.
Nach dem Zitat aus „Elementarteilchen“ (Filmdialog) ein Link zu einem aktuellen Thread auf feministing.com, der vielleicht erklärt, daß es wirklich einen Unterschied zwischen einer Emanze und einer Person gibt, die sich für Gleichberechtigung einsetzt – unabhängig davon, ob sie sich als Feminist/in bezeichnet.
Christiane:
Diese Kurse werden hauptsächlich
von alten Emanzen besucht.
Unterhalt dich mal fünf Minuten mit denen.
Dann findest du raus, dass die nicht…
an den ganzen Scheiß mit den Chakren,
Kristallen und Lichtvibrationen glauben.
Katja:
Hallo, Christiane.
– Hallo, Katja. Was machst du?
Ich gehe zu „Dance your job“. Und du?
Christiane:
– Ich unterhalte mich gerade.
Katja:
Na dann, ciao.
Christiane:
– Ciao.
Bruno:
Kennst du die?
Christiane:
– Oh ja. Ich habe mal vor 20 Jahren…
in ’ner Wohngemeinschaft mit ihr gewohnt.
Aber nicht lange.
Ich habe diese Feministinnen
nie ausstehen können.
Diese Zicke und ihre bescheuerte Freundin
redeten nur über die Arbeitsaufteilung.
In wenigen Jahren haben sie es geschafft,
die Typen aus ihrem Umkreis in impotente,
griesgrämige Neurotiker zu verwandeln.
Von da an, und das absolut systematisch,
haben sie angefangen,
der Männlichkeit nachzutrauern.
Das sah dann so aus, dass sie ihre Typen
in den Wind schickten, um sich von…
Latino-Machos vögeln zu lassen.
Sie haben sich ein Kind machen lassen…
und angefangen, nach Rezepten
aus der „Brigitte“ Marmelade einzukochen.
Und jetzt der Link –
http://www.feministing.com/archives/011596.html
wird oft vergessen, aber:
sexistische aussagen werden nicht geistreicher, wahrer oder witziger, wenn sie in zitatform präsentiert werden.
Judith,
was ist denn bitte an dem Zitat sexistisch? Es nimmt doch nicht mal Bezug auf „Frauen“ sondern auf eine bestimmte Untergruppe („Emanzen“). Oder stehen die am Ende nicht nur in ihrem Selbstverständnis für „alle Frauen“ ;)
mein freund ist für gleichberechtigung und versteht auch nicht, warum frauen so viel anders sein sollen als männer (bei sachen wie „frauen sind so, männer sind so“ rollt er mit den augen), was er jedoch nicht mag, ist das wort „feminismus“. er fühlt sich von diesem wort diskriminiert und ausgeschlossen. für ihn (und wohl auch für die meisten menschen) bedeutet der begriff feminismus schlicht die gynozentristische diskriminierung von männern, also die frauenunterdrückung in grün. dass es aber so viele strömungen des feminismus gibt, wird oft nicht gesehen. dass feminismus (für mich) männer genauso einbezieht wie frauen, suggeriert ja der begriff nicht.
warum aber frauen sagen, „ich bin ja keine feministin, aber…“ liegt eben an der sozialen erwünschtheit der aussage. (männlich dominierte normen/werte in der gesellschaft usw. die chose ist hier denk ich mal bekannt)
ha, ich bringe jetzt alles noch mehr durcheinander:
ich bin sicher feministin, würde mich aber selber gar nicht so bezeichnen. was der feminismus will, ist mir absolut selbstverständlich, was mit dem feminismus gemeinhin verbunden wird: bürgerengagement in dern 70er und 80er jahren und alice schwarzer, ist mir – einfach durch meine herkunft – zutiefst fremd. was der unterschied zwischen emanze und feministin ist, weiß ich nicht so richtig. vielleicht bin ich auch eine emanze, kann schon sein. aber ich dachte, das ist normal.
Ich sehe das genauso, wie dein Freund.
