„Wer weiß, wie sich Diskriminierung anfühlt, diskriminiert nicht.“ – Diese Idee von Gerechtigkeit dürften viele kennen. Es ist schwer sich vorzustellen, dass Menschen einander Dinge antun, die sie selbst als schmerzhaft oder als falsch erlebt haben. Dass Menschen die Marginalisierung erfahren, auch selbst diskriminieren, darauf hat zuletzt z.B. Judith Butler beim diesjährigen CSD Berlin öffentlich Aufmerksam gemacht.
Diskriminierung muss nicht immer Absicht sein, das wird bei der Diskussion darüber häufig vergessen. Vermutlich sind die meisten Fälle von Diskriminierung schlicht fehlender Aufmerksamkeit geschuldet. Das macht es jedoch nicht besser: Es hat etwas von „Oh, ich hatte vergessen, dass es für Kinder gefährlich ist, auf der Autobahn zu spielen.“ – Totschlag ist es trotzdem. Somit ist Aufmerksamkeit für (Mehrfach-)Diskriminierung eines der „Heilmittel“ zu einer netteren Welt.
Das Minderheiten und marginalisierte Gruppen meist in nur wenigen Merkmalen Gemeinsamkeiten haben, ist theoretisch offensichtlich. Dass Aufmerksamkeit für Unterschiedlichkeit, Diskriminierung vorbeugen kann, ist zumindest in der Diskussion um Mehrfachdiskriminierung bekannt. Wie schwierig sich dies jedoch in der Praxis leben lässt, hat mir beispielhaft die Frauenvollversammlung der Studentinnen der Uni Mainz im Sommersemester 2010 gezeigt:
Auf der Tagesordnung stand unter anderem eine Namensänderung für das Frauenreferat. Im Vorfeld war bereits bekannt geworden, das es vor allem darum gehen würde „Lesben“ im Namen des Frauenreferats sichtbar zu machen, da viele Menschen und Organisationen nicht wahrnehmen, dass das Frauenreferat auch für Lesben zuständig ist.
Obwohl ich Judith Butlers Plädoyer gegen Mehrfachdiskriminierung nur zustimmen konnte, dies mit Freundinnen und im Internet diskutiert habe und wirklich überzeugt war, dass mir zumindest grobe Patzer bei diesem Thema nicht passieren könnten, bin ich bei diesem Tagesordnungspunkt nicht stutzig geworden – auch andere nicht. Mein weißes Umfeld und ich sahen kein großes Problem darin, Lesben wieder ausdrücklich als Zielgruppe zu benennen – allerhöchstens die Bi-Frauen machten uns Sorgen.
Doch auf der Frauenvollversammlung meldete sich eine Kommilitonin und sagte in etwa Folgendes: „Was ist denn mit mir als schwarzer und alleinerziehender Frau? Ich habe mich bisher auch nicht vom Frauenreferat angesprochen gefühlt.“
Offensichtlich bin zumindest ich zu weiß, kinderlos, sic cis (nicht-trans), physisch voll funktionsfähig und lesbisch, um ohne Hilfe auf den Gedanken zu kommen, dass die Aufnahme von Lesben im Namen des Frauenreferats nur ein kleines Problem löst, nebenbei aber andere Gruppen noch stärker unsichtbar macht und damit diskriminiert.
Der Frauenvollversammlung wurde wohl auch ziemlich schnell klar, dass es unmöglich ist alle „Frauentypen“ in den Namen aufnehmen kann. Trotzdem wollten wir anscheinend gerne dem Problem der Sichtbarkeit der Unterschiedlichkeit von Frauen und dem Thema Mehrfachdiskriminierung im Namen des Frauenreferats Präsenz geben. Nach fast 2-stündiger Diskussion entschied die Frauenvollversammlung, dass sich alle Frauen vom Frauenreferat angesprochen fühlen sollen. Die Namenslösung erscheint sowohl trivial als auch doppelt gemoppelt, denn der neue Name ist: AlleFrauenreferat.
Auch wenn der Name an sich nichts augenscheinlich sichtbarer macht, ist gerade das Doppelt Gemoppelte für Alle die Chance, sich Gedanken darüber zu machen, warum dieser Name gewählt wurde – und bei Interesse die Diskussion zu suchen.
cis, nicht sic …
@Neeva
autsch, sorry. Zu viele Unihausarbeiten mit alter Rechtschreibung ;-)
Hm, hab ich da als Mann einen blinden Fleck oder sollten sich nicht per Definition alle Frauen von „Frauenreferat“ angesprochen fühlen? Ich habe sicherlich nichts gegen Namenszusätze, die zeigen, dass mensch marginalisierte Gruppen nicht übergeht. Aber „Frauen“ und „AlleFrauen“ unterscheidet sich meiner Meinung nach nur darin, dass letzteres unhandlicher ist.
