Es wird warm, es wird Sommer. Zusammen mit den T-Shirts, kurzen Hosen und Flip Flops wird ein weiteres Gimmick aus dem Winterschlaf geholt, ohne dass der Sommer nicht möglich ist:
Der Grill. Mit ihm zusammen wird auch das schon lang abgesetzt geglaubte Theaterstück „Frauen- und Männerklischees leicht gemacht“ jede Spielsaison wieder neu ins Programm genommen.
Ich weiß, die Witze über die Männer, die sich um das Grillfeuer scharen und die Frauen, die parallel den Salat noch mal umrühren, lassen sich wohl kaum zählen. Trotzdem oder auch vielleicht gerade deswegen bin ich immer wieder baff, wenn ich Grillrituale beobachten darf.
Es wirkt aber auch ein wenig steinzeitlich, gerade, wenn sich größere Gruppen treffen: Die Männer stehen (mit Bier in der Hand) um den Grill, geben gute Ratschläge und üben sich insgesamt in Männlichkeit. Die Frauen sitzen daneben auf einer Decke, unterhalten sich, schneiden Brot und Gemüse und verteilen schon mal die Teller.
(C) Eva Hillreiner, www.evahillreiner.de
Warum sind die Grillrollen dermaßen zementiert? Ist das die heimische Grillsozialisation, Papa grillt, Mama bereitet die Salate vor? Aber selbst wenn dem so wäre: Wir schaffen es doch auch, uns in anderen Bereichen von den vorgelebten Rollenmustern zu lösen, sie mindestens kritisch zu hinterfragen und nicht einfach als gegeben hinzunehmen. Wenn es ans Grillen geht, scheint dieser versammelte kritische Geist auf einmal hinfällig.
Was würde passieren, würde jemand die Rollen durchbrechen?
Was wäre, würde sich einer der Männer zu den Frauen setzen und mit ihnen Servietten verteilen, während die anderen Kerle sinnieren, ob man nun mit Bier ablöschen sollte und dass sie im Internet gelesen haben, dass Eierkartons wirklich der beste Anzünder seien? Wie würden die anderen Männer reagieren und wie vor allem die Frauen? Und was ist, wenn eine der Frauen lieber über Steakgarzeiten fachsimpeln würde, anstatt mit den anderen auf dem Boden zu sitzen und noch vor der ersten Wurst einen eingeschlafenen Fuß zu haben? Oder wenn gar eine der Damen Lust hätte, selbst den Grill anzuschmeißen?
Es scheint der Umgang mit Feuer und Fleisch zu sein, der den Grill auf besonders archaische Weise als eindeutig männlich kennzeichnen und dieser Umstand wird warum auch immer von niemand in Frage gestellt.
Oder ist das alles ganz anders und es steckt viel mehr hinter den Grillritualen, als in – diesem Fall – frau auf den ersten Blick vermutet?
Kann es sein, dass wir Feministinnen uns vielleicht auf die falschen, ja, Brandherde konzentriert haben? Waren Chefetagen, Elternzeit und Lohngleichheit nur geschickte Ablenkungsmanöver, während die Kerle von uns allen völlig unbemerkt den Grill wie nebenbei und ohne Probleme als letzte männliche Domäne erhalten haben? Sind die Fachsimpeleien über den neuen Kugelgrill und die eine Szene bei den Simpsons, als Homer Simpson den ganze Spiritus in den Grill … nur vorgetäuschte Themen um in Wirklichkeit ungestört von den Frauen weiterhin die eigentliche Macht unter sich auszumachen?
Sollten wir uns vielleicht weniger auf die DAX-Vorstände und mehr auf diese modernen Feuerstellen konzentrieren? Ich sage: Ja!
Mädels, vergesst die gläserne Decke und erobert die Grills dieser Welt! Wenn meine Theorie stimmt, dann wird sich, wenn wir erst diese Hoheit errungen haben, der Rest schon von selber regeln!
*Hier wird die Überschrift erklärt.
