Juchuu, ich habe eine Frau gefunden!

Frauen sind in den Medien oft nur Dekoration oder Freiwild. Wenn es um die harten Themen geht, bleiben sie Mangelware. Trauen sie sich nicht? Oder werden sie verhindert?

Juchuu! Ich habe eine Frau gefunden! Das ist wirklich etwas Besonderes. Seit einigen Monaten gehe ich sporadisch die Politik-Ressorts meiner täglichen Online- und Offline-Lektüre nach weiblichen Autorinnen durch. Frauen spielen dort eine sehr geringe Rolle. Selbst bei der Zeitung mit Chefredakteurin dominieren die Männer den Politik-Teil. Wenn ich diesen Zustand ankreide, werde ich vor allem von Männern meistens sehr scharf angegriffen, dabei stelle ich nur die alten Fragen: Gibt es sie nicht, die Frauen, die etwas Schlaues zur Politik zu sagen haben? Oder traut man es ihnen nicht zu? Haben sie einfach keine Lust und ziehen sich lieber in „weichere“ Themen zurück? Sind sie zu defensiv erzogen und überlassen dieses Feld lieber den Männern? Sind sie einfach gerade in Baby-Pause?

Und wenn ich dann sage, dass es mir eigentlich nur zweitrangig um die Beantwortung dieser Fragen geht, sondern vielmehr vor allem um eine aktive Frauenförderung in den Politik-Redaktionen – dann ist das Geschrei besonders groß. Denn ich impliziere mit meiner Anmerkung stets und stetig: Wenn die Politik-Frauen nicht in Scharen daher gerannt kommen und um eine Anstellung bitten, dann ist es doch – sollte man meinen – nur ein kleiner Schritt zu erkennen, dass dies mit der immer noch zweigeteilten Gesellschaft durch die traditionellen Geschlechterrollen zusammenhängen muss.

Frauenförderung beginnt nicht von alleine. Doch anscheinend gibt es diesbezüglich nicht einmal in Ansätzen ein Problembewusstsein. Und das ist das eigentlich Schlimme daran. Denn während vordergründig die Themen „Feminismus”, “Geschlechterrollen”, “Geschlechtergerechtigkeit” in den Medien an Präsenz gewinnen und viele Zeitungen sich mit ihren Inhalten als wahnsinnig progressiv in diesen Fragen gerieren, bleibt die Aufteilung stereotyp, wie man vor allem am Thema Politik sehen kann.

Frauen als Dekoration

Doch das Dilemma der Frauen in den Medien endet nicht bei der Politik. Bis heute sind es in erster Linie Frauen, die mit ihren Körpern Unterhaltungsshows „dekorieren“. Das ist alt: Frau als Deko gibt es in der Werbung wahrscheinlich schon, seit es die Werbung selbst gibt. Die Erwartungen an medienpräsente Frauen sind meistens auch an gutes Aussehen geknüpft. Bei Männern sind die Schablonen weniger eng. Sie sollten vielleicht nicht zu dick sein oder schielen. Aber ein makellos schönes Gesicht – das ist nicht wichtig. Es darf ruhig schief sein, faltig und die Haare grau oder licht. Zumindest bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. Im Privat-TV ändert sich das Bild langsam, aber sicher zu einem geschlechterübergreifenden Terror: Ob das wirklich besser ist, als nur von Frauen Schönheit zu erwarten?

Leider neigen Frauen – Menschen – dazu, Erwartungen, die an sie gerichtet werden, unhinterfragt zu akzeptieren – egal wie stereotyp sie sind. Frauen, die viel im Kopf und ein Moderationstalent, aber leider kein schönheitsidealtypisches Gesicht oder eine perfekte Figur haben, neigen dazu, es gar nicht erst zu versuchen. Denn Frauen in den Medien – so scheint ein unausgesprochenes Gesetz – müssen etwas zum Gucken sein. Besonders stark kommt diese Erwartung zum Tragen, wenn Frauen ihre Hüllen fallen lassen: Ob neben einem Sänger in einem Musikvideo oder als Dekoration für eine Gardinenstange im Prospekt eines Möbelhauses – Frauen sollen „lecker“ sein. Besonders perfide der Preisträger der Sauren Gurke 2007: „Lafer! Lichter! Lecker!“, denn die beiden Kochprofis glänzten einige Male damit, weibliches Publikum als Köstlichkeit anzusehen: „Täubchen an seiner Seite“ oder „nougatgefüllte Marzipanpralinen auf zwei Beinen“ waren diese dann plötzlich.