@Stefan
Wie berichtet haben einige Menschen nicht verstanden, dass „Frauen“ alle Frauen impliziert. Wenn der Begriff also nicht funktioniert (und es bei Leibe ja auch kein neuer Begriff), ist was mit dem Begriff falsch und nicht mit den Menschen die diesen nicht „richtig“ verstehen. („You arguing with opinions not facts“)
Es gibt natürlich verschiedene Wege damit umzugehen, z.B. eine Kampagne zum Begriff usw. An diesem Punkt wurde das Thema anhand des Namens des Frauenreferats diskutiert und für diesen Bereich eine Teillösung gesucht. Ob diese ihren Dienst tut, ist eine andere Frage.
politisch korrekte turnübung.
Ach du meine Güte,
jetzt weiß ich wieder, warum ich Gremienarbeit so hasse.
Bei solchen Diskussionen wäre ich schreiend davongelaufen. Ist das euer Ernst? Ich kann es nicht fassen
… so als Frau, pardon als EineFrau.
Da kann man nur noch mit Sarkasmus reagieren.
@fragezeichen
bisschen wenig.
@kamy
Wie sollte Gremienarbeit denn Deines Erachtens laufen?
der begriff funktioniert überall sonst. mit dem begriff ist nichts falsch.
Man sieht, mit welchen weiblichen „Problemen“ der Feminismus sich überhaupt noch beschäftigen kann, was überhaupt noch „übrig“ ist.
Die eigenen psychischen Probleme und Bedürfnisse, so scheint es. Wenn alle anderen Bedürfnisse befriedigt sind, dann bleiben eben nur noch das übrig.
Damit ist die Spitze der Maslow’schen Bedürfnispyramide erreicht. Irgendein Bedürfnis hat man dann zwar immer noch, aber dann sollte man das mit sich ausmachen oder mit einem Therapeuten und andere damit verschonen.
Der Vorgang ist einfach grotesk.
Die These „Wer weiß, wie sich Diskriminierung anfühlt, diskriminiert nicht.“ ist leider völlig falsch, das Gegenteil ist der Fall.
Minderheiten unterdrücken Minderheiten.
Das kann man jeder einigermaßen glaubwürdigen Statistik entnehmen.
Ansonsten kann ich dem Fazit nur zustimmen.
Allerdings hat mich mein Miderheitendasein immer sehr gestärkt, auch wenn ich mir meine Minderheit selber aussuchen konnte.
Entschuldige Stephanie, ich will dir nicht zu nahe treten, aber wenn du nicht merkst, wie absurd das Ganze ist, kann man es dir nicht erklären.
Wenn ihr wirklich eure Zeit mit Diskussionen über Namensgebungen verplempert, die die super-Empfindlichkeit von Minderheiten von Minderheiten von Teilgruppen von Minderheiten, persönlichen Gefühlen, Unterstellungen, Vermutungen über Unterstellungen von Diskriminierung gegenüber Super-Ultra-Minderheiten und umso mehr Berechtigung doch in einer Namensgebung noch einmal extra aufgefordert und ermutigt werden zu müssen – weil sie ja zu blöde sind noch mal nachzufragen ob mit der Bezeichnung Frau auch wirklich Frau gemeint ist … wenn denn solche Probleme wirklich auftauchen … und ach und weh und … und ich muss hier raus … ich geh dann in eine Männergruppe, die gar nicht reden sondern einfach schweigen. Und ich kann mich daneben setzen und kann gänzlich undiskriminiert mitschweigen. Hach, Friede :-)
Entschuldige die überspitzte Darstellungsweise … aber ich hab schon beim Lesen diesen Gremienkoller bekommen. Diese Unfähigkeit zwischen Wesentlichen und Unwesentlichem zu unterscheiden, dieses ewige Verzetteln. Und am Ende steht ein neuer Begriff, der einfach nur lächerlich ist. Mit einem Begriff, der in Erklärungsnot bringt, die größer ist als sie vorher gegenüber den vermeintlich diskriminierten aber eigentlich nur schlecht informierten Minderheiten war. Shit happens.
@ kamy
Aber hältst Du eine Debatte von ca. 2 Stunden denn wirklich für Zeitverschwendung?
