„Bloggen“ seit 1999!

Dieser Text ist Teil 95 von 115 der Serie WWW Girls

In jeder Folge der WWW Girls stellen wir euch eine Bloggerin und ihr Weblog vor. Heute:

Aus Liebe zur Freiheit

Wie heißt du?
Antje Schrupp

Seit wann bloggst du?
Seit mir das erste Mal jemand erzählt hat, dass man Texte und Diskussionen im Internet mit dieser neuen „Blogsoftware“ organisieren kann, das war 2006. Eigentlich habe ich zusammen mit politischen Freundinnen aber schon 1999 „gebloggt“: Wir diskutierten damals auf Mailinglisten und haben diese Debatten dann chronologisch sortiert per Hand ins Internet gestellt. Das war, nachdem wir eine feministische Flugschrift www.flugschrift.de veröffentlicht hatten und die dort aufgestellten Thesen weiter diskutieren wollten.

Drei Bloggerinnen mit weißen Laptops auf denen der Venusspiegel prangt, darum der Slogan - Feminists of the WWW: unite

(c) Frl. Zucker, fraeuleinzucker.blogspot.com

Warum hast du damit angefangen?
Als Journalistin und Politikwissenschaftlerin habe ich ja schon immer geschrieben und publiziert, und sobald es das Internet gab, habe ich meine Texte auch dort zugänglich gemacht. Ich war sofort begeistert von der Möglichkeit, direkt publizieren zu können und nicht mehr auf Redaktionen oder Universitätsstrukturen angewiesen zu sein, die ja so ihre eigenen Vorstellungen davon haben, was wichtig und unwichtig ist.

Worüber schreibst du?
Mein Blog heißt im Untertitel „Notizen zur Arbeit der sexuellen Differenz“, das heißt, mich interessiert die Frage, wie die Unterscheidung in „männlich“ und „weiblich“ alle möglichen gesellschaftlichen Themen durchzieht. Außerdem habe ich ein kleines Blog über Victoria Woodhull, eine sehr interessante US-Feministin aus dem 19. Jahrhundert, deren Biografie ich geschrieben habe. Sie war die erste Frau, die Präsidentin werden wollte, 1872. Mein neuester Blog beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Freiheit und Liebe.

Was dir ohne Internet nicht passiert wäre:
Meine liebsten Internetmomente sind die, wenn mir jemand schreibt: Das habe ich ja noch nie so gesehen. Ich will nämlich weniger andere von irgendetwas überzeugen als vielmehr zum Nachdenken bringen. Ohne Internet wäre ich vermutlich auch nicht in so einen intensiven Austausch mit Männern gekommen. Denn die feministischen Netzwerke, in denen ich mich „offline“ bewege, sind zwar auch für Männer offen, aber es arbeiten dort nur wenige mit und die sind meist sowieso schon feministisch interessiert. Im Internet ist es leichter, Kontakt mit Menschen zu bekommen, denen ganz andere Themen wichtig sind, und das gefällt mir. Es hat meinen Horizont ziemlich erweitert.

Wovon braucht das Internet mehr:
Mehr offenen Austausch von Argumenten und weniger Meinungen und Unterscheidungen in „falsch“ und „richtig“. Außerdem würde ihm mehr Input von älteren Feministinnen gut tun, die ihre klugen Gedanken für meinen Geschmack zu sehr für sich behalten. Das liegt natürlich auch an der oftmals ruppigen oder sogar beleidigenden Diskussionskultur. Ich kenne viele Frauen, die viel zu sagen hätten, aber darauf einfach keine Lust haben. Was ich zwar irgendwo verstehen kann, aber eben trotzdem schade finde.

Frauen* im Web sind…
… Frauen? „Frauen“ allgemein sind für mich keine sinnvolle Kategorie.

Deine tägliche Web-Lektüre:
Das meiste, was ich lese, sind Empfehlungen, die über meine Timelines reinkommen, also eher zufällig, ein Sammelsurium. Meine politisch-inhaltliche Lektüre spielt sich noch stark im Bereich von Büchern und Zeitschriften ab, weil eben das, was mich thematisch interessiert, im Internet leider nicht so gut vertreten ist. Im Web informiere ich mich deshalb vor allem über Netzpolitik und Internet-Theorie, aber eine spezielle Adresse habe ich dafür nicht. Und ich lese private Blog-Journals, zum Beispiel www.vorspeisenplatte.de oder Anke Gröner oder Anders anziehen oder das Fremdwörterbuch von Kübra Gümüsay. Solche Kombinationen von persönlichen Erlebnissen und reflektierender Analyse finde ich fantastisch, es ist lehrreich und unterhaltsam gleichzeitig. Ich halte ja den alten Slogan „Das Private ist politisch“ nach wie vor für richtig.

Antje Schrupp im Netz:
Neben meinen Blogs gibt es noch die Homepage www.antjeschrupp.de, wo man Texte findet, die anderswo veröffentlicht wurden, also Zeitschriftenartikel oder Vortragsmanuskripte zum Beispiel. Außerdem bin ich Redakteurin bei www.bzw-weiterdenken.de, einem Forum für Philosophie und Politik. Bei Twitter, Facebook und Google Plus findet man mich einfach unter meinem Namen. Für alle, die es mit Social Media nicht so haben, gibt es auch die Möglichkeit, einen Newsletter zu abonnieren, einfach per Mail an mich.

Tipps und Bewerbungen für die WWW Girls an post(at)maedchenmannschaft.net.

Ein Kommentar zu „„Bloggen“ seit 1999!

  1. hach. „ich <3 Antje Schrupp" sowieso ;)

    bitte gestattet meine frage zu :
    "Außerdem würde ihm mehr Input von älteren Feministinnen gut tun, die ihre klugen Gedanken für meinen Geschmack zu sehr für sich behalten."
    (aha "ihm = internet")

    meine frage hier speziell : was meint Antje Schrupp mit "älteren Feministinnen" ?!

    (hab mir das jetzt mehrmals hin- und her überlegt bevor ich hier frage : "muss" ich jetzt dazu ne mail an Antje Schrupp senden ? antwortet sie hier ? oder ist das=diese vorstellung/interview nur symbolisch/rhetorisch ?)

Kommentare sind geschlossen.

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