„Kann es sein, dass wir Feministinnen uns vielleicht auf die falschen, ja, Brandherde konzentriert haben? Waren Chefetagen, Elternzeit und Lohngleichheit nur geschickte Ablenkungsmanöver, während die Kerle von uns allen völlig unbemerkt den Grill wie nebenbei und ohne Probleme als letzte männliche Domäne erhalten haben? Sind die Fachsimpeleien über den neuen Kugelgrill und die eine Szene bei den Simpsons, als Homer Simpson den ganze Spiritus in den Grill … nur vorgetäuschte Themen um in Wirklichkeit ungestört von den Frauen weiterhin die eigentliche Macht unter sich auszumachen?“
Mist, wir patriarchalen Männer sind durchschaut.
Wenn die Feministinnen jetzt noch rauskriegen, dass das Patriarchat in kürzester Zeit zum Untergang verdammt ist, wenn Frauen in großer Zahl anfangen, Männern jeglicher Attraktivitätsstufe in Bars und Discos zu Drinks einzuladen, dann sind die Tage der Männerherrschaft echt gezählt.
Ich habe gar keine Lust zu grillen und überlasse das sehr gerne den Männern. Und: Es sind ja auch gar nicht alle Männer. Bei uns im Freundeskreis kann man das gut beobachten: Es sind immer diesselben, die sich dazu bereit erklären. Die anderen haben keinen Bock.
ich hab komische freund_innen, bei mir ist das nicht so. ein glück :) #alltagspraxen
Ich grille gern. Aber ich lasse auch gern grillen. Bei uns teilt sich das eigentlich immer ziemlich ausgewogen auf, wer den vordersten Platz am Grill einnimmt. Bierflaschen mach ich aber trotzdem nicht mit den Zähnen auf, sondern lass das gerne den Mann neben mir machen. Oder nehm selbst ein Feuerzeug.
Egal ob Kerle oder Weiber, ich akzeptiere nur, wer Hasenscheiße grillt!
ihdl: Bei meinen auch nicht. Aber wenn man zB im Park grillen geht, dann sind du und deine Freund_innen irgendwie selten in Sichtweite :)
Interessant, erst am Sonntag entbrannte eine ähnliche Diskussion, als wir uns mit mehreren Frauen bei mir im Hof zum Grillen getroffen hatten… 2 machten enthusiastisch die Grillmeisterinnen, ich hatte wie immer keinen Bock darauf und stellte gerade mal Soßen bereit („Ham wir Salat? Nöö, heut nicht, keine Lust gehabt…“) als die nächste Runde Frauen mit Bierkasten eintraf. Als dann später die Männer vorbeikamen und sich derweil 2 Frauen angeregt über die Fußballergebnisse unterhielten war der Beobachtungsspaß perfekt. Ich kenne es zwar auch komplett anders, aber in bestimmten Konstellationen funktioniert so ein Grillnachmittag doch ganz natürlich irgendwie „anders“ als sonst. Wir kamen zu dem Schluss dass sich unter den gegebenen Umständen mit den anwesenden Personen alles zwar ganz „normal“ anfühlt, aber doch zumindest ganz anders „aussieht“ als in der Standard-Kräuterbutter-Werbung…
Nee, lasst die ma schön machen, mir ist die Decke und den Bauch noch in die Sonne halten nämlich auch viel lieber, als mit den Kohlen zu kämpfen. :-)
Als Glosse finde ich den Artikel echt nett. Bin mir aber nicht sicher, ob er eine Glosse sein soll…
Also, ich steh immer mit dem Bier am Grill. Findet auch keiner der Männer komisch.