Ich könnte deinen Einwurf verstehen, wenn die Namesgebung das einzige gewesen wäre, was man in den vergangenen Monaten geschafft hätte. Aber so wie Stephanie das beschreibt scheint mir das ein recht flotter Entscheidungsprozess gewesen zu sein. (und auch nit der einzige)
Und wenn man eine größere Organisiation (welcher Art auch immer) betreibt müssen ja auch irgendwann die ganz banalen Sachen wie Namensgebung geklärt werden. Wenn man dann diese Klärung gut strukturiert, wäre das für mich gerade ein Gegenmittel zum Verzetteln wie Du es beschreibst.
@ Mr.Gosh
Zustimmung zu deinem Gedanken mit der Diskriminierung. Aber den hat Stephanie auch so in der Einleitung formuliert ;)
@ Stephanie
erstmal: ich find den neuen Namen cool.
Es muß sich natürlich noch beweisen das das nicht nur ein Label ist, sondern auch für inhaltliche Arbeit steht, ich weiß aber auch aus eigener Erfahrung wie langwierig so ein Kurswechsel sein kann.
Zu deinem Gedanken der Diskriminierung aus Unabsichtigkeit und nicht aus Böswilligkeit würde ich aber noch ergänzen das hinter dieser Unabsichtigkeit nicht nur individuelle Schusseligkeit steht sondern auch strukturelle Diskriminerung. Das man bestimmte Personengruppen „vergisst“ liegt ja auch daran das diese nicht so sehr im Mainstream vertreten sind/bzw. reingelassen werden und wenn Sie dann auftauchen dann häufig als eindimensionale Figuren und nicht als die vielseitigen Charaktere, als die priviligierte Gruppen häufig dargestellt werden.
Also die eigene „Vergesslichkeit“ ist nur ein Symptom eines viel schwerwiegenderen Problems, will ich damit ausdrücken.
wenn man frauen als frauen bezeichnet, hat man keine frau diskriminiert, „frauen“ ist nämlich ein oberbegriff. wer sich angesichts dessen diskriminiert „fühlt“ – unbenommen. aber diese diskriminierung entsteht im kopf des sich dikriminiert fühlenden und ist m.e. eine sache der selbstreflektion.
@Cassandra
2 Stunden?!! Doch so viel!
Noch mal kurz: das Problem ist ein Scheinproblem. Jede Minute Diskussion um ein eingebildetes Problem ist eine Minute zu viel.
Wie fragezeichen schon richtig sagte, bedeutet Frau, Frau. Und wer sich da – als Frau – diskriminiert und „nicht gemeint“ fühlt …. tja. Diejenige hat ein anderes Problem, das sich wohl nicht durch Extraeinladungen beheben lässt.
„Frau“ heißt ja gerade nicht „Frau“. In Deutschland heißt „Frau“ „weiße, heterosexuelle, nichtbehinderte Frau ohne Migrationshintergrung“.
das wäre mir neu. kann man das irgendwo nachlesen? oder ist das (d)eine interpretation?
ich möchte mir gar nicht ausmalen, welche schwierigkeiten das ergäbe für „the gap“. dann geht „bäcker_in“ nicht mehr, sondern es müsste heißen „bäcker_alle_hautfarben_alle_ethnien_alle_sexuellen_spielarten_und_wer_sich_noch_angesprochen_fühlen_mag_das_diskutieren_wir_gern_in. gut, das wäre zwar etwas sperrig. aber wenns dem weltfrieden dient.
@kamy, you got it.
@fragezeichen
Hast Du Dir mal Poppers Wissenschaftskritik angeschaut?
@kamy & @fragezeichen
„Don’t you have more important issues to think about“
@Cassandra
Sehr wahr und sehr präzise. Danke.
@Name (notwendig)
Gebe Dir Recht und möchte nur als Erklärung für Mitlesende hinzufügen:
Die wenigsten Begriffe sind selbst diskriminierend. Schlimmer sind die stereotypen Implikationen zu Begriffen. Damit können die Begriffe zwar nix dafür, jedoch ist Sprache eine der Hauptkommunikationsformen, so dass auch die Sprache zum Aufbrechen der Implikationen dienen muss.
„“Frau” heißt ja gerade nicht “Frau”. In Deutschland heißt “Frau” “weiße, heterosexuelle, nichtbehinderte Frau ohne Migrationshintergrung”.“
„allefrauen“ hieße demnach ja eigentlich „alle weiße, heterosexuelle, nichtbehinderte Frau ohne Migrationshintergrung“, oder nicht? am ‚falschen‘ begriff hat sich dann ja nichts geändert.
@ fragezeichen: kannst ja z.B. hier mal gucken: http://www.birgit-rommelspacher.de/intedependenzen.pdf.
