Der Wirtschaftswissenschaftler Thomas Spengler sagt in einem sehr interessanten Interview mit der Süddeutschen Zeitung, Frauen seien in Sachen Karriere immer noch zu wenig ehrgeizig und müssten selbstbewusster werden. Und auch unser Frauen- und Männerbild müssten wir überdenken:
Spengler: Das Klischee hält sich hartnäckig, dass Frauen zu schwach oder zu zickig für Führungspositionen seien. Zudem wird oft behauptet, Frauen müssten ihre nicht vorhandene Männlichkeit durch übertriebene Härte kompensieren. Diese Stereotypen müssen wir aufgeben. Dazu müssen wir die männlichen Entscheider in diesem Thema ausbilden.
(…)
SZ: Frauen tun sich ab einer bestimmten Position schwer, spezielle Förderangebote anzunehmen, um nicht hilfsbedürftig zu erscheinen. Mit Recht?
Spengler: Das ist falscher Stolz am falschen Platz. Noch besser wäre es, wenn wir das ganze Mann-Frau-Denken aufgeben würden. Es ist doch bestürzend, dass im Handwörterbuch des Personalwesens unter dem Stichwort „Besondere Arbeitnehmergruppen“ immer noch Frauen genannt werden. Solange das in unseren Köpfen drin ist, erreichen wir nichts.
Ja, sehr richtig, finde ich. Das ist ja auch die Perspektive, unter der ein neuer Feminismus für mich am sinnvollsten erscheint: Eben keine bestehenden Fronten zu bestärken, indem man binäres Denken und Gruppeneinteilungen (eben in „Mann“ oder „Frau“) reproduziert – die Bezeichnung „Wir Frauen“ z.B. macht ja genau so etwas, deshalb empfinde ich ja den Feminismus, wie er klassischerweise etwa in den 70ern vertreten wurde, als so kontraproduktiv. Lässt man alle Einteilungen in Gruppen aber so weit möglich weg, bleibt eben einfach das jeweilige Individuum übrig. Aber das ist ja nicht das Schlechteste. Ich weiß, so ganz kann man sich erstmal nie freimachen vom Schubladendenken, aber wir lernen ja noch…
mmmmh, schwierig, finde ich. natürlich sollte man versuchen schubladendenken, a la „männer sind die besseren handwerker“ und „frauen die besseren erzieherinnen“ endlich zu vergessen. ABER ich denke unterschiede sind keinstenfalls produziert. ob man jetzt eine nature-nurture diskussion anfangen sollte oder nicht. für mich sind frauen und männer nicht gleich, gleichwertig aber nicht gleich. daher denke ich dass es falsch ist, immer mit der keule auf geschlechterunterschiede zu einzuprügeln (was ich natürlich weder dem autor noch dir, daniel, unterstellen will!).
im endeffekt gleicht sich dabei doch nur das eine geschlecht dem anderen an, weil wir noch nicht gelernt haben unisex zu sein und es vielleicht nie lernen werden. geschlechterunterschiede sind nicht nur schubladendenken, sondern auch einfach tatsache. was nicht heißen soll, dass nicht jedes geschlecht auch für jeden beruf geeignet ist. um das zu begreifen muss man aber nicht die begriffe „frau“ und „mann“, inklusive inhalt zerstören sondern mit ihnen wertfreier umgehen.
ich bin und bleibe gerne frau und möchte auch als frau gesehen und wahrgenommen werden.
Habe ich ja schon vor Monaten geschrieben^^
Die theoretische Grundlage für einen totalen Individualismus (danach kann es dann auch nichts mehr anderes geben, es wäre der Endpunkt aller Sozialtheorien :-) ist aber ganz schön extrem, weil es keinerlei feste Bezugspunkte gibt, in Form eines religiösen, staatlichen oder festverankertem Moral- und Werteverständnis. (Oder haben wir unter der Masse von unendlichen Einzelindividuuen „Übermenschen“ die sich aufschwingen können und das Leben von anderen bestimmen dürfen?)
Man müsste jedem Individuum zugestehen, dass es sich die Grundlage, wie es mit allen anderen Menschen zusammenleben möchte, selbst sucht und dabei immer die feste Überzeugung vertreten, dass das I. irgendwann von alleine auf einen brauchbarsten Zweig kommt.
Aber eine Gesellschaft der totalen Individualität wäre sowieso eine Gesellschaft der totalen Philosophie. Jedes I. müsste sich permanent über sich Gedanken machen. Und das Konzept der Relativität von festen Vorgaben, die immer nur für den Moment unter den gerade herrschenden Bedingungen fest stehen und sich beim stetigem Wandel, stetig mit verändern müssen, erfordert Denkleistungen und eine Selbstgefühlskontrolle, zu der die Masse von Menschen gar nicht fähig wäre.
Von daher werden wir ewiglich mit festen Bildern arbeiten, auch wenn sie noch so überholt sind. Gerade weil es so schwierig ist, ohne Schubladen zu denken, wird man die letzten Schubladen bis aufs Messer verteidigen und höchstens gegen neue tauschen. Aber das wäre nicht der Beginn des Individualzeitalters, sondern ein weiteres Feststecken im ewigwiederkehrenden Kreislauf von Krieg, Zerstörung und Wiederaufbau.
>>Frauen seien in Sachen Karriere immer noch zu wenig ehrgeizig und müssten selbstbewusster werden.<>, dass Frauen zu schwach oder zu zickig für Führungspositionen <<
Es ist nicht selten das Phänomen zu beobachten das persönliches Defizitsempfinden einen übertriebenen Ehrgeiz bedingt im Adlerschen Kompensationssinne. So wie ich beobachtet habe ist dieses nicht männlich, nicht weiblich, sondern menschlich. Solche Menschen können in persönliche Willkürherrschaften abgleiten und die „Ohnmacht“ Schwächerer genießen….Ein Trugschluß der schnell von der Realität eingeholt werden kann.
Dabei sind die besten Führungspersönlichkeiten die die ihre eigenen Schwächen kennen und sie „im Team“ mit den Stärken ihrer Mitarbeiter kompensieren können – und das mit eigener persönlicher Bescheidenheit.
Die Zeiten mit geschwollener Brust nach Gockelmanier (ich denke da an manche Geschlechtsgenossen) sich überall „durchzusetzen“, sind doch keine Führungseigenschaften, vernichten lediglich „human capital“ und produzieren Motivationsleichen.
Vor kurzem hat eine Frau im Job eine Reparatur durchgeführt, ganz kompetent und in Rekordzeit. Der Leistungsschein wurde nach kurzem Erklärungsgespräch unterschrieben und sich recht herzlich für den Einsatz bedankt.
Eine andere repariert ihr Motorrad selbst und schweißt mit Wonne auch einen Auspuff zurecht. Eine andere macht im mittleren Management ihren Job.
Einfach machen was einem Spaß macht ohne Frauen-Männer-Diskussionen? Warum studieren heute immer noch recht wenig Frauen Ingenieurberufe?