Muss allerdings gestehen, dass ich sehr, sehr schlecht im Grill anzünden bin, aber Fleisch wenden geht dann gut…
Keine Zeit zum Kommentieren, muss Grillen gehen.
wenn schon verlinken, dann in echt: http://www.hasenscheisse.com/ueber_uns.html
Ich find ja eine andere Frage, die nur indirekt damit zu tun hat, auch interessant: Wie viele VegetarierInnen kennt ihr so, und wie viele Vegetarier? Ich hab immer das Gefühl, das Verhältnis (zumindest in unseren Breitengraden) ist so 10:1. Zwar finde ich persönlich Vegetarismus löblich und erstrebenswert, dennoch habe ich ständig so Assoziationen wie
– superviele VegetarierInnen schieben den Fleischverzicht nur vor, damit sie ja nicht zu viele Kalorien zu sich nehmen (und sind sich dessen vielleicht nicht einmal bewusst)
– In Fleisch steckt ja auch sauviel Energie (Eisen?), und VegetarierInnen, die nicht höllisch aufpassen, kriegen ja häufig auch zu wenig davon ab und sind deswegen weniger agrresiv/aktiv usw. als die fleischverzehrenden Männer…
Das ist jetzt sehr überspitzt gesagt, und ich lasse mich gerne eines Besseren belehren! Aber ist Vegetarismus nicht vielleicht ziemlich gendered…?
Ich lese da gerade etwas fuer die Uni drueber und sind scheinbar tatsaechlich ein kleines bisschen mehr Frauen Vegetarier als Maenner. Allerdings stimmt das mit dem Ernaehrungsmodel, dass Du da beschreibst meines Wissens nach nicht so ganz. Eisen ist nicht Energie. Energie beziehst Du aus Fetten, Kohlenhydraten/Zucker und Proteinen. Eisen hat andere Eigenschaften, es wird u.a. fuer die Sauerstoffaufnahme im Blut benoetigt.
Aber Deine eigentliche Fragen waren: Kalorienreduktion durch Fleischverzicht und Energie-/Eisenmangel. Ersteres macht so an sich keinen Sinn, denn die Kohlenhydrataufnahme reduziert man ja nicht durch Fleischverzicht. Also auch nicht automatisch die Kalorieneinnahme. Allerdings kannst Du die Einnahme von gesaettigten Fettsaeuren reduzieren und das ist tatsaechlich keine schlechte Idee. Was die Motivation dahinter angeht – alles was ich bis jetzt gelesen habe deutet daraufhin, dass es nicht wirklich moeglich ist Vegetarianismus so richtig zu definieren, weil so viele ihre eigene ganz persoenliche Version des Vegetarianismus aus den verschiedensten Gruenden (ethische, religioese, gesundheitliche, usw.) ausleben.
Deine andere Vermutung ist weder falsch noch richtig. Ein/e Vegetarier/in der/die sich schlecht Ernaehrt wird genauso Maengel haben, wie jemand, der sich mit Fleischkonsum schlecht ernaehrt. Die Maengel sind dann vllt. andere, aber Maengel nichtsdestotrotz. Es ist eigentlich nicht wirklich ein Problem genug Eisen ohne Fleisch zu sich zu nehmen (im Gemuese/Obst ist es drin und mitlerweile auch in fast jeder Packung Fruehstuecksflocken). Warum manche Frauen manchmal geringe Eisenwerte haben als Maenner, kann – nach dem was ich gelesen habe – scheinbar auch damit zusammenhaengen, dass sie waehrend der Menstruation vllt. etwas stark bluten. Im Endeffekt ist es wohl relativ wurscht, ob man nun Fleisch isst oder nicht, so lange die Ernaehrung insgesammt stimmt.
Disclaimer: Das sind alles nur Vorlesungs- und Backgroundreading Infos. Ich bin keine Expertin. Also keinerlei Gewaehr, dass das so 100% stimmt.
gikka, ich esse seit über 10 Jahren weder Fisch noch Fleisch und kann dir versichern, dass bei einer normalen Ernährung keine Mangelerscheinungen zu erwarten sind. Ganz ohne „höllisch aufpassen“ :)
Wenn ein_e VegetarierIn Mangelerscheinungen hat, dann liegt das entweder an ungesunder Ernährung (die wohl mit Fleisch tendenziell genauso wäre) und daran, dass gewisse Dispositionen, zb eine Neigung zu Eisenmangel, von vorne herein gegeben sind. Mit dem Verzicht auf Fisch und Fleisch hängt das dann aber nicht zusammen.
