In jeder Folge der WWW Girls stellen wir euch eine Bloggerin und ihr Weblog vor. Heute:
Wie heißt ihr?
Rosa und Mayte.
Seit wann bloggt ihr?
Wir bloggen seit März 2009.
(c) Frl. Zucker, fraeuleinzucker.blogspot.com
Warum habt ihr damit angefangen?
Rosa ist Fußballerin, Mayte ist Theaterwissenschaftlerin. Mayte schaut Fußball und Rosa macht Theater. Angefangen hat alles mit der Beobachtung, dass der Frauenfußball ein gordischer Darstellungsknoten ist: Frauenfußball kämpfte stets um eine mediale Öffentlichkeit, ein Kampf, der mit den Klischeebildern der Fußball spielenden Lesbe einhergeht, also dem Bild einer Frau, die ihre Weiblichkeit verliert, weil sie männliche Sphären beansprucht. Die Fußballarena ist einer DER Orte in unserer Gesellschaft, der ihre patriarchale Prägung ungeschminkt zu Tage fördert. Die Fußballarena ist der Ort für den männlichen Mann. Der Frauenfußball wirft diesem Männertum den ein oder anderen Knüppel zwischen die Beine, führt er nicht nur die identifizierenden, sondern auch die begehrenden Blicke aufs Spielfeld vor Augen und damit auch, worum es hier neben dem Spiel überhaupt geht.
An dieser Stelle könnte und sollte man natürlich viel genauer und differenzierter hinschauen. Wie sich nun das Bild zum Beispiel der Lesbe, oder sagen wir lieber: bestimmte Bilder von Lesben gerade in unseren Zeiten großer Beliebtheit erfreuen, erlebt auch der Frauenfußball in Deutschland durch die WM 2011 ein neues, vielleicht sein erstes wirkliches Image. Der Frauenfußball soll Wahrzeichen eines neuen Sommermärchens werden. Und um die Knüppel zwischen die Beine unsere Gesellschaft zu verhindern, arbeitet man gerade fieberhaft daran, den Frauenfußball von seiner „schönsten Seite“ zu zeigen, die ihr Emblem in Lira Bajramaj findet, wie sie ihre schwarz-rot-goldenen Fingernägel in die BILD Zeitung hält. Wir halten es für (darstellungs-)politisch absolut relevant, dem medialen Hochglanzimage des neuen Frauenfußballs einige Schrammen zuzufügen und die „Kantigkeit“ des Frauenfußballs als sein Potential weit über die Grenzen von Fußball hinaus zu begreifen. Angefangen haben wir mit unserem Blog, weil es uns in den Weiten des Netz niemanden bzw. zu wenige zu geben schien, die bereit sein würden, diese Aufgabe lustvoll zu übernehmen. Dabei sind wir uns auch des double binds bewusst, in dem wir uns befinden, denn wir versuchen von einer Außenperspektive die Darstellungsströme und -sphären zu betrachten und zu kommentieren, geraten dadurch aber gleichzeitig in das Gewimmel des selbigen Diskurses und tragen zu seiner Konstitution bei.
Worüber schreibst du?
Viele LeserInnen sprechen von unserem Blog als der Spielfeldschnitte. Eigentlich aber haben wir uns bewusst „Das Projekt Spielfeldschnitte“ genannt. Im Begriff des Projektes vereinen sich für uns Adjektive wie prozessual, unabgeschlossen, suchend und versuchend. Wir haben uns bewusst ein Format zu schaffen versucht, dass sich trotz einiger Konstanten immer wieder neu erfinden und befragen muss. Grundsätzlich schreiben wir im weitesten Sinne aus einer kulturwissenschaftlichen Perspektive über die deutsche Frauenfußballnationalmannschaft. Wir haben Formate wie die „Coaching Zone“ entwickelt, in der und nur in der wir ausgedehnte Spielanalyse bereiben, unseren „denk.anstoß“, in dem wir Bücher oder Magazin rezensieren oder „Die Ecke des Monats“, ein Forum für Bilder, die im traditionellen Blätterwald nicht auftauchen. Andere Projekte entwickeln sich als Reaktion auf das aktuelle Geschehen: Einerseits möchten wir uns beispielsweise mit einem Logovorschlag für die WM 2011 beim Wettbewerb für das inoffizielle WM Logo bewerben. Die unterschiedlichen Denkstationen bei der Suche nach einem solchen haben wir auf der Spielfeldschnitte veröffentlicht. Und natürlich das Schnittini, das erste Sammelposter für den Frauenfußball, das parallel zur Europameisterschaft 2009 veröffentlicht wurde.