@ Stephanie: Ich finde eure Namenswahl gut. Kleine Geschichte, an die mich Dein Bericht erinnert hat: an meiner Uni gab es einmal ein FrauenLesbenReferat. Um diesen Namen wurde bei der Gründung wohl viel gestritten – das muss so in den 80ern gewesen sein. Vor ein paar Jahren zog eine junge Referentinnen-Generation ein, die sich in FrauenLesben nicht wiederfinden konnten und mit dem hier schon benannten Argument „Wir sind ja alle Frauen“ die Lesben hinauswarfen (die dann beim Schwulenreferat unterkamen). Mittlerweile gibt es das Referat gar nicht mehr, da der Asta feststellte, Frauen würden an der Uni nicht diskrimminiert – schließlich seien ja 50% der Studierenden weiblich. Das Frauenreferat hatte bei den Studentinnen keinen Rückhalt, weshalb es auch keine nennenswerten Proteste gab. Insofern finde ich es besonders erfreulich, dass ihr in Mainz Frauenpolitik machen könnt und offensichtlich daran arbeitet, für alle Frauen attraktiv zu sein.
@Name (notwendig)
Ja, ich habe die Geschichte des Frauenreferats Deiner Uni verfolgt (ich bin recht sicher, dass diese die einzige solchartige in den letzten 2 Jahren ist – daher „rate“ ich einfach). Wie läuft’s denn an Deiner Uni jetzt mit der Frauenpolitik?
Die Sichtbarkeit von Lesben unter Frauen ist ja seit der „Trennung“ der Lesbenbewegung von der Frauenbewegung Streitthema. Damit haben wir zumindest in Deutschland auch in den „Frauen“referaten (unter deren vielfältigen Namen, daher in Anführungszeichen) eine Geschichte zum Themas – schlicht über den Vergleich der Namen. Aber über das Wissen um die Geschichte geht der Blick auf den Facettenreichtum der Mehrfachdiskriminierung leicht verloren.
Werde hoffentlich hier in Mainz noch eine Weile beobachten können, inwiefern die Geschichte des jetzigen Namens tradiert wird usw.
Klar diskriminieren Diskriminierte gerne – siehe Quoten ;-)
Wieso soll der Name „Lesben“ überhaupt extra mit aufgenommen werden? Also gibt es in Mainz nicht Schwulenbüros die Lesben bei Problemen helfen könnten? Und eine spezielle Diskriminierung von Lesben an einer Hochschule sollte es doch eigentlich eher weniger geben, oder?
Wenn sie zwischen Mitarbeitern stattfindet kann man sie nicht verhindern und Prüfer sehen ja nur eine Frau und nicht ihre Sexualität.
Also wieso sollten Lesben extra als Lesben betrachtet werden und nicht als Frauen?
Ich denke mal, dass der Name eher negative als positive Folgen hat, aber haben die anderen ja schon erläutert und gibt auch Gegnern von Frauenreferaten mehr Argumente für die Schließung.
@elektrosmog
Wegen Dir.
Zum Rest Deiner „Fragen“ hier ein Vorbild für Dich.
stimmt genau.
mich würde übrigens mal interessieren, wie das mit den damentoiletten gehandhabt wird, wenn FRAUEN nur weiße, heterosexuelle etc.pp. meint, wo gehen die andern hin?
und jetzt mal scherz beiseite: wir reden von frauen in afrika, frauen in russland, in china, in japan, amerika, frauen im beruf, frauen in der ausbildung … das sind mehrheitlich keine “weiße, heterosexuelle, nichtbehinderte Frau ohne Migrationshintergrung”, und trotzdem versteht jeder, um wen es sich handelt. ich schrieb es schon, frau ist die oberste kategorie für weibliche erwachsene jeglicher couleur. unter „frauen“ versteht man auf der ganzen welt die gruppe weiblicher erwachsener menschen. egal, was für verrenkungen darum gemacht mögen, wer wann wo was „meint“.
das praktische an derartigem bemühen um politische korrektheit ist allerdings, dass es sich auf die moralisch unangreifbare seite der „guten“ begibt, die im kampfe gegen das jeweils moralisch niedere jeden unsinn legitimiert, aus dieser vermeintlichen überlegenheit heraus 100%ige kritikresistenz generiert und zwar bei gleichzeitiger tatsächlicher diskriminierung andersdenkender. man kann zusammenfassend feststellen, dass solche aktionen sich selbst ad absurdum führen und die vermeintlichen bemühungen gegen diskriminierung nichts als symbolpolitik zugunsten des eigenen wohlbefindens darstellen.
