Das Leben ist kein Ponyhof!

Heute nutze ich die Gelegenheit einer eigenen Kolumne dafür, ein Kindheitstrauma zu verarbeiten. Es geht um meinen Geburtstag in der dritten Klasse, ich wurde neun.
Wie jedes normale Kind freute ich mich sehr auf meinen Geburtstag, ganz besonders auf die Feier mit den anderen Kindern. Und natürlich auf die Geschenke! Ich bekam an diesem Geburtstag vor allem eines: Bücher! Und zwar nicht irgendwelche Bücher sondern: Pferdebücher!

(C) Eva Hillreiner, www.evahillreiner.de

Ich kann mir im Nachhinein gut vorstellen, wie das zustande kam. Meine Mitschülerinnen liebten Pferde, mit allem, was dazu gehörte. Pferdebücher, Pferdeposter (MediZini!), Schulsachen voll mit Pferden und „My Little Pony“. Ich war quasi in einer Pferdemädchenklasse gefangen. Was lag für die Geschenke kaufenden Mütter also näher, als auch für mich Pferdebücher zu besorgen? Wie konnten sie auch ahnen, dass ausgerechnet diese 9jährige keine Pferde mochte?
Ich habe es versucht! „Kiki rettet den Ponyhof“ bekam noch eine Chance, „Das Glück dieser Erde“ (oder ein ähnlicher Pilcher-Titel) flog nach 20 Seiten in die Ecke, zusammen mit den anderen Pferdebüchern. Mein Frust war groß! Was für blöde Geschenke!

Ich weiß bis heute nicht, warum ich kein Pferdemädchen* war, entsprach ich doch sonst zumindest in Sachen Spielzeug wirklich jedem gängigen Stereotyp!

Alles fing recht harmlos an mit gefärbten Stoffwindeln und unbehandelten Holzbauklötzen, von denen meine Mutter heute noch schwärmt. Beides meines Erachtens recht gender-neutral. Was man von meiner enormen Barbie-Sammlung (von der meine Mutter selten schwärmt) nicht mehr sagen kann. Eines meiner tollsten Weihnachtsgeschenke war ein Barbiehaus (leider nicht das echte, sondern ein stabiles aus Holz). Ich denke, ich muss nicht näher erwähnen, dass das Haus nach und nach mit Himmelbett, Bad, Schminktisch, Küche etc voll eingerichtet wurde. Das einzige Produkt des Barbie Universums, das keinerlei Reiz auf mich ausübte waren die – richtig – Pferde! Allerdings spielte ich mit Barbie nie das klassische Mama-Papa-Kind-Szenario, sondern Barbie ging täglich arbeiten bei mir. Immerhin das! Außerdem besaß ich natürlich (teilweise sprechende) Puppen, mit Kinderwagen und was man sonst noch so braucht. Später kam tatsächlich noch einer dieser Köpfe dazu, die man schminken und frisieren kann.

Man sieht: Spielzeugtechnisch war ich ein wandelndes Klischee.

Ich erinnere mich allerdings auch an einen Korb voller Matchbox-Autos. Nur kann ich mich nicht erinnern, damit wirklich gespielt zu haben. Später landeten sie dann bei meinem Bruder. Außerdem sollte man der Vollständigkeit halber noch Playmobil und eine große Lego-Sammlung erwähnen.

Was lernen wir daraus? Auch eine feministische Erziehung schützt nicht vor der Barbie Invasion im Kinderzimmer. War es Peer-Pressure oder doch eher wohl meinende Verwandte, die Barbie und andere Puppen in mein Kinderzimmer brachten? Ich weiß es nicht. Meiner Mutter wird nicht immer wohl gewesen sein beim Blick in meine Spielsachen.

Es muss allerdings erwähnt werden, dass mein Bruder, als er sich – ebenfalls zu Weihnachten – eine Barbie samt Ferrari wünschte, diese anstandslos bekam. Warum genau Barbie allerdings als erstes nackt ausgezogen wurde und die Feiertage damit verbrachte, im FKK-Look durch den Flur zu brausen, das kann er heute nicht mehr erklären. Angeblich erinnert er sich nicht.