Die „gute Frau“ in den Medien

Wo wir gerade bei der Sauren Gurke sind: Der letzte Gewinner derselben war übrigens Günter Struve, Programmdirektor der ARD. Denn dieser hat eine besonders große Liebe für Schmonz: „Liebe nach Rezept“, „Der Traum ihres Lebens“ und „Ein Wink des Himmels“ seien mittlerweile so häufig zur besten Sendezeit zu betrachten gewesen, dass die erfolgreiche Reanimation vom Aussterben bedrohter Rollenklischees geglückt sein dürfte, wie die „Frauen in den Medien“ auflisten: „die hingebungsvolle Ärztin und ihr intrigantes Gegenstück, die fürsorgliche Therapeutin, die lebenskluge Großmutter, die patente Pensionswirtin, die mutige Postbotin, die erfolgreiche Managerin, die blonde, tief dekolletierte Sekretärin. Zum männlichen Personal gehören der schlitzohrige Bürgermeister, der geniale Arzt, der falsche Pfarrer und der fiese Geschäftsführer. Nicht zu vergessen: eine Schar wohlerzogener Kinder.“

Doch nicht nur die ARD, die meisten Sender haben das Konzept verstanden und umgesetzt: Medial interessante Frauen sind ebenjene Frauen, welche die stereotype Rollenerwartung am meisten verinnerlicht haben. Dazu gehört neben Sexappeal und Fürsorglichkeit im Allgemeinen auch die Heiratsfähigkeit im ganz konkreten. Medien-Phänomen Gülcan Kamps hat es vorgemacht: Heiraten bringt Quote. Auch Hollywood-Filme enden oft und gerne mit dem Finden des Zukünftigen – denn erst das macht das Glück einer Frau doch perfekt, oder? Welches Frauenbild wir von Reality-Shows wie „Germanys Next Topmodel“, „Bauer sucht Frau“, „Frauentausch“ oder „Extrem schön“ vermittelt bekommen – davon wollen wir lieber einmal ganz schweigen.

Was ist los mit den deutschen Medien? Nun: Vielleicht hängt die Rolle der Frau in TV, Netz und Print auch damit zusammen, wer über diese entscheidet. Die Macht der Bilder und Worte liegt in den Führungsetagen der Fernsehanstalten und Zeitungen. Wer aber sitzt dort? Männer. Im Grunde ziemlich alleine und ohne viele Konkurrentinnen.

(Dieser Text erschien ursprünglich als Kolumne auf Freitag.de)

16 Kommentare zu „Juchuu, ich habe eine Frau gefunden!

  1. nur zur ergänzung: auch für die meisten(?) actionheromacker spielen (heterosexuelle, monogame) familiäre werte/liebesbeziehungen eine (oft ganz zentrale) rolle ;)

  2. Welche Frau hast Du denn nun gefunden?

    Also im „höheren“ Talkshow-Bereich des öffentlich Rechtlichen gibt es ja schon einige Frauen als Moderatorinnen. Wenn ich mir die Sendungen so anschaue, ist das ein Job, den ich mir alles andere als einfach vorstelle. Also da muss man schon tough für sein. Sowohl als Mann, als auch als Frau. Aber gerade als Frau steht man in meinen Augen in „seriösen“ Sendungen besonders auf dem Prüfstand.

    Ich weiß noch, in meinem Geschichts-GK in der 13 waren wir 8 Leute. 7 Jungs, ich und unser Schuldirektor. Da hatte ich zum Teil auch Hemmungen mich einzubringen, bzw. es war auch schwieriger für mich, mich durchzusetzen. Dabei war ich auf dem Gebiet auch recht kompetent. Aber dass das auch von meinem Direktor anerkannt wurde, hat einige Zeit gebraucht. Der Schritt von der 3+ zur glatten 1 hat mich doch zwei Halbjahre gekostet, weil der gute Mann sich von meiner Fachkompetenz als Frau wirklich erst überzeugen musste. So zumindest mein Eindruck.

    Aufgrund dessen, hatte ich immer das Gefühl, mit dem was ich sage, besonders auf dem Prüfstand zu stehen. Das hat mich irgendwo auch gepusht. Andererseits auch frustriert. Und es hat mich verunsichert, sodass ich in meinen Beiträgen immer ein bisschen zu unsouverän gewesen bin, nicht so selbstsicher, wie ich es wahrscheinlich bei einer Lehrerin, mehr Mädels im Kurs oder auch als Junge gewesen wäre.

  3. Solche Anfragen kenn ich auch.

    „Hätten Sie nicht nochmal eine Grüne Frau/ eine Gewerkschafterin/ eine Sozialwissenschaftlerin fürs Podium?“

  4. Also was Männer hier zur Kritik treibt sind Aussagen wie im letzten Absatz: Subtile Schuldzuweisungen an „Männer“. Ist zwar einfach, aber trifft es den Punkt?