Die Sache mit dem Eisen ist eh so eine Art urban legend in dem Bereich: Wenn überhaupt, dann könnte sich bei VegetarierInnen ein B12 Mangel einschleichen. Wer sich aber ausgewogen ernährt (und somit genug Milch und Milchprodukte zu sich nimmt), muss sich auch da nicht sorgen.
Es ist allerdings wirklich so, dass es statistische Zusammenhänge zwischen Essstörungen/gestörtem Essverhalten und vegetarischer Lebensweise zu geben scheint.
Gut, ich danke für die Infos! Lässt sich wohl doch, glücklicherweise, nicht so in schwarz/weiß einteilen!
Meiner Beobachtung nach sind ausserdem die, die sich am lautesten zum Fleischkonsum bekennen, auch die größten Machos.
Also ich wollte auf jeden Fall keinem Vegetarier/ keiner Vegetarierin auf die Füsse treten, ich wünschte ich wäre selbst eine ;-)… und wie gesagt, habe mich überspitzt ausgedrückt und drum gebeten, eines besseren belehrt zu werden…
Es ging mir eher um das Prinzip, und darum dass ich mich gefragt habe warum es so viel mehr weibliche als männliche Vegetarier zu geben scheint… aber das ist auch nur ein subjektiver Eindruck (Ich persönlich kenne keinen einzigen männlichen…)
Allerdings kenne ich ein, zwei Mädchen aus meiner Schulzeit, bei denen die Ausage „Ich esse kein Fleisch mehr“ tatsächlich der Einstieg in eine Essstörung war – eben weils ne tolle ‚Ausrede‘ war, um nicht beim Grillen mitmachen zu ‚müssen‘.
@ gikka
Soviel ich weiss, hat das hat aber mit Vegetarianismus an sich nichts zu tun, sondern damit auf etwas (irgendetwas) zu verzichten und sich langsam an ein Kontrollverhalten bei der Ernaehrung zu gewoehnen. Bei manchen faengt’s an mit: „Ich esse keine Eis mehr“ bei anderen mit Fleischverzicht.
eigenltich ein guter grund vegetarierin zu sein in der situation. so vom klischee her ist der klischeegrillmeistermacho begeistert dabei dein steak zu wenden aber eher unbeholfen mit deiner klischee-femininen halloumiauberginentomatenausternpilz-kreation. an der stelle also: die chance der frauen auf einen platz am grill ;-)
(wenn man denn so dringend möglichst nah an den grill will – also ich nicht.)
Ja, schon klar… Vegetarismus wird in dem Beispiel halt leider als Vorwand mißbraucht. Ich hab mich auf Anna’s letzten Abschnitt bezogen.
Nö, ich würde lieber grillen lassen. Leider habe ich mir einen Herzallerliebsten gesucht, der sich aufs Essen beschränkt. Zumindest kann ich ihn ein wenig fernsteuern, so dass er dem Feuer ein wenig Luft zufächelt.
Habe auch schon bei mir im Freundeskreis beobachtet, dess sehr viel mehr Frauen als Männer Vegetarier sind.
Ein paar Vegetarier kenne ich, die legen beim Grillen dann lecker eingelegte Augerginen oder Zuccini oder sonstige fleischlose Leckerien auf dem Grill und haben ihren Spaß beim Grillen und trinken ihr Bier. (Die hier Anwesenden Vegetariern zähle ich mal auch zu diese Gruppe ;) )
Allerdings kenne ich den größten Teil der Vegetarier dann so, dass sie dabei sitzen und nur spaßfrei am Salat knabbern. Okay, können sie machen, aber wenn dann blöde Sprüche kommen, weil ich mein Steak sehr blutig esse („Igitt, wie kannst du nur. Das ist doch eklig. Schau mal das ganze Blut.Da graust es mich“), dann finde ich das immer ganz schön unverschämt. Diese letzte Gruppe besteht fast nur aus Frauen (wenn ich es mir Recht überlege sind das auch immer die, die nie Bier trinken – hey, ich bin aus München, da ist Bier nun mal wichtig: )
Gott sei dank ist in meinen Freundeskreis fast nur erste Gruppe vertreten.