@fragezeichen
In Deinen ersten zwei Absätzen machst Du Kategorienfehler.
Und für in Logik nicht Geschulte: Kennst Du das Rolli-Zeichen bei Toiletten?
Die Links sind teilweise gegen andere austauschbar, je nach eigenen Prioritäten.
Jetzt wird es langsam wirklich absurd… Ich nutze im Supermarkt auch häufig die Kasse, über der das Rolli-Zeichen hängt. Trotzdem bin ich eine weiße, nichtbehinderte Frau ohne Migrationshintergrund. Aber durch diese Kasse passt halt einfach der Kinderwagen… Gleiches gilt für die Toiletten, wenn ich mit Kind alleine unterwegs bin. Soll ich das jetzt sein lassen, weil das Rollizeichen ja signalisiert, dass es sich um bauliche Anpassungen für RollstuhlfahrerInnen handelt und mich nicht mitmeint? Meine Güte, bei soviel theoretisieren käme ich im Alltag zu nichts…
Da kann ich mich Kamy nur anschließen: Jetzt weiß ich wieder, warum mein Engagement in der Unipolitik nie über den Fachbereichsrat hinausging…
Die Frage der Wahrnehmbarkeit bezog sich im Uebrigen nicht nur auf den Blick von „innen“ (also, wohin gehe ich als [Schwarze/lesbische/behinderte/alleinerziehende…] Frau mit meinem Problem, wenn (i.d.R.) die Referentinnen Weiss, hetera, voruebergehend nicht behindert, kinderlos/… sind und das an Personen wie Veranstaltungen/Programmatik deutlich sichtbar wird, d.h. dieses Referat fuer mich „offensichtlich“ nicht gedacht ist?), sondern auch auf den von aussen: Wenn es z.B. um lesbische Veranstaltungen in der Stadt geht, wird sich fuer Kooperation an das Schwulenreferat gewandt, bei Diskriminierung von Frauen of Colour an das AuslaenderInnenreferat (in denen per definitionem/ immer wieder vorkommend nur Maenner sitzen).
In Mainz gibt es fuer einzelne diskriminierte Gruppen autonome, per Satzung festgelegte Referate (weswegen sie gluecklicherweise nicht so einfach abgeschafft werden koennen – @ Name (notwendig): lol. also ich meine, traurig). Das Problem der Mehrfachdiskriminierung besteht dadurch aber weiter.
Natuerlich ist die Namensfrage nur ein Aspekt des grundlegenderen politischen Problems, das natuerlich gleichzeitig diskutiert wurde und natuerlich angegangen werden muss.
Wie, ist die Frage.
(Kann vermutlich nicht antworten, da unterwegs)
stefanie, wir kennen den link nun alle.
schau mal, ich hab auch einen: http://www.stupidedia.org/stupi/Schopenhauer_to_go
der kategoriefehler liegt leider auf deiner seite: wir reden hier nicht [b]mit[/b] und nicht [b]über[/b] „Marginalised People™“, sonder mit und über diejenigen, die die „Marginalised People™“ für ihr eigenes gutmenschentum instrumentalisieren.
super argument. touche! und gleich eine kleine beleidigung inklusive!
das ist gut, mensch.
verrat mir bitte, wo gehen die nicht weißen mit migrationshintergrund pinkeln? die andersbegabten ohne mobile herausforderung? oder die rotationseuropäer?
„Nicht, daß sprachliche Verbesserungen
oder der Gebrauch von Euphemismen im politischen Sprechen etwas Neues wären,
aber die veränderten Worte bzw. ihre Verfechter erhalten durch das Etikett ‚politisch
korrekt‘ eine neue Macht, Recht zu haben.
„Die PC ist unbarmherzig dichotomisch: Was nicht politisch korrekt ist, ist eben
unkorrekt. Grauzonen des Zweifels räumt sie nicht ein, Zickzackprofile gehen über
ihren Horizont: Wer das Lager der PC in einem Punkt verläßt, wird sofort in das des
Feindes eingewiesen. Sie ist zudem durch und durch moralisch: Das Inkorrekte ist nicht
nur falsch, es ist böse.“ (ZIMMER 1993, 60) “
schreibt Andrea Wirthgen in „Die „korrigierte“ Sprache und ihre Folgen“
http://www.linse.uni-due.de/linse/esel/pdf/pol_correct.pdf
„Abschließend läßt sich (…) eher kritisch als positiv zusammenfassen:
1. Mit der Kategorisierung von Sprache in korrekt und inkorrekt wurde die
natürliche Funktion von Sprache als Verständigungsmittel verletzt und damit das
Kooperationsprinzip mißachtet.