    Wohl eher nicht. Tatsache ist schlicht, dass Fernsehen weitgehend für Frauen gemacht wird, weil Frauen eben die weitaus größere Zuschauergruppe sind und auch als Konsumentinnen besonders attraktiv für die Werbetreibenden.

    Flache Seifenopern mit holzschnittartigen Klischeefiguren werden angesehen und eingefordert…von Frauen. Romantikshows mit Hochzeitsglocken werden angesehen und nachgefragt von…Frauen.

    Hohe Nachfrage, hohe Zuschauerzahlen -> Hohe Werbeerlöse. Das ist der simple Dreisatz hier.

    Und eben ganz sicher nicht notgeile alte Herren in den Führungsetagen, die am Markt vorbei produzieren um ihre sexistischen Rollenklischees am Bildschirm wiederzufinden.

    Den Herren geht es um Marktanteile und Profit. Wenn Frauen alte Stereotypen sehen wollen, dann werden diese bedient. Wenn Frauen anderes sehen wollten, dann würde das Programm ruckzuck umgestellt.

    Ab und zu gibt es ja immer mal wieder Testläufe mit abweichenden Rollendarstellungen, zuletzt die ARD Soap „Eine für alle“. Sind alle baden gegangen. Frauen wollen sowas mehrheitlich nicht sehen. Dafür lieber die öde Bikinishow „Sommermädchen 09“ – um wieviel höher war die Fraueneinschaltquote bei den Zuschauern hier?

    Warum fragt ihr zur Abwechslung also nicht einfach mal „die Frauen“ warum deren Nachfrage so ist wie sie ist. Anstatt alte Herren in den Chefetagen der Verschwörung zu verdächtigen? ;-)

  5. und was mich, Peter, immer wieder verblüfft, das ist die fähigkeit, schuldzuweisungen da herauszulesen, wo es darum geht, interdependenzen in den blick zu bekommen.

    mir ist sowieso ein stinkendes rätsel, wozu manche serien gut sein sollen! sie haben weder mit life as it is zu tun noch mit einem gegenentwurf, sondern präsentieren etwas, wovon sich irgendwer wohl vorstellt, dass es das wäre, was andere sich vorstellen, dass es richtig und gut wäre…
    andererseits erheben sie aber den anspruch, eine realität abzubilden. so irgendwie doch.

    zur aufdröselung, wie das zustandekommt, ist die frage, wer genau was in welches programm bringt – und sei es unter der behauptung, die frauen wollten sowas doch immer beim bügeln sehen und männer könnten es nicht ertragen, wenn eine moderatorin die fußballvereine verwechselt – nun mal eine, welche zu stellen ist. das ist eine frage nach den formen und wirkungsweisen von re- und präsentation.

    im übrigen läßt sich über ein ganz kniffliges problem zuweilen wirklich besser während der lektüre von courths-malheuer nachdenken…

  6. @rahab
    es ging um „subtile schuldzuweisungen“
    anders gesagt: auch wenn dort Frauen sitzen, würde das Programm nicht anders aussehen, weil der Markt kein anderer wäre. Also wozu ( in diesem Falle) auf das Geschlecht abstellen ? Einafch aus Gewohnheit ?

  7. @W.Zarah
    indem ich ’subtil‘ davorsetze, wird es auch nicht richtiger, eine frsage in eine schuldzuweisung umgelesen zu haben!
    kann allerdings sein, dass die lese- und verstehensverweigerung dadurch ’subtiler‘ rüberkommt – oder?

  8. Rahab,

    da bedarf es keiner Umdeutung. Der letzte Absatz ist gar nicht anders zu interpretieren als „Nun, alte Männer in den Führungsetagen sind daran schuld, dass das Fernsehen alberne Klischees reproduziert.

    Den Anspruch, die Realität abzubilden, erheben dabei weder Seifenopern noch textilarme Castingshows. Das Fernsehen ist eine Traumfabrik und dann erfolgreich (im Sinne von hohen Quoten), wenn die Zuschauerinnen ihre Traumprojektionen dort wiederfinden.

    Statt die Verantwortung zappzarapp auf „Alte Männer“, „Männer allgemein“ und/oder „patriarchale Strukturen“ zu schieben und das Thema damit abzuhaken (Folgenlose Empörung für die eigene Seelenhygiene) wäre eine offene Diskussion darüber, wer denn eigentlich und wie genau gesellschaftliche Strukturen und Rollenmuster reproduziert.