Was euch ohne Internet nicht passiert wäre:
Wir sind beide begeisterte Leserinnen der 11 Freunde. Eines Tages dann gab es den glorreichen Moment, als selbiges Heft durch die Neuerscheinung 11Freundinnen begleitet wurde. Voller Enthusiasmus blätterten wir das Heftchen durch und sahen uns plötzlich dem Wort Spielfeldschnitte gegenüber. „Ach was“, war unsere Reaktion, „da benutzen ja noch andere unsere Metapher…“. Erst langsam deuchte uns, dass wir gerade über unseren eigenen Blog lasen…
Wovon braucht das Internet mehr?
Intelligente Menschen, die immer neue Wege finden, mit diesem Medium kreativ und politisch umzugehen. Dazu weniger Flüchtigkeit, zum Beispiel mehr Formate, die bei sich bleiben und in ihren Nischen eine feste Basis erhalten. Im Internet gibt es insgesamt zu viel und damit zu wenig Übersicht. Viele Menschen arbeiten an ähnlichen Projekten, dabei könnte man sich oft zusammenschließen und dem eigenen Thema damit mehr Präsenz verleihen. In unserem Fall braucht das Internet mehr Informationen über den Frauenfußball, zum Beispiel aktuelle Spielinformationen in der Bundesliga. Dazu braucht es aber natürlich zunächst die Menschen, die Zeit und Lust haben diese Informationen regelmäßig zusammenzutragen. In der Hinsicht ist der Frauenfußball noch zu oft von Informationsmonopolen bestimmt, wie zum Beispiel dem DFB. Das geht natürlich auch anderen Themenfelder so.
Frauen im Web sind…
zwar ziemlich präsent, werden aber gerne und schnell ins „feministische Abseits“ gedrängt, das charakterisiert wird durch Stereotype wie Gejammer, Männerfeindlichkeit und vor allem Humorlosigkeit. Es gibt zwar schon viele Frauen/Frauenthemen/Frauenforen/Frauenblogs die dieses archaische Verhältnis von männlichem Blick und weiblichem Objekt torpedieren/ subvertieren/ aufbrechen etc. Leider werden viele dieser Positionen nicht ernst genommen bzw. nisten sich manche Autorinnen auch nur allzu gerne in einer bestimmten Subkultur ein, die den Wirkungskreis der eigenen Positionen oder Fragestellungen extrem einengt. Wir möchten mit unserem Blog die Frage nach Geschlecht, Diskriminierung oder auch Sexualität mit Fragen nach Inszenierung, Medialisierung, Repräsentation und Macht verknüpfen und das ganze nicht nur theoretisieren, sondern auch lustvoll gestalten. Dazu gehört für uns z.B. auch, die im Butlerschen Sinne Reduktion von Feminismus auf das biologische Subjekt Frau kritisch zu betrachten und zu hinterfragen. Der Frauenfußball kann in dieser Hinsicht aufzeigen, wie hierarchische Machtverhältnisse nicht selten Blickwinkel oder Perspektiven sind, die aber nach ihrer geschlechtlichen Verteilung vor allem erst einmal als solche analysiert werden müssen, um subvertiert oder transformiert werden zu können.
Eure tägliche Web-Lektüre:
Interessantes zum Transfermarkt gibt es auf www.fooma.de. www.womensoccer.de ist die erste gute Plattform für Informationen rund um Frauenfußball im Netz. www.11freunde.de ist das beste Kulturangebot zum Fußball im Netz. Und www.kicker.de lesen wir leider vor allem aus der Not heraus, von irgendwoher Informationen über Fußball beziehen zu wollen.
Tipps und Bewerbungen für die WWW Girls an mannschaftspost(at)web.de.