2. Die vermeintliche Sensibilisierung steht in keinem Verhältnis zur entstandenen
Unsicherheit im Sprachgebrauch, und der angestrebte Bewußtseinswandel ist
durch den forcierten Sprachwandel kaum nachvollziehbar.
3. An realen Verhältnissen hat sich kaum etwas geändert. Und bei dem Versuch der
sprachlichen Aufwertung einzelner Opfergruppen sind wiederum neue
Opfergruppen auf seiten der Minderheiten wie der Sprecher entstanden.“
http://www.linse.uni-due.de/linse/esel/pdf/pol_correct.pdf
@Miriam & fragezeichen
Sorry, anscheinend hat allein die Frage nicht für den Verweis ausgereicht. Beim Rolli-Zeichen geht es darum, dass Rolli-Fahrerinnen explizit Toiletten ausgewiesen bekommen und eben nicht einfach unter „Frau“ fallen.
@Miriam
Eben genau bei Deinem Kinderwagen-Problem zeigt sich das „Othering“. Das Du mit einem Kinderwagen an jeder Kasse bezahlen sollen/entlanglaufen können solltest, ist eine berechtigte Forderung. Das noch nicht mal explizit Kassen für Kinderwagen ausgewiesen werden, ist ein gesellschaftlicher Missstand.
Es handelt sich dabei nicht um einen Gegenbeweis, vielmehr besagt es, dass die nicht-gebrandmarkten Kassen an denen Du Rollifahrer_innen etc. nicht vorbeikommen, eben nicht „für alle“ sind.
@fragezeichen
Jeder Link hat einen Anker zu einem anderen Abschnitt. Es handelt sich also nicht um immer denselben Link.
Eine Beleidigung war nicht intendiert. Bist Du bereit mir mitzuteilen, womit ich Dich genau beleidigt habe, da ich es immer noch nicht rauslesen kann?
Nicht jede Form von Diskriminierung zeigt sich überall und überall gleich. Bitte beachte auch den Verweis auf den Kategorienfehler.
@“pc-Ablehnende“
Ich weiß wie schlimm es ist, vorgworfen zu bekommen, diskriminierend zu sein oder eben nicht pc. Das ist wirklich kein gutes Gefühl und weckt das Bedürfnis, den Vorwurf abzustreiten. Aber meist ist es besser und langfristig effektiver sich mit dem Vorwurf auseinanderzusetzen und tatsächlich Schlußfolgerungen aus dem jeweiligen Sachverhalt zu ziehen.
@Vollidiot_inn_en
Newsletter auf meine E-Mailadresse zu bestellen ist ein überaus mühseliges Geschäft und vor allem äußerst bescheuert, wenn ich diese erst bestätigen muss. Tue ich natürlich nicht. *gähn*
Immer wieder faszinierend, wie Leute selbstreflektion als komplett überflüssig darstellen oder gar als Argument benuzten, zu behaupten, es gäbe nichts mehr zu verbessern.
Aktion, Aktion, Aktion. Das ist die Parole, selbstkritisches Nachdenken ist da nur hinderlich, nicht wahr. Miguel de Unamuno in unser allen Ohren…
das ist schon eine ganz immense ignoranzleistung, bei einem anderen die bedeutung dieses piktogramms nicht vorauszusetzen. sprich: einem erwachsenen menschen so eine erklärung anzubieten, zeugt weder von sachlichkeit noch einem mindestmaß an restpekt und lässt tief blicken. darum: danke dafür!
„Und für in Logik nicht Geschulte“ intendiert, ebenso wie die oben zitierte einlassung, du hieltest dein(e) gegenüber für minderbemittelt, mindergeschult oder mindergebildet.
@fragezeichen
Danke für die Erklärung, werde darüber nachdenken.
Ganz ehrlich, Stephanie, ich fühle mich in keinster Weise gebrandmarkt, wenn ich die eine Kasse benutze, die breit genug ist für den Kinderwagen. Im Gegenteil, das zeichnet meiner Meinung nach einen Supermarkt aus, der sich der Problematik für RohlstühlfahrerInnen und Kinderwägen bewusst ist. Es ist doch wirklich weltfremd zu fordern, dass ALLE Kassen breit genug sein müssen. Das führt in der Konsequenz zu weniger Kassen und damit zu längeren Wartezeiten für alle. Das gleiche gilt für die Toiletten.
Nervig ist, wenn 4 Kassen mit schmalen Durchgang geöffnet sind, aber die Kasse mit dem breiten Durchgang nicht… Oder wenn man für die Rolli-Toilette einen extra Schlüssel braucht.