*Ich wurde von einer Reihe ehemaliger Pferdemädchen darauf aufmerksam gemacht, dass „echte Pferdemädchen“ nicht so sind, wie es das Klischee vermuten lässt! Echte Pferdemädchen sind den ganzen Tag im Stall und riechen entsprechend, echte Pferdemädchen machen sich ohne Murren dreckig beim Ausmisten, echte Pferdemädchen sind hart im Nehmen und echte Pferdemädchen schrecken auch vor Pferdeapfelschlachten nicht zurück.
Liebe echte Pferdemädchen, ich finde es sehr schade, dass ich euch nicht früher begegnet bin!

17 Kommentare zu „Das Leben ist kein Ponyhof!

  1. genau, du sprichst mir (mal wieder) aus der seele!
    wir unterschieden zwischen pferde- und fahrradmädchen.

    gespielt habe ich weder mit puppen noch mit autos, eher plüschtiere erst infiziert und dann geimpft und indianer in den zoo gesteckt. und bin bis heute mangelhaft vergendert.

  2. Und ich wage jetzt mal zu behaupten, dass die Spielgewohnheiten zwar was über soziale Werte aussagen können, schlussendlich aber doch nichts darüber, ob Barbie noch mit 30 unser Vorbild ist, oder nicht…

    (For the record: Sehr, sehr oft mit Puppen gespielt; seltener mit Barbies, ein Pferdemädchen war ich auch nicht… aber das lag daran, dass mich die Besitzerin des Reithofs, als ich 9 Jahre alt war, mit hochgezogener Augenbraue angeschaut hatte, und darauf gemeint hat, ich wäre nicht kräftig genug zum reiten. Zum trotz hab ich damals mit Segeln angefangen.)

  3. „War es Peer-Pressure oder doch eher wohl meinende Verwandte, die Barbie und andere Puppen in mein Kinderzimmer brachten?“

    Oooooder: Du hattest als Mädchen tatsächlich Lust darauf, mit Barbie-Puppen zu spielen, auch wenn diese simple Erklärung für Dich heute anscheinend gar nicht in Betracht kommt.

    Ist ja auch nicht weiter schlimm und macht Dich auch nicht weniger feministisch.

  4. Als „ältere“ Frau bin ich auch hier in diesem „Blog“ sehr überrascht, dass soviele Abgrenzungen getätigt werden.
    Wer was, wer mit wem, Was ist richtig, was ist falsch, etc.?????
    Seilschaften zu bilden heisst: Um ein Thema, bzw. mehreren Themen – unsere fortdauernde Unterdrückung betreffend, ist der Zusammenhalt das Wichtigste! Diese Einstellung muss jeden Tag von Neuem geübt werden. Dann ist es absolut gleichgültig, welche Vorlieben geprägt, unterstützt, etc. wurden, denn wir erkennen, dass wir noch enorm, nicht nur die „zweite Geige“ spielen.

  5. Also, je mehr ich dieses Blog lese, desto mehr wird mir klar, wie unfrei der Feminismus macht. Nach dem lesen dieses Artikels reflektierte ich mein Arbeitszimmer:

    Segelkalender. Gebastelte Segelboote. Alle möglichen Bücher, sowohl Sachbücher als auch Romane, über Nautik, Schifffahrt (mit drei „f“), Segelei. DVDs über den America’s Cup, inkl. des wohl einzigen Spielfilms (wen’s interessiert: „Wind“). Ach ja, und es hängt eine Seekarte (mit der ich meinen letzten Schein gemacht habe) an der Wand. Außerdem habe ich noch diverse Narben von Bäumen, die vor den Kopf geknallt sind und aufgerissenen Händen etc. Ich habe Regatten gesegelt, habe Mastbrüche erlebt und habe bei einer Meuterei im Kleineren und nichtjuristischen Sinne auf einem Ausbildungssegelschiff mitgemacht.

