Immer wieder werden „den Unterschieden zwischen Mann und Frau“ lange Artikel in den Mainstream-Medien gewidmet. Auf Spiegel-Online gibt es sogar eine spezielle Themenseite, die den mehr oder weniger expliziten Anspruch hat, die wichtigsten Ergebnisse der Wissenschaft zu diesem beliebten Themenkomplex zu popularisieren. Doch sofort kommt der erste Schock durch das total stereotypische „Aufmacher-Bild“: Er und Sie, den aktuellen Schönheitsidealen perfekt entsprechende, weiße, junge, moderne Adam und Eva vor grünem Waldhintergrund, also vermutlich in Rousseaus Naturzustand.
Der erste Eindruck täuscht leider nicht: Bei den meisten Texten der Rubrik – und Spiegel-Online ist nur das bekannteste Beispiel – handelt es sich um leichte Lektüren, die sich bei Kaffee- und Cocktail-Party-Gesprächen schnell reproduzieren lassen und gut unter dem Motto „Die LeserInnen bloß nicht überfordern!“ stehen könnten. Einer der letzten Beiträge auf der Themenseite verspricht zum Beispiel eine Lösung für das Problem, warum Frauen besser über Kummer reden können. Doch schon der Lead-Absatz dämpft die Erwartungen: „US-Psychologen haben jetzt eine Erklärung gefunden. Aber ist die wirklich logisch?”.
Nach einer kritischen Lektüre des Artikels muss nicht nur festgestellt werden, dass die Antwort auf die ursprüngliche Frage völlig ausbleibt, und der Titel sich als billiger Trick entpuppt. Darüber hinaus wird klar, dass selbst die zu popularisierende „Wissenschaft“ oberflächlich und letztendlich nichtssagend ist. Jungs und Mädchen wurden gefragt, warum sie über persönliche Probleme reden, oder warum sie dies eben vermeiden; mehr Jungs als Mädchen geben an, dass sie solche Gespräche „sinnlos“ finden und dass sie sich dabei „weird“ fühlen; die „Wissenschaftler“ nehmen dies ernst und für bare Münze; es finden keine weiteren Tests und kein Interpretieren von Ergebnissen statt.
Ohne Wenn und Aber haben solche Texte – im Spiegel und in zahlreichen anderen Magazinen – einen ziemlich großen Einfluss auf die Mainstream-LeserInnen. Und mehrere Fragen liegen nahe: Wieso merkt niemand, dass hier der Unterschied zwischen dem vermeintlichen Anspruch und dem konkreten Inhalt lächerlich hoch ist? Warum fällt niemandem auf, dass eine solche „Studie“ wenig Ernstzunehmendes, geschweige denn Wissenschaftliches zu bieten hat? Dazu nur eine erste Konklusion: Aufklärung darüber, wie gute, kritische Sozialwissenschaft auszusehen hat, gehört als Priorität auf die feministische Agenda. Denn die Emanzipation von Pseudopsychologie ist ein wichtiger Teil der allgemeinen Emanzipation.
Wahr. Die Unwissenschaftlichkeit beginnt schon mit der Fragestellung (man denke nur an die Titel der unsäglichen Pease & Pease Bücher): „Warum Frauen lieber Tee, Männer immer nur Kaffee trinken“ … In völliger Missachtung des Prinzips „ex falso qodlibet“ wird ohne jedes Hinterfragen unterstellt, das sei so (Quelle? Statistik?) und dann eine gefühlt sinnige Antwort auf ein Problem gesucht, von dem eigentlich nicht einmal geklärt ist, ob es besteht… m(
>mehr Jungs als Mädchen geben an, dass sie solche Gespräche „sinnlos“ finden und dass sie sich dabei „weird“ fühlen; die „Wissenschaftler“ nehmen dies ernst und für bare Münze; es finden keine weiteren Tests und kein Interpretieren von Ergebnissen statt.Wenn da nur das Wörtchen weird nicht wäre. Rose und Kollegen merken selbst an, dass nun genauer herausgearbeitet werden müsse, was Jungs denn meinen, wenn sie fürchten, sie würden sich durch ein Problemgespräch weird fühlen. Übersetzt werden kann es mit merkwürdig, seltsam, komisch, eigenartig oder sonderbar. Was in diesem Zusammenhang nicht weit entfernt von peinlich oder auch schlecht liegt.
Am Ende ist es also vielleicht doch genau das, was Psychologen schon lange sagen: Dass die Angst vor einer peinlichen oder unangenehmen Situation Jungen häufiger plagt als Mädchen – und daher schweigen lässt. <
Aaaaaah irgendwas ist schiefgelaufen, ich wollte eigentlich sagen, dass ich die Kritik an dem Artikel, die blossen Aussagen der Jungs für bare Münze zu nehmen nicht verstehen kann weil im Artikel ja genau auf diese Problematik hingewiesen wird.