Und richtig doof ist es, wenn es solche Toiletten oder Kassen gar nicht gibt…
@ Miriam:
Und da hast Du auch schon das im Artikel beschriebene grundsaetzliche Problem. (Das „Othering“ liegt dem zugrunde.)
Dass die Frage dieser Benennung, ueberhaupt die Thematisierung des Problems fuer viele anscheinend laecherlich, spitzfindig, an den Haaren herbeigezogen oder ueberfluessig klingt (ich such‘ jetzt nicht die Zitate zusammen, bitte entschuldigt), zeigt an sich schon die Notwendigkeit der Debatte.
Es geht nicht um theoretische Haarspaltereien, sondern um Lebensrealitaeten von Menschen, die *innerhalb* einer Antidiskriminierungsbewegung wiederum diskriminiert und unsichtbar gemacht werden.
Literaturvorschlag: Audre Lorde.
Ein thematisches Beispiel, in der US-amerikanischen Diskussion immer wieder aufkommend (schludere augenblicklich aus Zeitmangel mit Belegen, bitte selbst suchen, auf womanist musings und anderen entsprechenden Seiten): Die Zentrierung des (Weissen) Feminismus auf das Recht zur Abtreibung. An sich (als Recht auf Selbstbestimmung) wichtig, nur: WoC fuehren zu Recht an, dass sie darum kaempfen mussten und muessen, dass ihr Kinderwunsch gesellschaftlich ueberhaupt akzeptiert wird: Ein Problem, dass viele Angehoerige von Randgruppen kennen – Kinder sollen her, aber bitte die *richtigen*, und Kinder von PoC/ Menschen mit Behinderungen/ … werden als derartig unerwunscht angesehen, dass Zwangssterilisierung ein ernsthaftes Problem ist.
Fuer Menschen, die diese Art der Diskriminierung erfahren, sind die teilweise kinderfeindlichen Toene, mit denen sich Weisser Feminismus Luft machen kann und aus der traditionellen Mutterrolle zu befreien sucht, hoechstens ein Schlag ins Gesicht.
Konkret heisst das, dass in feministischen Forderungen die Positionen *aller* Frauen vertreten werden muessen, und das koennen je nach Lebenssituation durchaus scheinbar gegensaetzliche sein.
In diesem Fall liegt der gemeinsame Nenner auf der Hand: Wir brauchen ein Recht aller Frauen (und anderer Menschen) auf Selbstbestimmung ueber ihren Koerper, und eine Akzeptanz aller Kinder (und anderer Menschen) in unserer Gesellschaft.
Um diese unterschiedlichen Positionen ueberhaupt aufzudecken, brauchen wir diese Debatte, unbedingt.
Das sollte ueberhaupt die Botschaft sein, die sich der Feminismus aus Butlers CSD-Kritik (und ihren Schriften zum Friedensengagement) mitnimmt: Wie verhindern wir, dass sich unsere progressive Bewegung gegen anders diskriminierte, und mehrfach diskriminierte Menschen aus unseren eigenen Reihen, wendet?
Wer sagt uns, was wir falsch machen?
Hoeren wir auf diese Menschen?
@Miriam
Das ist großzügig von Dir.
@ RRH:
Interessanter Einwand. Ich denke der Name soll gerade die Reibungen deutlich machen, die dadurch entstehen, dass Gender als interdependente Kategorie verstanden wird, und Reflexion anstoßen. So habe ich es zumindest verstanden. Natürlich gibt es die Gefahr der Reproduktion von diskriminierenden Strukturen weiterhin, da gebe ich Dir Recht.
@ fragezeichen:
Natürlich verstehen wir alle, was eine Frau ist. Die Frage ist für mich aber auch, was jede_r Einzelne unter dem sprachlichen Zeichen „Frau“ versteht. Was stellst Du Dir vor, wenn Du irgendwo hörst „da steht eine Frau“, was konnotierst Du mit dem sprachlichen Zeichen „Frau“? Wie sieht diese „Frau“ in Deiner Vorstellung aus? Was mich betrifft, ist diese „Frau“ weiß, nicht zu alt, nicht behindert, heterosexuell (das kann ich natürlich nicht sehen, aber ich würde erstmal davon ausgehen), gut (d.h. nicht ärmlich) angezogen und spricht akzentfrei deutsch. Das liegt an meiner kulturellen Prägung. Mir geht es weniger um politisch korrekte Sprache oder sogenanntes Gutmenschentum (wo kommt das eigentlich nun wieder her?), sondern grundsätzlich um das Bewusstwerden von Privilegien und Interdepenzenzen. Als Akademikerin kann ich der Arbeiterin nicht einfach sagen, sie solle doch Karriere machen. Als Hetera kann ich der Lesbe nicht einfach sagen, sie könne doch ruhig mit ihrer Partnerin in der Öffentlichkeit Zärtlichkeiten austauschen. Usw.