Zum Thema Grillmeister: Bei mir im Freundeskreis sind es immer dieselben 2,3 Leute, die grillen und der Rest (Männlein, wie Weiblein) sitzt da und redet und trinkt Bier. Eigentlich ist es sogar so, dass sich die ersten Grillmeister schon beschweren: „Bäh, warum muss ich immer Grillen. Kann das nicht mal jemand anderes machen?“
Ich glaube immer noch – und hab das ja in einigen Diskussionen, z.B. hier, auch schon mehrfach geäußert -, dass das Essen der Bereich ist, in dem am meisten „Doing Gender“ betrieben wird. Dass viele Menschen sich (bewusst oder unbewusst) durch ihr Essverhalten als „echte Frau“ oder „echter Mann“ versichern. Und dass es deshalb auch so große, statistisch tatsächlich feststellbare, Unterschiede zwischen weiblichem und männlichem Essverhalten gibt.
Also Steve, da aergere ich mich doch grade sehr. Von wegen VegetarierInnen, die anderen den Spass am Essen verderben. Das gibt es genauso massenweise anders herum. Ich bin seit meiner fruehesten Kindheit Vegetarierin, weil mir Fleisch ueberhaupt nicht schmeckt. Fuer mich ist „Fleischverzicht“ also keinerlei Verzicht, sondern Normalzustand. Ich respektiere aber voellig, wenn andere es essen moechten, koche es auch fuer meine Freunde – nur darf es eben nicht an mein Essen kommen, weil ich den Geschmack und Geruch grauenhaft finde. Nur koennen das nur wenige in meinem Umfeld akzeptieren. Ich bin schon so massiv beleidigt und genervt worden – was ich verpassen wuerde, dass ich mit Sicherheit bald sehr fett wuerde (weil ich ja so viel mehr essen muesse um die gleichen Vitamine zu bekommen), dass ich mit Sicherheit bald abmagern wuerde (weil ich nicht genug zu essen bekaeme), usw. Beim Essen wird dann auch sehr gerne die komplette Zeit lang auf meinen Teller gestarrt und immer wieder gesagt: „Du, Arme.“ und der Kopf mit Seufzen geschuettelt. Zur Kroenung wurde mir schon heimlich Fleisch unter das Essen gemischt und sich dann bloed gestellt, als ich fragte was das soll, oder absichtlich die blutige Steaksosse ueber mein Essen getropft und Aehnliches. Der Grund warum ich nur mit manchen Menschen den Vorgang der Nahrungsaufnahme geniessen kann, ist weil einige es nicht schaffen nicht an meinem Essen rumzumaekeln. Und dass ist mir schon sehr viel oefter passiert als umgekehrt. Ehrlich gesagt ist es umgekehrt noch nie passiert, dass ich mich abfaellig geaeussert haette. Ausser man beleidigt mich solange, dass meine Sicherung durchbrennt. Da kann durchaus sein, dass ich sage: „Bleib auf Deinem Teller!“ Wie gesagt, ich koche Fleisch auch fuer meine Freunde. Nur eben in einer anderen Pfanne. Und dafuer wird man ja wohl grade noch Toleranz aufbringen koennen.
Hanna, da muss ich Steve mal in Schutz nehmen:
Natürlich kenne ich das von dir beschriebene Verhalten selber zu genüge und bin auch entsprechend genervt davon. Gespräche, die mein Essverhalten zum Inhalt haben, versuche ich sehr kurz zu gestalten, denn so wie du finde ich die Tatsache, was ich esse oder eben nicht esse wenig erwähnenswert und schon gar nicht besonders spektakulär.