    OH MEIN GOTT!!!! ICH BIN EIN SEGELJUNGE GEWESEN!!! Äh… und jetzt? Muss ich mir jetzt darüber gedanken machen, ob das typisch „Gender“ ist? Aber vielleicht ist meine Seele ja gerettet, weil ich häufig mit weiblichen Crewmitgliedern gesegelt habe!

    Aber… da liegt ja noch der Footballhelm im Schrank… Zusammen mit meinem Meisterschaftsring… Und der schwarze Gürtel… oh je, ich bin verloren. Und dann hat meine Freundin noch ihr Pferdezeug hier liegen, mit Büchern und allem drum und dran. Und das kann ihr nicht wirklich Spaß machen, dass ist doch alles von der patriachalischen Gesellschaft aufgedrückt worden! Da kann sie noch so viel mehr verdienen als ich (was sie tut) da kommt sie nieeee wieder raus! Dieses Klischeeweib! Diese menschgewordene Unterdrückung der Frau!

    Aber wenigstens verstehe ich jetzt, was sie mit ihrem Kommentar zu diversen Artikeln in diesem Blog meinte:

    „Ich lasse mir doch nicht von ein paar Frauen sagen, was ich zu tun, zu lassen, zu denken und zu mögen habe!“

    Tjaja, sie hatte Recht… der Feminismus schnürt ein wirklich enges Korsett und arbeitet mit mehr schlechtem Gewissen als die katholische Kirche… An diesem Artikel wieder mal eindrucksvoll gezeigt!

  6. ja A.M.: was du liest (aber was dort oben nicht steht… das nur nebenbei) ist das EINE Extrem. Das andere wird oben geschildert: Aufgrund von Stereotypen Erwartungen wird Kindern dieses und jenes aufgedrückt – unabhängig von ihren eigenen Bedürfnissen und Interessen. Oft mit Erfolg (Stichwort: Ein Bedürfnis schaffen, das vorher nicht existierte – die Hauptaufgabe von Werbung); manchmal aber auch nicht. Oben ein Fall der Erfolgslosigkeit (Pferde-Bücher). Anna schildert jedoch sehr genau, dass sie Barbie immer liebte. Und dass ihr das null geschadet hat.

    Ich gebe Ron Recht: Natürlich ist es genauso möglich, dass Anna einfach Lust auf Barbie hat. Aber sie wird wohl auch ihre persönlichen Gründe haben, dies anzuzweifeln – sie kennt sich jawohl besser als andere hier, oder?

    Ich zweifle das nämlich bei mir auch sehr sehr stark an! Ich bin in der DDR groß geworden und Barbie/Puppen/Rosa/Pferdebücher spielten bei mir damals eine sehr kleine Rolle. Ich streunte lieber durchs Gebüsch und spielte Cowboy und Indianer; ich hatte kurze und praktische Haare; etc. pp. mit sieben Jahren wurde ich in Baden-Württemberg eingeschult und ERST DANN ging Rosa/Barbie/Mein-kleines-Pony/Keepers/Polly-Pocket etc.pp. los – aber mit Vollkaracho! Deswegen behaupte ich weiterhin: Ja – siehe Annas Bruder – ein Kind kann auch völlig aus sich selbst heraus Lust auf Barbie etc haben; ABER Anna hat – genau wie ich – GUTE GRÜNDE an dieser Möglichkeit FÜR SICH SELBST zu Zweifeln.

    Das von dir in diesen Text hinein interpretierte Extrem wird hier deswegen nicht wirklich vertreten! Wir wollen, dass die Menschen ihre Rollenerwartungen an Kinder reflektieren und offen werden für Gender-untypische Spiele/Verhaltensweisen/Vorlieben. Weil wir jenseits von gesellschaftlicher Indoktrination und jenseits von pseudo-feministischem Barbie-/Pferde-/Auto- und was weiß ich alles -Verboten tatsächlich genau nur das eine wollen: Freie Kinder! Freie Frauen. Freie Männer.