    Das birgt echten Erkenntnisgewinn mit Überraschungscharakter. Und dieser hat im übrigen – ganz nebenbei – schon bei vielen Männern deren Sicht auf „die Frau“ fundamental verändert. So auch bei mir ;-)

  9. @Katrin: „Gibt es sie nicht, die Frauen, die etwas Schlaues zur Politik zu sagen haben? Oder traut man es ihnen nicht zu? Haben sie einfach keine Lust und ziehen sich lieber in “weichere” Themen zurück? Sind sie zu defensiv erzogen und überlassen dieses Feld lieber den Männern? Sind sie einfach gerade in Baby-Pause?“

    Damit hast Du den ganzen Themenkomplex brilliant zusammengefasst- und ihn gleichzeitig auf eine Ebene gebracht, die kaum noch Diskussionen mit eindeutigen Aussagen zulässt- oder mit M. Escher bildlich ausgedrückt:

    http://www.mcescher.com/Gallery/recogn-bmp/LW435.jpg

    Ascending and Descending- Man läuft die Treppe… und läuft und läuft und läuft… schlussendlich weder hoch noch runter. Ich versuch’s jetzt trotzdem:

    Blicken wir auf die Blogsphäre, dann präsentiert sich einem praktisch genau das gleiche Bild- und auf http-Sphäre können alle Menschen gleichermassen demokratisch zugreifen- doch sie nutzen es offenbar unterschiedlich, vor allem auf die Geschlechter bezogen. Die hier einmal eingebrachte Twitter-Umfrage bestätigt genau dasselbe.

    Doch die Frauen wurden ja vieleicht- wie Du bemerkt hast- einfach zu defensiv erzogen (Stichwort Sozialisation). Ist das wirklich richtig?

  10. also gut … dann fangen wir eben woanders an…

    „Tatsache ist schlicht, dass Fernsehen weitgehend für Frauen gemacht wird, weil Frauen eben die weitaus größere Zuschauergruppe sind und auch als Konsumentinnen besonders attraktiv für die Werbetreibenden.“

    stimmt das?
    und wenn es denn stimmt:
    wieso sind sich männer of all three+x sexes nicht zu blöde, solche arbeit abzuliefern?
    wieso machen dann männer, wenn sie denn auch mal fernsehen und werbung machen dürfen, dann nicht wenigstens selbiges für männer?
    z.b. polit-features für männer? nachrichten für männer?

    … oder hab ich da jetzt schon wieder was falsch verstanden?

  11. also mit den ganzen medien-optimisten kann ich ehrlich gesagt wenig anfangen. ich glaube eher an: das angebot bestimmt die nachfrage. bei einzelnen tv-shows gibt es die erfahrung: die anfangs sehr schlechte quote bessert sich, wenn sie nur lange genug läuft. die leute gewöhnen sich daran. so wird es wohl auch mit formaten wie germanys next topmodel und co sein: es läuft, also wird es geschaut. ich kann mich noch gut an die 90er-girlie-zeit erinnern, als sich figuren wie tank girl und bands wie tic tac toe gut verkauft haben – stattdessen gibt es jetzt eben britney spears und wedding-planer-filme (um es mal sehr vereinfacht auszudrücken).
    die einstellung: das wollen die leute eben sehen halte ich jedenfalls für dämlich. die produzenten haben sehr wohl verantwortung.

  12. Rahab, warum sollten die Big-Player für eine potentiell deutlich kleinere Zielgruppe Fernsehen machen, wenn sie am Ende an den Einschaltquoten gemessen werden? Dafür gibt es mittlerweile Spartensender, die dann auch kleinere Brötchen backen müssen.

    Und warum sollten sich Männer zu blöde sein, mit den Vorlieben der Frauen Geld zu verdienen wenn es da welches zu verdienen gibt? Ist ja umgekehrt genauso ;-)

    wiesel, es gibt immer wieder Versuchsballone der Fernsehmacher. Wenn ein Konzept ankommt, wird es massenhaft reproduziert. Und dann eben auch von anderen Sendern bis irgendwer einen neuen erfolgreichen Ballon gestartet hat.

    Produzenten sind verantwortlich…im Privatfunk ihren Geldgebern gegenüber. Im Öffentlich-Rechtlichen Bereich entsprechend dem Parteienstaat bzw. der in der Anstalt jeweils dominierenden Staatspartei. Und die wollen auch Reichweite vulgo Einschaltquoten für ihr Programm.

  13. also Peter, wenn ich dich jetzt richtig verstanden habe, dann machen männer fernsehen für frauen. weil sie damit geld verdienen. also eigentlich aus purer notwehr – oder wie? weil: wenn sie anderes fernsehen machen würden, dann würden die frauen das nicht mehr gucken, und dann würden die männer kein geld mehr verdienen … und dann wäre das echt blöd und alle würden in die röhre gucken.

    hm. so habe ich das noch nicht gesehen. weil: immer wenn ich von der arbeit nach hause kam, hing mein mann vor der glotze. ob da irgendein irrtum vorlag?

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