Aber ich hab auch schon genug dieser MissionierungsvegetarierInnen erlebt und finde die gruselig, nervtötend und Spaß-verderbend. Oft habe ich da sogar oft einen „so, und nun ess ich eine Wurst, einfach nur, um euch zu ärgern“ Reflex (was ich aber dann doch nie mache). Viele VegetarierInnen halten sich für bessere Menschen und werden nicht müde, dass andere spüren zu lassen, vegetarisch leben ist für sie ein Statement. Ich selber wurde zB auch schon in den entsprechenden Foren aufs übelste beschimpft, weil ich eben nicht „ihhhh, ihr Mörder!“ schreiend vom Tisch aufspringe, wenn jemand in meiner Gegenwart ein Salamibrot isst.
Ich wäre ja dafür, dass alle einfach das essen, was sie wollen und davon auch so viel, wie sie wollen. Und zwar ohne dass das eine oder das andere von den Mitmenschen kommentiert wird.
Aber (wie Susanne schon angemerkt hat): Essen ist oft einfach mehr als nur Nahrungsaufnahme und das nicht nur aus der „Doing Gender“-Perspektive.
@Anna
Klar, Extreme gibt es ueberall, auch bei den Vegetariern. Aber ich glaube nicht, dass die Mehrheit der vegetarischen Bevoelkerung ausmachen. Deren Verhalten ist aber immer das erste was mir an den Kopf geworfen wird, wenn jemand heraus findet, dass ich kein Fleisch esse: „Hoer zu, Du darfst nur mitkommen, wenn Du nix sagst.“ Noch bevor ich ueberhaupt irgendetwas gesagt haette. Und deshalb reagiere ich sehr allergisch wenn jemand behauptet, der groesste Teil der VegetarierInnen, knabbere nur spassfrei am Salat und verderbe allen anderen das Essen.
och mädels, macht euch doch das leben nicht so schwer. ich ess kein sellerie und andere essen kein fleisch. na und.
Hanna, ernsthaft? Kommt das von Leuten, die dich kennen (also wissen müssten, dass du so nicht drauf bist) oder von Fremden?
@hanna2: Dann gehörst du wohl zur ersten von mir beschriebenen Gruppe. ;) Schließlich hast du, wie ich das sehe, ja nichts dagegen, wenn jemand anderes in deiner Nähe Fleisch isst.
Vegetarien Fleisch unters Essen mischen ist echt unverschämt. Es ist ja auch eigentlich kein Problem, wenn man den Grill in vegetarisch/fleisch aufteilt (Mit Alufolienunterlage oder so… jedenfalls machen wir das so) Vielleicht ist es mir als „Fleischfresser“ einfach noch nciht aufgefallen, das Vegetarier schlecht behandelt werden – ich kenne es halt immer so rum, dass ich mich von gewissen Vegetariern für meine Essgewohnheiten zu verantworten habe.
Nochmal zum Thema gender und Essen: Als ich mich vor kurzem mit freunden getroffen hatte erzählte ein Freund (es ging gerade ums essen), dass er sich heute einen extrem leckeren Salat gemacht hatte voraufhin die halbescherzhaften Kommentare wie, „was, ein Mann, der freiwillig Salat isst“ kamen….
@ Anna
Beides. Es hat sich bei Einigen meiner Bekannten schon zu einen Hobby entwickelt. Ich ignoriere es bei denen, weil es ueberhaupt nichts bringt zu erklaeren, oder sich zu wehren. VegetarierInnen-Bashing ist fuer die ein Statement.
@ Steve
Mein Tip: Sag zu diesen Vegetarier/innen das gleiche was ich zu meinen militanten Fleischessern sage, wenn es gar nicht mehr auszuhalten ist: ‚Bleib auf Deinem Teller.‘ Und ab dann voellig ignorieren.
@Hanna2: Werde ich machen und versuchen es mir weiter schmecken zu lassen :)
Hanna, das ist ja wirklich extrem nervig. Da wäre ich auch pissig. Kannst du da irgendwen anders (am besten einen Fleischesser) bitten, die mal zu fragen, was genau ihnen das bringt?