Ich habe auch meine Zweifel, dass dem wirklich so ist. Es heißt einfach noch viel zu oft — und ja, bisweilen auch in diesem Blog — dass Feminismus erstmal eine Sache für Frauen ist. Für mich klingt das so nach „wir schau’n mal, ob für die Männer was übrigbleibt. Auf jeden Fall können sie alles haben, was vom Tisch runterfällt.“
Ich kann mich nicht im Feminismus engagieren, weil es mir unmöglich ist, mich dort als gleichberechtigten Protagonisten zu sehen. Ich fühle mich dort bestenfalls als gerade so geduldet unter der Voraussetzung, dass ich den Frauen nicht widerspreche.
so ein gefühl hab ich auch. leider kenne ich mich zu wenig mit feminismus aus, weiß aber, dass es ganz viele strömungen gibt, und nur die jetzige hauptströmung ist so „()männerfeindlich(„). (oder?)
in meinem persönlichen feminismus (wobei ich das wort ja auch gar nicht prickelnd finde) hast du gleichberechtigten platz :-)
in gedanken schreib ich ja grade einen wettbewerb aus: bester neuer begriff für den feminismus, der für frauen UND für männer gedacht ist. (oder gibts da schon einen begriff dafür?)
hm. da fällt mir noch was ein: ich studiere ja unter anderem soziologie, und da ist es ja normal, wenn jemand sagt, er/sie interessiert sich für feminismus bzw. ist feminist/in.
wenn ich aber in einem anderen kontext sage, ja, ich bin feministin, dann wird erst mal blöd geredet, auch von frauen. wenn ich dann aber in details frage, ob sie bzw. frauen nicht gleichberechtigt handeln und behandelt werden wollen, dann kommt immer: ja klar, das schon.
eigentlich hat das ja auch was gutes: die ideen sind zumindest schon so weit in die gesellschaft eingesickert, dass sie „selbstverständlich“ sind und nicht mehr benannt werden.
(und bevor jetzt stimmen laut werden: ich weiß, wie es in der realität aussieht.)
es wird wohl noch einige zeit vergehen müssen, bis feminismus ein neues gesicht in der allgemeingesellschaft hat. und in dieser zeit müssen (wir) feminst_innen der gesellschaft zeigen, dass wir keine männerkastrierenden furien sind, sondern dass die ideen, die hinter dem feminismus (egal, wie un/passend der begriff für mein verständnis der ideen dahinter ist) stehen, menschen unterschiedlichsten geschlechtern gleichermaßen nützen.
anna, ich kenn das, was du da beschreibst sehr gut – und mein freund neuerdings auch: er sprach mit einer kollegin über wasauchimmer und sie kamen darauf, dass ich mich in meiner diplomarbeit mit elternschaft und geschlechterrollen auseinandersetze… da fragt sie ihn „sach mal, is deine freundin so’n bißchen feministisch angehaucht?(naserümpf)“.
er hat zwar ganz cool reagiert („ja. sind wir das nicht alle? und wenn nicht: warum eigentlich nicht?“),verwirrt hat ihn diese nachfrage aber auch. denn er hat – wie ich oft- alle möglichen zuweisungen hinter der frage gehört. als feminist_in is mensch auf jeden fall unentspannt, ziemlich wahrscheinlich homosexuell, und ganz sicher hasst man männer (das bedeutet, dass feministEN eigentlich gleich noch ne identitätskrise angedichtet wird, oder?)
vielleicht ist es gerade in diesem zusammenhang wichtig immer wieder zu thematisieren (vorlagen gibt es meiner erfahrung nach reichlich), dass man sich als feminist_in versteht.
Wenn es euch darum geht, für Alle eine Situation zu schaffen, in der sie ihr Leben individuell gestalten können, unabhängig von z. B. Geschlecht, dann werden wohl nur Wenige wirklich etwas dagegen haben.