    Dass du dir von diesem Artikel ein schlechtes Gewissen machen lässt – das liegt jedenfalls nicht am Artikel. Zu so einem Effekt gehören ja immer zwei – der Rezipient mit seinen vorgefertigten Urteilen und Erwartungen darf niemals unterschätzt werden! Wenn du dich von der Schilderung einer absolut persönlichen Erfahrung angegriffen fühlst, ist das nicht Annas Problem. Nicht unseres.

  7. @ Sonnenschein: Hm, in diesem Artikel wird doch an keiner Stelle nach „Was ist richtig? Was ist falsch?“ kategorisiert. Anna beschreibt ihre Kindheit. Und genau dieses Reflektieren, das auch Katrin oben grad erwähnte, ist doch extrem wichtig, um herauszufinden, warum man wie tickt. Und sich mit anderen zu vergleichen (und zwar egal ob mit Geschlechtsgenossinnen oder dem anderen Geschlecht) tut jeder, weil es wichtig ist zur Identitätsbildung.

    Festzustellen, dass ich anders bin als andere hat aber nicht – aber wirklich überhaupt nichts – mit Entsolidarisierung zu tun. Für mich ist der Begriff der Solidarität, den ich aus deinem Kommentar herauszulesen meine, ein abschreckender Begriff, weil er jegliche Individualität und eigene Meinungen tötet – nur mit dem Hinweis darauf, wir sollten doch besser solidarisch sein und so tun als gäbe es DIE Frauen. Gibt es aber nicht. Braucht es auch nicht geben, um solidarisch zu sein.

  8. Erstmal danke an Katrin und Susanne!

    Hm.
    Ich bin gerade ein wenig verwundert.
    Schreibe ich irgendwo, dass Barbie mir geschadet habe oder grundsätzlich schlecht sei?
    Und klar hatte ich Lust auf Puppen, sonst hätte ich ja kaum damit gespielt! Ich frage mich nur, wie diese Lust geweckt wurde, weil ich einfach bezweifle, dass meine Mutter Barbie in mein Leben gebracht hat.
    A.M.: Ich habe auch nirgendwo geschrieben, dass ich Pferdemädchen auf ewig doof finde. Ich habe geschrieben, dass ich Pferde nicht mochte und dass ich kein Pferdemädchen war.
    Und ich habe geschrieben, dass es auch andere Pferdemädchen, abseits von rosa „das Glück dieser Erde“-Träumen gibt. Deine Freundin zB scheint mir da mehr zu diesen „echten Pferdemädchen“ zu gehören.

    Ich würde mich freuen, wenn ihr das lesen würdet, was ich schreibe und nicht das, was ihr da gerne rein interpretieren würdet um einen Grund zum Rumstänkern zu haben.
    Danke.

  9. ich kann mich daran erinnern dass es ungefähr jedes jahr in der grundschule einen neuen trend gab… pferde, barbies, dinosaurier, indianer, alladin und irgendwann zum ende hin dann power rangers (die fand ich allerdings doof).
    ich hab im grunde alles mitgemacht was andere mädchen gemacht haben aber mich doch sehr stark an jungs orientiert. als mein „großer bruder“ (nicht echt… nur aufgrund von kommunenartigem zusammenleben) angefangen hat basketball zu spielen musste ers mir beibringen, das gleiche dann mit football, michael jackson hat er immer gehört und ich damit ebenfalls… auch seine star wars figuren haben mich begeistert.
    ich glaube kinder orientieren sich bei spielzeugwahl und interessen ziemlich stark an anderen kinder die sie bewundern – völlig unabhängig vom geschlecht. ob kinder mit puppen spielen oder mit autos ist meiner erfahrung nach ziemlich nebensächlich.. hauptsache ist dass sie alles dürfen! meine halbschwester z.B. durfte nie mit puppen spielen… ergebnis: mit 14 hat sie sich barbies gekauft und ist eins der mädchenhaftesten mädchen die ich kenne….