Mach ich gerne und berichte dann.
Aber genug off-topic. Zur Gender-Essens-Identitaets-Geschichte: Ich habe eine Studie von Fox und Ward (2008) gelesen zum Thema „You are what you eat? Vegetarianism, health and identity“. Zum einen waren in deren Studie 70% aller VegetarierInnen, die an dieser Studie teilgenommen haben, weiblich und sie haben herausgefunden, dass bei vielen VegetarierInnen das Thema Gesundheit eine grosse Rolle spielt. Gesundheit durch Vegetarisches wird scheinbar auch als „purity“ wahrgenommen, und tragt daher stark zur Identitaetsbildung bei. Das passt sehr gut in die Thesen von Jonathan Haidt, dessen Ted Talk ueber Moral usw. von Konservativen und Liberalen jj hier mal verlinkt hat: http://www.ted.com/index.php/talks/jonathan_haidt_on_the_moral_mind.html.
‚Gesundheit durch vegetarische Ernaehrung‘ (Zeile 5) meine ich natuerlich.
ich teile da hannas erfahrungen so ähnlich.
ich bin seit mittlerweile 15 jahren vegetarierin, seit es mir meine mama damals „erlaubt“ hat, und hab nie auch nur annäherungsweise abfällige bemerkungen gegenüber fleischessern gemacht und nur auch äußerst selten von anderen vegetariern gehört.
selbst wenn mich leute fragen, warum ich denn vegetarierin bin, antworte ich, je nach dem wer mich fragt, häufig ausweichend mit einem dümmlichen „so halt“ um bloß nicht als missionarisch oder gar militant zu gelten.
häufig kenn ich dieses (pseudo-?)verständnisvolle nachfragen, ob es denn „ok“ ist in meiner gegenwart fleisch zu essen, sich in meinem ofen eine tiefkühl-salamipizza aufzubacken (häh?) und dann muss ich wieder und wieder erklären, dass mir das total *wurst* ist, was wer ist, solange ich auch essen und eben nicht essen darf was ich will. und meiner erfahrung nach, geht das den meisten vegetariern so, allerdings halte ich mich auch nicht in vegetarier-foren auf.
oft höre ich die frage, ob ich den „zumindest“ wieder fleisch esse, wenn ich mal schwanger bin, worauf ich auch nur selten eingehe, so wie als wäre das irgendwie körperverletzung, was übrigens auch nicht dem stand der wissenschaft entspricht.
Da faellt mir doch gerade was auf, Anna.
Vllt ist das ja die Antwort auf die Frage, was es manchen Fleischgeniessern bringt, sich ueber Vegetarier auszulassen. Wenn fuer die eine Seite Vegetarianismus eine Art politisches, oder quasi-religioeses Statement ist, dann ist es fuer die andere Seite mit dem Fleisch vllt genauso. Und interessanterweise teilen viele derer, die mich schon fuer mein Essverhalten angegriffen haben auch meine politischen Ansichten nicht. Vllt nehmen sie mein Essverhalten ebenfalls als politisches Statement, oder sogar als eine Art Provokation wahr.
ich bin keine vegetarierein und frage deswegen verständnisvoll nach ob ich mein fleisch in den kühlschrank eines vegetariers (komischer weise kenne ich fast nur männliche vegetarier) stellen darf etc. weil ich wirklich welche kenne die das auf den tod nicht leiden können, aber mir reicht da dann als antwort auch ein einfaches ja oder nein.
hm, hier halte ich es wie beim essen machen allgemein: lieber hunger ich, als dass ich mich aufraffe, mich an den herd oder grill zu stellen.
ich habe allerdings beim grillen ne andere beobachtung gemacht: die männer sind immer heiss auf die steaks, die frauen auf die würste. keine ahnung, wie ich das verstehen soll. und ja, dumme kommentare kann ich mir selber denken – hat jemand ne vernünftige idee dazu?