Die Abneigung gegen den Begriff Feminismus stammt aus der Zeit, die ihr second wave nennt. Wenn du, wie ich, deine Jugend in den 70ern und 80ern verbracht hast, warst du massiv Abwertung, Ausgrenzung und Männerfeindlichkeit ausgesetzt, so du dich denn in einem alternativen Umfeld aufgehalten hast. Die Frauen, die sich damals Feministinnen nannten, waren hochgradig aggressiv. Wegen meiner dunklen Haut(Unterdrücktenstatus)wurde ich zwar deutlich besser behandelt als weiße Männer, aber übersehen ließ sich das auch für mich nicht.
Hatten viele Männer am Anfang noch selbst Schuldgefühle, war irgendwann der Bogen überspannt und ein Gefühl der Abneigung machte sich breit. Niemand hat Lust dauernd auf der Strafbank zu sitzen. So ist der Begriff Feminismus in meiner Generation (zwischen 45 und 50) weitgehend verbrannt. Früher rief ich bei dem Wort Feminismus direkt nach dem Sick Bag, heute winke ich nur noch müde ab und wende mich anderen Dingen zu.
Ich weiß nicht in wie weit die Erfahrungen meiner Generation sich auf Jüngere übertragen haben. Aber unsere Altersgruppe ist überall noch sehr präsent. Kann schon sein, dass das einen gewissen Einfluss hat.
Wenn ihr euch also Feministinnen nennen wollt, müsst ihr damit Leben mit Schwarzer und Konsorten in einen Topf geworfen zu werden, ob ihr wollt oder nicht.
Zitat Julia:
„es wird wohl noch einige zeit vergehen müssen, bis Feminismus ein neues Gesicht in der Allgemeingesellschaft hat“
Damit hast du wahrscheinlich Recht Julia und deine (Frank) Assoziationen in Bezug auf Feminismus aus früherer Erfahrung kann ich nachvollziehen.
ABER:
Dann ist genau HIER doch die Richtige Stelle (here&now) ein neues Verständnis von Feminismus zu prägen, zu kommunizieren und weiter zu entwickeln. Erst wenn Menschen, die sich mit dem Thema Feminismus direkt und reflektiert auseinander setzen, ein klares und mehr oder weniger konsensuelles Bild darüber haben, können andere Menschen ein „Gesicht“ des Feminismus überhaupt wahrnehmen (und dieses nicht aus Vorurteilen und schlechten Witzen zusammenzimmern).
Ich bin in den 90ern aufgewachsen und Feminismus war eigentlich kein explizites Thema in meinem Freundeskreis. In meiner Familie habe ich feministische oder emanzipatorische Einstellungen relativ direkt mitbekommen und als Normalität verstanden. Ich bezeichne mich bewusst als Feminist, weil ich das gesellschaftliche Ungleichgewicht (immer noch) auf der Frauenseite sehe. Mir geht es als erstes um den Gedanken der Emanzipation von Mann UND Frau und ich sehe diesen Feminismus nicht als Männerfeindlich an. (Ich stehe nicht auf Selbstverleugnung)
In manchen Beiträgen klingt eine Ablehnung gegen den Feminismusbegriff und in der Folge eine Tendenz zur Umbenennung an. Ich denke eine Neudefinition ist besser, weil 1. Ich die beschriebenen Probleme vielfach für Vorurteile halte (nicht ausschließlich, gib ja bekanntlich alles;) und 2. viele der vom früheren Feminismus formulierten Probleme den ursprünglichen Problemen gleichen.
…ich meine natürlich: den AKTUELLEN Problemen gleich.
guten tag, der e-manzipationsgedanke ist ueberigens schon uralt; es ist das Beeenden des Sklavenhandels gemeint; des mit der hand mitgenommenen (manu capere) Sklaven auf dem Sklavenmarkt. Dieser Gedanke ist zu jeder Zeit für jeden aktuell: denn das Verdingen menschlicher Vermögen auf dem Arbeitsmart scheint mir nicht allzuweit davon entfernt zu sein. Insofern ist Emanzipation nichts Erreichtes, sondern ein Projekt, dass noch vor uns liegt… jeder Mensch ist eine Emanze!