  10. Ach Leute, was ist hier denn heute los?

    Abgrenzungen, gerade unter Kindern, sind gang und gäbe. Da steht doch nicht „iiiiih, ich hasse Pferdemädchen“ oder sonst irgendwas abwertendes (die Frage was echte Pferdemädchen sind, ist eine andere). Und der Feminismus, das steht da wohl sehr deutlich, verbietet da auch nicht irgendwas oder engt ein.

    Die Frage ist doch ganz allein, wo die Grenze ist zwischen dem, was man wirklich mag und nicht mag, und inwieweit einen gesellschaftliche Vorgaben dabei beeinflußen. Selbst wenn man von seinen egalitär eingestellten Eltern als Mädchen Autos bekommt, lässt man die schnell wieder liegen, wenn die Freundinnen nie damit spielen wollen.

    Ich denke, dass es meist ein paar sehr klare Präferenzen/ungeliebte Sachen gibt und der Rest leider sehr von den gesellschaftlichen Vorgaben begrenzt wird. Also diverse Spielzeuge, die man nicht doll vermissen würde, aber auch gern mal mit spielt. Da wird man mehr oder weniger dran gewöhnt und so geht’s dann weiter. Dann geht die selektive Wahrnehmung wieder los und dient als Beweis für angebliche Vorlieben von Mädchen und Jungen.

  11. Hallo Anna,

    Ich nehme mal an Dein Anliegen war, dass es Dich stört, dass Du eine Menge doofe Geschenke bekommen hast, weil die Erwachsenen einfach mal etwas phantasielos angenommen haben, dass „man als Mädchen im Alter vonbis eben [Pferde, Pink….] gut zu finden hat“ oder sowas in der Art.

    Was ich tatsächlich blöd fände, wenn es so rüber kommt, dass irgendwie die Farbe Pink, Pferde (außer man macht sich beim Ausmisten dreckig..) Barbie usw.. per se irgendwie was Schlechtes wären und wenn überhaupt nur unter fürchterlicher Peer-Pressure für gut zu befinden.
    Und das wäre dann irgendwie eine seltsame Message, so von wegen Jungs-Spielzeug grundsätzlich cool und Mädchenspielzeug uncool.

    Im Gegenteil finde ich es sogar ziemlich ärgerlich, dass es unter Erwachsenen nach wie vor ok ist sich männlich konnotiertes Spielzeug (Carrera-Bahn oder so) ins Wohnzimmer oder sogar ins Büro zu stellen, Du Dich auf der anderen Seite mit klassischem Mädchenspielzeug ab einem gewissen Alter lächerlich machst.

    Und ja, ich bin/war persönlich auch immer eher der Typ Carrera-Bahn als der Typ Wendy-Heft. Aber wenn ich ehrlich bin hatte das sicher zu einem klitzekleinen Anteil auch mit Peer-Pressure zu tun. Eben von der Variante, dass so klassischer „Mädchenkram“ eben immer ein Bisschen uncool war. So wie aus mir vielleicht ein riesiger Celine Dion-Fan geworden wäre, wenn ich nicht schnell gelernt hätte, dass das „total peinliche Mädchenmusik“ ist.

    Aber ich hab schon verstanden, dass Du das nicht so gemeint hast.
    Wie auch immer: Hurra Mädchenkram Hurra!
    Muss ja auch mal gesagt werden.

  12. Judith, das Beispiel von Ernas Halbschwester, der das Spielen mit Puppen verboten wurde, zeigt doch sehr schön, dass sog. „Mädchenkram“ in gewissen Kreisen gefürchtet wird wie das Weihwasser vom Teufel. Offenbar sehen solche Mädchen-dürfen-nicht-mit-Puppen-spielen-Eltern (wobei: persönlich ist mir sowas Radikales noch nie begegnet) den „Mädchenkram“ als Ausdruck traditioneller Geschlechterrollen mit Unterdrückungspotenzial. Und, wie so oft in Fällen von elterlichem Fundamentalismus, wird der erzieherische Einfluss auf die eigenen Kinder maßlos überschätzt, wie das Verhalten von Ernas Halbschwester im Alter von 14 Jahren dann noch mal abschließend zeigt.