@ Stephanie: Da ich nicht mehr zu der Gruppe der Studierenden gehöre, kann ich zu studentischer Frauenpolitik an meiner Uni nicht viel sagen. Es gibt ein studentisches Gleichstellungsbüro und die Beauftragte macht immer mal wieder was, also z.B. gab es mal einen ganz netten Reader zum Thema „Geschlechtergerechtigkeit“ oder neulich gab es einen Männertag. Was z.B. fehlt ist ein Schutzraum für Frauen in Krisensituationen. Das frühere Frauenreferat war z.B. eine niedrigschwellige Anlaufstelle für missbrauchte, misshandelte oder bedrohte Studentinnen. Das gibt es nun in der Form nicht mehr.
durch etwas mehr erdung und verzicht auf absurditäten, die die antidiskriminierung der lächerlichkeit preisgeben.
@Name (notwendig)
Danke für den Bericht von etwas näher dran!
@fragezeichen
Und was eine Absurdität und was „Erdung“ ist bestimmst dann Du? Weil?
Mit dieser Forderung solltest Du Dich bemühen, Diktator_in zu werden und nicht Deine Zeit damit verschwenden, Blogs zu kommentieren.
Was jedoch für mich noch schlimmer ist: Du verschwendest meine Zeit. Dementsprechend bin ich raus aus der Diskussion mit Dir.
@ Stephanie: Mit deinem ganzen Diskussionsverhalten hier, wärst eher du prädestiniert für den Posten einer Diktatorien!
Sorry, aber das alles macht mir innerlich grad sehr wütend. Zum Inhaltlichen schreibe ich später noch etwas, wenn ich mich wieder beruhigt habe…
Eine Frage wurde bisher nicht oder nur selten überhaupt angesprochen. Was hat der Name einer Organisation mit der Ansprache der Zielgruppe zu tun?
Wenn eine Studentin, wie oben berichtet, sich nicht vom Frauenreferat angesprochen fühlt, ist dies doch nicht die Schuld des Namens, sondern der inhaltlichen oder auch personellen Ausrichtung des Frauenreferates.
So scheint mir eine solche Namensdiskussion eher von den Problemen ablenken soll als wirklich Probleme zu lösen. Ein Verhalten, welches man in vielen Organisationen erleben kann und welches mich immer wieder extrem nervt.
Disclaimer: Nein, ich weiß nichts über die Uni Mainz, es ist auch völlig ohne Belang. Der Bericht lässt auch nicht den Schluss auf inhaltliches Versagen zu, sondern gibt nur Hinweise darauf, dass das Frauenreferat dem eigenen Anspruch, wirklich alle Frauen der Uni anzusprechen nicht gerecht wird.
@ M.S.
word!
@ M.S.
Danke für die Kritik. Ich schau mir meinen Diskussionsstil mal genauer an.
@Thomas
Sicherlich ist der Name nicht der einzige Faktor, der eine Rolle spielt – dieser war nur eben diesmal Thema.
Alle Kandidatinnen haben versprochen sich des Themas auch inhaltlich anzunehmen, so dass das Programm in der jetztigen Legislaturperiode spannend werden wird.
@M.S.
Strukturell würde ich Dir Recht geben, inhaltlich nicht.
Das Problem an der Struktur ist einerseits, dass ich politisch/logisch wenig von Relativierungen halte (z.B. „meiner Meinung nach“), zwischenmenschlich jedoch eher für weichere Töne und die sokratische Methode plädieren würde. Letzteres lässt sich aber im Net schwer bewerkstelligen.
Aber klar, vllt. missverstehe ich Dich auch….
@fragezeichen
Und was eine Absurdität und was “Erdung” ist bestimmst dann Du? Weil?
Mit dieser Forderung solltest Du Dich bemühen, Diktator_in zu werden und nicht Deine Zeit damit verschwenden, Blogs zu kommentieren.
Was jedoch für mich noch schlimmer ist: Du verschwendest meine Zeit. Dementsprechend bin ich raus aus der Diskussion mit Dir.
stephanie, vielen dank für den aufschlussreichen kommentar.
ist doch immer schön, wenn menschen ihr gesicht zeigen können.