  13. @Schnatterinchen:

    die tendenz sollte doch sowieso mehr optionen aufzeigen statt optionen verbieten sein, oder?
    ernas beispiel mit dem puppenverbieten kommt mir doch extrem exotisch vor. sind deren eltern in einer dubiosen sekte?

    ansonsten hab ich mich eben, wie erna auch, auf peer pressure (was ich ungefähr mit gruppendruck unter gleichaltrigen übersetzen würde) und nicht auf den einfluss von eltern bezogen, weil ich glaube, dass in die eine wie in die andere richtung die coolen jungs (und mädchen) in der klasse entscheiden was cool vs. mädchenkram usw. ist. die „gewissen kreise“ von denen du sprichst sind also vor allem kinder und jugendliche selbst mit ihren strengen gesetzen.
    (meine eltern haben z. b. keine meinung zu celine dion)

    ((meine erinnerung ist eben auch die, dass mädels mit „jungsinteressen“ ein leichteres leben hatten als jungs mit „mädcheninteressen“. das ging soweit, dass die jungs in meiner schule, die den sprachlichen zweig gewählt haben sich zum teil anhören mussten, dass das nur was für „schwuchteln“ ist. ))

  14. @ judith:
    keine dubiose sekte… nur eine form von feminismus. ich denke grade in den 80ern war das verbieten von puppen um gegen genderklischees zu protestieren relativ verbreitet. die mutter meiner schwester fand das scheinbar sinnvoll…

  15. »Selbst wenn man von seinen egalitär eingestellten Eltern als Mädchen Autos bekommt, lässt man die schnell wieder liegen, wenn die Freundinnen nie damit spielen wollen.«

    ich glaube, das beginnt viel früher. bevor ein kind überhaupt beobachten kann, was und womit andere kinder spielen, und lange bevor es andere kinder als freundinnen oder »vorbilder« einzustufen vermag, bekommt es von eltern und verwandten spielzeug geschenkt und wird angehalten, damit zu spielen. ein weiterer punkt ist die vorbildwirkung der erwachsenen. beschäftigen sich die frauen im umfeld des kindes nie mit autos, technik oder handwerkl. dingen, sondern nur mit frauentypischen themen, lernt ein mädchen trotz spielzeugautos, daß autos, technik oder bohrmaschine »männlich« sind.

  16. Ich glaube auch, dass alles Mögliche Einfluss haben kann.
    Z.B. haben wir (meine Schwester, unser Bruder und ich) zunächst alle größtenteils das gleiche Spielzeug bekommen, also Kuscheltiere, Bauklötze, Lego…
    Und erst sehr viel später kamen dann _auch mal_ Wünsche von uns nach Spielzeug, wie es unsere Freundinnen bzw. Freunde eben auch hatten, also Barbie vs. Carrerabahn etc. (Das wurde dann natürlich auch nicht verboten oder so!)

    Trotzdem glaube ich, dass diese frühe Beschäftigung mit z.B. Bauklötzen/Lego _auch_ mit dazu geführt haben könnte, dass meine Schwester und ich an solchen eher „technischen“ Dingen interessiert blieben, bzw. keine Berührungsängste hatten, und wir beide Berufe in der naturwissenschaftlich/technischen Richtung ergriffen haben.

    Und es spielte warscheinlich eine große Rolle, dass unsere Mutter quasi immer berufstätig war (und zwar auch im naturwissenschaftlichen Bereich).

    Fazit für mich: Verbote sind Quatsch – Vorbild sein, gleiche Optionen sowohl Jungs als auch Mädels anbieten, zum Selbstbewusstsein erziehen etc. sind gut.

    Das einzige Problem was ich noch sehe ist, dass der Peer-Pressure unter Jungs wohl immer noch sehr schlimm zu sein scheint. Also wenn ein Mädchen mit „Jungs-Spielzeug“ spielt, wird sie deswegen wahrscheinlich nicht gehänselt oder findet sogar Gleichgesinnte. Wenn aber ein Junge mit „Mädchenkram“ spielt, wird er mit ziemlicher Sicherheit gehänselt…

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